THEMA: Über das Kaokoveld in den Caprivi
02 Dez 2022 17:08 #656660
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26.07. Von Puros in die Hartmannberge, die schönste Etappe unserer Reise

Wir starten sehr zeitig und verlassen das Camp in Richtung Norden. Anfangs treffen wir noch einige Himbakinder die hier mit Ihren Ziegen unterwegs sind.



Wir verteilen unsere letzten Apfelvorräte und zuckeln durch eine nicht sehr ansprechende Landschaft.

Über den Jouberts Pass (Rooidrom Pass) habe ich mich im Vorfeld informiert, da wir ihn auf dem Rückweg nochmals fahren müssen. Entsprechend einiger Berichte, habe ich ihn als nicht so schlimm eingestuft. Er ist aber nicht ohne. Er hat auf mich einen sehr ausgewaschenen Eindruck gemacht. Es gibt etliche Stufen gespickt mit scharfkantigen Steinen. Echte Reifenschlitzer. Wie wir diesen Pass zwei Mal ohne Reifenschaden bezwingen konnten ist mir schleierhaft.

Sicher ist es besser, solche Etappen mit zwei Fahrzeugen zu fahren. So kann man sich in einer Notsituation oder einem Schaden, gegenseitig helfen. Wir sind alleine unterwegs und müssen daher extrem vorsichtig sein.

Nach den ersten kniffligen Passagen erhöhe ich den Reifendruck auf fast 3 Bar, um die „Ausbeulung“ der Reifenflanken zu vermindern. Hier zählt jeder cm Reifenbreite. Langsam tasten wir uns durch die schlimmsten Stellen und sind erleichtert als das Gelände flacher wird und sich zu einem Quertal öffnet. Kurze Zeit später taucht die rote Orientierungstonne auf und wir haben einen schweren Streckenabschnitt hinter uns. Wir freuen uns und steigen für ein kurzes Foto aus.



Neben der Tonne gibt es tatsächlich einen kleinen Verkaufsstand an dem einige gebastelte Schmuckteile angeboten werden. Einen zugehörigen Verkäufer können wir nicht ausmachen. Hier biegen wir nach Westen ab und folgen der Tonnen-Strecke. Von der roten Tonne geht es über die blaue Tonne zur orangenen Tonne. An jeder wird gestoppt und ein Erinnerungsbild geknipst.





Die verbuschte Landschaft weicht langsam einer sandigen und die Berge rücken in den Hintergrund. Noch einige Kilometer weiter kommen wir an die grüne und letzte Tonne und müssen hier nach Norden abbiegen.



Unsere Strecke führt uns nun entlang des Skeleton Coast Nationalparks, durch sanfte Dünen, über sandige Strecken, bis hoch an die Grenze zu Angola. Im Osten flankieren uns die Hartmannberge und im Westen die Namib. Der goldfarbene Sand, durchsetzt vom zarten Grün frischen Grases und diese unfassbare Weite und Einsamkeit, machen dies Streckenabschnitt zu etwas ganz Besonderem. Auch heute noch, beim Schreiben dieses Berichtes, bekomme ich Gänsehaut, wenn ich an diese Landschaft denke. Wir genießen das herrliche Wetter mit den sehr angenehmen Temperaturen und wandern ein wenig in den Dünen herum.











Unser Ziel ist eine Felsformation im Norden, die sich als Übernachtungsplatz eignen soll. Unser Weg schlängelt sich wunderbar durch Sandhügel und kleine Felsformationen.





Auch einen weiteres Steinmännchen können wir in dieser Einsamkeit finden.



Der angedachte Übernachtungsplatz erweist sich als wunderbare Stelle, an der wir eine längere Pause einlegen.





Eine Übernachtung ist für uns hier leider nicht möglich, da der Wind immer mehr auffrischt und Unmengen an Sand durch die Luft bläst. Ein etwas tiefer liegender und somit etwas windgeschützterer Platz ist für uns nicht erreichbar, da wir Angst haben uns im losen Sand festzufahren. Wir sind ja solo unterwegs und hätten keine Bergehilfe. So entscheiden wir schweren Herzens weiter zu fahren und uns einen windgeschützten Platz zu suchen. Wir biegen nun nach Osten ab und verlassen den Rand der Namib. Wir fahren hinab in eine wunderschöne Ebene die komplett mit goldenem Gras bewachsen ist. Hier entdeckt Silke den einzigen ausgewachsenen Oryx unserer Reise.









Die Aussichten bei der Abfahrt sind atemberaubend. Die Abendsonne taucht diese Landschaft in ein ganz besonderes Licht. Leider können wir es nicht ausgiebig genießen, da es immer später wird und wir noch keinen geschützten Stellplatz gefunden haben. Dies ist nicht so einfach, da wir es vermeiden neue Fahrspuren zu hinterlassen und somit nur an Stellen, die direkt neben der Piste liegen, suchen. Als es anfängt zu dämmern, führt uns unser Weg in ein Trockenflußbett, das ausreichend Windschutz und eine gute Feuerstelle unter einem Felsen bietet. Schnell wird unser Lager aufgeschlagen, ein Feuer entfacht und mit dem Kochen begonnen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir hier die letzte zähe Rindersteak Scheibe aus Kamanjab verzehrt. Die Dinger waren wirklich wie Schuhleder und haben selbst mit großem Hunger nur sehr eingeschränkt Freude bereitet.





Silke ist es hier fast zu einsam und hat eine unruhige und mit wirren Träumen gespickte Nacht vor sich. Moritz und ich schlafen gut.


Kurze Bewertung:
Eine unserer längsten und schönsten und abwechslungsreichsten Etappen. Tolle, sich immer verändernde Landschaft, am Pass kann man sich seine Reifen ruinieren und im Sand kann man sich wunderbar festfahren. Aber es ist einfach klasse hier.
Anhang:
Letzte Änderung: 02 Dez 2022 17:17 von Dillinger.
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03 Dez 2022 09:54 #656681
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  • Pascalinah am 03 Dez 2022 09:54
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Danke Dillinger für deinen interessanten Bericht. Da kommen Erinnerungen hoch.
Der Pass hat es schon in sich. Mein größter Alptraum wäre gewesen, wenn uns einer entgegen gekommen wäre :S Wo soll man da ausweichen?
Ich freue mich auf deinen weiteren Bericht.
LG Pascalinah
Nimm dich vor Leuten in Acht, die damit angeben, wer sie sind.
Ein Löwe wird dir nie sagen müssen, dass er ein Löwe ist.
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05 Dez 2022 12:43 #656856
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Hallo Pascalinah,
du hast Recht, über ein Ausweichen auf solchen Strecken, habe ich auch manchmal nachgedacht. Sicher ein schwieriges Unterfangen. Nur gut, dass in solchen Gegenden kaum einer unterwegs ist. Nach der übelsten Stelle im Shortcut zum Marienflusstal dachte ich, hier kann man nur runter und nicht hoch fahren. Kurz danach kam uns ein Pickup, mit einer mit jungen Kerlen beladenen Ladefläche, entgegen und ist die steile Stelle hochgefahren. Ob er jemals Oben ankam, konnte ich leider nicht mehr sehen. Die Jungs machen sich allerdings nicht so viel Sorgen um Ihr Fahrzeug und haben einige Felsen mitgenommen. Alles wohl eine Sache der Übung und der Gewohnheit.
Gruß
Markus
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05 Dez 2022 12:56 #656858
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27.07. Marienflusstal über die ungewollte Abkürzung

Manchmal muss man sich wundern. Wir dachten hier komplett alleine zu sein, mitten in der Nacht kam ein Auto an gerumpelt und zwei freundlich winkende Einheimische sind an uns vorbeigefahren. Sie hatten sich noch vergewissert, ob bei uns alles ok ist.
Am Morgen bereiten wir uns noch ein leckeres Frühstück, packen unsere Sachen und starten in den Tag. Auch hier merken wir, dass wir nicht so einsam waren wie gedacht. Einige Meter weiter gibt es einen sehr großen, jedoch zurzeit unbewohnten, Himba Kraal.





Wir fahren um die nächste Ecke und eine winkende Himba Familie springt auf die Piste. Wir halten an und verteilen noch etwas Obst an die Kleinen. Die Mutter zerrt jedoch Ihre Kinder sehr unsanft zur Seite und fragt extrem unhöflich nach Tabak. Den haben wir nicht dabei und so verlassen wir diese unfreundliche Frau.



Mein Sohn übernimmt heute die Navigation und ich zeige Ihm die Strecke die wir nehmen möchten. Es soll zurück über die rote Tonne in das Marienflusstal gehen. Hier haben wir vor, im Camp Syncro zu übernachten. Den Shortcut ins Marienflusstal möchte ich bewusst nicht fahren, da mich einige Berichte der letzten Jahre abgeschreckt haben. Nach kurzer Fahrzeit wundere ich mich jedoch über den Zustand des Weges und die seitlich in die Höhe wachsenden Berge. Hier stimmt was nicht, wir müssten eigentlich langsam in das „Tonnental“ zurückkommen. Eine kurze Überprüfung zeigt, dass wir uns doch im Shrortcut befinden. Moritz meint nur, es wäre doch der wesentlich kürzere Weg. Damit hat er natürlich recht. Der Weg wird immer schlimmer und schlängelt sich die Berge hoch.



Irgendwann geht es auch wieder Bergab und wir erreichen eine kleine Ebene.



Ich freue mich etwas zu früh und sage noch, der Shortcut ist nicht schlimm und das Marienflusstal nicht so schön wie ich es mir vorgestellt habe. Fünf Minuten später vergeht uns das Lachen, denn nun geht es erst richtig los. Auf einer Anhöhe biege ich um eine Kehre und es geht Bergab. Hier bleibe ich kurz stehen und schaue mir den Hang an. Kopfschüttelnd denke ich, hier kann man nicht runterfahren. Zurück geht es aber auch nicht mehr, also vorsichtig die Stufen und Absätze mit unserem Dicken runter gekraxelt.







Dies verläuft nur ohne Aufsetzen und Anecken, wegen der sehr guten Einweisung meiner Frau. Silke muss die halbe Strecke rückwärts durch dieses Geröll bewältigen und mir zeigen, wie ich fahren muss.
Hier in einer Schlucht entdecken wir zahlreiche ausgetrocknete Zebragerippe mit Fell. Warum ausgerechnet in dieser Schlucht so viele liegen ist mir ein Rätsel.



Auch ein Steinmännchen können wir entdecken.



Vom Stress und der Anspannung durchgeschwitzt erreichen wir einen Aussichtspunkt in das Marienflusstal. Es ist ein Traum. Dieses Tal, eingebettet durch Berge, mit rötlich schimmerndem Sand und dem goldenen Gras, durchsetzt von grünen Bäumen ist einfach nur schön. Wir stehen eine ganze Weile an diesem Platz und bewundern den Ort.







Die weitere Fahrt nach Norden zum Grenzfluss Kunene ist ein Genuss und wir cruisen auf dieser herrlichen Sandpiste dahin. Hier gibt es ein wenig mehr Leben und die hier heimischen Himba ziehen mit Ihren Herden, meist Rinder, durch das Tal.





Nach etwa einer Stunde fahrt durch das Tal, erreichen wir den Kunene und somit den nördlichsten Rand Namibias. Auf der anderen Flussseite liegt Angola. Wir checken im Camp Syncro ein und sind von diesem Ort sofort begeistert. Hübsche Stellplätze unter schattigen Bäumen mit sauberen Duschen und einem schönen Blick auf den Fluss.





Die sehr nette Betreiberin Maria zeigt uns das Camp und den Spielgefährten Ihrer Tochter, einen putzigen Hundewelpen.



Bei einem kleinen Spaziergang am Fluss entlang, können wir ein noch sehr kleines Krokodil entdecken. Es soll hier aber auch wesentlich größere Exemplare geben, weshalb am Ufer Vorsicht und etwas Abstand zum Wasser angebracht ist.









Wir nutzen die hübschen Duschen und beenden den Tag mit Lagerfeuer, Abendessen und einem tollen HTHHP-Phänomen.



Anfänglich sind wir die einzigen Gäste hier. Darüber sind wir recht froh, da die Stellplätze sehr nahe aneinander liegen. Später kommt noch eine südafrikanische Familie, mit der wir uns nett unterhalten und wir bekommen Ihr Campinggefährt gezeigt. Ein Wahnsinn was da alles verbaut ist und wie super dieser Wagen ausgestattet ist. Leider kommt am Abend auch noch eine größere Truppe älterer Camper an, die sofort mit dem Aufbau einer kleinen Zeltstadt mitten im Camp beginnen. Warum man abends am Lagerfeuer unter Flutlichtstrahlern sitzen muss, die das gesamte Areal mehr beleuchten, als das heimische Fußballstadion meiner Eintracht, ist mir schleierhaft. Abgesehen von einigen Bellattacken der Camp Hunde haben wir eine sehr entspannte Nacht. Morgens beim Frühstück müssen scheinbar einige Wagen der Seniorencamper unbedingt geladen werden, den die Motoren laufen über eine Stunde. Ich bin kurz vorm Platzen. :evil:

Kurze Bewertung:
Der Shortcut ist eine echte Herausforderung und das übelste Gelände durch das ich bisher gefahren bin. Hier kann man sich seinen Wagen ruinieren und ich habe keine Ahnung was man macht, wenn man sich in einem solch steilen Gelände den Reifen fetzt oder auf einem Felsen so richtig aufsitzt. Der Blick von oben in das Marienflusstal ist unbeschreiblich schön. Man könnte jedoch auch von der Talseite bis zum Aussichtspunkt fahren um den herrlichen Blick zu genießen.
Camp Syncro ist sehr schön und sauber. Maria ist freundlich und hilfsbereit.
Letzte Änderung: 05 Dez 2022 13:09 von Dillinger.
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05 Dez 2022 14:12 #656863
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  • CuF am 05 Dez 2022 14:12
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Hallo Markus,
wieder einmal schöne, erinnerungsträchtige Impressionen ! Was für eine schöne Gegend!
Den damaligen Betreibern von Camp Syncro, Sarah und Ryan, sind seinerzeit einige Hunde durch Krokodile abhanden gekommen.
Auf dem Roidrompaß runterwärts kam uns einmal eine ganze Rinderherde mit 2 Hirten entgegen . Sie trieben die Tiere beiseite, die auch bergziegenartig weiter hochkletterten.
Freue mich auf die Fortsetzung!
Gruß
Friederike
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05 Dez 2022 16:24 #656873
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  • peter 08 am 05 Dez 2022 16:24
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Dillinger schrieb:
......Warum man abends am Lagerfeuer unter Flutlichtstrahlern sitzen muss, die das gesamte Areal mehr beleuchten, als das heimische Fußballstadion meiner Eintracht, ist mir schleierhaft. ..... die Motoren laufen über eine Stunde. Ich bin kurz vorm Platzen. :evil: .....

Schade, schade.
Da fährt man bis ans "Ende der Welt" und dann so etwas.... :(

Danke für den lebhaften Bericht, bin gerne weiter dabei.

Grüße
Peter
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