Abschied
Es ist unser letzter Morgen in der Corcovado Jungle Lodge, am späten Mittag geht es in Richtung San Jose - und damit auch im Grunde schon heimwärts. Ich hätte es länger am und im Corcovado ausgehalten, die Affen vertreiben meine trüben Gedanken auf dem Weg zum Frühstück.
Das Licht ist vor allem im Dickicht noch schwach, doch wir werden Zeugen einer anrührenden Begegnung. Die Klammeraffen bewegen sich von links nach rechts, die Kapuzineräffchen in die andere Richtung - so kommt es zu unverhofften Aufeinandertreffen. Sekundenlang verharren die Tiere, begutachten sich freundlich, fassen sich an den Händen und lassen sich dann gegenseitig höflich den Vortritt. Wir sind schwer beeindruckt von so viel Miteinander!
Später rollen wir per Trecker mitsamt Gepäck hügelabwärts und klettern etwas ungeschickt in die schwankende Nussschale, die uns zurück zur Drake Bay bringt. Die Papageien krächzen zum Abschied, der mir wirklich schwer fällt.
In der Drake Bay werden wir abgeholt und flugs zum Airstrip gebracht, schließlich heißt es bye bye Corcovado. Wie schön es hier war!
Die Abholung durch unsere letzte Unterkunft der Reise am Flughafen in Alajuela geht irgendwie in die Hose. Kein Auto kommt, nach Rücksprache mit dem Trapp Family Country Inn nehmen wir uns ein Taxi, die Kosten werden erstattet. Klappt reibungslos, und wir lassen den Tag mit guter Hausmannskost im Trapp ausklingen, wo unser zwischengelagertes Hauptgepäck auf uns wartet.
Der internationale Flug findet erst am nächsten Abend statt, wir haben also noch einen ganzen Tag Zeit, wissen aber nicht wirklich viel damit anzufangen. San Jose reizt uns nicht, das Wetter wäre vielversprechend für einen Besuch des Poas, doch wir haben den Vulkan Jahre zuvor schon ausgiebig und in aller Seelenruhe besucht - was jetzt nicht möglich wäre nach seiner Aktivität der vergangenen Monate. Ein Guide ist Pflicht, der Bewegungsradius eingeschränkt, die Zeit limitiert.
Auf eine geführte Tour im Schweinsgalopp haben wir keine Lust, und so bleiben wir einfach, wo wir sind. Packen unsere Siebensachen, lesen, hängen am Pool rum und unseren Gedanken nach, die vielen Eindrücke wollen verarbeitet werden.
Das Fazit
Am Abend heißt es endgültig Abschied nehmen von Costa Rica, das uns auch bei unserem zweiten Besuch begeistert hat.
Die beiden Reisen lassen sich kaum miteinander vergleichen, denn nicht nur war der erste Trip inhaltlich völlig anders gestaltet, auch haben sich die Gegebenheiten im Land im Laufe weniger Jahre ziemlich verändert.
Die Zeiten der herausfordernden Wasserdurchfahrten, der rumpeligen Pisten, kurzum des großen "Abenteuers" sind im Großen und Ganzen passé. Costa Rica weiß, wie Tourismus geht, die Infrastruktur mit intakten Straßen und zielführender Beschilderung freut die Einheimischen, nimmt den ganz Abenteuerlichen aber möglicherweise den Reiz. Auch das Preisniveau ist gestiegen, die Backpacker sind längst ins benachbarte Panama weitergezogen. Wie sich die Situation in Zeiten von Corona darstellt und wie die Auswirkungen sein werden, kann ich nicht einschätzen.
Mit zwei Reisen nach Costa Rica sind wir zumindest erst einmal gut bedient. Wir wollen sie allerdings keinesfalls missen. Das Land hat auf kleinstem Raum extrem viel zu bieten und ist (auch ohne Spanischkenntnisse) mit dem Mietwagen leicht zu erkunden. Zwei, drei Stunden Autofahrt, schon sieht die Welt wieder ganz anders aus. Anderes Klima, andere Vegetation, andere Tiere.
Wer das erste Mal nach Costa Rica reist, ist sicher mit einer Mischung aus Regenwald, Trockenwald, Nebelwald, Flusslandschaft und möglicherweise einigen entspannten Tagen am Strand gut bedient. Die Vielseitigkeit ist extrem reizvoll. Abseits der mittlerweile schon oft ausgetretenen Pfade finden sich überall noch Möglichkeiten, die Naturschätze mit der spannenden Tier- und vor allem Vogelwelt in relativer Abgeschiedenheit zu heben.
Für uns als Wiederholungstäter stand vor allem der Regenwald im Fokus. Die Geräusche, das satte Grün mit seinen vielen tierischen Bewohnern begeistert uns, das Wetter hat beide Male sehr gut mitgespielt. Die Luftfeuchtigkeit darf man dennoch nicht unterschätzen.
Der absolute Höhepunkt unserer zweiten Reise waren die Osa-Halbinsel, die Heimat des Hellroten Aras, und speziell der Corcovado. Dort wollen wir vielleicht irgendwann noch einmal hin; möglicherweise in Verbindung mit einer Reise nach Panama. Auch die Gegend um Boca Tapada hat uns einmal mehr begeistert.
Die wohl positivste Überraschung war das zauberhafte Orosi-Tal, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint und wir authentisches costa-ricanisches Leben beobachten durften. Wie gern hätte ich hier Spanisch mit den freundlichen "Ticos" gesprochen!
Euch wird es vermutlich so gehen wie uns: Nach einem Jahr "Entzug" steht Afrika ganz oben auf der Liste der möglichen Destinationen. Namibia, Botswana, Kenia und Co. bleiben die Nummer eins unserer Herzen. Wir waren gerade da und haben den ersten Durst erfolgreich gestillt, satt sind wir noch lange nicht.
Doch wer einmal eine Abwechslung sucht, eine ganz andere Landschaft und ganz andere Tiere, wird in Costa Rica fündig werden - vor allem, wenn er sich um alternative Routen etwas abseits der üblichen Reiseprogramme bemüht.
Ich wünsch' euch und uns allen wieder fröhliches Reisen, eine hoffentlich Corona-freie Zukunft und viele tolle Abenteuer, in welchem Teil der Erde auch immer. Dieser Reisebericht hat sich gezogen, die Umstände waren teilweise auch durch Corona widrig, aber möglicherweise hat er irgendwann einen Nutzen für irgendwen. Ich für meinen Teil werde mich immer gern an die schöne Zeit in Costa Rice erinnern.
Liebe Grüße, vielen Dank für euer Interesse und bleibt gesund!
Betti