THEMA: Wieso immer nur 1 bis 2 Nächte pro Destination?
07 Sep 2021 17:37 #625283
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  • offbeat am 07 Sep 2021 17:37
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Hallo Wolfgang,

ich verstehe jede:n, der:die sagt, dass man ein Land lieber richtig kennenlernen sollte als nur "durchzurauschen". Aber es ist eben unterschiedlich definiert, ab wann es sich für die Einzelnen nach "Eile" anfühlt. Und Langsamkeit ist ein Luxus, den man nur dann genießen kann, wenn man ihn sich auch leisten kann.

Neben den schon zur genüge diskutierten Punkten, dass es eine Zeit- und Budgetfrage ist (den meisten normal Arbeitenden wird nicht mehr als 3 Wochen am Stück seitens der Arbeitgeber ermöglicht, und viele sparen auf so eine Reise eine ganze Zeit) wollte ich auch nochmal den Punkt anbringen, dass immer mehr Menschen aus ökologischen Gründen nicht ständig fliegen wollen. Alles drei zusammen führt dann automatisch zu der Überlegung, die Reise muss es auch "wert" sein, dafür so viel Geld, Urlaubstage und CO2 zu verpulvern. Wie kann ich das vor mir rechtfertigen? Durch möglichst viele verschiedene Dinge, die ich erlebe. Und an die ich mich nachher auch erinnere. Bei 7 Tagen in einer Unterkunft kann ich natürlich viel mehr ausspannen und ein bisschen mehr sehen als bei 2 Tagen, völlig klar, doch was bleibt im Nachhinein? Die Erinnerung an eine einzige Unterkunft, eine Terrasse, einen Typus Frühstück, eine Aussicht. Ich erinnere ich mich an Urlaube, wo ich Unterschiedliches gesehen habe einfach intensiver. Wenn ich mich "nur" erholen will, muss ich nicht 5.000 € und 3 Tonnen CO2 verballern, da kann ich auch mit dem Zug nach Italien fahren für einen Bruchteil dessen dort am Pool liegen. Klar erschließt sich immer mehr Schönheit, je länger man irgendwo bleibt, doch diese "Kosten-Nutzen-Rechnung", wobei "Kosten" eben nicht nur Geld ist, müssen eben viele durchführen. Wenn ich weiß, dass es mich ein Viertel Monatsgehalt kostet, irgendwo am Pool zu liegen, kann ich mich dabei nicht so entspannen, wie wenn es für mich keine große Ausgabe ist...

Und dazu kommt eben, dass so zu reisen auch sehr viel Reiz hat. Wie auch schon sehr klug gesagt wurde: Viele leben doch in einem relativ gleichförmigen Alltagstrott, bei dem man ständig dasselbe tut. Gerade jetzt in Coronazeiten ist die Eintönigkeit für viele erdrückend gewesen. Den Urlaub nutzt man dann dazu, möglichst viel Neues zu erleben. Und das ist dann etwas, das emotional unglaublich erfüllend sein kann! Ebenso wie das Freiheitsgefühl, auch und gerade jetzt in Coronazeiten, Ausgangssperre, Homeoffice usw. Wenn man einen gut getakteten Alltag gewohnt ist, dann kann es auch schon sehr entschleunigend sein, einfach mal so in den Tag zu leben, auch wenn der Tag dann trotzdem relativ gut gefüllt ist. Das ist eben eine Frage dessen, wie der Urlaub sich in das sonstige Leben einfügt. Ich lasse mich ja nicht zum Botschafter ausbilden, sondern mache das zu meiner eigenen Erfüllung.

Ich sehe auch nicht, warum das nur ein Namibia-Phänomen sein sollte, ich reise eigentlich meistens so, dass es 2-3N Stopps sind, bei Camping noch häufiger 1-2N. Aber da in Namibia eben nicht nur die "Tagesziele" schön sind, sondern alles, lohnt sich diese Art zu reisen dort besonders. Denn es ist einfach überall schön. Auch im Auto auf der Schotterpiste kann ich dort Weite, Einsamkeit und Wildnis, Neues, Abenteuer und Abwechslung erleben. Deshalb lohnt sich ein Road Trip und "Fahrtage" dort weit mehr als woanders und es kommen sicher auch einige Menschen bewusst nach Namibia, die genau das suchen.

Um nochmal die Perspektive zu wechseln, was nicht als Kritik gemeint ist: Für mich persönlich ist es zum Beispiel nicht so erstrebenswert, viele Stunden an demselben Wasserloch im Auto zu schwitzen in der Hoffnung auf ein besonders tolles Bild. Das tolle Bild gibt es im Zweifel schon von anderen, warum sollte ich jetzt auch noch eins machen? Da lerne ich in der restlichen Zeit lieber das Land in allen Facetten kennen und erlebe ein paar verschiedene Dinge. Alles eine Frage dessen, was einen eben persönlich erfreut :)

Viele Grüße
Offbeat
Südmarokko März 2012 | Südafrika & Swasiland September 2014 | Namibia & Botswana November 2018
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07 Sep 2021 18:07 #625286
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offbeat schrieb:
....wollte ich auch nochmal den Punkt anbringen, dass immer mehr Menschen aus ökologischen Gründen nicht ständig fliegen wollen. Alles drei zusammen führt dann automatisch zu der Überlegung, die Reise muss es auch "wert" sein, dafür so viel Geld, Urlaubstage und CO2 zu verpulvern. Wie kann ich das vor mir rechtfertigen? Durch möglichst viele verschiedene Dinge, die ich erlebe. Und an die ich mich nachher auch erinnere. Bei 7 Tagen in einer Unterkunft kann ich natürlich viel mehr ausspannen und ein bisschen mehr sehen als bei 2 Tagen, völlig klar, doch was bleibt im Nachhinein? Die Erinnerung an eine einzige Unterkunft, eine Terrasse, einen Typus Frühstück, eine Aussicht. Ich erinnere ich mich an Urlaube, wo ich Unterschiedliches gesehen habe einfach intensiver. Wenn ich mich "nur" erholen will, muss ich nicht 5.000 € und 3 Tonnen CO2 verballern, da kann ich auch mit dem Zug nach Italien fahren für einen Bruchteil dessen dort am Pool liegen. Viele Grüße
Offbeat

Ich wusste nicht, dass Offbeat ein Vorname ist, aber gut....

Lieber Offbeat!

Danke für deine sicherlich nett gemeinten Worte. Also eigentlich war's ja ein kleiner Aufsatz.

Ich weiß jetzt zwar nicht, was meine CO² Bilanz damit zu tun hat, finde aber dass wir uns als Mitteleuropäer hier lieber nicht zu Wort melden sollten, denn mit einem pro Kopf Stromverbrauch der dreimal so hoch ist wie der aller Afrikaner oder Asiaten dürften wir, wenn es wirklich ums CO² geht, niemals mehr auf Urlaub fliegen. Und unser Strom kommt leider zum überwiegenden Anteil nicht aus erneuerbarer Energie, auch wenn er so gelabelt wurde!

Vor allem aber nehmen wir uns hier viel zu wichtig. Denn auch wenn wir D, CH und A zusammen nehmen beträgt unsere Möglichkeit das Weltklima zu verändern gleich null Prozent. Derzeit sind alleine in China über 360 Kohlekraftwerke in Planung bzw. Bau mit einer Gesamtleistung von 197 Gigawatt.

Aber das wäre dann wieder der berühmte Tellerrand, über den man usw. ....
LG Wolfgang
Letzte Änderung: 07 Sep 2021 18:27 von weitwinkelkarli. Begründung: typo
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07 Sep 2021 18:18 #625291
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Hallo Wolfgang,
Auch ich schliesse mich dem grossen Teil der Vorredner an. Urlaub ist Luxus und ein seltenes und teils harterkämoftes Gut, auch mal länger am Stück urlauben zu dürfen. Das ist bei uns nicht unbedingt üblich und erfordert auch die ein oder andere Diskussion. Und wenn ich das dann habe, dann will ich unbedingt viel sehen. Man weiss nie wieviel Zeit einem um Leben bleibt.
In früheren Urlauben bin ich auch oft von einem Standort sternförmig weggefahren. Oft hatte es den Nachteil, dass man viel Zeit mit dem Hin und herfahren verlor und ich fand des viel sinnvoller, eine Strecke hinter mich zu bringen, um dann an diesem Ort das Flair zu geniessen oder es nahe zu einer anderen Sehenswürdigkeit zu haben.
So hatten wir auch bereits Andalusien, Neuseeland, Australien oder auch Island bereist. Und nun eben auch Namibia. Gerade in Namibia finde ich die Landschaft so abwechslungsreich, die Lodges und Gegebenheiten so unterschiedlich, dass ich gerne auch mal kurz fahre, aber dennoch eine ganz neue Sichtweise bekomme. So fahre ich dieses Jahr nach Omandumba für eine Nacht und eine Nacht in die Nachbarlodge Ai Aiba, da ich beide Lodges unterschiedlich, aber traumhaft schön finde (zumindestens von Beschreibungen, denn dort war ich selbst noch nicht). Auch bin ich dieses Jahr zwei Nächte im Camp Kwando und eine Nacht in der benachbarten Namusasha, einfach aus dem Grund, da sie unterschiedliche Aktivitäten und eine unterschiedliche Umgebung bieten.
Jeder reist anders. Auch wir lieben es, im Auto zu sitzen und einfach zu staunen, über die Weite, die Tierwelt und die Einsamkeit. Wir fühlen uns nicht auf der Flucht, sondern sind immer freudig aufgeregt, was uns am nächsten Ort erwartet. Und das Packen stört uns als Lodger nicht.
Letztes Jahr haben wir statt Namibia Deutschland gebucht- ein paar Tage Zingst, ein paar Tage Görlitz und dann ein paar Tage im Berchtesgadner Land. Vällig unterschiedliche, aber schöne Ziele.
Jeder muss einfach für sich die Art des Reisens finden, glücklich sein, wenn er einen Partner mit denselben Bedürfnissen findet, umso besser. Es ist ja gut, dass wir nicht alle gleich ticken. Ich kann mir in der Rente, wenn ich hoffentlich mehr Zeit habe auch durchaus Reisen vorstellen, wo man länger verweilen kann, da die Arbeit nicht ruft. Tolle Vorstellung, aber bis dahin dauerts eben noch.
Also allen schöne Erlebnisse, Silke
Mein Ersttäter- Reisebericht Namibia 2018: www.namibia-forum.ch...rsttaeter-runde.html
Seychellen: Inselhopping: namibia-forum.ch/for...ischen-paradies.html
Kurzbericht Namibia 2021 mit Fotobuch: www.namibia-forum.ch...mibia-herbst-21.html
Reisebericht Namibia 2021: www.namibia-forum.ch...st-2021.html?start=0
SÜDAFRIKA 2022 -Fotobuch und kleiner Reisebericht www.cewe-community.c...uedafrika-2022-68145
Costa Rica 2023 www.namibia-forum.ch...der-und-vulkane.html
Costa Rica Fotobuch www.cewe-myphotos.co...40289853b4efd18f584d

Ein kleiner Auszug bereister Reiseziele:
Liparische Inseln - Madeira - Azoren - Schottland - Island - Neuseeland -Australien- Singapur - Namibia -Gambia - La Réunion- Mauritius - Seychellen -Südafrika- Costa Rica uvm.
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07 Sep 2021 18:59 #625295
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Lieber Wolfgang, deine CO2 Bilanz hat damit überhaupt nichts zu tun aber für viele, die ich kenne, ist das eben ein Faktor in der Überlegung, für welche Art von Erlebnis man wie weit reist. Ist nicht persönlich gemeint aber du hast ja nach Gründen gefragt :)
Viele Grüße!
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09 Sep 2021 21:49 #625440
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Moin Namensvetter,
weitwinkelkarli schrieb:
Mir ist bewusst, dass meine Frage provokant klingen mag, aber es ist mir wirklich ernst mit meiner Fragestellung, denn ich beging bei meinen ersten Namibia Urlauben den gleichen Fehler wie fast alle Namibia Urlauber. Ich plante meine Reise so als ob ich auf der Flucht wäre,... immer nur 1 oder max. 2 Nächte pro Destination.

2007 und 2012 hatte ich dies auch nicht hinterfragt, denn hier im Forum handhaben es ja praktisch 90% so.

versetze Dich doch mal gedanklich zurück in Deine erste Reise und Du kannst Dir die Frage selbst beantworten.

Jeder, der erstmals nach Namibia reist, hat eine Wunschliste der Ziele, die er bereisen möchte. 95% buchen alles vor. Nahezu jeder bringt so viele Ziele wie möglich unter. Wohl niemand bucht fünf Nächte an Stelle X, wenn er nicht weiß, ob sich das lohnt.
Schau Dir die Fragen an zum Sossusvlei, ob dort zwei Übernachtungen reichen. Selbst Leute, die gerne zu mehr Übernachtungen raten, plädieren ausgerechnet hier für einen kurzen Aufenthalt. Was macht nun der erstmals in Namibia Reisende? Er macht es im Zweifelsfall so, wie er es für richtig hält, wenn 50% zu einem kürzeren und 50% zu einem längeren Aufenthalt raten.

Auch Du hast sogar eine zweite Reise benötigt, um Deine Vorliebe zu erkennen und sie erst in der dritten Reise umzusetzen. Das muss aber nicht gleichzeitig allgemeiner Konsens sein. Jemand, der erstmals ein Land bereist, wird lieber 10 Highlights reinpacken als sich auf drei zu beschränken mit Unterkünften, von denen am Ende zwei nicht seinen Vorstellungen entsprechen.

Ideal wäre, wenn man einfach losfährt und spontan entscheidet, wie lange man an welchem Ort bleibt.

Nur mal einige Gedanken dazu …

Gruß
Wolfgang
Mit dem Fahrrad unterwegs in Namibia, Zambia, Zimbabwe, Malawi, Tanzania, Kenya, Uganda, Kamerun, Ghana, Guinea-Bissau, Senegal, Gambia, Sierra Leone, Rwanda, Südafrika, Eswatini (Swaziland), Jordanien, Thailand, Surinam, Französisch-Guyana, Alaska, Canada, Neuseeland, Europa ...
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10 Sep 2021 09:34 #625474
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  • MatzeHH am 10 Sep 2021 09:34
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Wir waren gerade 3 Wochen in Finnland mit eigenem Camper. Nur an 2 Stellen haben wir 2 Nächte gestanden .
Sonst immer nur eine. Ist für uns völlig normal.
Hinterm Horizont ist doch viel schöner .... ;-)
Danke und Gruß


Matze
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