THEMA: Kenia 2022: Amboseli, Tsavo und den Kili im Blick
11 Jun 2022 11:21 #645091
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
Hallo ihr Lieben,

im Januar waren wir zum dritten Mal in Kenia. Die Tour kam ein wenig unverhofft, nachdem unsere geplante Reise über den Jahreswechsel nach Südafrika zum zweiten Mal in Folge coronabedingt ins Wasser fiel. Wohin stattdessen? Diese Frage ließ sich inmitten der nächsten Pandemie-Welle nicht leicht beantworten. Und doch kamen wir schnell auf die Lösung, denn Kenia ließ uns nicht nur rein, sondern erschien uns auch so kurz nach dem letzten Besuch im September 2021 erneut attraktiv.





Die Buchungslage war aufgrund der Corona-Situation einigermaßen entspannt und wir wollten wieder so reisen, wie wir das in Ostafrika stets tun: mit einem eigenen Driver-Guide. Es war unausgesprochen glasklar, dass wir bei der Agentur unseres Vertrauens Livingstone anfragen würden, mit dem wir im September so eine tolle Zeit gehabt hatten. Als wir ihn tatsächlich bekamen, war der Trip eigentlich schon gelungen, bevor er überhaupt losgegangen war.

Frühstück mit Livingstone im Tsavo West


Blieb nur noch die Frage, wohin nach Kenia wir eigentlich genau wollten. Einige Wochen zuvor hatten wir mit Livingstone schon einmal aus Neugier über andere Parks und ihre Vorzüge gesprochen, und so kristallisierte sich ziemlich schnell eine Runde im Süden des Landes heraus, wo wir noch nie gewesen waren.



Zu Beginn überlegte ich noch, irgendwie die Mara in die Route hinein zu quetschen, verwarfen diese Idee aber schließlich aus unterschiedlichen Gründen. Nicht nur würde das Wetter in dieser Jahreszeit südlich von Nairobi stabiler sein, auch fanden wir keine wirklich zufriedenstellende Lösung, die Mara sinnstiftend mit in die Tour einzubinden. Ohnehin war und bin ich der Meinung, dass sie eine eigene Reise wert ist mit viel Zeit am Ort - also mehr oder minder "Mara only". Und so ließen wir diesmal die Finger davon.

Gesetzt waren für mich der Amboseli-Nationalpark, von dem ich mir vor allem einen schönen Blick auf den Kilimanjaro erhoffte, und der Tsavo East mit den "roten Elefanten".







Die Agentur riet uns noch zum Tsavo West, den ich zunächst verworfen hatte, weil Tiere dort nur schwer zu entdecken sein sollen, und zur Lumo Conservancy. Da wir ohnehin froh waren, überhaupt reisen zu können und diese Tour als "Corona-Joker" empfanden, fackelten wir nicht lang und ließen uns einfach darauf ein.





Am Ende kam dieser Rundtrip heraus, bei dem wir die Tage einfach kurzerhand gerecht auf die jeweiligen Stopps verteilten:



6.1.2022: Four Points By Sheraton, Nairobi
7. - 10.1. Kibo Safari Camp, Amboseli
10. - 13.1. Severin Safari Camp, Tsavo West
13. - 16.1. Lions Bluff Lodge, Lumo Conservancy
16. - 19.1. Satao Camp, Tsavo Ost





Ich freue mich sehr, falls ihr uns auf unserem virtuellen Trip begleiten möchtet. Die Sonne ist wie immer aktiviert, solltet ihr ohne Kommentare lesen wollen.

Schon bald geht es dann so richtig los.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Betti

Letzte Änderung: 14 Jun 2022 00:46 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, tina76, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, marimari, picco, BMW und weitere 18
14 Jun 2022 19:11 #645274
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
6./7.1. Von Hamburg ins Reich der Elefanten

Ich habe bei der Partnerwahl gut aufgepasst und mit Thomas jemanden an meiner Seite, der mir Behördenkram so gut es eben geht vom Leib hält. Dafür bin ich ihm nicht nur sehr dankbar, es ist auch definitiv besser für alle Beteiligten. Geduld ist nicht gerade meine Stärke. Ich weiß also nicht mehr genau, wann, wo und wie wir irgendwelche Papiere befüllen und hochladen mussten, erinnere mich aber noch gut an den etwas chaotisch ablaufenden und dadurch tendenziell langwierigen PCR-Test am Vortag unserer Abreise. Am Ende zählen aber ohnehin nur die Ergebnisse, und die lauten beide negativ.

Zum ersten Mal in meinem Leben fliege ich Business, die Investition vieler angesammelter Meilen lohnt sich schon allein deshalb, weil deutlich mehr Platz zwischen uns und den nächsten Passagieren ist. In Corona-Zeiten ein nicht zu verachtender Vorteil. Aber auch sonst. Um es kurz zu machen: Einmal so geflogen, möchte ich eigentlich nichts anderes mehr; werde allerdings auf diesen nicht gerade erschwinglichen Luxus aus monetären Gründen weitgehend verzichten müssen. Festzuhalten bleibt: Noch nie ging es mir im Flieger so gut. Einfach herrlich, die Beine komplett hochlegen und wie in einem Bett schlafen zu können.



Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in unserer ersten Nacht in Kenia gedanklich sämtliche Schäfchen Norddeutschlands zählen muss, bis ich endlich mühsam ins Reich der Träume gleite. Dabei hat bis dato alles geklappt wie am Schnürchen. Die Lufthansa bringt uns nicht nur komfortabel, sondern auch sicher ans Ziel, in Nairobi bekommen wir schnell unser Gepäck und werden ebenso zügig vom wartenden Agentur-Mitarbeiter im Hotel abgeliefert, das nur um die Ecke und noch auf dem Gelände des Airports liegt. Das haben wir schon beim letzten Mal sehr zu schätzen gewusst, denn nach der ohnehin späten Ankunft gegen 21.15 Uhr sind wir froh, schon um kurz nach 22 Uhr im Hotel zu sein. Ankommen und abschalten. Was mir allerdings nicht recht gelingen will.

Vielleicht ist auch nur die Vorfreude so groß. Geschadet hat mir der Schlafmangel jedenfalls nicht, als wir am Morgen zum frühen (und guten) Frühstück hinuntergehen. Die Euphorie steigt weiter, als wir wie verabredet um 7.30 Uhr das Hotel verlassen. Vor der Tür wartet schon Livingstone - ein vertrauter Anblick, und die Wiedersehensfreude ist riesig. Auch der Toyota Landcruiser ist derselbe wie beim letzten Mal, mitsamt der Bohnensäckchen, von denen weiterhin eins fehlt. Wir hatten es im September in der Mara verloren. Dafür wurde der Haltegriff unter dem Dach ersetzt, den ich trotz meiner nicht gerade übermäßig robusten Konstitution bei einer Flussdurchquerung zerbrochen hatte.

Diese flüchtige Bestandsaufnahme dauert gerade einmal wenige Sekunden, alles vertrautes Terrain, kein großes Palaver, es kann losgehen.

Rund 300 Kilometer sind es bis zum Amboseli, wir kommen gut voran auf perfekter Asphaltstraße und je weiter wir uns von Nairobi entfernen, desto spärlicher wird der Verkehr. Die Zeit verfliegt während der Fahrt, wir haben uns einiges zu erzählen und sind einfach nur froh, wieder unterwegs zu sein.



Mittags fahren wir durch das Iremito Gate hinein und durchqueren den Park auf dem Weg zu unserer Unterkunft, die direkt hinter dem Kimana Gate weiter südöstlich liegt. Der erste Eindruck: plattes, weites Land, die Vielfalt dieser Landschaft wird sich uns erst viel später erschließen.

"Amboseli" ist ein Wort der Massai und bedeutet "Salzstaub". Tatsächlich wirbelt der Wind unentwegt weiße Staubwolken auf und treibt sie vor sich her, mit Tüchern und Jacken versuchen wir bei geöffnetem Hubdach unsere Kameras zu schützen - eine Sisyphusarbeit. Dank einiger ergiebiger Regenfälle während der kleinen Regenzeit ist es aber auch vielerorts richtig grün, und Livingstone freut sich sehr über den ungewohnten Anblick.







Ein anderer Blick bleibt uns verwehrt. Ich halte angestrengt Ausschau nach dem Kilimanjaro, doch er hüllt sich in dichte Wolken. Wir hoffen, dass wir irgendwann Glück haben und den schneebedeckten Gipfel des legendären Kibo zu Gesicht bekommen werden. Die Jahreszeit soll angeblich günstig dafür sein und wir haben extra ein paar Tage Zeit mitgebracht. Livingstone vertröstet uns auf den Abend und den frühen Morgen. Dann stehen die Chancen am Besten.

Am Ende eines staubigen Weges biegen wir ab, nur noch ein lichter Akazienwald trennt uns von den Hängen des Kilimanjaro, den wir in der Ferne erahnen können. Der Amboseli ist indes nicht nur wegen des Kili, sondern auch wegen seiner großen Elefantenherden berühmt, und gleich zum Auftakt macht er seinem Ruf alle Ehre.





Mich beeindrucken besonders die langen, aber auch eleganten Stoßzähne der grauen Riesen.



Wir sind auf Anhieb im Safarimodus und würden am liebsten gleich weitermachen, doch Livingstone tritt sanft, aber bestimmt die Euphoriebremse: erst einmal einchecken, Mittag essen und später kommen wir wieder.



Wir rollen durch das Kimana Gate aus dem Park, biegen direkt wieder rechts ab und sind nach fünf Minuten auf einer unglaublichen Holperpiste beim Kibo Safari Camp angekommen, das direkt am Rand des Nationalparks liegt.

Es gibt sicher schickere und auch intimere Unterkünfte als diese. Doch es gefällt uns in diesem Camp, das seine Größe gut zu kaschieren weiß und mit seinem vielen Grün sehr naturnah wirkt.





Unsere Unterkunft, ein festes Zelt mit eigenem Bad im Anbau, liegt zentral und dennoch sehr ruhig am Ende eines Weges und ist nicht nur geräumig, sondern auch tipp topp in Schuss. Sehr zu schätzen wissen wir zudem den riesigen Wasserspender auf dem Schreibtisch, an dem auch wir unsere Wasserflaschen für unterwegs füllen. Sehr praktisch.

Vor allem die vielen Vögel und ihr unentwegtes Konzert haben es uns angetan und nach einem schnellen Mittagessen im Open-Air-Restaurant gehen wir direkt auf die Pirsch. Der Pool sieht verlockend aus, doch nutzen werden wir ihn nicht. Irgendwie kommen wir immer zu nix auf Safari B) .







Gegen 16 Uhr rumpeln wir über die löchrige Zufahrtsstraße die kurze Strecke zum Gate und freuen uns wie die Kinder auf den ersten richtigen Gamedrive. Ein Gefühl, dass sich das offenbar nie abnutzt. Sehr weit fahren müssen wir nicht. Schon kommen uns riesige Elefantenherden entgegen.







Eine Gruppe nach der anderen zieht an uns vorbei, manchmal regelrecht auf Tuchfühlung und dabei völlig entspannt: Die Elefanten im Amboseli sind nicht bejagt worden und kennen keine Scheu.





Wir sind ganz erschlagen von den Massen, die durch die weite Steppenlandschaft von Weitem sichtbar auf uns zurollen, eine Herde folgt auf die andere. Ein Schauspiel, das sich täglich wiederholt: Morgens ziehen die Tiere von den Hängen des Kilimanjaro und aus umliegenden Gebieten zu den Sümpfen im Amboseli, abends geht es retour.





Was für ein Schauspiel! Das immer besser wird, als sich dann auch noch der Kibo zeigt. Livingszone macht uns darauf aufmerksam, wir hätten es im Elefantenrausch doch glatt verpasst.



Beinahe kommen sich die mächtigen Tiere mit Löwen ins Gehege, die sich aus dem hohen Gras schälen und direkt an der Elefantenautobahn häuslich niederlassen. Fast schon eine Provokation.







Doch die Elis gehen ihr souverän aus dem Weg.



Während sich die Jungtiere Scharmützel mit den Elefanten liefern, geht es bei den Erwachsenen gleich um die Ecke gelassen zu.





Zwei Löwenkater genießen die Abendsonne, trinken zwischendurch aus dem Wassergraben direkt vor unserem Auto und sind einfach herrlich anzusehen in der grandiosen Kulisse des Kilimanjaro.









Als der sich langsam wieder in Wolken hüllt, müssen auch wir verschwinden. Am Gate geht es streng zu. Gerade noch rechtzeitig schaffen wir es heraus, in Hochstimmung nach diesen ersten tollen und auch etwas unverhofften Erlebnissen.





Nach einer Pizza aus dem Steinofen falle ich wie ein Stein ins Bett, eine Hyäne singt mich in den Schlaf. Die norddeutschen Schäfchen können mir gestohlen bleiben. Zumindest für den Moment.
Letzte Änderung: 15 Jun 2022 07:12 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, tina76, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, picco, THBiker, KarstenB, Esmeralda68 und weitere 10
17 Jun 2022 16:42 #645394
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
8.1., Teil I: Ein Morgen in pink

Es ist mild, windstill und noch stockdunkel, als wir am frühen Morgen durch die Stille des Camps erst zur Kaffee- und Teestation und dann zum Auto gehen. Livingstone ist schon da, verlässlich wie ein Uhrwerk, und auch wir werden uns in den nächsten beiden Wochen nicht einmal verspäten. Immer wieder bin ich erstaunt, wie wenig mich das frühe Aufstehen in Afrika stört. Die Vorfreude auf das, was kommen könnte, ist einfach größer als jede Müdigkeit.

Der holprige Weg zum Kimana Gate ist kurz, die Formalitäten für die nächsten Tage sind bereits erledigt. Bei Sonnenaufgang sind wir im Park - und staunen nicht schlecht. Da ist er ja, der Kilimanjaro!



Auch die Elefanten sind bereits von ihren Nachtquartieren außerhalb des Parks zurückgekehrt, aber noch nicht weit gekommen. Wir wissen es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber das Ritual wiederholt sich täglich: Morgens durchstreifen die Elefanten auf dem Weg in die Sümpfe, wo sie den Tag verbringen, den lichten Akazienwald, fressen, baden im Staub und stehen dabei teilweise direkt am Pistenrand, bevor sie über die weiten Ebenen zu den Feuchtgebieten weiterziehen. Und am Abend läuft das Ganze dann umgekehrt.



Auch eine große Büffelherde kreuzt unseren Weg und beäugt uns neugierig durch eine Wand aus Staub, den sie reichlich aufgewirbelt hat. Überhaupt ist der helle Salzstaub omnipräsent und setzt den Kameras ordentlich zu. Wie muss es erst in der Trockenzeit sein? Wir kommen mit dem Wischen, Pusten und Putzen kaum mehr hinterher.





Die Kameras jedes Mal in den Taschen zu verstauen, ist keine wirkliche Option, denn die Motive sind reichlich. Wir behelfen uns mit dichten Tüchern, die wir regelmäßig ausschlagen, und reinigen Kameras wie Objektive mittags und abends gründlich. So geht es zumindest einigermaßen.



Unter den Elefantenherden ist immer auch Nachwuchs in allen Größenordnungen dabei, und ein übermütiges Baby beweist echte Entertainer-Qualitäten. Der Kleine ist einfach nicht zu bändigen, flitzt von rechts nach links und behelligt immer wieder sein älteres Geschwister, das offenbar die Aufsicht über das Energiebündel führen soll. Nicht gerade eine leichte Aufgabe!









Was für ein Quatschmacher, wir werden ihn noch einmal wiedersehen.



Als wir auf der Hauptpiste parallel zum Kilimanjaro weiterrollen, nähert sich aus der Ferne ein gelber Punkt. Vielleicht einer der Löwen vom Vorabend? Wir halten an und zücken die Ferngläser. Die Cheetah hält direkt auf uns zu und läuft dann in aller Seelenruhe am Auto vorbei. Dass es nicht ganz leicht sein soll, im Amboseli Katzen zu entdecken, hat sich bislang nicht bestätigt.





Wir freuen uns über den Gepard, folgen ihm aber nicht. Der Bauch ist kugelrund und die Katze wohl auf der Suche nach einem schattigen Platz für ein ausgiebiges Verdauungsschläfchen. Da wollen wir nicht stören.



Weiter ins Zentrum des Schutzgebiets ändert sich die Szenerie. Mehr Grün, mehr Feuchtigkeit in dicht bewachsenen Sumpfgebieten und überall auf den satten Wiesen hübsche Kronenkraniche.





Wir sind begeistert von der Vielseitigkeit der Landschaft mit ihren knorrigen Akazien, den Bergen im Hintergrund, den weiten Savannen, dem grünen Sumpfland und den Seen, die sich nun vor uns erstrecken. Sie sind durchsetzt mit Pink. Flamingos!









Ich wusste, wir würden sie wohl sehen, aber ihre Anzahl überrascht uns. Livingstone will eigentlich zum Airstrip, wo wir zum Frühstücken aussteigen dürfen, ändert aber spontan den Plan, als er unsere Begeisterung spürt. Wir umrunden den Seen, der vor allem durch ergiebige Regenfälle einige Wochen zuvor entstanden ist, und lassen uns Zeit dabei. Der Anblick ist einfach zu schön.









Als wir gegen 10 Uhr am Airstrip ankommen, haben wir nicht nur einen Bärenhunger, sondern sind auch randvoll mit tollen Eindrücken.

Hinten links im Bild der kleine Flugplatz. Dort darf man halten und aussteigen.


Die muss ich erst mal sacken lassen. Ich hatte kaum Erwartungen an den Amboseli und kann schon jetzt nicht mehr nachvollziehen, warum. Wahrscheinlich hatte ich mit ein wenig Eintönigkeit gerechnet. Das Gegenteil ist der Fall.





Wir plündern die gut gefüllten Boxen, die uns das Camp mitgegeben hat, und frühstücken mit Blick auf den Kilimanjaro. Was für ein Leben! Ich habe erst Hemmungen, den Rangern unsere reichlichen Überbleibsel in die Hand zu drücken, doch sie freuen sich aufrichtig. Der Magen ist gut gefüllt, der Kopf sortiert - es kann weitergehen.

Teil II folgt.

Letzte Änderung: 17 Jun 2022 16:46 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: tina76, Francismaus, tigris, casimodo, Fluchtmann, Sabine26, picco, KarstenB, Esmeralda68, loeffel und weitere 10
19 Jun 2022 16:05 #645511
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
8.1., Teil II: "Die Landschaft, die Landschaft!"

Im Amboseli gelingt uns, was auf Safari nicht immer zu unseren Stärken zählt: Wir sind außergewöhnlich entspannt. Wohl aus mehreren Gründen: Wir hatten diesen Trip notgedrungen kurzfristig gebucht, und waren froh, überhaupt nach Afrika reisen zu können. Zudem rechneten wir aus gutem Grund nicht annähernd mit den spektakulären Sichtungen, die in der Mara schon fast zur Tagesordnung gehören. Die Wege dürfen ohnehin nicht verlassen werden, und so schaukeln wir nach dem Frühstück in aller Seelenruhe durch die wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft, von der wir wussten, dass sie auf dieser Reise eine zentrale Rolle spielen würde.





"Guck doch mal, die Landschaft, die Landschaft", sage ich immer wieder begeistert zu Thomas und gehe ihm damit wahrscheinlich gehörig auf die Nerven, denn natürlich guckt er sowieso. Man wird sich ja noch freuen dürfen... Thomas rollt mit den Augen und Livingstone sagt augenzwinkernd "Oh my God!" Alles wie gehabt, und das ist ganz wunderbar.







Nur selten begegnen uns andere Autos. Der Blick ist weit, die Idylle perfekt. Nicht immer ist es möglich, nah an die Tiere heranzukommen. Beobachten können wir sie dennoch gut und tun das mit dem Zeitpolster von drei Nächten im Amboseli ausgiebig und ohne Hatz.







Tiere gibt es viele und überall zu sehen, was wohl der sattgrünen Savanne und somit reichlich Futter geschuldet ist.



Sie wirken sehr relaxt - zumindest, wenn was den Umgang mit Menschen betrifft.







Gegen Mittag wird es heiß. Wir rollen über die gut gewarteten Wege langsam in Richtung Camp zurück...





...und schlucken auf der kurzen Holperpiste ordentlich Staub.



Das zwar mengenmäßig reichhaltige Buffet im riesigen Open-Air-Speiseraum ist auf Kantinenniveau und nicht ganz unser Ding. Aber Spaghetti mit Tomatensauce (und viel Chili) gehen ja immer, in meinem Fall und an diesem Ort sogar bei drei Mittagessen in Folge.

Aus dem geplanten Power-Nap wird im Anschluss auch deshalb nichts, weil Familie Baumhopf ihren Nachwuchs in den benachbarten Bäumen aufzieht. Die Jungvögel veranstalten ein Heidenspektakel, was uns natürlich nicht stört, aber aus dem Bett scheucht. Im Garten ist es sowieso viel schöner und auch wunderbar friedlich.





Wir gehen einmal über die komplette Anlage, die gigantisch groß ist, aber nicht unbedingt so wirkt. Zu den Unterkünften zählen auch Selfcatering-Zelte, die mit großem Abstand in der Reihe vor uns liegen. Wir hatten auch mit dem exklusiveren Tortilis Camp innerhalb des Parks geliebäugelt, uns dann aber aus Kostengründen dagegen entschieden. Unser sauer verdientes Geld haben wir später an anderer Stelle gelassen...





Maikäfer in love?!




Am Nachmittag biegt Livingstone im Park von der Hauptpiste nordwärts ab, einige der riesigen Elefantenherden sind schon wieder auf dem Rückweg von den Sümpfen.







Wir entdecken ein Löwenrudel (ein anderes als am Vortag), das im Schatten hoher Gräser schlummert. Hier tut sich nichts, auch nicht nach 20 Minuten, und wir fahren weiter. Eine gute Entscheidung. Denn eine Stichstraße, die einst ein Rundweg war, nun aber auf der zweiten Hälfte im Morast versunken ist, führt nah ran an einen der vielen Tümpel.





Wo Wasser ist, ist Leben. Wir beobachten Vögel und Hippos, die Stille wird nur vom Schnauben der Nilpferde unterbrochen. Das ist ein Platz ganz nach unserem Geschmack, und wir bleiben einfach da.







Die Hitze des Tages lässt nach, als die Sonne immer tiefer sinkt. Nur mit Mühe durchbricht sie die Wolken am Kilimanjaro und taucht die Landschaft in ein mystisches Licht.



An der Gabelung, wo sich am Vorabend die Wege der jungen Löwen und der Elefanten gekreuzt hatten, stehen einige Autos. Am Morgen waren die Löwen nicht dort gewesen oder zumindest nicht sichtbar. Livingstone hatte aber schon vermutet, dass sie irgendwo im hohen Gras versteckt sein könnten, denn wir hatten eine Familie Warzenschweine beobachtet, die sich dort hineingewagt und im sprichwörtlichen Schweinsgalopp wieder herausgerannt war.



Im Laufe des Vormittags hat sich dann offenbar ein unvorsichtiges Zebra der bewussten Stelle genähert und dabei sein Leben gelassen. Der Kadaver ist schon ziemlich abgenagt und liegt weit entfernt im Gras. Die Katzen pendeln nun zwischen ihrer Beute und einem Wasserloch, das zuvor die ziehenden Elefanten mit Beschlag belegt hatten. Nachdem der Strom der Dickhäuter abgeebbt ist, schlägt nun die Stunde der Löwen.



Allerdings auch unsere. Wir sind spät dran, schaffen es aber gerade wieder mit Sonnenuntergang durchs Tor. Im Restaurant trotzt der nette junge Pizzabäcker der Gluthitze des Steinofens und zaubert uns erneut unsere Wunschpizzen. Sie sind ein echter kulinarischer Höhepunkt und genau richtig nach einem langen Safaritag. Schon jetzt freuen wir uns auf den nächsten.
Letzte Änderung: 21 Jun 2022 10:34 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, tina76, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, bayern schorsch, picco, KarstenB und weitere 15
23 Jun 2022 21:24 #645794
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
9.1. Ein Tag für die Augen und die Seele

Die Elefanten sind im Amboseli verlässlich wie eine Schweizer Uhr. Wir allerdings auch. Kaum sind wir am nächsten Morgen zur selben Zeit wie am Vortag in den Park gefahren, treffen wir die ersten Giganten am Wegesrand. Als hätten sie auf uns gewartet.



Das finde ich sehr nett und bedanke mich artig bei einem der sanften Riesen. Den das natürlich nicht die Bohne interessiert. Er mampft weiter vor sich hin, vollkommen unbeeindruckt von unserer Anwesenheit. Die Elefanten im Amboseli sind wirklich absolut entspannt.



Auch der Kilimanjaro ist in Präsentierlaune. Und was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Er bleibt es auch. Die ganzen nächsten Tage. Eine traumhafte Kulisse.





Nicht nur die morgendlichen Rituale der Elefanten wiederholen sich. Es ist sogar dieselbe Gruppe wie am Vortag.

Fertigmachen zum Staubbad!


Den kleinen Frechdachs erkennen wir sofort. Diesmal ärgert er (noch) nicht seine älteren Geschwister, sondern büxt einfach aus. Die erwachsenen Tiere, die sich am Straßenrand versammeln, bevor sie gemeinsam weiterziehen, gucken etwas konsterniert. Aber da ist er längst über die Piste geflitzt. Guckt nicht nach rechts und nicht nach links. Aber er hat hier ja auch Vorfahrt...



Wir fahren tiefer in den Park hinein. Überall Sümpfe und Flamingos. Und Wasser. Ein herrlicher Anblick.





Bis auf die Ruinen zweier Lodges. Die sind im Wasser versunken und stören, verschandeln aus fast allen Blickwinkeln und sogar großer Entfernung die Landschaft. Die Gemäuer gammeln vor sich hin und niemand schert es. Schön ist das nicht. Noch nicht mal mit Flamingos.



Nur eine der ursprünglich drei Lodges auf diesem Gelände existiert noch. In den vergangenen Jahren ist der Wasserpegel im Amboseli massiv gestiegen, Erosion durch Überweidung im Umland soll einer der Gründe sein. Weil auch die Gletscher des Kilimanjaro zusehends abschmelzen und für mehr Regen sorgen, wird der Amboseli sein Gesicht wohl weiter verändern. Ob der Lake Amboseli, der ein Drittel der Fläche einnimmt, überhaupt noch wie in der Vergangenheit austrocknet, weiß ich nicht. Aber insgesamt wird das Gebiet feuchter.

Auch ein Teil des benachbarten Wäldchens, um das sich die drei Lodges einst gruppierten, versinkt zusehends im Sumpf.





Hier tummeln sich die Affen und machen keinerlei Anstalten, den Weg für uns zu räumen. Dann eben nicht. Wir stellen den Motor ab. Und warten ab.



Das soll sich lohnen. Denn die Affenbande ist aufgeregt. Nicht wegen uns. Sondern wegen eines kleinen Babys. Es gibt ein richtiges Gezerre darum. Die Mutter des Äffchens, so erklärt Livingstone, müsse im Rang hoch stehen. Was für mich nach Kindesentführung aussieht, ist also Bewunderung. Jeder will es haben, jeder will es halten.



Dem Kleinen ist das gar nicht recht. Er hat anderes im Sinn. Schließlich geht eins der älteren Kinder gerade in die Kletterschule, und da möchte er doch auch so gern... Doch während der große Kleine etwas wackelig herumturnt, schafft es der kleine Kleine noch einmal auf den dicken Ast.

Ich nenne ihn Forrest Gump, wie er da so auf dem Boden hockt mit seinen Segelohren und dem schief gehaltenen Kopf.



Sein Idol genießt unterdessen die Aufmerksamkeit, liefert eine immer bessere Klettershow - und guckt Beifall heischend zu uns herüber. Da bin ich fast sicher...



Auch die Erwachsenen sind ganz bei der Sache. Und sorgen dafür, dass kein Unfall passiert. Einer der Affen hat sich hinten auf den Ast gesetzt, damit er nicht wie eine Wippe nach vorne kippt. Ganz schön schlau!



Nach 40 Minuten fahren wir weiter, verlassen die unterhaltsamen Paviane und auch die Meerkatzen, die ebenfalls süßen Nachwuchs haben.

Meerkätzchen mit Sturmfrisur




Dann geht es über einen langen Damm zum Lake Amboseli.



"Die Landschaft, die Landschaft", da ist sie schon wieder!



Für Vogelfreunde ist der Damm ein Paradies.





Überall Wasservögel, manchmal ganz nah und ohne Scheu. Wir kommen kaum vom Fleck. Am Lake Amboseli waten Elefanten durchs Wasser und plantschen, wenn auch weit weg. Wäre ich ein Tier, wäre ich ein Elefant. Und lebte hier.





Auf dem Rückweg dann wieder Flamingos. So ein schöner Park!

Im Hintergrund der Observation Hill. Man kann über Treppen zum Aussichtspunkt hochlaufen und dort mit Blick über die Seenlandschaft picknicken.


Auf dem Rückweg flirrt die Luft. So viel gesehen, so viele Eindrücke, wir freuen uns auf die Pause im Camp.









Beim Mittagessen sitzen diesmal auch größere Gruppen. Sie stören uns nicht. Man kann sich gut aus dem Weg gehen. Im Garten ist es ruhig, und auch in unserem Zelt fast am Ende des Ganges. Ich nicke ein, aber nur ein bisschen.





Die Lust auf Game Drives vergeht uns wohl nie. Auch nicht an diesem Nachmittag. Aber wir lassen es langsam angehen. Natürlich wie immer mit Elefanten.







Thicknee mit Nachwuchs, gut getarnt


Die Vögel umschwirren uns. Die Hippos grunzen und feiern das Leben. Und wir feiern mit.





Letzte Änderung: 23 Jun 2022 21:35 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, tina76, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, bayern schorsch, picco, KarstenB und weitere 10
28 Jun 2022 19:33 #646120
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8130
  • Beatnick am 11 Jun 2022 11:21
  • Beatnicks Avatar
10.1., morgens: Abschied vom Amboseli

Eine Stunde länger können wir an diesem Tag schlafen, an dem wir vom Amboseli zu unserer nächsten Station weiterreisen. Ein Luxus, den wir zwar genießen, aber auch nicht richtig zu nutzen wissen. Allzu sehr sind wir schon im Safarimodus. Um kurz nach Fünf werden wir auch ohne nervigen Wecker wach; drehen uns noch einmal kurz um, duschen, packen unsere Siebensachen und werden angesichts der vergleichsweise späten Stunde mit einem ungewohnten Anblick direkt von unserem Zelt aus überrascht: der Kili im Morgenrot. Bislang war uns diese Farbenpracht schon allein deswegen entgangen, weil wir um die Uhrzeit längst unterwegs gewesen waren.



Wir frühstücken das einzige Mal im Camp, mit Blick auf den Kilimanjaro, da schmecken die Eier gleich doppelt so gut. So ein entspannter Morgen ist mal schön, auch wenn wir nicht gerade trödeln. Schließlich wollen wir noch einmal in den Amboseli. Wir packen die Taschen ins Auto, rumpeln ein letztes Mal über die Holperpiste und durchs Gate. Alles wirkt schon so vertraut.





Wir bleiben aus Zeitgründen im Osten des Parks, wo sich morgens die Elefanten tummeln und man ihnen richtig nahe kommt. Mit diesem Schmusekurs ist es dann ab mittags im Tsavo West vorbei, aber das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht...





Nur wenige Autos sind unterwegs, wahrscheinlich sind sie schon längst viel weiter auf ihrer Tour durch den Amboseli. Das ist schön für uns, so haben wir die Dickhäuter ganz für uns.



Der schneebedeckte Kibo ist omnipräsent wie das gesamte Kilimanjaro-Massiv, wir können uns kaum sattsehen und freuen uns über die vielen verschiedenen Tiere, die vor der malerischen Kulisse posieren. Sie wissen wohl gar nicht, wie schön ihre Wohnzimmertapete ist und nehmen sie für selbstverständlich.







Livingstone blickt auf die Uhr. Na gut, noch ein letzter Abstecher zum Sumpf. Wir treffen eine kleine Wasserschildkröte auf Wanderschaft und jede Menge Vögel. Und wie schon den ganzen Morgen strahlt der Kilimanjaro im Hintergrund.









Gegen zehn Uhr ist es Zeit. Ein letztes Elefanten-Crossing, ein letzter Blick zurück, dann fahren wir aus dem Kimana Gate heraus und auf einer roten, lehmigen Piste ostwärts. Neuen Abenteuern entgegen.

Letzte Änderung: 29 Jun 2022 06:54 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, tina76, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, picco, THBiker, KarstenB und weitere 13
Powered by Kunena Forum