16. September, vormittags: Samburu, Teil I
Am Morgen haben sich die Wolken verzogen, ohne dass auch nur ein einziges Tröpfchen herausgefallen wäre. Es ist ein Jammer. In der Nacht hat es dennoch wieder Antilopennachwuchs gegeben, die Ebene direkt an der Zufahrt zum Camp scheint eine beliebte Krippe zu sein.
Für mich erfüllt sich an diesem Tag ein großer Wunsch, denn wir fahren nach Samburu. Noch bis zum vergangenen Winter hätte das gerade einmal fünf Minuten gedauert, doch weil die Flut die nahe Brücke zerstört hat, müssen wir erst aus dem einen Gate heraus, dann auf der Hauptstraße den Fluss überqueren und schließlich auf der anderen Seite wieder durchs Gate nach Samburu hinein.
Die Strecke ist nicht nur ein erster Gamedrive,...
...sondern führt auch ein kleines Stückchen an den Dörfern der Samburu mit ihren flachen. kastenförmigen Hütten vorbei.
Nach gut einer halben Stunde erreichen wir das Gate zum Samburu Nationalreservat, dessen Wand ein Foto von Elsa ziert. Das ungewöhnliche Leben und Schicksal von Joy und George Adamson, die diese Löwin aufgezogen und schließlich ausgewildert haben, begegnet uns auf dieser Reise immer wieder. Das benachbarte Shaba-Nationalreservat, wo Joy Adamson am Ende lebte und leider auch gewaltsam zu Tode kam, werden wir allerdings nicht besuchen. Wir würden dort gerade in dieser Jahreszeit kaum etwas anderes als Kühe und Ziegen sehen, erläutert Livingstone, und das sind traurige Nachrichten. Weniger für mich, als vielmehr für die wilden Tiere.
Livingstones erklärtes Lieblingstier ist der Leopard. Schon in den vergangenen Tagen hat er intensiv danach Ausschau gehalten. Sie sollen in dieser Gegend ziemlich kooperativ sein, weil sie einst angefüttert wurden. Diese Tatsache haben die Katzen aber möglicherweise längst verdrängt und das ist auch gut so. Jedenfalls haben wir bislang bis auf den Rest einen Kills in einem Baum keine Spur von ihnen gefunden.
Ein Leopard geht natürlich immer, aber wir versichern Livingstone, auch ohne happy zu sein - zumal wir auf die Mara bauen. Ich ahne allerdings, dass es die Guides besonders reizt, einen Leoparden zu finden, der unberechenbar und damit eine besondere Herausforderung ist. Livingstone bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme.
Samburu unterscheidet sich landschaftlich nicht vom benachbarten Buffalo Springs. Die Perspektive wechselt jedoch, und das ist schön. Die Berge, auf die wir bislang geschaut haben, sind zudem näher gerückt und die dichten, immergrünen Büsche zahlreicher.
In solch ein Dickicht soll nun just ein Leopard verschwunden sein. Berichtet zumindest der Guide des Elephant Bedroom Camps, der mit seinen Gästen intensiv Ausschau hält. Vor allem deshalb, weil sich Gerenuks dem womöglich brandgefährlichen Gebüsch Schritt für Schritt nähern. Die beiden Kleinsten ducken sich ins vermeintlich sichere Gras, und die Spannung steigt.
Doch dem Männchen ist sichtlich nicht wohl bei der Sache. Langsam, aber sicher zieht die Familie geschlossen ab.
Ich finde es ja ganz gut, dass die Baby-Antilopen ungeschoren bleiben. Anders als Livingstone, der fortan nicht mehr von "Leoparden" spricht, sondern von "this spotted cat". Wenn sonst nichts hilft, hilft vielleicht Aberglaube.
Noch einmal davongekommen.
Wir fahren ein Stück in die Berge hinein und dann in einem weiten Bogen durch eine einsame Landschaft. Fast einsam zumindest, denn die Gegend ist fest in der Hand der allzeit emsigen Geierperlhühner.
Sie sind überall - und richten zum Glück keine Schäden an. Sonst wären sie längst zur Plage geworden.
Überhaupt sind es vor allem Vögel, die wir an diesem Morgen entdecken.
Wie diesen Rosy-patched bush Shrike. Zu Deutsch: rosiger Buschwurm.
Komischer Name für so einen hübschen Vogel. Und Akrobatik kann er auch.
Eine sandige Piste führt am Flussufer entlang. Die Lichtung, die Livingstone für unser Picknick auserkoren hat, ist leider schon besetzt. Die Paviane, gewohnt selbstbewusst, machen keinerlei Anstalten, ihre Pole Position zu räumen. Wir knicken ein. Treten den Rückzug beziehungsweise die Weiterfahrt an. Nicht erst seit meinem mittäglichen Erlebnis am Vortag weiß ich, dass es so besser ist...
Schließlich frühstücken wir ein Stück weiter flussaufwärts im Schatten der Palmen, aus denen ein vertrautes Krächzen klingt.
Die farbenprächtigen Rotbauchpapageien sind allerdings neu für uns und ich freue mich sehr über diese Sichtung.
Zurück in der offenen Savanne, verteilen Mitarbeiter vom Grevy's Zebra Trust Heu auf den abgegrasten Flächen, um die gefährdeten Tiere in der Dürre zu unterstützen.
Schon am späten Vormittag steht die heiße Luft. Diesen beiden geht es offensichtlich...
... trotzdem schweinegut.