THEMA: Fünf Tage in Johannesburg
29 Dez 2013 19:55 #318549
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Rückblick auf den Kurzbesuch in Johannesburg 2011

Wir erkennen Huberta und Walter, die uns in der Halle des Flughafens in Johannesburg erwarten auf Anhieb. Sie schenken uns einen wunderschönen Tag in Johannesburg mit Stadtrundfahrt und Apartheidmuseum.

Wir schlendern mit ihnen über den quirligen Nelson-Mandela-Platz in Sandton,

vor allen Dingen dürfen wir mit ihnen den ersten Sundowner unseres Lebens genießen. Nicht irgendwo, nein, im noblen Westcliff Hotel mit Blick über Johannesburg. Als Sundowner wird ein gepflegter Drink im Licht der untergehenden Sonne bezeichnet, ein afrikanisches Ritual, das wir noch öfter erleben sollen.

Das riesige Johannesburg beeindruckt uns. Doch wir sind schockiert, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt, was die arme schwarze Bevölkerung zwingt, lange Fußmärsche entlang der vielbefahrenen Straßen, die keine Gehwege haben, in Kauf zu nehmen oder Sammeltaxis zu benutzen.
Trotz der angeregten Plauderei am Abend, die sich bis in die Nacht hineinzieht, müssen wir und unsere Gastgeber früh aufstehen, damit wir den Flug nach Windhoek nicht verpassen. Walter fährt uns zum S-Bahn-Zubringer. Dieses technische Wunder des Nahverkehrs wurde zur Fußballweltmeisterschaft gebaut. Sein Fahrpreis ist mit 120 Rand nur für Weiße und einen geringen Teil der Schwarzen erschwinglich.

7. November 2013: Unser erster Tag in Johannesburg

Nach einem gemütlichen Abend zusammen mit Huberta und Walter haben wir zum letzten Mal im Fahrzeug geschlafen. Die Reisetaschen sind gepackt. Wir wollen sie bei Rusty Hook, unserer Unterkunft für die kommenden vier Tage, abliefern, bevor wir zu Bobo Campers fahren. Um 8.00 Uhr brechen wir auf.
Zehn Minuten später stehen wir vor dem verschlossenen Tor von Rusty Hook. Vor 9.00 Uhr, so der Wächter, steht niemand vom Personal zur Verfügung. Nachdem wir eine Weile gewartet haben, kommt uns die Idee, eine Tankstelle aufzusuchen, um letztmals vollzutanken und den Reifendruck einzustellen. Der Reifen hinten links verliert jeden Tag ca. 0,5 bar, was wir Bobo verschweigen werden. Sie haben uns auch nicht alles gesagt!
Um 9.10 Uhr ist das Tor offen und wir fahren in Rustys Anwesen hinein. Eine ältere Dame wird zur Rezeption geholt. Leider funktioniert die Verständigung erst einmal sehr schlecht. Ob es an unserem Englisch liegt oder daran, dass die Dame noch nicht ganz wach ist, können wir nicht beurteilen. Es dauert eine Weile, bis wir einchecken und das Gepäck deponieren dürfen.
Durch den morgendlichen Berufsverkehr quälen wir uns zur Campervertretung, verfahren uns wieder einmal und landen am Flughafen. Doch um 11.15 Uhr fahren wir auf den Hof, wo wir sogleich in Empfang genommen werden. Die Abgabe verläuft professionell und sehr korrekt. Wir gestehen die defekte Stoßstange und den Verlust der Einstiegshilfe, teilen Mängel am Auto mit und sitzen nach Zahlung einer minimalen Rechnung über die Schäden eine halbe Stunde später im Shuttle. Er liefert uns am Flughafen ab, von dem aus wir mit dem Gautrain Richtung Sandton fahren wollen, wo Walter uns abholen wird.
Am Flughafen tauschen wir innerhalb von drei statt mindestens 30 Minuten wie auf der Bank in Lephalale unsere restlichen Pula in Rand um, telefonieren mit Walter, dass wir losfahren werden und gehen zur Bahnstation. Die Preise sind seit unserem letzten Besuch angestiegen. Für zwanzig Minuten Fahrt bezahlen wir zusammen umgerechnet 27 Euro.
Walter ist pünktlich und fährt uns zu Rusty, wo wir in aller Ruhe unser Gepäck sortieren, relaxen, zu Abend essen und früh ins Bett gehen. WLAN soll angeblich „down“ sein, so dass wir weder Mails schreiben, noch das Tagebuch hochladen können.


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31 Dez 2013 10:38 #318741
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8. November: Maboneng und die City von Johannesburg


Unsere Freunde haben heute für uns eine Führung durch Maboneng, zum Constitution Hill und die City von Johannesburg gebucht, während sie selbst ihr Enkelkind hüten müssen. Bei Rusty gibt es erst ab 9.00 Uhr Frühstück. Walter holt uns deshalb um 6.30 Uhr ab, und wir frühstücken gemeinsam mit ihm und Huberta. Sehr gemütlich. Die Fahrt ins Herz von Johannesburg dauert eineinhalb Stunden. Doch zwischendurch machen wir Jacaranda-Sightseeing und legen ein zweites Frühstück ein. Johannesburg hat sehr schöne Seiten.


Der Guide holt uns pünktlich um 10.00 Uhr ab. Wir schlendern mit ihm durch einen Stadtteil, der hauptsächlich von Künstlern „beherrscht“ wird. Hier wohnen und arbeiten sie oder kommen für einen gewissen Zeitraum her, um das Gesicht von Maboneng Precinct mit ihren Fresken und Skulpturen zu verschönern. Überall wird gebaut, es entstehen Galerien und Museen.


3D-Druck in Schokolade


Wandmalerei


Skulptur am Eingang eines Restaurants


Blick vom Carlton Hochhaus
Wir fahren auf das zweithöchste Gebäude Afrikas und erkennen die Ausbreitung der Großstadt, besuchen ein Bücherantiquariat mit zwei Millionen alten und teilweise sehr wertvollen Büchern, Schallplatten und viel Kitsch und Krempel. Vor lauter gestapelten Büchern sind die Gänge zum Laufen eng, es öffnen sich immer wieder neue vollgestopfte Räume. Wir können nicht glauben, dass der Besitzer in diesem Wahnsinnschaos irgend etwas wiederfindet.
Mit dem Bus fahren wir zum früheren Gefängnis auf den Constitution Hill. Hier waren bis zum Ende der Apartheid außer Kriminellen hauptsächlich schwarze politische Gefangene inhaftiert. Wir betrachten die Zellen der Männer und Frauen, stellen fest, dass jene für weiße Inhaftierte dreimal so groß sind wie die für schwarze. An den Wänden hängen Fotos bekannter schwarzer Widerstandskämpfer und -kämpferinnen, die hier jahrelang eingesperrt waren. Der Eindruck ist bedrückend.


Gefängnishof auf dem Constitution Hill


Der Unterschied beginnt nicht erst bei den Mahlzeiten
Zurück geht es mit dem Bus, der jedoch nur in der City Johannesburgs fährt. Zum Schluss treffen wir uns mit Huberta und Walter in einer Gaststätte und fahren mit ihnen nach Hause. Dort erfrischen wir uns im Pool, bevor wir in unsere Unterkunft gefahren werden.
Bei Rusty ist die Hölle los mit Musik und Vorbereitungen für ein Event am nächsten Tag. Erst jetzt teilt man uns mit, dass es WLAN für Gäste überhaupt nicht gibt. Wir sind ein wenig verschnupft.
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01 Jan 2014 11:31 #318830
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9. November: Soweto

Der Fahrer, gleichzeitig unser Guide in Soweto, sollte uns um 10.00 Uhr abholen, doch während wir kurz vor halb Zehn immer noch auf das 9.00-Uhr-Frühstück warten, ist er schon da.
Bis Soweto, dem schwarzen Staat im Staate Südafrika, sind es zwanzig Kilometer. Wir werden durch die verschiedenen Stadtteile gefahren, lernen Häuser vermögender Menschen und einen kleinen Teil der Slums kennen. Es ist der Vorzeigeteil der Slums, den Touristen gegen ein zusätzliches Handgeld besichtigen dürfen.

Wie es hinter diesem Teilstück aussieht, wollen wir vermutlich gar nicht sehen. Aus Nelson Mandelas ehemaligem Wohnhaus wurde ein Restaurant, das mit seinem Namen Werbung macht. Ob ihm das gefallen würde?

Soweto hat alles, was ein Staat zum Funktionieren braucht, die Verwaltung scheint zu funktionieren, aber uns entgeht nicht, dass auch hier krasse Armut herrscht. Den Abschluss bildet der Besuch des Museums, in dem die Vorkommnisse vom 16. Juni 1976 aufgearbeitet wurden.

Das Foto, auf dem ein 13jähriger toter Schuljunge fortgetragen wird, ging um die ganze Welt. Schon damals war Mandela als einer der Anführer der Resistance für viele Jahre eingesperrt. Anders als bei der Tour durch Maboneng fehlt jedoch das Unmittelbare, das einen beeindruckt, denn wir sehen das meiste nur aus dem Auto heraus.
Zurück bei Rustys genehmigen wir uns ein Bier, setzen uns auf eine Bank am hauseigenen Teich und lassen unsere Reise Revue passieren.

Zwei Männer kommen vorbei, der eine mit einem Navi bewaffnet. Herbert ist elektrisiert: „Die suchen den Cache!“ Er rennt den beiden hinterher und richtig, sie heben den Cache mit dem Coin, den Herbert vor Beginn unserer fünfwöchigen Tour durch Botswana dort versteckt hat. Er unterhält sich mit den Männern. Der eine hat den Coin entnommen und beabsichtigt, ihn während des Weihnachtsurlaubs im Kruger NP zu verstecken. Herbert strahlt.


Letzte Änderung: 01 Jan 2014 11:32 von freshy.
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04 Jan 2014 10:30 #319262
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10. November: Die Wiege der Menschheit

Wir wollen zur sechzig Kilometer entfernten „Cradle of Humankind“. Die Bezeichnung gilt einem mehrere hundert Quadratkilometer großen Gebiet, das für uns bisher nur ein Sternchen auf der Landkarte war und uns nicht viel bedeutete. Bei strahlendem Sonnenschein holen Huberta und Walter uns ab.


Wir fahren durch eine hügelige Landschaft, deren Grünschimmer den Beginn der Regenzeit ankündigt.

Erste Station ist Maropeng, ein unterirdisches Museum, in dem nicht nur die Geschichte der Menschheit museumspädagogisch vorbildlich aufbereitet ist, sondern das auch mit Überraschungen aufwartet, die wir eher in einem Vergnügungspark vermutet hätten. Mit einem Boot werden wir durch unterschiedliches Klima, durch Dunkelheit, Kälte, Nässe, Hitze und einen Vulkanausbruch geschleust. Später überqueren wir eine Brücke, um die sich die Welt zu drehen scheint und schließen die Augen, weil wir das Gefühl haben, auf den Kopf gestellt zu werden.


Nächste Station ist die zirka zehn Kilometer entfernte Sterkfontain-Höhle, in der ein Forscher namens Broome Mrs. Ples, den bisher ältesten Schädel menschlichen Ursprungs entdeckte. Dagegen ist der Homo Heidelbergensis ein Baby! Walter verfährt sich leider, was bei der mangelnden Beschilderung in dieser Gegend nicht wundert, aber zu vielen, vielen Kilometern Umweg führt.
Die Höhle dehnt sich ungefähr einhundert Kilometer weit unter der Erde aus. Am Eingang wird Besuchern mit Asthma, Klaustrophobie und Herzproblemen empfohlen, auf die Tour zu verzichten. Und das ist gut so! Wir kriechen auf allen Vieren durch enge Durchlässe, für die der deutsche TÜV niemals seine Genehmigung erteilt hätte, rutschen auf feuchten Treppen aus und stoßen auf einen unterirdischen See, der sich geheimnisvoll in den dunklen Tiefen der Höhle verliert.
Unseren letzten gemeinsamen Abend beschließen wir in Walters und Hubertas Lieblingslokal. Es hat geregnet, als wir eintreffen, müssen die Tische und Bänke im Garten erst trocken gerieben werden. Wir genießen die romantische Umgebung, das seidige Klima und das ausgezeichnete Essen. Wehmut vermischt mit Reisefieber stellt sich ein, denn morgen fliegen wir nach Hause, wo es trüb, kalt und nass sein soll.

11. November: Die Heimreise

Als wir kurz nach neun Uhr frühstücken wollen, liegt das Hotel noch wie ausgestorben da. Um halb Elf endlich werden wir bedient. Wir bezahlen unser Quartier, lassen viel zu spät durch den Wirt unseren Flug mit der SAA bestätigen und packen so lange unsere Reisetaschen ein und wieder aus, bis jede knapp zwanzig Kilo wiegt. Herbert kann sich tatsächlich dazu durchringen, seine Holzschlappen, die ihn nicht nur durch Botswana und Südafrika getragen haben, sondern auch schon durch weite Teile Australiens und Namibias, zu entsorgen.


Walter und Huberta holen uns um halb drei ab, und Walter lässt es sich nicht nehmen, uns zum Flughafen zu fahren, obwohl die Bahnstation Sandton vereinbart war. Wir verabschieden uns zum allerletzten Mal und werden zum letzten Mal ermuntert, unseren nächsten Urlaub in Südafrika zu verbringen, das sei viel weniger anstrengend als das Okavangodelta!
Wir geben unsere Reisetaschen auf und bummeln durch das Flughafengebäude, denn wir haben viel Zeit. Unsere Maschine soll erst um 20.15 Uhr starten. Die Einkaufsmöglichkeiten können mit jedem internationalen Flughafen konkurrieren. Wir erstehen ein paar Mitbringsel, die nicht schwer wiegen, denn auch ohne die Reisetaschen sind wir gut bepackt. Zwei Stunden vor dem Abflug stauen wir uns durch die Kontrollen und stellen anschließend fest, dass es im Transitbereich weitere Geschäfte gibt. Glücklicherweise haben wir alle Rand ausgegeben!
Am frühen Abend geht über Johannesburg und den Flughafen ein heftiges Unwetter nieder. Es blitzt und kracht, Regen und Hagel donnern auf das Dach. Draußen sieht es aus wie bei einem Weltuntergang. Konsequenz: Alle Flüge werden gestoppt. Als wir weit nach 23.00 Uhr endlich abheben, informiert uns der Flugkapitän, er habe aus Ruanda kommend für drei Stunden in Gaborone zwischenlanden müssen, da Johannesburg geschlossen worden sei. Davon hat man uns ungeduldig Wartenden nichts erzählt!
Der Abschluss in Jozi, wie unsere Freunde ihre Stadt liebevoll nennen, war bemerkenswert. International als Stadt mit der höchsten Verbrechensrate bekannt, bot Johannesburg so manche touristische Sehenswürdigkeit. Sehenswert sind der aufstrebende Stadtteil Maboneng mit seinem Künstlerviertel, seinen Museen und Galerien; Constitution Hill, das frühere Gefängnis für die schwarzen Widerstandskämpfer; das Apartheidsmuseum, die quirlige City mit dem zweithöchsten Hochhaus Afrikas, das zwanzig Kilometer entfernte Soweto und das Weltkulturerbe „Cradle of Humankind“. Nicht vergessen werden wir den Farbenrausch der Jacarandabäume, die während unseres Besuchs in voller Blüte standen. Unsere Gastgeber Huberta und Walter, seit mehr als vierzig Jahren in Johannesburg zu Hause, haben uns viel gezeigt und erzählt. Es war ein eindrücklicher Abschluss unserer Reise, den wir durch die beiden erleben durften. Herzlichen Dank!



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