THEMA: Mit weinenden und lachenden Augen in Namibia
11 Feb 2022 04:52 #636832
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  • Burschi am 11 Feb 2022 04:52
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Guten Morgen,
nach zwei erholsamen Einstiegstagen auf Voigtland geht die Reise eigentlich heute erst richtig los. Das heißt, die erste Etappe ist relativ kurz, denn ich wollte noch mal eine Lodge aufsuchen, die ich vor vielen Jahren schon dreimal besucht hatte. Düsternbrook war mein Ziel! Auf dem Highway nach Okahandja bin ich erst einmal an der Ausfahrt vorbeigefahren, weil da die entsprechende Ausfahrt Okapuka heißt. Und dort wollte ich ja nicht hin. Da kurz danach ein Polizeiposten ist, erlaubte mir ein freundlicher Polizist über den Mittelstreifen zu fahren und zu wenden. Die weitere Anfahrt war dann, wie ich sie vor Jahren schon kannte, außer, das keine Wasserdurchfahrt mehr erforderlich ist.
Auf Düsternbrook herrscht noch immer Johann Vaatz ;) , der mich auch an der neu gebauten Rezeption begrüßte.

Außer mir war nur noch ein Logisgast da, sodass man mir freundlicherweise das schöne Felsenhaus in Aussicht stellte. Ich war dann auch schon drin, aber die Klimaanlage funktionierte nicht, weshalb ich in die "Tankstelle" neben der Rezeption umziehen musste. Hier habe ich schon einmal genächtigt und seit 15 Jahren hat sich nichts verändert. Grober Lodge-Gründerzeitstil!



Es ist ein wenig so, als wenn man in Deutschland in ein Fünfziger Jahre Hotel kommt, aber es hat auch seinen eigenen Charme.
Am Nachmittag stand natürlich "Cats Unlimited" auf dem Programm. Erst ging es ins Leopardengehege. Es gibt derzeit zwei Leoparden, die jeweils im Wechsel gefüttert werden. Ich habe früher schon tolle Aufnahmen hier gemacht und war gespannt, ob das so geblieben ist. Doch Guide ist eben nicht Guide. Der inzwischen leider verstorbene Elias hat sich nicht nur mit den Tieren ausgekannt, sondern verstand es auch, die Tiere richtig in Szene zu setzen.
Dieses Mal aber bemerkte ich schon bei der Anfahrt zum Fütterungsbaum, dass das Auto falsch stand.

Nicht nur, dass ein dicker Ast im Weg war, auch der Fotowinkel - das Tier von hinten zu fotografieren! - war falsch gewählt. So gelang dann nur beim Abstieg ein vernünftiges Foto und der kam schnell, weil die kleinen Fleischhäppchen ruckzuck geschluckt waren.

Was dann kam, erinnerte mich zu sehr an die früheren Tanzbärenvorführungen in den Zirkussen. Der Leopard musste die restlichen Fleischstückchen aus der Luft fangen. Hat er auch toll gemacht, aber was soll ich mit solchen Fotos anfangen?

Anschließend ging es ins Gepardengehege. Hier wieder Gepardentanz, zu dem sich nur ein Gepard einstellte. Auch hier wieder ein Problem: Der Gepard hatte absolut keine Lust auf die Tanzvorführung und kam so nahe an das Auto ran, dass er im Schatten stand - bei der Hitze erklärlich :laugh: ;) - aber eben wenig brauchbar für Fotos.

Wer zum ersten Mal diese Tiere in Namibia zu sehen bekommt, ist wohl begeistert, mich hat dieses Mal die Vorführung aber eher befremdet.
Nach einer kurzen Pause dann der Gamedrive. Hier gab es all die üblichen Verdächtigen zu sehen: Kudu, Oryx, Pavian, Gnu, Springbock usw. Bis zum Hippopool! Die Hippogruppe hat sich in dem aufgestauten Damm inzwischen ziemlich vermehrt. Vor Jahren war ich mal da, als die ersten beiden ankamen. Nun gibt es zwei Häuschen direkt am Pool, in die man einziehen kann. Die Lage ist sicherlich nicht schlecht, denn an das Wasser kommen den ganzen Tag Tiere und man hat immer etwas zu beobachten. Es wurde auch extra eine Aussichtskanzel gebaut, wo man erhöht auf die Wasserfläche schauen kann und im Schatten sitzt. In Ruhe dort die Natur und die Tiere zu genießen, ist sicher ein schönes Erlebnis. Leider waren aber bei meinem Gamedrive, der am Hippopool mit einem Sundownerdrink endete, noch einige Tagesgäste dabei, die absolut kein Interesse hatten und sich abseits stehend mit der Bierflasche in der Hand laut unterhielten. Hier hätte ich durchaus länger verweilen können, denn neben den Hippos gab es noch eine ganze Reihe von Vögeln zu beobachten.




Nicht nur den Dreibandregenpfeifer, sondern auch Kampfläufer, Bruchwasserläufer, Stelzenläufer u.a., alles was bei Watvögeln Rang und Namen hat und den Winter in Afrika verbringen will, war da. Somit war für mich die Verweildauer am Hippopool zu kurz. :( Hätte wohl doch eines der Häuschen dort buchen sollen.
Beim Abendessen war ich dann mit dem anderen Gast allein. Das Essen muss ich loben, es war sehr schmackhaft und sehr reichlich.
Der Frangge sagt: "Kannst ned meggern!" (Hohes Lob eines Franken!) :laugh:
Am nächsten Morgen war das Frühstück, bei dem ich wieder ganz allein war, auch in Ordnung.
Ich stehe gerne sehr früh auf, fahre dann in den Morgenstunden bis Mittag weiter und bin in der Regel mittags am neuen Ziel. Dazu dann morgen!
Viele Grüße:
Burschi
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Letzte Änderung: 11 Feb 2022 05:19 von Burschi.
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11 Feb 2022 09:48 #636847
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Burschi schrieb:
Der Frangge sagt: "Kannst ned meggern!" (Hohes Lob eines Franken!) :laugh:

Übersetzung ins Plattdeutsche: Ka'mer esse! :laugh: :whistle:

Viele Grüße
freshy
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11 Feb 2022 19:01 #636910
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  • bayern schorsch am 11 Feb 2022 19:01
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... oder ins bayerische: passt scho ....

Hallo Burschi,

der Beginn Deines Berichtes ist sehr vielversprechend und ich würde gern - wenn noch Platz in der Kiste ist - mit dabei sein. Aus den Augen eines mehr als erfahrenen Namibiakenners die verschiedenen Sichtweisen zu lesen bzw. zu hören, wird bestimmt sehr spannend.

Vielen Dank für Deine Mühe!
der bayern schorsch
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11 Feb 2022 21:04 #636918
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  • Yawa am 11 Feb 2022 21:04
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Hallo Burschi,
auch wir lassen seit 4 Jahren unsere von uns geplanten Reisen durch Eva von abenteuer-in-namibia buchen und sind sehr zufrieden, zumal wir letztens im September den Flug um 12 Stunden von Eurowings verspätet hatten. Da hat sie dann schnell alles Notwendige veranlasst, so dass wir problemlos unsere Fahrt im Lande antreten konnten.
In Duesternbrook waren wir das letzte Mal 1998 und ich glaube, da muss ich nicht auch noch mal hin.
Ich freue mich auf deinen weiteren Bericht und danke schon mal,
liebe Grüße Yawa
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12 Feb 2022 05:25 #636926
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  • Burschi am 11 Feb 2022 04:52
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Hallo Schorsch (fränggisch Schorschla),
Da sagt man immer, die Bayern und Franken verstehen sich nicht! Wir haben die gleiche Aussage!
Nur richtig schreiben musst du es halt: "Bassd scho!" :laugh:
Gruß: Burschi
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12 Feb 2022 09:42 #636936
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  • Burschi am 11 Feb 2022 04:52
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Guten Morgen,
wir fahren weiter! Heute geht es zum Waterberg, jenem Berg, an dem die deutsche und namibische Geschichte in unerfreulicher Weise verknüpft sind. Ich sagte ja bereits, dass ich gerne am Morgen früh losfahre und so war ich bereits um 11.30 Uhr an der Rezeption der Wildernes Lodges. Ich hatte die Valley Lodge gebucht und bekam ein Upgrade auf die Plateau Lodge. Danke! Die Erklärung ist einfach. Von Wildernes (im Besitz der Familie Rust) gibt es dort 3 Lodges: Wildernes Lodge, Valley Lodge und Plateau Lodge. Da kaum Touristen da sind, waren Wildernes und Valley geschlossen und nur die Plateau Lodge mit dem Restaurant war offen. Auf schmalem steilen Weg klettert man mit dem Auto den Berg hinauf. Oben erhielt ich eines der schönen Häuschen mit dem wahnsinnig weiten Ausblick auf die Dornbuschsavanne vor dem Waterberg.




Jedes Häuschen hat einen kleinen Tauchpool dabei und ist geräumig eingerichtet. Zwei Dinge fehlten, auf die ich eigentlich immer wert lege: Kühlschrank und Schreibtisch. Aber es gibt ja auch Leute, die kein Tagebuch und keine Ansichtskarten schreiben und zum Trinken lieber nebenan ins Restaurant gehen, das übrigens auch eine Terrasse mit toller Aussicht hat, ideal für den Sundowner geeignet. Auch wenn man hier oben zu dieser Zeit mit nur ganz wenigen anderen Touristen ist, so ist man nicht allein. Beim Baden bekommt man Besuch von den "Badewasserschlürfern" :laugh: und die Vogelwelt ist am Waterberg bekannt reichlich. Da gibt es immer wieder was in der Nähe zu beobachten, wie z.B. ein Schwarm Bergstare, die ebenfalls "meinen" Pool besuchten.



Auch Vogelgäste aus Europa, wie der Europäische Bienenfresser und die Blauracke waren zu beobachten.
Am Nachmittag findet immer ein Gamedrive statt, den man unbedingt buchen sollte. Dazu fährt man hinunter in die Ebene und dann auf verschlungenen Wegen durch den Busch. Zu sehen gibt es genug, auch wenn der Busch zu dieser Zeit in vollem Saft steht und kaum Durchblicke zulässt. Doch schnell kann mal was über den Weg springen wie ein Trupp Kuhantilopen

oder auch relativ schnell vorbeikriechen, wie die Leopardenschildkröte.


Den Höhepunkt - absolut lohnenswert - zeige ich hier aber leider nicht. Es sind die großen grauen Tiere mit der doppelten Pinoccio-Nase. Ich habe das bis jetzt immer vermieden darüber zu berichten und auch den Namen nicht zu nennen. Die Wilderer sind heute auch alle mit den modernen Medien ausgestattet und so sollte man ihnen das Durchforsten der Suchmaschinen so schwer wie möglich machen und auf keinen Fall Bilder von den Tieren machen, die sich in privater Hand befinden. Gerade in dieser Zeit mit Massenarbeitslosigkeit ist die Versuchung noch einmal größer als sowieso schon. Und die Gier asiatischer Vollidioten ist grenzenlos. Die zahlen inzwischen für gewilderte "wilde" Tiere nochmals höhere Preise als für gezüchtete. Schwachsinn ist wie das All - grenzenlos!
Ich hänge hier auch gleich noch eine weitere Geschichte an, die ich am Waterberg erlebt habe. Ich unterhalte mich gerne lange auch mit Einheimischen. Ein wenig Afrikaans und ein paar Brocken Otjiherero helfen dabei zu einem lustigen, freundlichen Einstieg. Ich habe mit dem Herero Anton (Name geändert!) gesprochen. Zum Einen schilderte er die derzeitige schwierige Situation ohne Touristen. Viele Lodges, wie auch hier haben geschlossen oder Personal abgebaut. Wozu braucht man einen Guide, wenn keine Touristen da sind? Da es nicht wie bei uns ein entsprechendes soziales System gibt, ist das für viele fatal. Kein Job, kein Geld, nichts, womit man die Familie ernähren könnte. Da helfen dann nur Verwandte, mit denen man noch enger zusammenrücken muss. In diesem Fall hat Anton seinen Bruder und die Kinder aufgenommen, weil dieser weder Geld hatte, um die Kinder in die Schule zu schicken, noch um sich etwas zu essen zu kaufen. Und während des langen Gespräches kamen wir auch noch auf ein anderes Thema: Die versprochenen Zahlungen der BRD wegen des Genozids an die Herero. Diese Entschädigungsleistungen hält Anton für völlig sinnlos, denn bei den Leuten, die es benötigen würden, kommt von dem Geld nichts an. Angekurbelt wird z.B. der Autohandel, weil sich die Clanchefs die neuesten Luxuskarossen leisten würden. (Naja, da würde ja wieder Geld zurück kommen! :unsure: ) Vielmehr schlug Anton vor, das Geld in ordentlich ausgestattete Schulen zu stecken und Lehrer zu schicken, welche die Kinder gut ausbilden würden, Daran fehlt es an allen Ecken und Enden. Gute Schulen sind ebenso wie gute Lehrer Mangelware. Die 280.000 € die in das Denkmal bei Okakarara investiert wurden, sind auch in den Wind geschossen, denn dort ist nur noch eine Ruine. Anton bat mich am Ende des Gespräches keinem von seinen Gedanken zu erzählen, denn das könne für ihn negative Konsequenzen haben. Daher bleibt er anonym.
Am Abend saß ich ziemlich einsam im Restaurant, außer mir nur noch drei weitere Touristen mit vorschriftlich weitem Abstand. Das Tragen von Masken ist zwar noch auch im Freien vorgeschrieben, doch außer in der Stadt wie Windhoek ist es im ganzen Land eher sinnlos, denn erstens begegnet man selten jemandem und einen großen Abstand kann man immer einhalten.
Am Waterberg habe ich zwei Tage zugebracht, also es gibt noch ein wenig mehr u berichten.
LG Burschi
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Letzte Änderung: 12 Feb 2022 09:47 von Burschi.
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