THEMA: Natur pur: Zwischen Aras und Affen in Costa Rica
05 Apr 2021 11:42 #611578
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Ihr Lieben,

vor einiger Zeit habe ich einen Reisebericht unserer Costa-Rica-Tour versprochen. Bislang ist es aus unterschiedlichen Gründen nicht dazu gekommen, dass ich das Versprechen einlöse; das geht natürlich gar nicht. ;)

Abends ab 21 Uhr festgetackert im Hamburger Lockdown und relativ ernüchtert, was unsere bereits einmal verschobene Reise nach Namibia im Mai angeht, bin ich nun aber wild entschlossen, der Tristesse zumindest mental zu entgehen und mich gedanklich in die Ferne zu beamen.



Vielleicht mag noch jemand virtuell mitkommen in den Regenwald, ins Land der bunten Vögel, der Dschungel-Geräusche, der rauchenden Vulkane und der überragenden Natur.









Ich würde mich über Begleitung sehr freuen und hoffe, dass der eine oder andere auch Tipps mitnehmen kann für eine (hoffentlich bald wieder mögliche) eigene Reise in ein Land, das uns bei unserem ersten Besuch 2012 so begeistert hat, dass wir sieben Jahre später eine weitere folgen ließen.







Wie das alles genau kam und was wir auf beiden Trips erlebt haben, ob und wie sich Dinge in unserer Wahrnehmung im Land der "Ticos" verändert haben, werde ich in den nächsten Wochen (hoffentlich einigermaßen zügig) erzählen.

Viel braucht ihr nicht, nur leichtes Gepäck und gute Laune. Das dürfte nicht allzu schwer fallen, denn "Pura Vida", das ist in Costa Rica keine Floskel, sondern Programm: Tempo rausnehmen, den Moment genießen und nicht zu viel im Voraus denken.



Hier zunächst einmal die Route unserer zweiten Reise im Januar 2019:

29.12.2018 Flug von Hamburg nach Frankfurt und dann direkt nach San Jose (Lufthansa)
1 Ü Hotel Radisson San Jose
3 Ü Pachira Lodge (Nationalpark Tortuguero)
3 Ü Laguna del Lagarto Lodge (Boca Tapada / Rio San Carlos)
1 Ü Sarapiquis Rainforest Lodge (Sarapiqui)
2 Ü Orosi Lodge (Orosi-Tal)
2 Ü Trogon Lodge (San Gerardo de Dota)
1 Ü Trapp Family Country Inn (Alajuela, Nähe Flughafen)
Inlandsflug San Jose - Osa-Halbinsel
1 ÜN Pirate Cove (Drake Bay)
1 ÜN La Sirena Ranger Station (im Corcovado Nationalpark)
3 Ü Casa Corcovado Jungle Lodge (am Corcovado Nationalpark)
Inlandsflug Osa-Halbinsel - San Jose
1 Ü Trapp Family Country Inn (Alajuela, Nähe Flughafen)
17.01.2019 Flug von San Jose nach Frankfurt und dann nach Hamburg (Lufthansa)

In den nächsten Tagen geht es dann los, zunächst mit einem Rückblick auf die Anfänge in 2012.

Bis dahin wünsche ich euch noch frohe Rest-Ostern, bleibt gesund,
Betti

P.S.: Die Sonne im Reisebericht wird in jeder Hinsicht aktiviert, anders als derzeit in Hamburg. B)



Letzte Änderung: 20 Apr 2021 19:28 von Beatnick.
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07 Apr 2021 19:17 #611893
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Wie alles begann: Costa Rica zum Ersten, Teil I

Als wir vom 3. bis 23. Januar 2012 das erste Mal nach Costa Rica flogen, war das Land kein Geheimtipp mehr, aber die Saat der Popularität auch gerade erst gesät. Freunde von uns waren in den Flitterwochen dort, andere Bekannte zum Wellenreiten. Sie berichteten von wilder, überbordender Natur, exotischen Tieren, Traumstränden und lässiger Aussteigermentalität, aber auch teilweise herausfordernden Schlaglochpisten und Flussdurchfahrten. Letzteres schreckte mich zunächst ab, doch die anderen Argumente wogen schwer, und so schaffte mich mir zunächst einen dicken Reiseführer an und dann eine fixe Idee.

Landschaft in Monteverde


Es fiel mir schwer, mich auf eine Route festzulegen, alles klang so einladend, und ein Telefonat mit einer auf Lateinamerika spezialisierten Agentur brachte die Lösung: ein Programm namens "Flexi Drive", das wir schon auf Kuba erfolgreich genutzt hatten. Für Summe X erhält man ein Paket aus Langstreckenflügen, Mietwagen und je nach Programmwahl (Standard oder Luxus) eine Hotelliste mit Unterkünften, aus deren Angebot man dann vor Ort kurzfristig frei wählen kann. Es war also alles vorab bezahlt und wir mussten nur noch ein bis zwei Tage vor unserer jeweils geplanten Ankunft anrufen, ob tatsächlich ein Zimmer frei ist. Das ging auch ohne Spanischkenntnisse problemlos (meist mit Englisch, sonst mithilfe der vorherigen Unterkunft), und in den drei Wochen sind wir nicht einmal abgewiesen worden.

Blick vom Hotel zur Playa Carrillo, Nicoya Halbinsel


Wir hätten auch diesmal wieder gerne auf das Modell zurückgegriffen, das eine flexible Streckenführung ermöglicht und viel Raum für Spontanität. Leider wird es in der Hauptreisezeit, also Dezember/Januar, nicht mehr angeboten. Zu beliebt ist Costa Rica mittlerweile, und die Gefahr, kein Hotel mehr zu finden, wäre einfach zu groß.

2012 entwickelten wir aber noch einen nicht allzu detailversessenen, jedoch im Großen und Ganzen machbaren Plan. Sollte er sich als zu ambitioniert oder gar zu luftig erweisen, würden wir eben kurzfristig umdisponieren. Bei unserer Premiere sollten wir die unterschiedlichen Klimazonen und Landschaften gut durchmischen, so lautete der weise Rat der Agentur, und wir hielten uns daran.







Mit weißer Hose auf Klettertour im Lavagestein des Arenal ;)


Fluss, Meer, Trockenwald, Regenwald, Nebelwald, wollten wir alles sehen und kennenlernen, doch zwei Gegenden, die ich attraktiv bis sogar hochattraktiv fand, schafften es nicht auf die Liste der möglichen Ziele: der Tortuguero Nationalpark an der karibischen Ostküste und der Nationalpark Corcovado ganz im Süden. Beides ist mit dem Auto gar nicht oder fast gar nicht zu erreichen, und weil wir den guten SUV nicht an vier bis sechs Tagen ausschließlich parken wollten, fiel beides notgedrungen raus. Vielleicht, so dachten wir schon damals, ja dann beim nächsten Mal.

Der größte Fehler dieser ersten Reise war der Langstreckenflug mit Zwischenstopp bzw. Umstieg in den USA. Wir mussten in New York die gesamte Ein- und Ausreiseprozedur durchlaufen, das war extrem anstrengend und nervig. Zumal sich Thomas auf dem Rückflug schon auf dem kurzen Weg bis zum Big Apple eine Flugthrombose eingehandelt hatte. Merke: nie-nicht mit festgezurrten Wanderschuhen in einen Langstreckenflug gehen (nicht, dass man das nicht vorher gewusst hätte... :pinch: ).

Ansonsten war die Tour ein Volltreffer. Wir fühlten uns wohl, kamen auch ohne Spanisch wunderbar zurecht, das Land ist einfach zu bereisen, die Entfernungen sind meist überschaubar und die Vielfalt auf kleinstem Raum ist grandios. 200, manchmal nur 100 Kilometer gefahren, und schon sieht die Welt ganz anders aus. Andere Landschaft, andere Tiere, anderes Klima. Die Bandbreite ist enorm.

Empörter Kapuzineraffe im Manuel Antonio


Playa Carrillo, Nicoya Halbinsel


Volcan Poas


Unsere Route war ziemlich klassisch für den Ersttrip, und tatsächlich zahlte sich "Flexi Drive" aus, justierten wir ein paarmal nach. Hier noch ein Tag drangehängt, da ein bisschen gekürzt, am Ende wurden es zwei Stationen mehr als ursprünglich geplant.

Am 3. Januar kamen wir spät und ziemlich kaputt in San Jose an, wurden abgeholt und zu unserer (in diesem Fall vorgebuchten) Unterkunft gebracht. Der erste Blick morgens aus dem Fenster war überzeugend. Palmen, Blumen, ganz viel Grün. Urlaub!



Nach dem Frühstück wurde der Mietwagen gebracht, das GPS, von dem uns der freundliche Mitarbeiter trotz leichter Gegenwehr schließlich überzeugte, entpuppte sich nicht nur als goldener Griff, sondern sogar als Notwendigkeit. Beschilderung und Straßenführung waren - sofern überhaupt vorhanden - immer wieder ziemlich chaotisch. Das hat sich - um es vorweg zu nehmen - in der Zeit zwischen unseren beiden Reisen massiv geändert.

Unser erstes Ziel war der Nationalpark Manuel Antonio an der zentralen Pazifikküste. Der Park ist ein Traum mit üppigem Regenwald, tropischen Pflanzen, weißen Sandstränden und einer fantastischen Artenvielfalt. Vor allem Faultiere haben wir in großer Zahl gesehen, sie fraßen sich am Strand sogar direkt über unseren Köpfen in aller Seelenruhe durch die Mangrovenbäume.

Gefräßiges Zweifingerfaultier




Dreifingerfaultier mit Baby an Bord


Am ersten Tag hatten wir die herrliche Landschaft noch weitestgehend für uns, am zweiten jedoch erkannten wir das Paradies nicht wieder. Der Park ist sehr leicht zu erreichen und einer der Lieblings-Naherholungsorte der "Ticos". Am Wochenende kamen sie in Scharen, packten Badehose, Kühlbox und Kartoffelchips aus, sehr zur Freude der frechen Kapuzineraffen, die das überwürzte Zeug sogar aus geschlossenen Taschen klauten und sich eine Etage höher genüsslich einverleibten.





Man kann es den Einheimischen natürlich nicht verdenken, dass sie ihre grandiosen Freizeitmöglichkeiten nutzen. Wir waren nach einem fantastischen ersten Tag vom zweiten dennoch so abgeschreckt, dass wir auf einen weiteren Besuch sieben Jahre später verzichteten. Wie wir dann während unserer Reise 2019 hörten, haben die Hüter des Nationalparks mittlerweile hart durchgegriffen. Nur noch eine begrenzte Anzahl an Besuchern darf hinein, die Taschen werden streng auf Lebensmittel kontrolliert. Die Folge sind lange Schlangen am Eingang, doch es ist nach unseren Eindrücken wohl die richtige Maßnahme.

Von der kleinen Stadt Quepos in der Nähe des Manuel Antonio, wo wir zwei Nächte in einem kleinen Guesthouse verbracht hatten, fuhren wir nach San Jose zurück und noch daran vorbei bis hoch zum Volcan Poas. Eine Gegend wie im Allgäu, mit saftigen Wiesen und Buntgefleckten; allerdings oben ein aktiver Krater, in den man vom Rand aus ca. 2.700 m Höhe hineinblicken kann, sofern das Wetter mitspielt. Da das eher selten der Fall ist, hatte ich vorsorglich zwei Nächte in unserer einfachen, aber wunderbar gelegenen Unterkunft mit weitem Blick ins Tal eingeplant.



Am Ende blieben wir nur eine, weil schon am Nachmittag unserer Ankunft Kaiserwetter herrschte. Wir genossen in Ruhe den Anblick des dampfenden Naturwunders und den kleinen Spaziergang zu einem weiteren mit Regenwasser gefüllten Krater, was 2019 nicht denkbar gewesen wäre: Wegen eines Ausbruchs im April 2017 war der Poas bis September 2018 ganz gesperrt, nach leichter Öffnung sind nur für registrierte Gruppen mit einem Guide zeitlich beschränkte Stippvisiten wieder möglich.

Ich weiß nicht mehr, woher genau der Tipp für Boca Tapada ganz im Norden rührte. Ein privates Feucht- und Regenwaldgebiet, das sich entlang des Rio San Carlos ausbreitet, ein Fluss an der Grenze zu Nicaragua. Der biologische Korridor bietet seltenen Arten Schutz und seinen Besuchern die Gelegenheit, eine ungeahnte Vogelvielfalt und -Pracht zu erleben.





Es war eine echte Herausforderung, dieses Juwel zu erreichen. Über eine rumplige Strecke, die mir in bis dahin ungekannter Weise Nerven und Geduld abverlangte, denn zu diesem Zeitpunkt war ich noch kaum einmal mit solchen Pisten in Berührung gekommen. "Das Paradies muss man sich verdienen", meinte der Betreiber der Laguna del Lagarto Lodge bei unserer Ankunft lapidar. Und lag damit goldrichtig. Das war genau unser Ding.





Die Abgeschiedenheit und die direkte Nähe zur Natur nahmen uns so gefangen, dass wir 2019 gleich für drei Nächte zurückkehrten. Aber das soll ein andermal erzählt werden. Es folgt zunächst Teil II zur Reise 2012.

Letzte Änderung: 07 Apr 2021 20:12 von Beatnick.
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11 Apr 2021 10:14 #612233
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Wie alles begann: Costa Rica zum Ersten, Teil II

2012 fiel uns der Abschied von der Laguna del Lagarto Lodge nach zwei erfüllten, intensiven und dennoch so ruhigen Tagen im Regenwald - zumal ganz ohne Regen - unerwartet schwer.

Zurück in der Zivilisation, blieben wir zwei Nächte im grünen Rücken des Volcan Arenal. Ein Klassiker, den wohl fast jeder macht. Schöne Natur, Wandermöglichkeiten, Hängebrücken über Regenwald, alles sehr hübsch.







Auf der "grauen" Seite des Arenal floss noch bis vor zehn Jahren am Abend sichtbar die Lava über die Flanke, sehr spektakulär. Als wir dort waren, war es damit leider vorbei. Er schlummert, der Berg.



Besonders in Erinnerung geblieben ist uns der Besuch des La Fortuna Waterfalls, in dessen natürlichem Becken man baden kann. Vorher gilt es allerdings 480 Stufen hinabzuklettern - und natürlich später auch wieder rauf :pinch:. Wir haben uns beide alle Mühe gegeben, bis ganz an das mit großem Getöse fallende Wasser heranzuschwimmen. Ohne Erfolg. Die natürliche "Gegenstromanlage" funktioniert einwandfrei. Wer das herrliche Bad allein erleben will, muss sehr früh dran sein. Es ist ziemlich beliebt.





Der nächste Klassiker: Monteverde im bergigen Nordwesten steht bei fast allen Costa-Rica-Reisenden ganz oben auf der Liste. Nebelwald, wieder alles ganz anders, aber wieder viel Natur.

Thomas bahnt sich nach einer stürmischen Nacht den Weg durch den dichten Wald von Monteverde.


Jaguar und Ozelot gibt es dort, doch sehen wird man sie nicht. Anders als den sagenumwobenen Quetzal, dem man mit Glück begegnet. Wir leider nicht. Zumindest nicht dort.



Farne, Orchideen und Kolibris, über hohe Hängebrücken wandert man über dem Kronendach des Waldes.





Bei einer Nachtwanderung sahen wir phosphoreszierende Pilze und blinkende Käfer. Das ist schon alles sehr, sehr schön und besonders, aber als absoluter Höhepunkt hat sich uns Monteverde nicht ins Gedächtnis gebrannt. Statt vieler Tiere gab es viel Regen. Und ziemlich kalt war es auch.

Dass wir die verhangenen Berge nach zwei Nächten etwas vorzeitig verließen, bescherte uns unverhofften Freiraum. Andere Reisende hatten uns einen Tipp gegeben, Cano Negro, eins der wichtigsten Feuchtgebiet der Welt. Ein sehr spezielles Ziel, weil ziemlich abgelegen und nur über eine holprige Piste erreichbar, aber gerade das gefiel uns wieder so richtig gut.





2012 hatten wir noch kaum Erfahrung mit Vogel-Beobachtungstouren - und waren begeistert. Bei den Bootsfahrten auf dem Rio Frio bis zur Grenze Nicaraguas sahen wir Wasservögel, riesige Störche, Leguane, Wasserschildkröten, Kingfisher und Kaimane en masse.







Unsere Begeisterung war (dauerhaft) geweckt und es war der Beginn einer großen Liebe; wenn auch nicht einer glühenden Leidenschaft. Denn gleichzeitig taten sich uns in Cano Negro Grenzen auf: Eine Gruppe außerordentlich netter Ornithologen aus den USA nahm uns sprichwörtlich unter ihre Fittiche, wir durften abends an einem Vortrag teilnehmen und im Morgengrauen mit auf die Pirsch. Das war eine tolle Erfahrung, doch als wir um 4 Uhr morgens nach dunkelgrauen Vögeln mit hellgrauer Brust fahndeten, wussten wir beide: In dieser Detailversessenheit erreicht uns das nicht.



Heitere Begegnung mit "Ticos" auf dem Fluss




Von der vogellreichen Flusslandschaft fuhren wir für zwei Nächte zum Nationalpark Rincon de la Vieja. Nur 140 Kilometer weiter westwärts trug die Natur schon wieder ein neues Kleid. Tolle Wanderwege führen am Fuße des gleichnamigen Vulkans durch tropische Wälder und einen Trockenwald, dessen Bäume - wie während unserer Reisezeit - in der Trockenzeit das Laub abwerfen.





Wir wanderten durch das geothermische Gebiet, vorbei an blubberndem Schlamm und heißen Quellen. Wer schon einmal in Island oder Neuseeland war, wird möglicherweise nicht sehr beeindruckt sein, für uns war das damals neu. So oder so sind die Wanderungen sehr schön und führen bei Bedarf auch zu Wasserfällen, in deren Naturpools man baden kann. Ebenso wie in manchen der heißen (dann eher warmen) Quellen.





Randvoll mit Eindrücken und von der Vielseitigkeit des kleinen Landes begeistert, rundeten wir die Reise mit einigen Tagen am Strand ab. Wir hatten uns immer näher an die Westküste herangepirscht, und das bewusst. Denn nicht nur gibt es in dieser Jahreszeit am Pazifik Sonnengarantie, während auf der Karibikseite noch Regenzeit herrscht, auch kann der Begriff "Karibik" irreführend sein. Natürlich hat auch die Karibikküste in Costa Rica ihren ganz besonderen Reiz und vor allem eigene "Vibes", doch wer tropischen, von Kokospalmen gesäumten weißen Sandstrand sucht, wird am Pazifik fündig.

Traumstrand in Samara


Die Nicoya Halbinsel hat eine ganze Menge dieser Traumstrände zu bieten. Teilweise sehr abgelegen, aber teilweise auch 2012 schon sehr gut erreichbar und damit fest in touristischer Hand.

Wir verbrachten ein paar relaxte, unbeschwerte Tage unter Kokospalmen. Erst an der vor allem bei Einheimischen beliebten Playa Carrillo, wo wir uns dem Rhythmus der "Ticos" anpassten.

Blick vom Hotelzimmer zur Playa Carrillo


Früh rein in die Federn und auch früh wieder raus, wir joggten um 6 Uhr morgens in der gerade noch erträglichen Hitze am einsamen Strand und kühlten uns im herrlichen Pazifikwasser ab, frühstückten mit Blick aufs Meer und kehrten dann in den Schatten der Palmen zurück.

Sprangen natürlich auch immer wieder ins Wasser, wenn auch weit weg von einer kleinen Flussmündung auf dem Weg zu unserem Hotel. Ein in Costa Rica oft erteilter Rat, den es zu beherzigen gilt: niemals in der Nähe einer Flussmündung baden! Wir haben tatsächlich an mehreren Stellen erlebt, dass sich dort Krokodile tummelten, und im Nationalpark Manuel Antonio konnten uns die deswegen patrouillierenden Ranger an einem bestimmten Strandabschnitt gerade noch davor bewahren, ins Wasser zu rennen, bevor wir die Reptilien schemenhaft selbst ausmachten.



In Samara, das mittlerweile ein rummeliger Touristenort sein dürfte, mischten wir uns unter das lässige Surfervolk, genossen das sorglose Beachlife und die leckeren Drinks, die wir aus Kokosnüssen schlürften. Ziemlich klischeehaft, aber auch ziemlich schön.



Wir hatte also eine wunderbare, abwechslungsreiche Zeit, und wir wollten wiederkommen. Mit anderen Zielen, anderen Schwerpunkten. Sieben Jahre später verwirklichten wir diesen Plan, und die zweite Reise wurde eine völlig andere als es die erste gewesen war.
Letzte Änderung: 13 Apr 2021 22:43 von Beatnick.
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13 Apr 2021 20:43 #612550
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"Die grüne Schatzkammer Costa Ricas"

Ich bin immer wieder erstaunt, auf was für phantasievolle - wenn auch nicht immer zutreffende - Titel Agenturen für ihre Reisen kommen. Da ist man auf den Spuren von irgendwas, entdeckt die Wunder versunkener Welten oder erlebt Auge in Auge mit Löwen und Tigern das Abenteuer seines Lebens.

Im Fall von Costa Rica haben diese Überschriften meistens etwas mit "Pura Vida" zu tun. Als ich unsere zweite, erneut dreiwöchige Tour in das kleine mittelamerikanische Land plante, lag der Fokus ganz besonders auf Tieren und Natur. Regenwald und Tropenkulisse - mehr hatten wir nicht im Sinn, aber auch nicht weniger. Vor allem der Corcovado, den wir beim ersten Mal nicht sinnvoll einplanen konnten, rangierte weit oben auf der Bucket-List. Außerdem Boca Tapada, weil es uns beim ersten Mal so außerordentlich gut gefallen hatte und wir diesmal auch die Königsgeier sehen wollten.





Ursprünglich stand auch die südliche Karibikküste als Hangout auf dem Zettel, doch die Agentur mahnte erneut wegen der Regenzeit im Osten. Zumindest den Tortuguero nahmen wir dann trotzdem mit rein, wohl wissend, dass wir keine Eiablage der Meeresschildkröten würden erleben können. Es war nicht die richtige Zeit dafür. Wir hatten so etwas allerdings schon einmal im Oman beobachtet und waren bereits damals zur Einsicht gelangt, dass die Schildkröten bei ihrem mühsamen Geschäft wohl ohne uns besser dran wären. Insofern war das kein Verlust.

Grimmiger Nachbar vor unserer Hütte im Tortuguero - hat uns im ersten Moment einen Riesenschreck eingejagt...


Wir wollten uns - wie zuletzt fast immer auf unseren Reisen - ausreichend Zeit lassen an den einzelnen Stationen. Die Agentur brachte noch San Gerardo de Dota ins Spiel, auch Wald, aber Nebelwald und damit eine gewisse Abwechslung. Hintenraus dann jede Menge Corcovado mit drei unterschiedlichen Unterkünften.



Die in jeder Hinsicht größte Herausforderung war eine Übernachtung in der Sirena Ranger Station innerhalb des Parks, die ich mir in den Kopf gesetzt hatte. Die Agentur bot das nicht an und wusste auch nicht wirklich Rat, am Ende buchten wir die Übernachtung mitsamt Guide im Internet über einen lokalen Anbieter mit Sitz in der Drake Bay - und hofften, dass auch alles klappen würde.





Blieben noch zwei Tage mittendrin. Ich hatte von einem Bekannten vom Orosi-Tal unweit von San Jose gehört. Er hatte es sehr schön dort gefunden und nur Gutes zu berichten. Mal zwei Tage kein Regen- (oder Nebel-)wald, das hörte sich nach einem guten Plan an. Es war eine weise Entscheidung.

Blick auf den Turrialba Vulkan


Weil wir einige Tage im erklärten Höhepunkt Corcovado verbringen wollten, überlegten wir noch hin und her, wie wir eigentlich dorthin gelangen könnten. Schließlich ergab es kaum Sinn, mit dem Wagen dort hinunterzufahren, nur um ihn dann dort dauerzuparken.

Die Lösung waren Inlandsflüge, San Jose nach Drake Bay und wieder zurück. Die Erfahrungen im Netz zu Sansa fielen höchst unterschiedlich aus, doch unsere Agentur beruhigte: wenn mit einer Airline in Costa Rica fliegen, dann mit dieser. Und so folgten wir dem guten Rat.





Die Mitarbeiterin, die fleißig an der Gestaltung dieser Route mitwerkelte, schien am Telefon ehrlich begeistert von der Aufgabe zu sein, diese alles in allem doch eher vom Normalprogramm abweichende Tour in trockene Tücher zu bringen. Beim von ihr kreierten Titel des fertigen Reiseablaufs, der schließlich als PDF in meinem Postfach landete, hatte sie jedenfalls noch einmal alles gegeben: "Die grüne Schatzkammer Costa Ricas - Naturhighlights". Jetzt musste er nur noch halten, was er versprach.



Letzte Änderung: 13 Apr 2021 21:54 von Beatnick.
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17 Apr 2021 11:44 #612974
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Ein Hauch von Hummeldumm

Am 29. Dezember steigen wir in Hamburg in den Flieger nach Frankfurt und dann in den Flieger nach Costa Rica. Ein Direktflug - eine Wohltat. Für einen geringen Aufpreis hatten wir zudem Plätze in der Premium Economy ergattert, wenn auch nur für eine Strecke. Wir entschieden uns für den Hinflug. Zurück kommt man ja irgendwie immer und wir hofften, nicht allzu erschlagen nach den schlappen zwölfeinhalb Stunden Flug am Zielort zu landen.

Ein langer Flug bleibt ein langer Flug, aber diese etwas bessere Kategorie machte tatsächlich einen Unterschied. Vor allem deshalb allerdings, weil sie anscheinend kaum jemand bucht (das erklärt das tolle Angebot). Was zur Folge hatte, dass ich meine langen Gräten (1,82 m) problemlos durch die breite Spalte zwischen den beiden leeren Vordersitzen und auf die breite Armlehne bugsieren konnte. Ich hatte also sozusagen einen Business-Liegesitz. Ich bin schon schlechter gereist. ;) Den normalen Mehrpreis würde ich allerdings ehrlicherweise nicht zahlen.

Klammeraffen im Tortuguero


Trotz einer guten Mütze Schlaf kommen wir abends ziemlich fertig am internationalen Flughafen Juan Santamaria an, werden dort abgeholt und zum Hotel Radisson im benachbarten San Jose gefahren, wo wir für erneut nur wenige Stunden in einen tiefen Schlaf sinken. Früh klingelt der Wecker, denn wir werden früh abgeholt. Ich hatte keine Ahnung, wie das laufen würde, und bin erstaunt über den fetten Reisebus, der uns nach einem hastigen Frühstück einsammelt. Ein Reiseleiter greift nach einem knackenden Mikro, und mir schwant Böses. Eine Butterfahrt, ich bin starr vor Schreck - habe ich das etwa ernsthaft gebucht??? Ein Hauch von "Hummeldumm" durchweht Costa Rica. Das Wetter ist so lala, ein gutes Zeichen, berichtet er fröhlich. Wenn es hier so ist, ist es auf der anderen Seite sonnig.

Die andere Seite ist die Karibikseite, wir fahren über den Continental Drive, wo die Pazifische auf die Karibische Platte trifft, mitten durch die sattgrünen, wilden Hügel des Braulio Castillo Nationalparks. Hier soll es tatsächlich noch Terra Incognita geben, und wäre Tarzan real, dann könnte das sein Zuhause sein.

Dahinter ist es mit der unberührten Natur erst einmal vorbei. Riesige Bananenplantagen wohin man schaut, schlimmste Monokultur, ein trauriger Anblick. Auch ich esse Bananen für mein Leben gern, das halte ich mir selbst vor Augen.

Irgendwo dazwischen biegen wir in eine lange Zufahrt ab, ein kleines Stück Wald, ein Restaurant, viele Reisegruppen. Sie wissen, wie Tourismus geht, die "Ticos", das muss man wirklich sagen, und sind organisatorisch ganz weit vorne. Wir werden zu einem Tisch geführt, sollen uns am Buffet bedienen, in einer Stunde geht es weiter. Aha. Wir tun wie geheißen, vertreten uns dann draußen die Beine - und entdecken ein Faultier. Nicht nur eins, sondern zwei, eine Mutter mit Jungtier, die Mittagspause ist gerettet und Thomas packt etwas unverhofft, aber begeistert erstmals die Kamera aus.





Ich frage mich, wie das eigentlich genau laufen soll mit der Fahrzeugübergabe in ein paar Tagen, und verwerfe den Gedanken wieder, wir folgen einfach unseren Papieren bzw. den Anweisungen des von uns nicht gerade herbeigesehnten Reiseführers. Der Bus spuckt uns schließlich am Ende der Straße aus, dahinter ist Schluss. Im Park gibt es keine Autos, nur Wasserstraßen, und so steigen wir in Boote um, die uns zur jeweiligen Unterkunft bringen.

Eine echte Pier gibt es nicht, nur ein sandiges Ufer. Sehr schön eigentlich, aber es ist die Hölle los. Wo wollen all die Menschen hin? Es geht drunter und drüber und ich bin erstaunt, dass am Ende offenbar alle im richtigen Boot landen. Noch komme ich nicht auf die simple Erklärung, woher dieser Ausnahmezustand rührt, von dem ich inständig hoffe, dass er einer ist und nicht die Regel.

Dann geht es los, und ich bin aufgeregt. Im Schneckentempo und in Schlangenlinien schippern wir vor allem anfangs durch die Kanäle, der Wasserstand ist trotz ergiebiger Regenfälle in den vergangenen Wochen niedrig und zunehmend ein Problem, berichtet der Bootsführer.



Viel ist zu lesen von einem "fast unberührten Regenwald", was aber so nicht stimmt. Gegen 1940 wurde in Tortuguero ("Platz, an den die Schildkröten kommen") mit dem Abholzen des tropischen Regenwaldes begonnen, die Flussarme wurden zu Kanälen ausgebaut, um den Rohstoff leichter Abtransportieren zu können. Die Vegetation entlang des Wasser ist dicht und wunderschön, besteht aber überwiegend aus Sekundärwald. Seit Mitte der 1970er-Jahre steht das Gebiet unter Schutz.

Knapp 45 Minuten sind wir bis zu unserer Unterkunft unterwegs, ein erster "Gamedrive" durch eine grüne, stille Wasserlandschaft, die Sonne strahlt vom blauen Himmel und ich kann kaum abwarten, mehr davon zu entdecken. Basilisken, Affen, Kaimane und Vögel, schon nach wenigen Metern bin ich im "Safari-Modus".









Die Pachira Lodge liegt schräg gegenüber vom winzigen Dorf Tortuguero, das wir theoretisch leicht per Wassertaxi erreichen könnten, praktisch aber nicht besuchen werden, direkt an einem der Hauptkanäle und nur wenige Meter vom Eingang des Nationalparks entfernt, den wir auf dem Weg hierher durchquert haben.

Die Anlage ist schön, aber riesig - und offenbar ausgebucht. Ein Welcome-Drink am Pool und nochmals Koffer-Chaos, die Butterfahrt, da ist sie wieder. Im großen, schlichten, aber auch schönen Zimmer in unserem rustikalen Chalet veflüchtigt sich der Eindruck, und wir kommen an. Stille, Vogelgezwitscher und summende Insekten, die Gartenanlage ist herrlich, die Lage direkt am Wasser auch und die Lodgeanlage so großzügig, dass sich die vielen Menschen darauf weit verteilen.





Ingwerblüte


Erst abends beim mittelmäßigen Buffet gibt's wieder großes Palaver. Die Fröhlichkeit der "Ticos", die allesamt als Großfamilie angerückt sind, ist allerdings ansteckend. Und so langsam dämmert selbst mir, warum die Dinge sind, wie sie sind: Am nächsten Tag ist Silvester - und die Einheimischen sind über die Feiertage ins Grüne gefahren. Hätte man natürlich drauf kommen können. :pinch: Am 1. Januar ab 10 Uhr wird die Situation jedenfalls schlagartig eine völlig andere sein.

An unserem Ankunftstag im Tortuguero steht nachmittags die erste, im Paket enthaltene Bootsfahrt an. Der Andrang ist nicht so groß wie gedacht, die "Ticos" bleiben mit Kind, Kegel und Tupperdose am Pool.





Perfekte Tarnung




Zwei Neuseeländerinnen, Mutter und Tochter, sitzen mit uns im selben Boot und wir verbringen in den nächsten Tagen viel Zeit miteinander. Einige Wochen später wird uns Rachel (die Tochter) per Whats's App geschockt berichten, dass sie in Christchurch nur 600 Meter von einer Moschee arbeitet und dort Schüsse gehört hat. Im Tortuguero ist aber auch ihre Welt noch in Ordnung und gemeinsam genießen wir die ebenso entspannte wie entspannende Tour durch eine Kulisse wie bei Indiana Jones.







Krächzend fliegen die leuchtend grünen Aras über uns hinweg, in den Bäumen turnen die Affen. Es ist einfach zu schön.





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23 Apr 2021 18:58 #613680
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Jede Menge Affentheater - aber nicht an Silvester

In unserer ersten Nacht im Tortuguero regnet es. Dicke Tropfen prasseln aufs Dach. Eigentlich ganz gemütlich, auch wenn die ohnehin hohe Luftfeuchtigkeit noch weiter steigt. Erst kann ich bei der schwülen Hitze nicht schlafen, der Ventilator über dem Bett verschafft kaum Erleichterung, doch schließlich wird es erträglich und mir fallen die Augen zu. Wenn auch nur für wenige Stunden, dann bin ich wieder wach. Wie auch nicht, King Kong ist gekommen, er sucht die weiße Frau, doch hoffentlich nicht mich. Sein Gebrüll fährt mir durch Mark und Bein und findet zudem ein Echo, es sind also mehrere, das wird ja immer besser.



Okay, vor dem hier muss man sich nun wirklich nicht fürchten :)


Thomas schlummert sorglos weiter. Von ihm ist keine Rettung zu erwarten, mein Held, da schnarcht er selig, na toll! Nur schleppend kommt mein Hirn in Gang, liefert endlich brauchbare Informationen - Brüllaffen! Ich wecke Thomas und renne raus, nun ganz Enthusiastin, ich weiß noch nicht, sie kommen jeden Tag und fressen sich quer durch den Garten, wie die Klammeraffen auch.

Rotes Fell=Klammeraffen, schwarzes Fell=Brüllaffen








An Schlaf ist nicht mehr zu denken, vor unserer Tür falle ich fast über einen meterlangen Leguan, der in den ersten Sonnenstrahlen des Tages Energie tankt.



Dann steigen wir den Affen hinterher, die über die Dächer und durch die niedrigen Bäume im Garten turnen.

Keine Ahnung, was ihm da aus der Wange wächst, hoffentlich sind es nur Kletten :dry:






Bei der morgendlichen Bootsfahrt sind die stillen Kanäle des Nationalparks deutlich weniger still als am Nachmittag, denn so früh veranstalten nicht nur die Affen, sondern auch die Vögel ein Heidenspektakel.

Kletterschule bei den Kapuzineraffen




Ich bin glücklich über den Sonnenschein. Schließlich hat es ziemlich geschüttet in der Nacht. Sage ich im Brustton der Überzeugung, und der Guide lacht sich schlapp. "Das war nichts", meint er. Regen, wie es ihn im Tortuguero gibt, hätten wir in Europa nicht. Ok, will man ja vielleicht auch nicht, aber das erklärt jedenfalls die vielen überdachten Gänge auf der Lodge-Anlage, die wir zum Glück ebenso wenig benötigen wie die vorsorglich in jedem Zimmer platzierten Regenschirme: Es bleibt trocken.



Einer der beiden Bootstrips, die wir an diesem Tag unternehmen, wird uns geschenkt, eine nette Geste des Hauses, weil wir drei statt der sonst allgemein üblichen zwei Nächte bleiben. Ebenso wie die Neuseeländerinnen, die auch drei Übernachtungen gebucht haben, gehen wir morgens und nachmittags auf Tour - und genießen jede Minute.

Immer wieder gibt es Neues zu entdecken. Die Guides haben Adleraugen und sichten selbst über weite Entfernungen die kleinsten Lebewesen.





Krokodil-Nachwuchs, nicht größer als mein Zeigefinger




Die Tage sind ausgefüllt und doch entspannt. Wir liegen am Pool, streifen durch den Garten oder über einen kleinen Rundweg durch den Regenwald. In die andere Richtung führen lange Bohlenwege zur Schwesternlodge, die inmitten hoher alter Bäume liegt, mir aber optisch nicht besonders gefällt.

Diese Verbindungswege sind allerdings nicht nur ein Segen nach der vielen Sitzerei im Boot, sondern auch äußerst tierreich.







Beim Abendessen an Silvester (wie immer ein großes, aber qualitativ eher mäßiges Buffet) staunen wir nicht schlecht. Die "Ticos" haben sich schwer in Schale geworfen. Anders als wir, und statt prickelndem Champagner gibt es für uns eine nächtliche Pirsch mit einem der lodgeeigenen Guides. Ein flacher, natürlicher Teich ganz in der Nähe ist besser als jede Party und Heimat des ebenso winzigen wie farbenfrohen Rotaugenlaubfrosches, der zur Feier des Tages sogar im Doppelpack daherkommt.







Bei unserer Rückkehr sind die Einheimischen überraschend schon weit vor Mitternacht in die Federn gekrochen. Nur die eigenwilligen Geräusche des Regenwaldes begleiten uns ins neue Jahr. Happy 2019 und gute Nacht!

Am nächsten Morgen geraten wir aus dem Takt. Die "Ticos" schlafen länger als wir :ohmy: - und dann sind sie weg. Nur noch eine Handvoll Gäste ist übrig, als wir von unserem morgendlichen Bootstrip zurückkommen, und die nächsten eineinhalb Tage erleben wir eine Ruhe, wie wir sie uns noch wenige Stunden zuvor nicht hätten vorstellen können.



Am 2. Januar ist unsere schöne Zeit im Tortuguero, dem "Amazonas von Costa Rica", vorbei. Schweren Herzens verabschieden wir uns von den Neuseeländerinnen, die am selben Tag nach Panama weiterfliegen. Mit einigem Magengrummeln, denn ihr Gepäck ist jeweils satte vier (!) Kilo schwerer als bei der Ankunft in der Lodge - allein durch die Luftfeuchtigkeit, die ihre Kleidung aufgesogen hat. (Sie werden allerdings keine Probleme bekommen, wie wir später erfahren.)

Ein letztes Mal gleiten wir auf dem Weg zur Pier durch das Labyrinth der - stellenweise viel zu seichten - Wasserstraßen. Der Guide erwähnt es erneut.





Kaum verlassen wir das unter Schutz stehende Gebiet, sehen wir eine ganze Reihe von Booten, in die fleißig Ufersand geschaufelt wird. Wir trauen unseren Augen kaum, doch der Guide bleibt cool. "Bausand", erklärt er - nun wundert uns nichts mehr.

Ich erzähle ihm von den Backwaters im südindischen Kerala, wo der Sand aus den Kanälen ebenfalls über viele Jahre lang legal verschwand. Mit fatalen Folgen für die Bewohner, und so gilt mittlerweile ein strenges Verbot. Die Story verfehlt allerdings ihre Wirkung, er nimmt sie mir sogar krumm: "That's how we do it in Costa Rica!" Es sei schließlich genug Sand da.

Aha. Lektion gelernt. Besserwisserische Touristen stehen nicht gerade hoch im Kurs, und das verstehe ich sogar. Aber so sieht es aus, wenn in den Backwaters Sand geklaut wird - in der Haut der Diebe möchte man wirklich nicht stecken... :pinch:

Letzte Änderung: 23 Apr 2021 19:14 von Beatnick.
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