Auf Safari in die Vergangenheit

Das Cover-Foto stammt von Nicola Brandt und trägt den Titel: "Remembering Those Who Built this Line. Uakondjisa Kakuekuee Mbari spaziert auf der Eisenbahnstrecke in Swakopmund, Namibia, August, 2012"

Für Namibia-Urlauber, die sich für Geschichte interessieren, gibt es einen heißen Tipp: Das neu erschienene Buch „Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte“ von Bernd Heyl – auch erhältlich in unserem Online Store. Es lädt ein zu einer etwas anderen Safari durch Namibia. Denn gesucht wird nicht nach Elefanten oder Löwen, sondern nach Spuren der deutschen Kolonialzeit.

Richtig: Kolonialgeschichte kommt auch in den vielen anderen Reiseführern vor, die es bereits gibt. Aber nicht so umfassend, so detailliert, so anschaulich. Fast jede Seite bietet mit Farbfotos einen Blick in die Vergangenheit. Viele Zitate damals lebender Persönlichkeiten und andere Zeitdokumente erzählen Geschichten zur Geschichte. Wer mehr erfahren will, findet am Ende jedes Kapitels eine Auswahl an Büchern zum jeweiligen Thema und am Ende des Buches ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

Im ersten, allgemeinen Teil skizziert der pensionierte Pädagoge Bernd Heyl die Entwicklungen vor und während der deutschen Kolonialzeit. Dabei stellt er das Konzept des Kolonialismus vor und beschreibt, wie es in Deutsch-Südwestafrika in die Praxis umgesetzt wurde.

Der Autor Bernd Heyl organisiert und leitet seit Jahren Studienreisen nach Namibia.

Mit den 20 Kapiteln des zweiten Teils geht es dann auf Spurensuche vor Ort. Stationen sind nicht nur gängige Tourismusziele wie Windhoek, Okahandja, Swakopmund oder Lüderitz. Auch Orte jenseits der üblichen Routen wie Warmbad, Gibeon und Otjimbingwe werden kenntnisreich besucht.

Neu und anders als in den bestehenden Reiseführern ist auch der kritisch geschärfte Blick hinter die Fassade, der Geschichten würzt oder gar erst findet. Wie die vom Alten Amtsgericht in Swakopmund. Die renovierte Fassade wird gerne fotografiert: „Schau mal, deutscher Jugendstil in Afrika.“

Das Buch weist darauf hin, dass in dem Amtsgericht damals nur für Europäischstämmige Recht gesprochen wurde. Und dass Afrikanischstämmige, obwohl unter deutscher Herrschaft, nicht die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten. Damit waren sie rechtlich gesehen Ausländer in ihrer Heimat.

So wird aus dem netten Foto eine nachdenklich stimmende Geschichte und aus dem Spaziergang durch einen Ort ein intensives Erlebnis. Auch weiß man umso mehr zu schätzen, dass man als Tourist an Tankstellen, in Restaurants und Lodges von afrikanischstämmigen Namibiern freundlich begrüßt wird. Und man erkennt, dass die eigene Namibia-Reise auch dazu beiträgt, Wunden der Vergangenheit zu heilen. Durch Begegnungen auf Augenhöhe und die Tatsache, dass man Namibiern mit seinem Aufenthalt Einkommen, Ausbildung und Aufstiegschancen bietet (siehe NamibiaFocus News zu sozial bewusstem Reisen).

Bernd Heyl: Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte. Postkolonialer Reisebegleiter in die deutsche Kolonialgeschichte, Frankfurt 2021. Verlag: brandes & apsel. 282 Seiten. ISBN 978-3-95558-306-4.

Erhältlich in unserem Online Store.

Sven-Eric Stender

Original Link:

https://namibiafocus.com/auf-safari-in-die-vergangenheit/