29. November 2024
Der Condorflug nach Agadir startet am 30.11.2024 bereits um 8.40 Uhr, es besteht also keine Chance, mit der Deutschen Bahn am selben Tag anzureisen. Da es meine einzige Reise des Jahres ist, gönne ich mir ein Hotelzimmer direkt am Flughafen und fahre bereits am 29.11. abends nach Frankfurt. Das klappt alles wunderbar, ich fühle mich wie Queen Mom persönlich in meinem großen Einzelzimmer
, verspeise abends gemütlich mein mitgebrachtes Vesper im Bett (da kommt dann doch die sparsame Schwäbin wieder durch
) und schlafe halbwegs gut.
30. November 2024 – Wer sind meine Mitreisenden?
Am nächsten Morgen bin ich schnell am Gate, welches einer besseren Baustelle gleicht. Es gibt nur ein paar wenige Sitzplätze, die nahezu vollständig belegt sind. Zwei nette Damen winken mich heran, als sie meine suchenden Blicke erkennen, und bieten mir den Platz neben ihnen an, den bisher ihr Handgepäck eingenommen hatte. Schnell kommen wir ins Gespräch: es sind Mutter (86) und Tochter (ca. 60), die Mutter hat mit ihrem verstorbenen Ehemann jahrzehntelang den Winter in Agadir verbracht. Nun machen sie eine Abschiedsreise dorthin. Ich erzähle auf ihre Frage hin von meiner Birdingtour und sie finden das sehr spannend. Wer sind wohl meine Mitreisenden? Vielleicht die drei, die uns gegenübersitzen (weit weg, sie können uns nicht hören)? Die beiden Damen entwickeln einen großen Eifer darin, zu beurteilen, wer wohl von den Anwesenden ein Birder/eine Birderin ist und wir haben viel Spaß miteinander
.
Durch Informationen des Veranstalters kenne ich die Namen (aber mehr nicht) der teilnehmenden Personen und wer mit mir ab Frankfurt fliegt, nämlich alle außer einer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir ein Gesicht gegenüber bekannt vorkommt, denn dessen Name hatte ich gegoogelt, da er nicht ganz alltäglich war und somit die Chance auf einen Treffer bestand. Ich zeige den Damen das Foto, das ich bzw. die Suchmaschine gefunden hatte und sie sind sich ebenfalls sicher: das muss Klaus sein
! Hmmm, ehrlich gesagt hatte ich vor ihm ein bisschen Angst, oder sagen wir lieber Respekt, denn was ich so gelesen hatte, war er studierter Geograph und ziemlich aktiv in Sachen Natur unterwegs. Der weiß bestimmt alles, und das auch noch besser
und findet mich sicher nach zehn Minuten, in denen ich mindestens dreimal gefragt habe, wo der Vogel sitzt und wie er heißt, total anstrengend und nervig
. Ich kann mir seine verbissenen Blicke jetzt schon vorstellen und lachen kann der bestimmt auch nicht….
Meine beiden Damen hat das Jagdfieber gepackt
– sie sind sich sicher, dass die beiden anderen auch dazu gehören, denn – das haben sie genau gesehen – die haben sich mit Klaus unterhalten. Na super, die kennen sich alle, vermutlich ist die ganze Gruppe schon jahrelang mit dem Veranstalter gemeinsam auf Vogelsuche unterwegs und jetzt komme ich als Störenfried dazu
.
Ich werde aus meinen trüben Gedanken gerissen, denn meine Nachbarin stupst mich an und flüstert: da kommt einer mit einem Fernglas um den Hals, das ist doch bestimmt auch ein Birder! Sie hat recht, und den kenne ich sogar auch: es ist unser Reiseleiter Jürgen, von dem man auf der Website schon ein Foto hatte sehen können. Da Klaus kurz vorher das Gate nochmal verlassen hatte, stehen jetzt nur die beiden anderen von gegenüber und Jürgen zusammen da und begrüßen sich. Und schon wieder betreten zwei Personen mit Fernglas und Outdoor-Klamotten die Bühne – für meine Nachbarinnen ein klarer Fall: die gehören auch zu der Gruppe
.
Auch Jürgen und die beiden anderen sehen das wohl so, denn sie begrüßen sich fragend und stellen sich dann vor, als klar ist, dass sie Teilnehmer der Reise sind. Jetzt muss ich meinen Beobachterinnenposten wohl aufgeben, packe meinen Rucksack, in dem sich mein Fernglas befindet, statt um meinen Hals zu baumeln (was aber bei meinem Steiner-Kinderspielzeug im Vergleich zu den Swarovskis der anderen wohl auch die richtige Entscheidung war, um mich nicht sofort als Laie zu outen
) und geselle mich zu der Gruppe. Okeeee, ich muss sagen, der erste Eindruck ist positiv, mir fällt niemand spontan negativ auf, im Gegenteil, das sind alles sehr freundliche und fröhliche Leutchen
. Nur Klaus lerne ich vor dem Flug nicht mehr kennen, denn er kommt erst wieder ans Gate zurück, als wir schon boarden.
Unser Start verzögert sich, denn unsere Tragflächen müssen enteist werden! Hehe, irgendwie gefällt mir das (auch wenn wir uns dadurch ziemlich verspäten)
- hier EIS, und in ein paar Stunden werde ich in der WÄRME sein (siehe Punkt 1 meiner Liste)!
Der Tagflug dauert ca. 4 Stunden, ein Klacks nach all den mindestens 10stündigen nächtlichen Quälereien ins südliche Afrika.
Schnee im Hohen Atlas
Anflug auf Agadir
Das sieht schon richtig warm aus irgendwie...
Angekommen!
Nach der Landung stehen wir 7 (die beiden Ehepaare, Jürgen, Klaus und ich) am Gepäckband an und tauschen nebenher Geld in der nahen Wechselstube. Jürgen warnt uns: „tauscht nicht zu viel, man lebt hier recht günstig!“. Schon klar, dass keine und keiner auf ihn hört…. Dabei kennt Jürgen sich bestens aus – er ist nämlich mit einer Marokkanerin verheiratet und entsprechend oft im Land.
An der Kontrolle müssen alle ihr Spektiv auspacken. Wie gut, dass ich – natürlich als einzige, wobei die zwei Paare auch jeweils "nur" eines haben – keines dabei habe
. Draußen treffen wir dann endlich unsere letzte Mitreisende aus der Schweiz, ebenfalls eine höchst sympathische Person!
Während wir lange auf unseren Mietwagen warten, machen wir das, was Birder nun mal tun, auch wenn es sich um simple Spatzen im Dreck handelt!
Überhaupt ist es lustig zu beobachten, welchen Fokus alle Mitreisende haben
– immer wieder wird in die Luft oder in die Hecken geschaut und das Fernglas in die Hand genommen, und das mitten auf dem trubeligen Parkplatz. Übrigens bekomme ich hier auch einen ersten Eindruck von Klaus: ich glaubs nicht - er kann lachen
– und ich bekomme jetzt schon das Gefühl, dass meine Vorurteile mal wieder ziemlich daneben lagen
.
Im nächsten Kapitel lernen wir unsere erste Unterkunft kennen und machen unsere ersten Birding-Erfahrungen der Reise, die für mich mit sehr gemischten Gefühlen verbunden sein werden.