9.1. Ein Tag für die Augen und die Seele
Die Elefanten sind im Amboseli verlässlich wie eine Schweizer Uhr. Wir allerdings auch. Kaum sind wir am nächsten Morgen zur selben Zeit wie am Vortag in den Park gefahren, treffen wir die ersten Giganten am Wegesrand. Als hätten sie auf uns gewartet.
Das finde ich sehr nett und bedanke mich artig bei einem der sanften Riesen. Den das natürlich nicht die Bohne interessiert. Er mampft weiter vor sich hin, vollkommen unbeeindruckt von unserer Anwesenheit. Die Elefanten im Amboseli sind wirklich absolut entspannt.
Auch der Kilimanjaro ist in Präsentierlaune. Und was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Er bleibt es auch. Die ganzen nächsten Tage. Eine traumhafte Kulisse.
Nicht nur die morgendlichen Rituale der Elefanten wiederholen sich. Es ist sogar dieselbe Gruppe wie am Vortag.
Fertigmachen zum Staubbad!
Den kleinen Frechdachs erkennen wir sofort. Diesmal ärgert er (noch) nicht seine älteren Geschwister, sondern büxt einfach aus. Die erwachsenen Tiere, die sich am Straßenrand versammeln, bevor sie gemeinsam weiterziehen, gucken etwas konsterniert. Aber da ist er längst über die Piste geflitzt. Guckt nicht nach rechts und nicht nach links. Aber er hat hier ja auch Vorfahrt...
Wir fahren tiefer in den Park hinein. Überall Sümpfe und Flamingos. Und Wasser. Ein herrlicher Anblick.
Bis auf die Ruinen zweier Lodges. Die sind im Wasser versunken und stören, verschandeln aus fast allen Blickwinkeln und sogar großer Entfernung die Landschaft. Die Gemäuer gammeln vor sich hin und niemand schert es. Schön ist das nicht. Noch nicht mal mit Flamingos.
Nur eine der ursprünglich drei Lodges auf diesem Gelände existiert noch. In den vergangenen Jahren ist der Wasserpegel im Amboseli massiv gestiegen, Erosion durch Überweidung im Umland soll einer der Gründe sein. Weil auch die Gletscher des Kilimanjaro zusehends abschmelzen und für mehr Regen sorgen, wird der Amboseli sein Gesicht wohl weiter verändern. Ob der Lake Amboseli, der ein Drittel der Fläche einnimmt, überhaupt noch wie in der Vergangenheit austrocknet, weiß ich nicht. Aber insgesamt wird das Gebiet feuchter.
Auch ein Teil des benachbarten Wäldchens, um das sich die drei Lodges einst gruppierten, versinkt zusehends im Sumpf.
Hier tummeln sich die Affen und machen keinerlei Anstalten, den Weg für uns zu räumen. Dann eben nicht. Wir stellen den Motor ab. Und warten ab.
Das soll sich lohnen. Denn die Affenbande ist aufgeregt. Nicht wegen uns. Sondern wegen eines kleinen Babys. Es gibt ein richtiges Gezerre darum. Die Mutter des Äffchens, so erklärt Livingstone, müsse im Rang hoch stehen. Was für mich nach Kindesentführung aussieht, ist also Bewunderung. Jeder will es haben, jeder will es halten.
Dem Kleinen ist das gar nicht recht. Er hat anderes im Sinn. Schließlich geht eins der älteren Kinder gerade in die Kletterschule, und da möchte er doch auch so gern... Doch während der große Kleine etwas wackelig herumturnt, schafft es der kleine Kleine noch einmal auf den dicken Ast.
Ich nenne ihn Forrest Gump, wie er da so auf dem Boden hockt mit seinen Segelohren und dem schief gehaltenen Kopf.
Sein Idol genießt unterdessen die Aufmerksamkeit, liefert eine immer bessere Klettershow - und guckt Beifall heischend zu uns herüber. Da bin ich fast sicher...
Auch die Erwachsenen sind ganz bei der Sache. Und sorgen dafür, dass kein Unfall passiert. Einer der Affen hat sich hinten auf den Ast gesetzt, damit er nicht wie eine Wippe nach vorne kippt. Ganz schön schlau!
Nach 40 Minuten fahren wir weiter, verlassen die unterhaltsamen Paviane und auch die Meerkatzen, die ebenfalls süßen Nachwuchs haben.
Meerkätzchen mit Sturmfrisur
Dann geht es über einen langen Damm zum Lake Amboseli.
"Die Landschaft, die Landschaft", da ist sie schon wieder!
Für Vogelfreunde ist der Damm ein Paradies.
Überall Wasservögel, manchmal ganz nah und ohne Scheu. Wir kommen kaum vom Fleck. Am Lake Amboseli waten Elefanten durchs Wasser und plantschen, wenn auch weit weg. Wäre ich ein Tier, wäre ich ein Elefant. Und lebte hier.
Auf dem Rückweg dann wieder Flamingos. So ein schöner Park!
Im Hintergrund der Observation Hill. Man kann über Treppen zum Aussichtspunkt hochlaufen und dort mit Blick über die Seenlandschaft picknicken.
Auf dem Rückweg flirrt die Luft. So viel gesehen, so viele Eindrücke, wir freuen uns auf die Pause im Camp.
Beim Mittagessen sitzen diesmal auch größere Gruppen. Sie stören uns nicht. Man kann sich gut aus dem Weg gehen. Im Garten ist es ruhig, und auch in unserem Zelt fast am Ende des Ganges. Ich nicke ein, aber nur ein bisschen.
Die Lust auf Game Drives vergeht uns wohl nie. Auch nicht an diesem Nachmittag. Aber wir lassen es langsam angehen. Natürlich wie immer mit Elefanten.
Thicknee mit Nachwuchs, gut getarnt
Die Vögel umschwirren uns. Die Hippos grunzen und feiern das Leben. Und wir feiern mit.