Wir kamen langsam, aber gut voran und näherten uns schon dem Sambesi, als unsere Freude jäh gebremst wurde. Über den Hauptkanal des Sambesi war bereits eine neue Brücke gebaut worden, diese war jedoch zurzeit wegen Bauarbeiten gesperrt. Eine Schranke mit Stoppschild hinderte uns an der Weiterfahrt.
Der Arbeiter an der Schranke sprach nicht besonders gut Englisch und sagte etwas von Öffnung und 18 Stunden („eighteen hours“). Mehrere Rückfragen ergaben, dass die Brücke erst morgen um sieben Uhr wieder geöffnet würde. Wir waren frustriert. Auch wenn wir vor dem Urlaub keine definitive Aussage über die Fertigstellung der neuen Straße erhalten hatten, waren wir doch davon ausgegangen, mehr oder weniger zügig nach Kalabo fahren zu können. Es gab noch eine Fähre, die jedoch nicht in Betrieb war. Alle Versuche, mehr zu erfahren, führten zu keinem Ergebnis. Der muffelige Mann wiederholte stoisch „eighteen hours“ und blickte danach stur in die entgegengesetzte Richtung, als wären wir gar nicht vorhanden.
Uns wurde klar, dass wir unser angepeiltes Camp in den Liuwa-Plains heute nicht mehr erreichen würden, und es blieb uns nichts anderes übrig, als umzukehren und nach Mongu zurückzufahren, um uns dort eine neue Unterkunft für die Nacht zu suchen.
Wieder ging es die 25 km auf der achterbahnigen Sandpiste zurück, nur kamen wir dieses Mal gar nicht erst bis Mongu. Am Ende der Baustelle war nämlich die Schranke, durch die wir auf dem Hinweg – ohne es zu merken – gefahren waren, geschlossen. Na lustig! Waren wir jetzt hier auf dem Sandweg zwischen den Schranken eingeschlossen? Langsam begann diese Strecke zu nerven. Ruth wird außerdem immer ein wenig unleidlich, wenn sie nicht weiß, wo wir die Nacht verbringen werden.
Nach einiger Zeit kam ein Bauarbeiter, der uns aufklärte. Die Brücke würde nicht in 18 Stunden, sondern um 18 Uhr geöffnet werden. Aha! Das ist ja etwas ganz anderes. Vielleicht hätte man da auch selber drauf kommen können. Aber genutzt hätte uns diese Info auch nicht viel, denn im Dunkeln wären wir ohnehin nicht weitergefahren. Außerdem erklärte er weiter, dass die neue Brücke dreimal täglich für jeweils eine Stunde für den Verkehr freigegeben würde, und zwar um 7, um 12 und um 18 Uhr. Gut, dass wir das noch erfahren hatten. So müssen wir uns morgen sehr beeilen, um zwischen sieben und acht Uhr die Stelle zu passieren. Schrankenwärter Nummer 2 winkte uns nach dieser Erklärung fröhlich zu, öffnete die Barriere, und wir setzten unseren Weg fort.
In Mongu schlug uns unser alter Hupe-Reiseführer das Green View Guesthouse mit einem Campingplatz vor, und die T4A-Karte kannte auch den Wegpunkt. Also auf gings! Navi eingeschaltet, Gehirn abgegeben. Es ging einmal quer durch den Ort, dann bitte links abbiegen!
Die Straße sah klein und verwinkelt aus. Ruth waren die Wellblechhütten nicht ganz geheuer. Also doch lieber weiter. Dann eben die nächste links! Gleiches Bild, gleiche Entscheidung: wieder weiter! Es half nichts. Wollten wir nicht zwischen den Hütten oder auf dem Markt übernachten, mussten wir uns wohl auf das Navi verlassen. Die Fahrspur war sandig, aber zunächst noch breit, sah zu Beginn sogar noch ein wenig befahren aus. An fußballspielenden Kindern und einigen Männern, die ihr Vieh nach Hause trieben, ging es vorbei.
Alle machten uns bereitwillig Platz. Bald wurde die Spur jedoch recht schmal und steil, sah nicht mehr wirklich befahren aus (der Rinderkarren war gut 50m vorher in einen Hof abgebogen) und wurde auf der einen Seite von dornigen Büschen gesäumt, während auf der rechten Seite immer wieder kleinere Stücke aus dem Hang gebrochen waren. Also ging es entlang der Abbruchkante, denn ein Zurück gab es nun auch nicht mehr, höchstens im Rückwärtsgang. Wir fuhren immer weiter, und das auch, als ein Sandhügel den Weg versperrte. Unser Auto meisterte das Hindernis mit Bravour, und plötzlich standen wir im Garten einer Familie, die gerade im Kreis um ein großes Feuer saß. OK. Hier endete der Weg wohl. Da sollten wir nun vielleicht doch einmal aussteigen. Wir wurden etwas überrascht, aber keinesfalls unfreundlich angeschaut. Eine Frau sprach ein wenig Englisch, und wir erklärten, dass wir eigentlich zum Green View Guesthouse wollten. Das wäre tatsächlich direkt hinter der Dornenhecke, wir sollten nur weiterfahren. Wie das? Wir kamen mit unserem Auto weder unter den tiefhängenden Ästen der Bäume hindurch, noch konnten wir einfach wie mit einem Panzer durch das Dornendickicht rollen. Wir bedankten uns für die Auskunft, entschuldigten uns noch einmal für die Störung und entschwanden lieber wieder über den Sandhügel, denselben Weg, den wir gekommen waren.
Zurück in der Stadt hatten wir irgendwie gar keine Lust mehr auf Camping im Green View.
Eine Alternative war der Campingplatz der Mutoya Mission, die auch wirklich zu finden war. Dort gab es einen schönen Stellplatz in einem großen Garten mit Strom und warmem Wasser.
Die letzten 50 Meter zum Stellplatz führten über einen tiefsandigen Pfad sehr steil nach unten. Dort angekommen, fragte uns der Camp-Attendant, ob wir ein Allradfahrzeug hätten. Na, diese Frage kam auch reichlich früh! Hätten wir nicht, würde er vielleicht schon jetzt die umfangreiche Bergungsaktion in die Wege leiten. Wir sind schon gespannt, wie viele Anläufe wir morgen früh benötigen werden, um den Abhang wieder zu erklimmen.
Wir erkundeten ein wenig den hübsch angelegten Garten mit seinen blühenden Pflanzen und Bäumen und freuten uns über einige Nektarvögel, die jedoch reichlich unkooperativ beim Fotoshooting waren.
Nach einer sehr erholsamen warmen Dusche wollten wir heute nicht mehr kochen. Daher gab es zum Abendessen lediglich einen Avocado-Salat mit Thunfisch und Mais.
Wieder mal ist es sehr spannend, in Afrika unterwegs zu sein. Nicht immer läuft alles nach Plan.
Tageskilometer: 312