Hummeldumm
Am Morgen ausschlafen. In Ruhe frühstücken. Vielleicht noch ein kleiner Spaziergang. Anschließend in aller Gelassenheit nach Windhoek. Dort noch etwas essen. Dann zum Flughafen. Autorückgabe, Nachtflug nach Frankfurt, Weiterflug nach Hamburg. Schließlich noch ein ganzer Tag Urlaub in der Heimat, bevor es zurück an die Arbeit geht - so lautete der Plan.
Dass daraus nichts werden würde, wussten wir ja nun schon eine Weile. Um 13 Uhr müssen wir an diesem Tag, der ursprünglich der letzte auf dieser Reise war, am Hosea Kutako sein. So wünscht es die Air Namibia, die unseren Rückflug verschoben und für diese Uhrzeit den Shuttle zum dadurch notwendig gewordenen Hotel festgelegt hat. Wir haben um einen späteren Zeitpunkt gebeten, aber vergebens. Da hilft kein Lamentieren, und so stehen wir in aller Herrgottsfrühe auf, bekommen netterweise sogar ein Frühstück und rollen um Sieben vom Gelände der Ohange Lodge.
Nun heißt es Kilometerfressen. Etwa 440 sind es, und wir kommen bestens voran. Es nieselt immer noch leicht, doch je näher Windhoek rückt, desto sonniger wird es. Überpünktlich sind wir am Flughafen, die Autorückgabe geht ebenso glatt wie zügig über die Bühne, auch bei unserer dritten Namibia-Reise sind wir ohne Platten davongekommen.
Die Dame am Air-Namibia-Schalter ist bemerkenswert unfreundlich, und ich sehe es ihr anfangs nach, denn die Mitarbeiter der Pleite-Airline machen sicher eine schwere Zeit voller Ungewissheit durch. Wir sind offenbar die einzigen Shuttle-Kandidaten und müssen noch warten, wie lange ist ungewiss, auch habe ich Sorge, dass wir vergessen werden, und so frage ich nach 40 Minuten vorsorglich, wann es denn wohl soweit sei.
Das würden wir ja dann schon sehen, blafft die Dame barsch, oha, der Kunde ist König, wenn auch nicht hier. Nunmehr leicht gereizt merke ich an, dass wir ganz offenkundig ohne Not zu dieser frühen Ankunft genötigt worden seien. Das hört der Sonnenschein hinter der Schalterscheibe so richtig gern und weist mich unverhohlen unverschämt an, einen Sitzplatz in der Halle zu suchen und gefälligst nicht zu nerven. Nun gifte ich zurück. Wir hätten den Schlamassel schließlich nicht zu verantworten und auch keine große Freude daran, und wenn Blicke töten könnten, würde es diesen Reisebericht nicht geben.
Um 14.20 Uhr dann der knappe Befehl "Go!" Nur zu gern, bloß wohin? Keine Antwort, aber wir latschen vorsorglich einem Air-Namibia-Mitarbeiter hinterher, der zwar nicht mit uns spricht, aber ein Ziel zu haben scheint. Quer übers Gelände folgen wir ihm zu einem Parkplatz mit Firmenwagen, der Motor läuft, wir steigen ein - und warten wieder. Warten eine halbe Stunde, ich frage den Fahrer, was ist los, die Crew eines verspäteten Fluges fehlt noch, wann der landet, ihr ahnt es schon, man weiß es nicht.
Der Motor läuft und läuft, irgendwann, so überlege ich, werden wir tanken müssen, ohne uns auch nur einen Meter vom Fleck bewegt zu haben, doch dann gehen die Türen auf, die Crew steigt ein, kein Gruß, kein Blick, wir haben uns schon fast dran gewöhnt, doch immerhin, wir fahren. Endlich.
In Windhoek wird erst die Crew abgesetzt und dann wir, wie erhalten Gutscheine fürs Hotel, für ein Abendessen sowie ein einzelnes Telefonat und außerdem zwei Mini-Fläschchen Wasser, die zum Waschen gedacht sind, denn in Windhoek werden Leitungen gewartet oder repariert und das fließende Wasser fließt gerade nicht, sondern erst wieder in der Nacht.
Das Safari Court Hotel ist ein Riesenkasten und so gar nicht unser Ding, das Zimmer allerdings okay und einen Pool gibt es auch, dort wollen wir den Nachmittag verbringen. Mit Mühe ergattern wir zwei Stühle, die Liegen sind okkupiert von weiteren Gestrandeten, einer großen, fast 50-köpfigen und trotz früher Stunde reichlich bierseligen Schicksalsgemeinschaft: "Na, dssssseid ihr auch Air Namibia?"
Wir drehen wie die meisten eine Runde im Pool, besser dieses Wasser als keins, mein Haar müffelt nach Chlor und der Speisesaal beim Abendessen penetrant nach Hallenbad. Ein anderes deutsches Paar hat seine Reise komplett selbst gebucht und ist erstaunt, was wir alles bezahlt bekommen. Die zusätzliche Übernachtung, das Essen, sie müssen für all das selbst blechen, sie hätten ja schließlich die Wahl und könnten auch zwei Tage früher zurück, so die Begründung der Air Namibia. Ich finde das frech und bin froh, dass unsere Agentur die Dinge wohl bestmöglich für uns geregelt hat.
Bleibt die Frage, wann wir eigentlich am Morgen abgeholt werden, keiner weiß es so genau, uns hat man fünf Uhr gesagt, anderen halb Sechs, nur eine kleine Mütze Schlaf, dann sitzen wir um Punkt Fünf frisch geduscht (!) in der Lobby und warten. Mal wieder.
Nichts passiert, die Reisegruppen sind aufgeregt und immer in Bewegung, geht einer raus, rennen alle hinterher, muss einer aufs Klo, folgt ihm der Rest. Ich suche die versteckte Kamera, doch ohne Erfolg, es ist auch ohne eine Riesenshow.
Dann endlich tut sich was, ein Mini-Bus fährt vor, mit Platz für zwölf Personen, wenn auch ohne Gepäck. Die meisten drängeln, klammern sich an ihre Koffer, das reinste Affentheater, doch irgendwann ist eine erste Rutsche weg und dann noch eine zweite. Lange passiert nichts, dann ein dritter Mini-Bus, der Fahrer ist ehrlich, mehr seien nicht geplant, aber wir sollen uns nicht sorgen, er müsse zwar los, aber kümmere sich. Schlecht ist, wer Schlechtes denkt, aber ich glaube ihm kein Wort.
Wir sind noch zu Viert, es ist schon nach Sechs, und kein Schiff kommt. Thomas geht rein, zieht unseren kostenfreien Telefon-Joker an der Rezeption, das erinnert an Knast, zeigt aber Wirkung. Air Namibia tut erstaunt, wähnt alle am Flughafen, sie schicken jemanden, nur das kann dauern. Wir warten, natürlich, was auch sonst, dann der nächste Mini-Bus, er ist nach unserem Anruf am Hosea Kutako losgefahren und nun drängt mächtig die Zeit. Am Airport kommt es, wie es kommen muss, ein deftiger Anschiss beim Check-In, wir seien zu spät und wohl nicht bei Trost. Wir sprinten zum Gate und plumpsen in die Sitze - geschafft!
Ich blicke hinunter, hell leuchtet die Etoscha-Pfanne, schon jetzt habe ich Fernweh und könnte glatt von vorn beginnen. Ich lege mich der Länge nach über vier Sitze, denn wir haben jeder eine Reihe für uns, und schlafe sofort ein. Schlafe so lang und gut wie noch nie im Flieger, und träume von Afrika, von dieser Reise und den kommenden.
Und so ist alles, was für den Moment noch bleibt, ein dickes Danke für eure Begleitung - und ein Fazit, das in den nächsten Tagen folgen wird!