17.9.2017: Spieglein, Spieglein an der Wand...
Der innere Wecker funktioniert weiterhin tadellos, Thomas macht sich in der Außenküche einen Kaffee und mir unaufgefordert einen Tee. Eine Aufmerksamkeit, die in den nächsten Tagen Tradition wird, allerdings den Urlaub nicht überdauert.
Um Sechs öffnet das Tor, wir sind schon zehn Minuten vorher da und längst nicht die einzigen. Es gibt also noch mehr Verrückte, ich verspüre eine gewisse Solidarität mit diesen Fremden, die ebenso wie wir kaum abwarten können, wieder unterwegs zu sein. Was dieser Tag wohl bringen wird? Vielen Freunden können nicht vermitteln, dass wir a) im Urlaub freiwillig so früh aufstehen und b) auch noch Spaß daran haben. Ich kann es ihnen nicht verdenken...
Wir fahren Richtung Westen zu einem nahe gelegenen Wasserloch (Girivana), das laut Karte noch existiert. Viele Wasserlöcher, die vor Jahren während einer schlimmen Dürreperiode künstlich angelegt wurden, sind wieder geschlossen worden oder werden noch geschlossen. Die Löwen hatten irgendwann begriffen, dass es ausreicht, sich an den Wasserlöchern auf die Lauer zu legen. Wie gebratene Tauben flogen ihnen die Antilopen in den Mund, deren Bestand ins Wanken geriet und somit das gesamte Ökosystem.
Es ist noch früh und die Sicht an diesem trüben Morgen ohnehin nicht die Beste, und so brauchen wir einen Moment, um die fünf Geparde am Wasserloch auszumachen. Eine Mutter mit ihren halbwüchsigen Kids, sehr beeindruckend, dass sie gleich vier durchbringen konnte. Zwei von ihnen starten einen halbherzigen Jagdversuch auf einen Schakal, der aber vielleicht auch einfach nur das Feld räumen soll, dann ziehen sie nach hinten weiter.
Wir fahren ein Stück und versuchen, sie in der Ferne zu erspähen, nur ein weiteres Auto ist in der Nähe und schaut weiter hinten. Wir wollen gerade aufgeben, da sehe ich eine klitzekleine Bewegung. Manchmal hat man eben einfach Glück: Sie steuern direkt auf uns zu, bleiben neben uns stehen, laufen dann ein Stückchen auf dem Weg vor uns her und verschwinden schließlich im Bush.
Wir halten vergebens noch ein wenig nach ihnen Ausschau, finden dafür aber die fabelhaften Krüger-Singers. Kennt ihr nicht? Here you go:
Zurück auf der Teerstraße braucht es keine großen Fähigkeiten im Spurenlesen, um eine Büffelherde zu finden. Ihre zahlreichen Hinterlassenschaften weisen geradewegs den Weg.
Wir fahren bis zum Aussichtspunkt "Bobbejaan Krans", der an sich sehr schön ist mit einem tollen Blick runter auf den Fluss und vielen Vögeln drumherum, aber brrrrr, wie es hier zieht. Der Wind ist eisig und anders als an den Tagen zuvor weicht die morgendliche Frische mit fortschreitender Zeit nicht, sondern nimmt eher noch zu. Schafskälte, ich verkrümel mich ins Auto und bedaure aufrichtig die Gäste auf den offenen Jeeps der geführten Touren. Sie frieren wie die Schneider und könnten wohl statt Kaffee und Erfrischungsgetränken eher einen Grog vertragen.
Auf der S39 (S=Gravel) hoch nach Timbavati und S40 wieder herunter hängen wir noch eine Schleife dran, ...
... bis wir schließlich auf der H7 (H=Teer) wieder nach Satara zurückkehren.
Die Sonne spielt heute nicht mit. Immerhin, es ist nicht mehr ganz so kalt, wir vespern gemütlich auf unserer Veranda und gönnen uns dann ein Mittagsschläfchen. So zumindest der Plan. Aber denkste! Kaum in der Horizontalen, schreckt mich ein Riesenknall auf. Was war das??? Ich stehe auf und direkt am Fenster, als ein Hornbill mit Karacho dagegenfliegt. Das Geräusch ist markerschütternd, ich renne raus und versuche, den lebensmüden Kamikazeflieger zu vertreiben, vergebens. Stattdessen stürzt sich ein zweiter Toko auf unser hinteres Fenster. Peng! Das hältst du im Kopf nicht aus.
(Dies ist ein Bild aus Umlani. Dort klopfte ein Toko mit dem Schnabel gegen das Glas, ein erster Vorbote, aber da fanden wir es noch niedlich...)
Unsere Nachbarin kommt dazu, sie wundert sich, das hat es doch am Vortag nicht gegeben?!? Wohl wahr, doch die Lichtverhältnisse sind heute anders, die Vögel sehen ihr Spiegelbild buchstäblich glasklar und attackieren den vermeintlichen Feind gnadenlos. Ich bin sauer, was für dämliche Kreaturen, haben immer so einen arroganten Gelehrtenblick und begreifen nix! Sie werden sich den Hals brechen. Schon folgt die nächste Attacke, ich stürze ins Haus und schließe die Vorhänge, ohne Effekt. Erst als ich die Fenster öffne, ist endlich Ruhe: kein Spiegelbild, keine Angriffe, wir atmen auf.
Es dauert nicht lange und ich dämmere entspannt vor mich hin - dann ist es wieder da: Platsch! Etwas weiter entfernt, aber unverkennbar, die Vögel haben sich auf die Fenster unserer Nachbarin verlegt, die nun ihrerseits erfolglos versucht, sie zu vertreiben. Ich verspüre einen Anflug von Hysterie, Tendenz steigend. Es reicht! Wenn sich diese Viecher schon um die Ecke bringen wollen, dann ohne uns. Ich schnappe die Autoschlüssel, meinen Rucksack und Thomas (in dieser Reihenfolge
), wir gehen! Um es vorweg zu nehmen: Als wir abends von unserem unfreiwillig vorgezogenen Nachmittags-Gamedrive zurückkehren, checke ich als Erstes den Boden unterhalb der Fenster. Nichts zu sehen, was für eine Erleichterung!