3. November: Im Köcherbaumwald
Am nächsten Morgen schlafen wir wieder relativ lang, und auch sonst grüßt das Murmeltier: Das Wasser im Bad ist weiterhin kalt, genauso wie die Außentemperaturen am Morgen. Das Frühstück findet im Haus statt, und das Auto ist auch noch nicht da. Wirklich beunruhigt sind wir deswegen nicht, wir haben ja einen Wagen nebst zwei Ersatzreifen, trotzdem möchten wir gerne wissen, was Sache ist. Wir haben eine Simkarte für Namibia gekauft, aber keinen Empfang, die wirklich sehr netten Bagatelle-Mitarbeiter sind aber behilflich und lassen uns mit Europcar telefonieren.
Tatsächlich erreichen wir jemand und er scheint sogar im Bilde zu sein. Ja, heute käme dann jemand zur Bagatelle Ranch, wir sagen, nee, nutzt aber nix, wir sind gleich weg. Aha. Dann käme eben jemand nach Keetmanshoop. Aha, soso, der Weg wird für den armen Fahrer immer weiter, ist aber letztlich nicht unser Problem. Wann er denn wohl ungefähr käme? Naja, irgendwann halt. Gut, na dann bis dann...
Gegen elf fahren wir gemütlich los, Thomas scheint auf dem Weg der Besserung zu sein, alles gut. Bagatelle fanden wir prima, kaltes Wasser hin oder her. Die Kalahari war Neuland für uns, die Landschaft, die roten Dünen, wir fanden das sehr schön und beruhigend, zum An- und Runterkommen sozusagen, der ideale Start.
Die rund 200 Kilometer nach Keetmanshoop sind keine Herausforderung, am späten Mittag sind wir da. Nur wo? Unser GPS kommt nicht klar, die Pension soll um die Ecke sein. Was, hier!?! Die Gegend, in die wir geraten sind, macht gar keinen vertrauenswürdigen Eindruck, wir ernten erstaunte Blicke.
Wir drehen um, fahren auf Verdacht ins kleine Zentrum, und tatsächlich finden sich zahlreiche Wegweiser zum Guesthouse. Herr Gessert empfängt uns freundlich, er hat sich eine kleine Oase geschaffen. Unser Zimmer ist grundsätzlich schlicht, nur die Deko ein wenig verspielt, aber blitzblank sauber und - die Dusche ist heiß! Was wir direkt eiskalt ausnutzen.
Am Nachmittag wollen wir zum Köcherbaumwald. Nur zu welchem? Wir peilen zunächst den wohl bekanntesten an, den Quivertree Forest auf der Farm Gariganus. Wir sind früh dran, zahlen zwei Tickets und schauen uns um. Wir hatten ursprünglich überlegt, die dazugehörige Übernachtungsmöglichkeit zu buchen und sind nun froh, dass unsere Agentur abgeraten hat. Die Häuschen im Iglu-Style sehen wenig einladend aus, überhaupt besitzt die Anlage nach unserem Geschmack wenig Charme. Der "Wald" selbst, der ja nicht wirklich einer ist, überzeugt uns allerdings. Diese bizarren Bäume (richtigerweise Aloen) in dieser unwirtlichen Landschaft - einfach schön.
Bis zum besseren Fotolicht ist noch immer viel Zeit und wir beschließen, noch ein paar Kilometer weiter zum Mesosaurus Fossil Camp zu fahren. Der Köcherbaumwald dort soll ebenfalls schön sein und weniger überlaufen, doch als wir dort ankommen kehren wir wieder um. Wahrscheinlich sind wir übervorsichtig. Aber die Strecke hat sich doch ganz schön gezogen, und da wir bis nach Sonnenuntergang fotografieren werden, müssten wir rund 40 Kilometer auf Gravel im Dunkeln zurückfahren. Das ist uns ehrlich gesagt nicht geheuer, und so entscheiden wir uns letztlich für Gariganus. Auf dem Weg dorthin kommen wir am Giant's Playground vorbei, der im Ticket inbegriffen ist. Wir machen einen kleinen Spaziergang dort, es ist sehr heiß, wir sind ganz allein und diese unwirkliche Landschaft gibt uns das Gefühl, fernab jeder Zivilisation zu sein.
Was natürlich nicht stimmt. Zurück bei Gariganus ist plötzlich richtig was los. Ganze Reisebusse, wo kommen die denn plötzlich her? Das Rätsel ist schnell gelüftet: Es gibt ein allabendliches Cheetah-Feeding, wir sind herzlich eingeladen, lehnen aber dankend ab. Darauf haben wir schon auf Bagatelle verzichtet, diese Fütterungsaktionen sind nicht ganz unser Ding. Wir laufen hoch zu den Köcherbäumen, und inmitten der Steine, Klippschliefer und Bäume mit ihrer goldenen Rinde ist es genauso, wie wir es uns erhofft hatten. Nur wenige andere Gäste sind da, die Reisebusse sind nach der Geparden-Fütterung wieder vom Hof gerollt.
Wir genießen diese archaische Landschaft, die Stille und Einsamkeit, viel zu früh ist die Sonne verschwunden und wir fahren die 13 Kilometer nach Keetmanshoop ohne Stress zurück.
Auf dem Weg zur Pension legen wir einen Stopp ein, Herr Gessert hat uns ein Restaurant empfohlen, es scheint das einzig akzeptable im Ort zu sein. McDonald´s Style, es gibt Burger und Pommes, für mich als Vegetarierin also nur Pommes. Ist kein Hit, macht aber satt, und am Gessertschen Tor wartet dann tatsächlich unser Tauschauto. Der Fahrer ist freundlich, aber etwas verstimmt, er hat eineinhalb Stunden auf uns gewartet. Wir erklären ihm, dass wir weder wissen konnten, wann er kommt, noch, ob er überhaupt kommt. Ist alles nicht wirklich ein Problem, der Tausch geht reibungslos über die Bühne und alle Reifen sind fast nagelneu - der Fahrt zur Fish River Lodge am nächsten Morgen dürfte also nichts im Wege stehen. Oder etwa doch...?