Liebe Fomis,
zuerst einmal sorry dafür, dass der Bericht etwas schleppend voran geht. Dennoch hoffe ich, dass Ihr noch dabei seid.
Heute geht es weiter in eine unglaublich schöne Farbenwelt, an der - so denke ich - auch Namibialiebhaber ihre Freude hätten, auch wenn sich diese chilenische Farbenwelt einige Tausend Höhenmeter oberhalb befindet.
Tag 22 – Putre (Suriplaza)
Totale Einsamkeit in einer (noch unbekannten) Farbenwelt
Ich muss zugeben, dass mir der Ort Suriplaza bis zu unserem Aufenthalt in Putre nichts sagte. Den heutigen Ausflugstipp verdanken wir Flavio, dem unglaublich freundlichen Inhaber der Terrace Lodge. Er sagt uns, dass Suriplaza sein absoluter Lieblingsort hier im Norden Chiles sei. In keinem meiner Reiseführer zu Chile ist die Rede von diesem Ort - und ich besitze wahrscheinlich alle deutschsprachigen und auch einige englischsprachigen Reiseführer zu diesem Land. Erst einige Zeit nach unserer Rückkehr werde ich feststellen, dass dieser Ort den Weg in einen Reiseführer gefunden hat und ich gehe davon aus, dass es nicht der letzte sein wird.
Flavio skizziert uns auf einem weißen Blatt die Anfahrt, kein Schild wird uns den Weg weisen. Handschriftlich sind wichtige Eckpunkte auf der Zeichnung notiert und ich bitte Flavio, abends zu schauen, ob wir wieder zurück sind. Ein klein wenig habe ich Bedenken, dass wir verloren gehen oder eine Panne haben und dann in der Höhe auf uns alleine gestellt sind. Sicherheitshalber legen wir noch zusätzliche warme Kleidung in den Wagen.
Die kostbare Karte in der Hand starten wir unser kleines Abenteuer. An der Flanke der Nevados de Putre (5.825 Meter) entlang führt der erste Pistenabschnitt. Die Straße ist sehr eng, ungesichert geht es am Seitenrand hunderte Meter steil nach unten. Dieser Abschnitt ist definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst. Ich weiß nicht, ob ich diese Strecke fahren möchte, wenn Suriplaza mehr Touristen anlockt und hier dann zwangsläufig mehr Verkehr unterwegs sein wird – wohl eher nicht. So werden wir uns an diesem Tag weniger als eine Handvoll Autos, allesamt Einheimische, begegnen. Irgendwann passieren wir am Straßenrand ein Schild mit der Höhenangabe: 5.250 Meter. Dies ist zweifelsohne unser bisheriger Höhenrekord! Wir sind froh, dass wir immer viel Wert auf eine gute Höhenanpassung legen, sonst hätten wir jetzt möglicherweise wenig Freude an unserer Tour.
Wir passieren die Quebrada de Allané. Dies ist ein vielfarbiger, mehrere hundert Meter tiefer Canyon. Es ist hier schon sehr beeindruckend, aber unser heutiges Ziel trägt einen anderen Namen, nämlich Suriplaza. Suriplaza liegt nur 70 Kilometer von Putre entfernt, die Fahrt dorthin führt aber durch eine der einsamsten Gegenden, die wir bisher bereist haben. Ein einziges Mal fahren wir durch einen gottverlassen wirkenden Weiler mit wenigen Häusern. Würde nicht ein Auto neben einem der Häuser parken, würde nicht Kinderspielzeug herumliegen und eine recht neu wirkende Satellitenschüssel an einem der Häuser hängen, wir könnten nicht glauben, dass hier Menschen leben.
Dann erreichen wir Suriplaza. Ich weiß nicht, wie ich diese Gegend beschreiben soll, kein Bild wird diesem Platz gerecht, man muss es gesehen haben. Unwirkliche Farbenspiele in dieser von Erdtönen dominierten Gegend. Die Berge und der Boden leuchten regelrecht, das Ganze vor dem tiefblauen Himmel, dazu kommt dieses so besondere und einmalige Licht in dieser Höhe. Es ist einfach nur grandios. Wir sind hier mutterseelenallein und müssen aufpassen, dass wir uns auf dem sandigen Untergrund nicht festfahren und hoffen, dass unser Wagen in dieser Höhe nicht schlapp macht. Wir machen Fotos und laufen ein wenig umher. Allzu weit schaffen wir es aber nicht, die dünne Luft und die atemberaubende Szenerie tragen dazu bei. Wir sind Flavio sehr dankbar für diesen Tipp. Suriplaza ist für uns ein magischer Ort.
Zurück in Putre melden wir uns zuerst bei Flavio zurück und er freut sich, dass es uns so gut gefallen hat. Wahrscheinlich freut er sich ebenso, dass er keinen Suchtrupp nach uns losschicken muss.
Den Abend verbringen wir in einem der wenigen Restaurants in Putre, im Cantaverdi, in Gesellschaft eines sehr netten deutschen Paares, das ebenfalls in der Terrace Lodge wohnt. Wir haben viel Gesprächsstoff.