THEMA: Mit Bus, Matatu und Liemba durch Ostafrika
23 Jun 2014 12:58 #341890
  • Botswanadreams
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  • Botswanadreams am 23 Jun 2014 12:58
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Hi Gu-ko

Vielen lieben Dank für das Video. Man ist hautnah dabei.
In meinem Kopf arbeitet es schon ganz schön, wie wir dieses einmalige Erlebnis -die Fahrt mit der Liemba - in eine unserer nächsten Touren einbinden können. Ich hab da schon so eine Idee: Gombe/Mahale - Liemba - Kipili war sehr nett - Ruaha immer wieder, da muss doch was zu machen sein.

LG
Christa
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"Alles, was ich jetzt wollte, war nach Afrika zurückzukommen. Ich hatte es noch nicht einmal verlassen, aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach."
Ernest Hemingway
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23 Jun 2014 17:07 #341927
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  • Bernd am 23 Jun 2014 17:07
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Hallo Guko,

da hast Du ein sehr eindrucksvolles Video über die Fahrt mit der LIEMBA gemacht, das ich mir mit großer Freude angesehen habe. Tolle Bilder, sehr ruhige Kameraführung und angenehm dezente Hintergrundmusik, die den O-Ton nicht verdeckt - wirklich toll, vielen Dank. Für mich sieht das nach Profiarbeit aus.

Ich würde mir gern noch weitere Werke dieser Art ansehen. Wenn ich also bitten darf ...!

Gruß,
Bernd
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23 Jun 2014 21:53 #341982
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ganz großes kino - danke!
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05 Jul 2014 13:20 #343642
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  • Gu-ko am 05 Jul 2014 13:20
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Vielen Dank für die Rückmeldungen, über die ich mich immer sehr freue. :)

Es hat jetzt ein bisschen länger gedauert mit der Fortsetzung, aber ich bin fest entschlossen, den Reisebericht zu Ende zu schreiben auch wenn es seine Zeit braucht.

Das schöne am schreiben eines Reiseberichte ist, dass man sich an viele Einzelheiten erinnert, die man sonst vielleicht vergessen hätte.
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05 Jul 2014 14:45 #343651
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  • Gu-ko am 05 Jul 2014 13:20
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In Kigoma

Früh morgens legt die Liemba im Hafen von Kigoma an. Der Himmel ist grau und diesig. Es herrscht dichtes Gedränge auf dem Vorderdeck, im Moment ist da kein Durchkommen. Die ersten mit Körben und Säcken beladenen Passagiere verlassen das Schiff. Wir warten noch ein Weilchen bis sich die Lage etwas entspannt hat, dann wird es auch für uns Zeit, der Liemba Adieu zu sagen. Irgendwo im Gedränge vor uns sehe ich noch einmal kurz die alte Lady, die sich mit ihrem großen Koffer Richtung Ausgang bewegt, verliere sie aber schnell aus den Augen, als wir selbst ins Geschiebe und Geschubse eintauchen.

Bevor wir die Hafengebäude verlassen drfen, müssen wir nochmal durch eine Pass- und Gepäckkontrolle. Die verläuft sehr oberflächlich, ich habe den Eindruck, dass die Immigration Officers zu dieser frühen Stunde dem Ansturm der Liemba Passagiere noch nicht in vollem Umfang gewachsen sind.

Der morastige Parkplatz vor dem Hafengebäude ist dermaßen mit Fahrzeugen zugeparkt, dass es eine Weile dauert, bis unser Taxi einen Weg nach draußen findet. Ich nenne dem Fahrer als Ziel das Jakobsen Beach and Guesthouse, eine Empfehlung aus einem Internetforum. Man kann dort entweder campen oder Zimmer/Bungalows mieten. ‚Beach‘ hört sich nach Strandurlaub an und wir haben den Plan, dort einen oder zwei Tage am Strand zu relaxen. Als wir ankommen ist das Wetter aber so trübe und regnerisch und der Ort auch zu weit vom Zentrum entfernt, sodass wir beschließen zurückzufahren und zu einem stadtnäheren Hotel zu gehen.


Kigoma

Wir mieten uns in die Aqua Lodge (20000 TZS) ein. Das Gebäude liegt direkt am See und ist vom Stadtzentrum nur 15 Minuten zu Fuß entfernt. Die Zimmer haben eine vergitterte Veranda und man kann von dort, an einem wackligen Holztisch sitzend, auf den Tanganjikasee schauen. Der kleine Strand vor dem Hotel ist leider etwas vermüllt und lädt nicht zum längeren Verweilen ein.


Kleiner Strand vor der Aqua Lodge

Später gehen wir ins Zentrum, ziehen erst mal dicke Bündel tansanische Schilling aus einem ATM, essen in einem kleinen Restaurant Chicken mit Ugali, schreiben ein paar Emails in einem Cyber und überlegen dann, wie es weitergehen soll. Da Strandtage wegen des trüben Wetters wenig reizvoll erscheinen, gibt es nicht viel was uns in Kigoma hält. Ich blättere im Lonely Planet und sage dann zu meiner Freundin:

„Lass uns einen Bus nach Mwanza suchen“.

Mwanza liegt ungefähr 600 km nordöstlich vom Kigoma am Victoriasee.

Es ist nicht einfach Infos über die Busverbindungen zu bekommen. Der Lonely Planet ist hier ziemlich ungenau und die Infos sind veraltet. Die Leute die wir fragen wissen nichts oder geben nur unbestimmte Auskünfte. Der Busbahnhof (Ujenzi Bus Station) für die Fernbusse liegt einige Kilometer außerhalb Kigomas, die Fahrkarten werden aber in den Büros der Busgesellschaften im Stadtviertel Mwanga verkauft und das befinden sich wieder woanders.

Wir schnappen uns zwei Boda Boda (oder Piki Piki) und lassen uns zu den Büros der Busgesellschaften bringen. Nach einigem herumfragen finden wir das richtige Büro und schaffen es zwei Tickets nach Mwanza für den nächsten Tag zu reservieren. Der Bus fährt um 5 Uhr 30 in der Frühe. Es sind gerade noch zwei Plätze in der letzten Sitzreihe frei. Das sind die schlechtesten Plätze im Bus, vor allem bei Fahrten über Schlaglochpisten. Aber wir haben keine Wahl, wenn wir morgen weiterfahren wollen.


Die Zeiten sind in Swahili Uhrzeit angegeben. 11 Uhr entspricht 5 Uhr in unserem Zeitsystem

Zurück im Zentrum suchen wir einen Taxifahrer, der bereit ist uns morgen früh um 4 Uhr 30 an der Aqua Lode abzuholen und zur Busstation zu fahren. Da die Lodge etwas außerhalb des Zentrums liegt, könnte es schwierig werden um diese unchristliche Zeit ein Taxi zu bekommen.

Den Abend verbringen wir mit Wäsche waschen und packen, und später sitzen wir auf der Veranda und blicken im verblassenden Tageslicht ein letztes mal auf den Tanganjikasee.

Kigoma - Mwanza

Pünktlich um 4 Uhr 30 am nächsten Morgen hupt das Taxi vor der Lodge. Es ist stockdunkel und es gießt in Strömen. In der Lodge brennt nirgends Licht, außer dem unter einer Plastikplane kauernden Wächter vor dem Tor ist niemand zu sehen. Ich lasse den Zimmerschlüssel in der Tür stecken, als wir das Hotel verlassen.

Obwohl es nur ein paar Meter über den Hof bis zum Taxi sind, werden wir tropfnass. Es regnet so stark, dass der Taxifahrer nur im Schritttempo fahren kann. Die Straße hat sich in einen braunen, schäumenden Sturzbach verwandelt.

Das weitläufige, umzäunte Gelände des Busbahnhofs wirkt gespenstisch verlassen, als wir kurz vor 5 Uhr dort ankommen. Es ist nur spärlich beleuchtet und abgesehen von ein paar zweifelhaften Gestalten, die im Halbdunkel herumlungern, menschenleer. Die Größe des Busterminals steht in merkwürdigem Kontrast zu seiner Leere. Hier hätten locker dutzende oder sogar hunderte Fahrzeuge Platz, ich sehe aber lediglich zwei einsame Busse in einer dunklen Ecke stehen. Keiner trägt die Aufschrift unserer Gesellschaft.

Wir stellen uns auf einem der überdachten und trübe beleuchteten Bussteige unter und warten. Der Regen hat zum Glück etwas nachgelassen. Nach und nach trudeln ein paar weitere Menschen ein, worüber ich ganz froh bin, denn so richtig wohl fühle ich mich auf einem schummrigen, einsamen, nächtlichen, afrikanischen Busbahnhof dann doch nicht.

Es ist schon gegen 6 Uhr als zwei riesige Reisebusse auftauchen, einer davon ist unser Bus nach Mwanza. Beim Einsteigen fordert mich der Busfahrer auf, mein Gepäck in den Gepäckraum des Busses zu verstauen, was ich aber strikt verweigere. In tansanischen Bussen bekommt man nie eine Quittung für sein Gepäck und bei den Stopps werden einfach die seitlichen Klappen geöffnet und jeder nimmt sich seine Sachen selbst raus. Es gibt keinerlei Kontrolle.

Die Fahrt dauert 13 Stunden. Ein großer Teil der Strecke ist ungeteerte Piste. Durch den starken Regen hat sich die Straßenoberfläche in einen zähen, roten Schlammbelag verwandelt. Wir kommen mehrmals an Fahrzeugen vorbei, die im Matsch steckengeblieben sind. Einmal ist es ein Reisebus und wir müssen warten, bis er freigeschaufelt ist, bevor es weitergeht.

Unsere Reise führt durch dünn besiedeltes Busch- und Waldland. Die kleinen Ansiedlungen mit den strohgedeckten Häusern wirken sehr weltabgeschieden. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in dieser Region in den letzten paar hundert Jahren nicht viel verändert hat. Die Häuser bestehen entweder aus ungebrannten Lehmziegeln oder es sind mit Lehm verputzte Holzkonstruktionen. Bei kurzen Stopps werden gegrillte Maiskolben, Kekse und Softdrinks in Plastikbeuteln verkauft.

Später, als die Sonne den Schlamm in eine harte Kruste verwandelt hat, bekommen wir Hinterbänkler die Schlaglöcher mit voller Wucht zu spüren. Ich muss ständig auf der Hut sein nicht mit dem Kopf an die Decke zu knallen.

Nach und nach füllt sich der Mittelgang im Bus mit Menschen und Gepäckstücken. Da ich in der Mitte der Rückbank sitze, habe ich keinen Sitz direkt vor mir. Anfangs ist das ganz angenehm, ich kann meine Beine in den Gang ausstrecken. Mit zunehmender Personendichte verschwindet der letzte Freiraum und irgendwann lässt sich eine dicke Marktfrau auf meinen Füßen nieder, die zudem ständig einschläft und dabei ihr gesamtes Körpergewicht auf mich verlagert.

Gott sei Dank ist die Schotterpiste auch mal zu Ende und das letzte Stück fahren wir auf einer schönen geteerten Straße. Was für eine Erholung.

Die Landschaft wird zunehmend von beeindruckenden und bizarren Felsformationen geprägt, die aussehen, als hätte jemand vor Urzeiten achtlos Felsbrocken ausgestreut. Auch im Wasser tummeln sich diese seltsamen, runden Felsen. Mir fällt ein, rgendwo einmal gelesen zu haben, dass Mwanza den Spitznamen ‚Stone City‘ träg.


Felsformationen am Lake Victoria nahe Mwanza


Kurz vor Mwanza werden Bus und Menschen auf eine Fähre verladen.

Mwanza

Am Busbahnhof der übliche wilde Trubel. Kaum sind wir ausgestiegen, fallen Taxifahrer über uns Reisende her, reden auf uns ein, versuchen uns das Gepäck aus den Händen zu nehmen und uns zu ihren Fahrzeugen zu bugsieren.

Wir lassen uns zu einem Hotel im Zentrum bringen. Es nennt sich Lenox Hotel und ist recht neu. Trotzdem ist in dem Zimmer irgendwie alles kaputt. Die Fließen sind gesprungen, die Steckdosen hängen traurig aus der Wand, Wasserhähne und Toiletten sind undicht, das Waschbecken wackelt bedenklich und aus der Dusche kommt auch nicht viel. Aber es ist einigermaßen sauber und nach der langen Busfahrt haben wir keine Lust nach Alternativen zu suchen. Die zweite Nacht verbringen ein paar Meter weiter in der empfehlenswerten MC Lodge (früher Christmas Tree Hotel). Für 20000 TZS DZ inkl. Frühstück ein gutes Angebot.


Die Bismarck Rocks - Wahrzeichen von Mwanza



Am Vormittag des nächsten Tages spazieren wir ein bisschen in Mwanza herum. Mwanza ist eine geschäftige Stadt ohne ausgeprägten Charme. Der Victoriasee ist braun und das Wasser wirkt schmutzig. Auch ohne Bilharziose Gefahr würde ich hier keinen Zeh ins Wasser tauchen wollen.

Viele Menschen wirken ungewohnt verschlossen. Ich bemerke verstohlene Blicke hinter unseren Rücken und habe den Eindruck, dass hin und wieder abfällig über uns geredet wird. Da weder ich noch meine Freundin verstehen was gesagt wird, bleibt es bei einem unguten Gefühl. Ich kann der Stadt nicht allzuviel abgewinnen.

Sehenswert ist auf jeden Fall die Umgebung Mwanzas, speziell ein Ort, der sich Jiwe Kuu nennt. Das heißt wohl so viel wie ‚Großer Stein‘. Und genau das gibt es dort zuhauf: Große Felsen und Steine. Es fahren Matatus (Dalla Dallas) nach Jiwe Kuu, aber heute leisten wir uns ein Taxi. Jiwe Kuu ist nicht weit von Mwanza entfernt.


Jiwe Kuu



Zwischen den Felsen wohnen Menschen in kleinen Häusern. Es gibt sogar ein Dörfchen mit einem Fischerhafen. Manche der Steinbrocken sehen aus, als benötigten sie nur einen kleinen Schubs um das Gleichgewicht zu verlieren und ins Tal zu purzeln. So ganz wohl wäre mir nicht in so einem Hüttchen direkt darunter zu wohnen.


Fischereihafen bei Jiwe Kuu am Victoria See


Jiwe Kuu


Jiwe Kuu


Auch in Jiwe Kuu ist der Mzungu die Attraktion ;)

Später zurück in Mwanza versuchen wir ein Busticket nach Kigali in Ruanda aufzutreiben. Laut Lonely Planet (Ausgabe 2012) sollen täglich vier Busse Mwanza mit Kigali verbinden. Vielleicht war das früher mal so, aktuell ist das eine klare Fehlinformation. Als wir nach diesen Verbindungen fragen, bekommen wir immer nur die Auskunft, dass es keinen Direktbus nach Kigali gibt.

Wir fragen in mehreren Büros verschiedener Busgesellschaften nach und gehen zum alten Busbahnhof im Zentrum der Stadt, wo es dutzende Ticketbüros gibt. Niemand hat von einem direkten Bus nach Kigali gehört. Nach und nach kristallisiert sich heraus, das wir nach Benako, einem Ort nahe der ruandischen Grenze, fahren müssen und von dort mit einem Dalla Dalla oder Taxi weiter bis zur Grenze. Auf ruandischer Seite müssen wir dann nach Transportmöglichkeiten Richtung Kigali suchen.


Der alte Busbahnhof in Mwanza
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Letzte Änderung: 27 Okt 2015 17:38 von Gu-ko.
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05 Jul 2014 14:46 #343652
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Mwanza – Kigali

Der Bus (Nyehunge Express, 20000 Tsh) Richtung Benako fährt am nächsten Morgen um 5 Uhr vom weit außerhalb gelegenen Busbahnhof Nyengezi ab, aber, so verrät uns der Ticketverkäufer, wir können auch in Mwanza zusteigen, da der Bus um 4 Uhr am Shinyanga Hotel vorbeikommt. Das Shinyanga Hotel ist gar nicht weit von unserem Hotel entfernt und die Option erscheint uns viel besser, als frühmorgens ein Taxi zu suchen und nach Nyengezi rauszufahren.

Also stehen wir in aller Frühe um 3 Uhr auf, tappen durch dunkle Hotelflure zum Ausgang, wo wir den Nachtwächter wecken müssen, damit er uns die Tür aufschließt. Mwanza schläft um diese Zeit tief und fest. Auf den spärlich beleuchteten Straßen sind nur vereinzelt Wächter zu sehen, die schläfrig vor den Gebäuden sitzen, die sie bewachen sollen.

Das Shinyanga Hotel macht einen schäbigen, heruntergekommenen Eindruck. Auf den Treppenstufen im Eingangsbereich sitzen ein paar dunkle Gestalten, die uns ausdruckslos anstarren, als wir uns dazugesellen. Man kann von hier in das schmuddelige Innere des Hotels schauen. Während wir warten öffnet sich eine Zimmertür und eine nuttig aussehende Afrikanerin stöckelt mit lautem tack tack tack an uns vorbei und verschwindet im Dunkel der Straße. Alle schauen ihr hinterher, keines sagt etwas.

Um 5 Uhr kommt endlich der Bus. Er fährt direkt zur Fähre am Hafen, wo weitere Leute warten und zusteigen. Es ist schon gegen 6 Uhr als wir mit der Fähre übersetzen und die Fahrt nach Benako beginnen kann. Hätten wir gewusst wie das abläuft, hätten wir gut bis 5 Uhr schlafen und dann direkt am Hafen zusteigen können. Das nächste Mal wissen wir es. ;) Als kleinen Trost gibt es auf der Fähre heißen Tee und frische Mandazis zum Frühstück.

Die Busfahrt selbst ist mal wieder eine Tortur der Extraklasse. Der große Reisebus wird unterwegs dermaßen mit Menschen und Gepäck vollgestopft, dass selbst diejenigen, die Sitzplätze haben total eingequetscht werden. Bis an die Schmerzgrenze aufgedrehte Lautsprecher quälen uns mit tansanischer Popmusik. Da ich mich wieder mal weigere, meinen großen Packsack im Gepäckraum zu verstauen, muss ich ihn vorne neben den Fahrer auf die Abdeckung des Motors legen. Erst beim Aussteigen bemerke ich, dass mein Gepäck durch die Hitze des Motors sehr heiß geworden ist.


Kirche in Westen von Tansania

Plötzlich sind wir in einem Ort namens Ngara und der liegt schon ein ganzes Stück hinter Benaco. Ngara ist ein kleiner Marktflecken zu dem sich wohl nur selten Reisende verirren. Wir schnappen unser Gepäck und steigen aus. Der Busfahrer behauptet zwar, er habe Benaco mehrmals angesagt, aber bei der überlauten Musik und dem Gedrängel im Bus haben wir das überhaupt nicht mitbekommen.

Draußen werden wir sofort von einer Gruppe junger Männer umringt, die alle gleichzeitig auf uns einreden. Ich verstehe kein Wort und sie sprechen kein Englisch. Zum Glück sprechen sie etwas Swahili und meine Freundin kann übersetzen. Einer der Männer besitzt ein Auto und würde uns für 30000 TSH zur Grenze fahren. Zufälligerweise habe ich noch genau 30000 TSH in der Tasche, unser letztes tansanisches Geld. Wir steigen ins Taxi und fahren Richtung Ruanda.

Die Landschaftlich ist grün, hügelig und wunderschön. Flüsse kreuzen unseren Weg, einmal müssen wir auf einer kleinen Fähre übersetzen. Wieder so eine Gegend, wo man durchaus ein oder zwei Tage länger bleiben könnte.

An der tansanischen Grenzstation bezahle ich den Fahrer. Gleich werden wir von Geldwechsler umringt und ich tausche, trotz des schlechten Kurses, ein paar USD in ruandische Franc.

Wir checken aus Tansania aus und müssen zu Fuß zum ruandischen Grenzposten laufen. Das ist ein längerer Marsch und mit Gepäck schweißtreibend. Während die Sonne vom Himmel knallt, folgen wir einer breiten Straße, die zum Teil noch im Bau ist, überqueren eine Brücke über einen reißenden Fluss und stehen schließlich vor den Immigration Häuschen der Ruander.


Grenzfluß Tansania – Ruanda

Deutsche Touristen brauchen für Aufenthalte bis 90 Tage in Ruanda kein Visum. Es reicht ein Kärtchen an der Grenze auszufüllen und schwupps hat man den Stempel im Pass.

„Welcome to Ruanda“ sagt der Grenzbeamte und grinst mich freundlich an.

Auch sonst hat Ruanda ein paar Alleinstellungsmerkmale im (ost-)afrikanischen Vergleich. Die Einfuhr von Plastikverpackungen und –tüten ist verboten. Von allen Ländern Afrikas die ich bis jetzt bereist habe, ist Ruanda mit Abstand das sauberste. Das fällt mir auf, als wir kurze Zeit später in einem Kleinbus Richtung Kigali fahren. Keine Müllhalden säumen die Straßen, keine achtlos aus Fahrzeugen geworfenen Plastikflaschen verschandeln die Landschaft.

Die Straßen sind in hervorragendem Zustand, ebenso die meisten Fahrzeuge, die nie überfüllt sind. Trotz, oder vielleicht wegen seiner schrecklichen Vergangenheit, ist Ruanda heute so etwas wie ein afrikanisches Musterland.

Ungeachtet der vielen positiven Eindrücke die ich auf der Fahrt von der Grenze nach Kigali habe, wäre unsere Reise beinahe zu einem vorzeitigen Ende gekommen. Der Fahrer drischt den Kleinbus durch die Kurven der gut ausgebauten Straßen, überholt rücksichtslos alles was langsamer ist und hält dabei ständig sein Handy ans Ohr. Plötzlich taucht während eines Überholvorganges in einer völlig unübersichtlichen Kurve ein LKW auf und rast frontal auf uns zu. Mir bleibt fast das Herz stehen. Zum Glück machen beide Fahrer das richtige und es gelingt ihnen im wirklich allerletzten Moment aneinander vorbeizukommen. Eine minimale Verzögerung in der Reaktion von Mensch oder Technik hätte unweigerlich zur Katastrophe geführt.

Ich schau mich im Bus um und das erstaunlich ist, niemand sagt etwas, niemand schreit den Busfahrer an, zieht ihn für seine Fahrweise zur Verantwortung.

Als wir Kigali erreichen, ist es längst dunkel. Wir fahren auf breiten Straßen durch endlose Vororte. Es geht Hügel hoch und Hügel wieder runter, dabei wird der Verkehr immer dichter. Ich habe keinerlei Orientierung oder ein Gefühl dafür, ob wir uns dem Zentrum nähern. Immer mehr Fahrgäste steigen aus, zuletzt sind außer dem Fahrer und seinem Beifahrer nur noch wir zwei im Bus. Schließlich kommt der Verkehr gänzlich zum Erliegen, die Straßen sind hoffnungslos verstopft.

Ich versuche zu fragen, wo wir denn sind, ob das hier das Stadtzentrum ist, aber niemand spricht Englisch und auch meine Freundin kommt mit Swahili nicht weiter. Der Busfahrer gibt uns per Handzeichen zu verstehen, dass dir Fahrt zu Ende ist.

Also steigen wir aus, und stehen nachts, mitten im völlig unbekannten Kigali, ohne Orientierung umgeben von einer hupenden und stinkenden Blechlawine. Ein Mann spricht mich an und sagt, er sei Taxifahrer und könne uns zu einem Hotel bringen. Aber irgendwie sieht er nicht sehr vertrauenswürdig aus und außerdem sehe ich nicht, wie er mit dem PKW durch das Verkehrschaos kommen will.

Wir winken zwei Motorradtaxis heran. Das scheint mir die beste Option zu sein. Wir lassen uns zum Dream Apple Hotel bringen, eine Empfehlung aus dem Uganda/Ruanda Reiseführer von Reise Know-How.

Es ist eine dieser Fahrten, die man nicht so schnell vergisst. Mit meinem nicht ganz leichten Rucksack hinten auf dem wackligen Moped sitzend, komme ich mir vor, wie in einem dieser Computerrennspiele, wo man mit Affenzahn um irgendwelche Hindernisse herum rast, sich stark abbremsend in eine Lücke einfädelt um gleich darauf wieder maximal zu beschleunigen. Ich habe zwar einen Helm auf, der rutsch aber, den Beschleunigungs- bzw. Verzögerungskräften folgend, mal nach vorne, mal nach hinten. Die Umgebung nehme ich nur schemenhaft wahr, Fahrzeuge, Menschen, Straßenlaternen, beleuchtete Geschäfte flitzen vorbei. Ich beginne schon Stoßgebete gen Himmel zu schicken, als der Motorradfahrer endlich anhält.

Das Dream Apple Hotel (ehemals Dream Inn Motel) macht einen etwas vernachlässigten Eindruck. Das Zimmer ist mit Küche, TV und Bad ausgestattet, wirkt aber wenig gemütlich und auch nicht übermäßig sauber. Der Besitzer, ein Inder, möchte 50 USD haben, ich biete 30 USD und wir einigen uns auf 40 USD, was immer noch zu viel ist.

Dem Hotel angeschlossen ist ein Restaurant mit indischen Speisen. Ich freue mich auf ein Chicken Biryani, aber das ist ziemlich enttäuschend und trotz gutem Appetit lassen wir die Hälfte zurückgehen.


Kigali - Stadt auf vielen Hügeln


Motorradtaxis erkennt man in Kigali an den grünen Westen

Nach einem ebenfalls erbärmlichen Hotelfrühstück beschließen wir am nächsten Morgen spontan nicht länger in Kigali zu bleiben.

Kigali - Karongi (Kibuye) – Lake Kivu


Vor dem Hotel schnappen wir uns wieder zwei Mototaxis und lassen uns zum Busbahnhof bringen. Am Tag und mit weniger Verkehr ist die Fahrt deutlich weniger chaotisch als letzte Nacht. Der Busbahnhof ist sauber und ordentlich, die Busse haben feste Abfahrtszeiten und jeder bekommt einen Sitzplatz. Fast habe ich das schon erwartet. ;) Unser Tagesziel ist Karongi (Kibuye) am Lake Kivu.

Meine Freundin beschreibt die Fahrt in ihrem Reisetagebuch so:

“At the bus station we boarded a minibus to Karongi. On the way to Karongi, the landscape is very beautiful. We came to learn that Rwanda in general is very clean and has a very breathtaking landscape. They do not have heaps of rubbish lying on the road sides or outside homes. Plastic bags are not allowed in Rwanda. Kigali is the most clean of all the African cities I have ever been.

We boarded the same minibus with a young gay couple. They came right after us. There were no two seats available that were next to each other in the minibus, so the two love birds had to sit on separate seats. The African guy sat in front with the driver and the white boy behind us. When it came a point where two passengers who were seated in front of us alighted, the two gay got a chance to sit together. They were looking at each other so lovingly and were not scared to put hands around each other.

We came to Karongi after two hours. At the bus station, we took two motorcycles which took us to the hotel known as Home St. Jean.”



Das Home St. Jean liegt ein bisschen außerhalb von Karongi, auf einer Bergkuppe über dem See. Hat uns Ruanda bis jetzt schon mit landschaftlicher Schönheit erfreut, so ist das Panorama das man von hier über den Kivu See hat, der absolute Hammer. Von mehreren Terrassen aus blickt man nach drei Seiten auf grünschillerndes Wasser, tiefeingeschnittene Buchten und steil aufragende Berg- und Hügelketten. Von der unteren Terrasse führt ein schmaler, steiler Fußweg durch einen schönen Garten zum Seeufer. Wer keine Angst vor Bilharziose hat, kann ins Wasser springen.


Lake Kivu – vielleicht der schönste See Ostafrikas


Lake Kivu - Home St. Jean

Nicht nur die Lage macht das Home St. Jean zu einem Volltreffer, auch das Hotel selbst ist absolut empfehlenswert. Die Zimmer (10000 und 15000 Francs) sind einfach, aber blitzsauber und alles funktioniert. Der perfekte Ort um ein paar Tage abzuhängen, und genau das können wir jetzt gebrauchen.


Sonnenaufgang über Lake Kivu
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Letzte Änderung: 27 Okt 2015 18:32 von Gu-ko.
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