PROLOG
Sein Atem kondensierte in kleinen Eiskristallen nur einen Wimpernschlag nachdem er mit der eisigen Luft in Kontakt kam. Schon seit Tagen hatte die Winterkälte die gesamte Gegend fest im kalten Griff und die Landschaft unter eine Decke aus weichem Weiß gelegt.
Robert stapfte durch den hohen Schnee zurück zur Hütte. Sie hatten sich nach Abgeschiedenheit und Ruhe gesehnt und dieses kleine Paradies gefunden, dass sie mittlerweile ihr zu Hause nannten. In einem alten, fast schon verwunschenen Wald gelegen, auf einer kleinen Anhöhe und mit Blick in die rollenden Hügel und flachen Täler, nur durchschnitten von einem klippernden Bach, der munter murmelnd seinen Weg gen Norden in Richtung Meer schlängelte.
Mehrere Scheite, gut durchtrocknetes Holz stapelten sich auf seinen Armen. Obwohl der Weg zum Holzschuppen nur kurz war, hatte er schon Eiszapfen in seinem dichten Bart hängen, als er sich den Schnee aus dem dicken Mantel schlug, bevor er zurück ins warme, Innere der kleinen Hütte trat.
Mary hatte sich in eine dicke Decke eingehüllt, einen warmen Kakao in beiden Händen und saß auf dem Sims vor dem Panoramafenster, das fast die gesamte Ostseite der Hütte einnahm und von wo aus man die hier lebenden Rehe und mit etwas Glück das Biberpaar bei der täglichen Arbeit am Damm beobachten konnte, der den Bach direkt vor der Hütte zu einem kleinen Weiher aufstaute.
Sie schaute mit ihren wachen Augen in die verschneite Landschaft und…
Also mal ehrlich, was habt ihr denn jetzt hier erwartet?, das ist hier doch ein Reisebericht und kein Groschenroman!
Also wollen wir mal bei den Fakten bleiben, denn ein Blick auf die echte Wetterlage vor ca. einem Jahr zeichnet doch sofort ein etwas anderes Bild.
Weder schneit es, noch spielen irgendwelche Schneeflocken Fangen im sanften Wind vor dem Fenster. Es ist maximal laukalt, statt saukalt. Ich schaue auf den Kalender und es ist der 05.01.2020, ein Sonntag.
Ich heiße auch nicht Robert, auch wenn meine Mutter das gerne gehabt hätte, aber mein Vater und Bruder konnten sich durchsetzen und so ist Robin draus geworden.
Eiszapfen im Bart? - ich kann doch meinen 3-Wochen Bart problemlos mit dem Handtuch wegrubbeln.
Holz holen?… es ist wohl eher der Boiler im Keller mal wieder fritte und das Wasser im Hahn war kalt. Ich war vermutlich mal wieder zu lange wach, also gibt es keinen warmen Kakao, sondern den dritten Kaffee und Mara machte ein Nickerchen statt wacher Augen, weil sie wieder viel früher aufgestanden war als ich und seit 6:30h morgens alles Mögliche erledigt hatte.
Jetzt, wo wir die Fakten gerade gerückt haben, können wir dann doch mal loslegen und steigen ein, an diesem Sonntag... dem 05.01.2020:
Das Wetter ist so usselig, dass wir nur auf der Couch sitzen, aber immerhin läuft im ersten Ski-Alpin, der Slalom in Zagreb, als willkommene Abwechslung an so einem tristen Tag.
(gewonnen hatte den der Franzose Clement Noel, falls das jemanden interessiert)
Also, die Fakten sehen eben so aus, wie sie nun mal sind und wie ich so auf den Kalender schaue, stelle ich fest, es sind nur noch, auf den Tag genau zwei Monate und die 4 steht vorne.
VERDAMMT!
ABER, nicht wegen des hohen, fast biblischen Alters und der unweigerlichen Midlife-Crisis, auf die ich mich eher freue...
NEIN, wir haben immer noch nichts gebucht. Noch nicht einmal etwas angefragt. Immerhin wollte ich diesen Tag außer Landes verbringen, am besten noch nicht einmal auf dem Kontinent.
Zumindest waren wir die letzten 3 Monate schon überall einmal, in unseren Gedanken und mit unseren Planungen...
Wir sind im Land aus Feuer und Eis auf Polarlichter-Suche gewesen, haben aber festgestellt, dass unser Slot aus maximal 8-9 Übernachtungen nur Fahrzeit bedeuten würde für die Nordtour Islands die uns vorschwebte… noch dazu, wenn man ggf. durch das Wetter Teile der Strecken gar nicht befahren kann.
Wir sind durch die weiten Ebenen der Serengeti „geschwommen“, immerhin hatten wir hier schon Angebote und Kontakte zu mehreren Anbietern, aber auf die Gefahr der großen Regenzeit hin und das wir dann u.U. im nassen Zelt auf wenig privaten Camps festsitzen und mit der Karre im Black-Soil feststecken… tja naja, ein 40-jähriger Geburtstag hört sich anders besser an und wenn es schon eine solche Investition wird, dann muss es sorgfältiger geplant sein. (also aufgeschoben, aber nicht aufgehoben)
Und so haben wir uns, gedanklich, auf Schlitten durchs nahe und doch so ferne Lappland ziehen lassen. Kommt man gar nicht so leicht hin und vertrödelt viel Zeit auf dem Weg, die kann man dann aber aufholen in den gerade mal 2,5 Sonnenstunden pro Tag zu der Jahreszeit.
Nichts wollte so richtig zünden, aber da gab es ja noch diese Reiseberichte aus dem Krüger Nationalpark, bzw. einen, der den Park als mögliches Reiseziel überhaupt erst auf meinen Zettel gebracht hatte.
(ja Beatnick, du bist gemeint)
Auch ein paar Arbeitskollegen und Freunde hatten von privaten Camps im Gürtel des Greater Kruger berichtet… man könnte dort als Selbstfahrer unterwegs sein, da hat es lange genug Licht, ist halbwegs kompakt zu befahren… vielleicht sogar ein paar Sonnenstrahlen, warme Temperaturen und wenn es doch regnet, dann hat man feste Dächer über’m Kopf.
Last, but not least könnte man dort auch ein besonderes Highlight für den Geburtstag einplanen.
> Gesagt getan.
> Nägel, Köpfe und so.
> Arsch hochkriegen, bzw. besser unten lassen und vor’s WWW setzen.
> Loslegen, planen, Pläne fassen.
> Einfach machen, denn Haben ist besser als Brauchen!
Der Deckel vom Laptop fliegt hoch, nur Sekunden später auch der Deckel des zweiten.....
(achja, Fakten). Ein paar Stunden später, nachdem ich mir erste Lodges angeschaut habe "während sie schlief" und zumindest schon mal grob wusste, ob der preisliche Rahmen passen könnte, ich sie wecke und wir ein paar Gedanken dazu austauschen, ja dann fliegt auch der zweite Laptop Deckel hoch und die Recherche fängt richtig an. Es sind nur noch 2 Monate, also muss man das Ganze geschickt aufteilen:
# Sanparks: Mara hat eine Anmeldung, sie prüft was frei ist und was uns überhaupt gefällt. Dazu Übersichten aus dem Netz suchen, auf denen man erkennt, welche Hüttenbezeichnung eigentlich wo in den Camps steht. Die WildCard organisieren, wir sind ja noch mal in SA im September.
(sind wir natürlich nicht und außer dem selbst ausgedrucktem Provisorium haben wir auch nie eine Wildcard bekommen)
# Infos zu den Camps: Petra und Andreas anzapfen, die waren da, die kennen sich aus. Reiseberichte aus dem Forum noch mal durchforsten.
# Lodge: Das ist der Dreh- und Angelpunkt, denn hier steht das Datum fest
(am 05.03. will ich dort sein) und die gewählten Unterkünfte müssen dazu passen. Ich werde mir in den nächsten Tagen so ca. alle Lodges im Greater Kruger angucken… viel ist eh‘ nicht mehr frei.
# Routenplanung: Klassischerweise eher mein Resort. In meinem Kopf baut sich sowas immer ganz gut zusammen, was denn passen könnte, auch zeitlich, auch wenn ich selber noch nie vor Ort war. Meistens plane ich etwas knapp und ohne Sicherheiten, aber so erleben wir auch mehr. Das führt dann vor Ort regelmäßig zu sachlichen und ruhigen Diskussionen.
Eines vorweg:
Es wird diesmal keine Campingtour.
Bei so einem Kurztrip einfach unnötig viel Aufwand. Da wir 9 Übernachtungen planen, davon schon 2x Zwischennächte zum und zurück vom Krüger sind, nur 5x Nächte im Park und 2x Übernachtungen in der Lodge, blieben unter’m Strich eh‘ nur 5 theoretische Camper-Nächte. Das macht keinen Sinn und alleine für den Einkauf verbasseln wir dann ja einen halben Tag Krüger.
(haben wir dann auch so geschafft, weil wir zu müde und gemütlich waren am ersten Morgen)
Was wissen wir bislang, es gibt in jedem Camp Shops, Frühstück kriegen wir auch ohne Kühlschrank irgendwie transportiert und sind da auch eher genügsam morgens. Kaffee, Müsli, passt. Abends gehen wir Essen in den Restaurants der Camps und für unterwegs brauchen wir nur Stullen und Kekse und sind damit für den ganzen Tag glücklich.
(der aufmerksame Leser meines letzten Berichtes wird sich an unsere Lieblingskekse „Nutticrust“ erinnern und yay, die gibt es auch in Südafrika in praktisch jedem kleinen Laden!)
Nach langem hin und her und Unsicherheit welche Lodge es denn werden sollte, mit Mails zu jeder Lodge der engeren Auswahl und stundenlangem Für und Wider haben wir uns im Endeffekt für die Lodge entschieden, die zwar gefühlt im uninteressantesten Gebiet liegt
(der Klaserie), aber dafür vom Ambiente und der Exklusivität her glänzen konnte, zumindest was die Bilder und Beschreibung im Internet anging. Uns war Beschaulichkeit, also eine kleine, eher private Location und der Stil der Lodge dann doch viel wichtiger als die größte Tierdichte und MEGA-Sichtungen, die wir entweder mit exorbitant vielen, klingenden Münzen oder größeren, nicht so schönen Lodges mit 30+ Zimmern bezahlt hätten, dafür dann aber im SabiSands Reserve. Nicht so unser Ding.
Somit stand dann auch fest, dass wir eine Route wählen würden, die uns vom Süden des Krügers bis in die Mitte bringen würde. Der nördliche Teil sollte für ein Wiederkommen
(bei Gefallen) aufgehoben werden.
Was soll ich sagen, in meinem Mailverlauf nachgeschaut, kann ich nachvollziehen, dass wir innerhalb der nächsten 9 Tage praktisch die ganze Reise von
„Null Plan“ bis
„ins kleinste Detail“ durchorganisiert hatten.
Und so sollte das Ganze dann aussehen, mit kurzer Erklärung dazu.
#1 House River Lodge: Wir landen um 11h, können auf dem Flug schlafen, uns abwechseln und sind so praktisch vor den Toren des Krügers. Sehr urige Unterkunft
(eher eine kleine, verrückte Puppenstube) mit einem schönen Deck und einem ersten Blick rüber in den Krüger.
#2 Lower Sabie: 2 Nächte planen wir hier ein. Man kommt gemütlich am ersten Tag hin, hat einen vollen Tag für die Gegend und Mitte des Krügers und fährt dann einen vollen Tag Safari-Drive nach…
#3 Tamboti Tented Camp: Nur ein Zwischenstopp, aber gefiel uns besser als mittig in einem der großen Camps zu bleiben. Hier versorgen wir uns auch Abends selber, Grillbesteck etc. ist im Zelt vorhanden und ins große Camp müssen wir zur Anmeldung sowieso, also nehmen wir uns da Fleisch und Beilagen für einen Abend mit.
#4 Olifants: Allen Beschreibungen, Tipps und Bildern nach ein Highlight im Park. Wir bekommen noch 2 Nächte in einem der Häuser mit Blick auf den River. Mega.
#5 nThambo Tree Camp: Die Geburtstagslodge. In der Klaserie gelegen, also angrenzend ans Timbavati und ohne Zäune zum Krüger. Auch hier 2 Nächte, und da man dann am ersten Tag erst zum Nachmittagsdrive erwartet wird, auch noch genügend Zeit für eine Vormittags-Runde durch den Krüger zum Gate.
#6 Hannah Game Lodge: Wir wollen noch zum Blyde River Canyon auf dem Weg von Lodge zu Lodge, also muss das Nachtlager grob zwischen dort und Jo‘burg liegen. Wir hätten gerne was kleines, nettes, vielleicht Privateres gehabt, aber da so etwas an der Route nicht mehr zu finden war oder wir es nicht gefunden haben, wurde es diese. Immerhin mit Sable-Antilopen Projekt, also eine Option für einen letzten Morgendrive.
Dann passt auch hier unser, mittlerweile, traditionelles Einstiegsfoto ganz gut. Passenderweise vom Rand des Blyde-River Canyons geschossen. Wir, das sind Mara & Robin, zum Start der Reise „noch“ als junge Hüpfer losgeflogen mit kurz vor, bzw. dann nach der 40.
Der Plan war gefasst, Flüge, Auto, Unterkünfte fast komplett gebucht. Keine Herausforderungen mehr und so vergingen die nächsten Wochen im normalen Alltagsstress, bis wir an den Urlaub kaum mehr dachten… er kam dann eher plötzlich, ich glaube ich habe die Koffer erst am Abflugtag, nachmittags nach der Arbeit, final noch schnell zusammengepackt.
Es geht los. Afrika. Safari.
(ein paar Impressionen vorab)
Unser Flug geht spät am Abend los ab Düsseldorf mit einem kleinen Flitscher.
(das ist ein kleiner Flieger der kaum abhebt und schon wieder landet, aufgrund der kurzen Strecke… also wie ein Stein beim flitschen auf dem Wasser)
Zwischenlandung in Paris und dann zum ersten Mal in einen A380. Von da aus Richtung OR Tambo Airport, Johannesburg.
Kurz spannend ist es eigentlich nur, wenn man nachts in Paris landet auf einem Terminal weit ab vom Schuss und dort tatsächlich niemand ist, gar niemand. Kein Schalter besetzt, keine Leute und keine Schilder wo es denn eigentlich zu Anschlussflügen geht. Verwirrte Gesichter allerseits, zumindest bei den zwei dutzend Leutchen im Flieger. Es gibt nur den Weg raus aus dem Terminal, alles andere ist abgesperrt und siehe da, es gibt draußen Bustransfers zu anderen Terminals. Es kommt eh' nur ein Bus und irgendwo müssen wir hin, also schätzen wir mal alle, dass man da einsteigen sollte und siehe da, wir schätzen richtig.
Zwei Filme aus dem Bordprogramm und eine kurze Nacht später kommen wir in Johannesburg an.
(wobei ich „Logan“ nach den ersten 15 Minuten wieder ausmachen musste, weil ich nicht riskieren wollte, dass da evtl. ein Kind irgendwo schräg hinter mir sitzt und aus Versehen den Bildschirm sieht // manche Filme gehören nicht ins Bordprogramm)
Der Flughafen in Johannesburg stellt sich auch als eher überschaubar und unkompliziert heraus, irgendwie anders als erwartet. Wir haben mit einem größeren Drehkreuz gerechnet. Umso besser, denn im Off-Road Forum hatte ich einen guten Tipp bzgl. Handykarte rausgefunden, die wird noch schnell im 2. (oder 3. ?!) Stock dieses rund aufgebauten Foyers organisiert. Dann natürlich die notwendigsten Klassiker, etwas Wasser und Snacks gekauft und los geht es auch schon zum Mietwagenverleih.
Wir haben uns einen Toyota Fortuner gegönnt… also das Größte im Fuhrpark wo noch SUV draufsteht. Danach geht es in der Kategorie Jeep und Camper weiter. Genug um eine 9-köpfige Familie durch den Krüger zu kutschieren,
also auch genug Platz, jeden mitzunehmen der Lust auf eine kleine Auszeit im Krüger Nationalpark hat.
Der Wagen hat damit gerade so eine passende Größe und Abmessungen für uns beide, aber mal ernsthaft... uns ging es vor allem um einen entscheidenden Vorteil, den der Wagen bietet. Eine ordentliche Sitz- und Autohöhe, die wir auf Safari nicht missen wollten. Zumal uns eine Sache klar war und wir wenn es schon so ist, wenigstens die besten Chancen haben wollten:
Zu dieser Jahreszeit ist es grün im Park, das Gras steht sehr hoch. Wasser ist reichlich vorhanden, die Tiere sind also nicht in dem Maße auf Wasserlöcher angewiesen. Wir werden in diesem Urlaub also wesentlich schlechtere Sichtungschancen haben als bei unseren bisherigen Reisen, die mitten in der Trockenzeit stattfanden, denn, und das haben wir uns immer und immer wieder im Vorlauf und bei der Planung der Reise gesagt, um erst gar nicht enttäuscht zu werden…
Gruß,
Robin
***Sonne ist natürlich aktiv***