Im Reich der Pinguine, Teil II
Das Hotel Jose Nogueira gefällt uns ausgesprochen gut. Nicht, weil die Zimmer außergewöhnlich luxuriös wären, sondern weil das gesamte Gebäude, das von 1890 stammt und eins der ältesten Patagoniens ist, Geschichte atmet. Fassade und Interieur sind weitgehend original erhalten. Das Frühstück im Wintergarten hat deutlich mehr Stil als unsere Outdoor-Klamotten und wir fühlen uns - wenn auch leicht underdressed - in eine andere Zeit versetzt.
Nach dem Frühstück schlendern wir durch Punta Arenas, mit über 120.000 Einwohnern schon fast eine Großstadt.
Die Lage direkt am Wasser ist ein klares Plus, es gibt viele alte Gebäude und außerdem Restaurants für jeden Geschmack. Für mich als Vegetarierin eine Offenbarung, am Vorabend habe ich mir die Pizza aus dem Steinofen so richtig schmecken lassen. Insgesamt ist der Charme der Städte, Buenos Aires ausgenommen, bislang jedoch einigermaßen überschaubar, zumindest hat er uns kaum erreicht - im Gegensatz zur weitgehend unberührten Natur, und darauf kommt es uns ja an. Der Friedhof in Punta Arenas wird uns ans Herz gelegt, aber Friedhof hatten wir schon und überhaupt drängt die Zeit.
Denn unser eigentliches Ziel ist die Isla Magdalena. Die unbewohnte Insel liegt unweit der Stadt inmitten der Magellanstraße und ist um diese Jahreszeit das Zuhause Zehntausender Magellanpinguine. Da wollen wir hin!
Der Fährhafen liegt rund 25 Kilometer nördlich von Punta Arenas und schon auf den ersten Blick wird klar: Das hier ist ein ganz anderer Schnack als die kleine, persönliche Tour auf die Isla Martillo. Wir sind froh um die Tickets, die wir schon lange im Voraus gebucht haben, denn der Andrang ist erheblich und nicht jeder kommt mit. Die Überfahrt ist relativ ruppig und zieht sich, dann endlich: Land in Sicht.
Bis auf einen Leuchtturm gibt es hier nichts. Nichts außer Pinguinen. Aber die wie Sand am Meer.
Das Empfangskomitee hat leichte Verspätung und watschelt im Eiltempo heran, verliert aber schnell das Interesse. Pah, wieder nur so olle Touristen...
Ich selbst bin von derlei Coolness meilenweit entfernt und hin und weg - was hier los ist!
Eine Stunde haben wir Zeit, auf einem Rundweg kommen wir den drolligen Tieren wie schon auf der Isla Martillo sehr nah.
Die Insel ist mit Bruthöhlen übersät, und alle sind "fully booked".
Bei den Pinguinen läuft es etwa so: Im September schwimmen die Jungs zu Zigtausenden an Land, streiten um die besten Villen mit Meerblick, dann wird renoviert und grundgereinigt, bis schließlich zwei Wochen später die Mädels folgen. Wenn alles passt, legen die Weibchen im Oktober je zwei Eier, nach 40 Tagen schlüpfen die ersten Jungtiere, die dann rund zwei Monate von ihren Eltern großgezogen werden. In diese späte Phase der Familienplanung fällt unser Besuch.
Keine Chance für Singlebörsen: Die Pinguine bleiben ihrem Gefährten ein Leben lang treu. Nur wenn er verstirbt, binden sie sich neu. Was zuweilen zu Beziehungschaos führt. Denn taucht der alte Partner verspätet noch auf, wird der neue eiskalt abserviert. Das nenne ich konsequent!
Sieht nach A cappella aus, klingt aber nach verrostetem Nebelhorn. Was das "Getröte" der Pinguine genau bedeutet, haben wir nicht so richtig herausgefunden.
Die Möwen haben ihr eigenes Appartement in diesem riesigen Wohnkomplex und bleiben weitgehend unter sich.
Viel zu schnell ist die Stunde rum, und wir müssen zurück aufs Schiff. Er war grandios, unser zweiter Besuch im Reich der Pinguine, der leider auf dieser Reise auch der letzte war.