Sonntag, 14.10. – Abflug München
... und plötzlich war das Warten vorbei.
Meine Nerven lagen schon ein bisschen blank.

Wir waren noch nie so lange von unserer kleinen Tochter getrennt gewesen und wussten trotz der vielen Vorbereitungsarbeit und einigen Probeläufen nicht, wie sie darauf reagieren würde. Wir übergaben letzte Infos an meine Eltern, machten noch einen kleinen gemeinsamen Ausflug zum Burger-Schuppen um die Ecke, und dann hieß es schon „bye bye baby“.
Hat die Kleine übrigens gar nicht gejuckt, dass wir weg waren.
Abends um 21 Uhr ging unsere Maschine. Wir flogen mit SAA von München nach Johannesburg und dann weiter mit Airlink nach Upington.
Der erste Flieger war rammelvoll und die Nacht schlaflos. Wir hatten es verpasst, frühzeitig online einzuchecken (das kommt davon, wenn man so lange nicht reist, man vergisst die kleinen Kniffe) und bekamen deshalb zwei Sitze in der Mittelreihe. Für Mike konnte ich noch den allerletzten Gangplatz sichern, aber ich saß leider in der Mitte der Mitte. Dazu noch neben einer Dame, die ein wirklich gut riechendes Parfüm trug – womit sie sich aber leider wohl von Kopf bis Fuß benetzt hatte. Zehn Stunden lang hatte ich den Duft in der Nase. Selbst mein Abendessen schmeckte danach.
Montag, 15.10.
Ankunft in Upington, Auto & Einkauf, Fahrt in den Park, Twee Rivieren Campsite
Der Anschluss in JNB war chaotisch, die Wege im Flughafen ineffizient und nicht nachvollziehbar, die Immigration-Schlange endlos. Das kannten wir schon von JNB, und wir nahmen es locker. Dann hatte unser Airlink-Flieger noch eine Stunde Verspätung...
Völlig gerädert kamen wir gut eine Stunde später im hübschen, kleinen Flughafen in Upington an. Mike meinte, es würde wie ein Playmobil-Flughafen aussehen.
Von unserem Shuttle war keine Spur. War ja auch klar, warum sollte er eine Stunde rumwarten. Also Notfall-Info-Paket aus dem Rucksack gefischt, Handy angeschmissen und alle Nummern vom Autovermieter durchtelefoniert. Beim dritten Anruf ging der Eigentümer Pieter Nel endlich ran. Fünf Minuten später fuhr er schon vor.
Ein paar Sätze zum Auto: Unseren Hilux mit Dachzelt und Camping-Ausstattung mieteten wir bei Kalahari 4x4 Hire (nicht mit Kalahari Car Hire von Hubert Hester zu verwechseln). Pieter war sehr freundlich und kulant, die Kommunikation vorab lief schnell und reibungslos. Er empfahl, gleich nach unserer Ankunft einzukaufen und dann direkt ohne Pause in den 265 Kilometer entfernten Park zu fahren. Dementsprechend haben wir auch geplant und die Camps gebucht. Theoretisch ist das möglich – praktisch aber echt stressig. Das lag zum einen an unserer Verspätung, zum anderen an der unpraktischen Ausstattung des Wagens...
Wir haben noch nie eine derart unsinnig und windig eingerichtete Ladefläche erlebt. Riesige Zubehörkisten, die höher waren als breit – zu hoch, um sie unter der Canopy zu stapeln – nahmen irrsinnig viel Platz weg. Hätten wir die Dinger voll gemacht, wären wichtige Artikel unter einem Berg von anderen, minimal wichtigeren Artikeln verschüttet gewesen. Der Kühlschrank war zwanzig Zentimeter ins Wageninnere versetzt und fixiert, um Platz für die Batterie zu machen. Das führte dazu, dass man die unteren zwei Drittel des Kühlschranks nicht sehen konnte. Nur ertasten. Um das Problem zu beheben, wurde eine Fußleiter lose ins Heck geworfen, auf die man sich stellen sollte, um den Blickwinkel zu verbessern.

(Das Teil fixierten wir gleich zu Beginn mit mitgebrachten Kabelbindern auf dem Dach.) Mike schnitt sich beim Einräumen der Ladefläche zwei Mal die Hand blutig auf, weil irgendwo im Innenraum eine scharfe Kante blank lag. Wir konnten sie nicht finden und haben uns einfach angewöhnt, vorne rechts nur sehr bedacht ins Auto zu greifen. Eine der Monsterkisten war zu 80% mit Schaumpolster ausgekleidet, um vier Aluminiumteller und eine (?!) winzige Tasse zu beherbergen. Der Campingtisch war so wacklig, dass unsere Bierflaschen umgekippt sind, wenn man sein Steak darauf schnitt. Die Campingstühle derart verkeilt, dass man sie nur zu zweit mit vereinten Kräften zusammenklappen konnte. Das Dachzelt so verzogen, dass die Reißverschlüsse nicht ganz zugingen. Es wirkte alles so, als hätte der Pieter keine Ahnung, worauf es beim Camping eigentlich ankommt.
Ganz knapp haben wir es noch vor Gate Closing in den Park geschafft, um dann die ersten Stunden in Twee Rivieren – nach fast 24 Stunden Reisedauer völlig erschossen und immer noch ungeduscht – damit zu verbringen, das Auto ein- und umzusortieren. Und als wir dann den Reifendruck ablassen wollten, haben wir mit Schrecken festgestellt, dass wir die gesamte Teerstrecke von Upington nach Twee Rivieren mit nur 1,5 bar gefahren sind. Wären wir einigermaßen ausgeschlafen und stünden wir nicht so unter Zeitdruck, wäre uns das bei der Übergabe bestimmt aufgefallen. Also: Selbst wenn der Experte vor Ort etwas anderes behauptet, nehmt den weisen Rat des Forums an, nach Eurem Flug erst mal eine Nacht zu schlafen.
Davon abgesehen waren wir mit Kalahari 4x4 Hire aber einigermaßen zufrieden. Die Preise waren in Ordnung, und der Hilux hat einwandfrei funktioniert. Mit unserer zurecht-Macgyverten Ladefläche kamen wir schon klar. Und der Kühl-/Gefrierschrank hat trotz fehlender Stoffverkleidung auch bei 40 Grad unseren recht stattlichen Fleischvorrat nie antauen lassen.
Wir hatten eine Braai-Auswahl vorab per Email beim Upington Slaghuis bestellt. Metzger Eben – der übrigens der kleine Bruder unseres Autovermieters ist – vakuumiert und friert auf Wunsch seine Ware ein. Völlig unkompliziert. Das Fleisch war unschlagbar, besonders die Curry-Sosaties und Boerewors sind uns in Erinnerung geblieben. Auch das Skinless-Driedwors-Biltong war göttlich.
Der Einkauf in der Kalahari Mall war recht ereignislos. Es gibt dort alles, was man so braucht, inklusive eines scharfen Messers mit Klingenschutz für die Camping-Küche. Die Messer in der üblichen Camping-Ausstattung sind ja meist total stumpf... Normalerweise nehmen wir deshalb immer Mikes Laguiole mit. Diesmal sind wir aber nur mit Handgepäck angereist, also musste das gute Stück zuhause bleiben. Der Ersatz kostete aber nur ein paar Euro und wurde am Ende der Reise dem Wächter in Urikaruus geschenkt.
Der Shop in Twee Rivieren hat übrigens auch einen großen, tiefgekühlten Fleischvorrat vom Upington Slaghuis. Wir waren zwei Mal – jeweils an einem Montag – dort und konnten uns nicht vorstellen, dass denen jemals das Fleisch ausgehen könnte. Die Ablution Blocks waren quietschsauber. Wenn man große Camps nicht mag, sollte man dort aber eher wenig Zeit einplanen. Von „Rummel“ kann nicht wirklich die Rede sein, doch die Stimmung dort ist merklich anders als im Rest des Parks. Twee Rivieren gehört gefühlt mehr zur Zivilisation als zur einsamen Wildnis.
Als endlich alles sein Plätzchen gefunden hatte, wir frisch geduscht waren und per Satellitentelefon ein kurzes Lebenszeichen nach München geschickt hatten, waren wir viel zu müde, um noch zu kochen. Wir schlurften ins Restaurant, wo wir kurz vor Ladenschluss bei Neon-Licht ein Steak (Mike, der klug war; lecker) und ein Gemüse-Medley (Katja, die sich einbildete, noch ein paar Vitamine tanken zu müssen; so gar nicht lecker) verschlangen. Dann ab in die Federn.
Endlich konnten wir den Fokus von der Logistik aufs Wesentliche lenken: den KTP.