Tourismus in Namibia: Neustart mit Herausforderungen

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Podiumsdiskussion des Forums Deutschsprachiger Namibier (FDN) zur Lage des Tourismus in Namibia (l.n.r.): Benita Herma (FDN) im Gespräch mit Gys Joubert (Gondwana), Gitta Paetzold (HAN) und Norbert Wurm (O&L Leisure). Foto: Sven-Eric Stender

Namibia bietet, wonach sich die Welt sehnt: Weite Landschaften, intakte Natur, Sonnenschein. Das erklärten Experten der Reisebranche am Samstag in Windhoek auf einer Podiumsdiskussion zur Lage des Tourismus in Namibia. Sie zeigten sich überzeugt, dass sich der Sektor rasch von der Corona-Krise erholt. Zugleich sprachen sie Herausforderungen an.

Die Podiumsdiskussion war vom Forum Deutschsprachiger Namibier (FDN) organisiert worden. Das vor kurzem gegründete FDN versteht sich als Sprachrohr und nimmt Stellung zu Fragen der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Auf dem Podium saßen die Geschäftsführerin des Gastgewerbe-Verbandes HAN (Hospitality Association of Namibia), Gitta Paetzold, sowie die Geschäftsführer von Ohlthaver & List Leisure, Norbert Wurm, und der Gondwana Collection, Gys Joubert.

„Da sein, wenn die Krise vorbei ist“

„Unser Ziel war, die Lebensgrundlagen zu erhalten“, antwortete Norbert Wurm auf die Frage, wie O&L Leisure die Corona-Krise gemeistert habe. „Wir haben uns gesagt, es ist eine Katastrophe, aber sie wird irgendwann zuende sein. Also war für uns klar: Wir werden niemanden entlassen. Wir müssen erhalten, was wir haben, und an die Zukunft glauben. Und wir müssen da sein, wenn die Krise vorbei ist.“

Gondwana-Geschäftsführer Joubert nickte: Auch sein Unternehmen hatte den Mitarbeitern von Anfang an zugesichert, dass es keine Entlassungen wegen Corona geben werde. „Man muss sich auch vor Augen führen, dass hier in Namibia von einem Gehalt im Schnitt 18 Menschen leben.“ Zumal viele Lodges in ländlichen Gebieten liegen, wo Arbeitsplätze Mangelware sind. Gitta Paetzold räumte ein, dass manches HAN-Mitglied die Zahl seiner Mitarbeiter reduzieren musste, um zu überleben. „Dennoch haben sich auch kleine Betriebe erstaunlich krisenresistent gezeigt.“

Gute Zusammenarbeit mit der Regierung

Sehr zufrieden zeigten sich alle drei Experten mit der Regierung. Sie habe rasch erkannt, dass die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor lebenswichtig ist. Nach Lockdowns und Abschottung zu Beginn habe die Regierung das Land mit sicherer Hand durch die Krise geführt – besser als viele Regierungen anderer Länder. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, mit Impfkampagne und vehementem Vorgehen gegen Gerüchte und gestreuten Fehlinformationen. Auch sei Namibia schneller wieder für Einreisende geöffnet worden als viele andere Staaten.

Ebenfalls einig waren sich Gitta Paetzold, Norbert Wurm und Gys Joubert in der Einschätzung, dass die Krise überstanden ist. „Viele Lodges sind für die bevorstehende Hauptsaison bereits gut gebucht“, so Paetzold. Joubert wies auf positive Trends hin: „Wir bei Gondwana stellen fest, dass viele sich wieder mehr Zeit nehmen für ihren Urlaub in Namibia.“ Individuelle Angebote seien gefragt, viele suchten kleinere Unterkünfte, die von Eigentümern betrieben werden.

Zahlung in Sonnenuntergängen

Aber Namibias Reisebranche steht auch vor Herausforderungen. Wie in vielen Ländern weltweit sind Mietwagen Mangelware. Gondwana hat das Joubert zufolge bereits vor einem Jahr kommen sehen und die Lücke gefüllt – mit seinen Transfers (siehe Bericht „Entspannt Reisen in Namibia mit dem Go2-Transferservice“). HAN-Geschäftsführerin Paetzold sprach ein weiteres, ebenfalls in vielen Ländern bestehendes Problem an: Den Fachkräftemangel. Viele Reiseberater, Tourguides und Mitarbeiter im Gastgewerbe haben den Beruf gewechselt. „Qualifiziert im Service, im Umgang mit Kunden, waren sie zum Beispiel auch für Finanzinstitute attraktiv.“

Dennoch blickte das Podium geschlossen mit Zuversicht in die Zukunft. „Wir von O&L [der gesamten Unternehmensgruppe, d. Red.] haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2025 rund 10.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen“, erklärte O&L Leisure Geschäftsführer Norbert Wurm. Gitta Paetzold konzentrierte sich auf die Reisebranche: Man müsse sich mehr um den Nachwuchs bemühen, die Ausbildung verbessern, Berufsbilder im Tourismus attraktiver darstellen. „Und dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch ums Arbeitsumfeld. Wie sagte ein Teilnehmer auf unserer HAN-Jahresversammlung am Donnerstag: We get paid in sunsets.“

Das FDN hat die Podiumsdiskussion aufgezeichnet und auf YouTube als Video mit dem Titel „Job opportunities in Namibian tourism“ veröffentlicht.

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FDN-Vorstandsvorsitzender Harald Hecht eröffnet die Podiumsdiskussion des Forums Deutschsprachiger Namibier (FDN) zur Lage des Tourismus in Namibia. Foto: Sven-Eric Stender

Autor dieses Beitrags ist Sven-Eric Stender. Er stammt aus Hamburg und lebt seit 1998 in Windhoek. Seit 1986 arbeitet er als Journalist und hat sich auf die Themen Reise, Natur, Menschen und Geschichte Namibias spezialisiert. Für Fragen oder Anregungen ist er zu erreichen unter .

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https://namibiafocus.com/tourismus-in-namibia-neustart-mit-herausforderungen/