THEMA: Kenia 2021: Die Entdeckung der Langsamkeit
23 Jan 2022 15:10 #635345
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Jambo ihr Lieben,

gerade zurück mit neuen Erfahrungen und Impressionen vom schönen Kenia...



...geht es hier aber erstmal mit der Mara weiter. Videos sind nun echt nicht unsere Kernkompetenz, aber dieses gibt vielleicht dennoch einen Eindruck, was wir unter anderem im September erlebt haben. Leicht zu erraten sicher auch, welche kleinen Familie unser Herz ganz besonders erobert hat...



Liebe Grüße und einen schönen Restsonntag,
Betti
Letzte Änderung: 23 Jan 2022 15:13 von Beatnick.
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25 Jan 2022 21:03 #635527
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20. September: Katzenmorgen in der Mara

Als wir an unserem ersten Morgen im Malaika Camp noch im Dunkeln durch den Reißverschluss unseres Zeltes schlüpfen, werden wir schon erwartet. Der Masai, der in der Nacht mit seinem eindrucksvollen Speer Wache gehalten hat, begleitet uns zum Hauptzelt, dem morgendlichen Treffpunkt mitsamt der zu früher Stunde vor allem für Thomas existenziell wichtigen Kaffeestation.



Dem nächtlichen Eindringling, der sich hier zu schaffen gemacht hat, konnte der freundliche Krieger aber offenbar nicht Einhalt gebieten. Jedenfalls hat eins der Hippos, die nachts den Mara River verlassen und sich hörbar das satte Grün im Camp einverleiben, den Teppichläufer als gemütliches Terrain für sein Verdauungsschläfchen erkoren und wie zum Beweis seine Hinterlassenschaften auf dem Boden verteilt. Erst kurz vor unserem Erscheinen hat der schwergewichtige Einbrecher den Tatort geräumt und liegt nun sicher wieder zufrieden, satt und ordentlich ausgeschlafen faulenzend im Fluss. Die Heißgetränke kommen daher an diesem Tag leicht verspätet, aber immer noch rechtzeitig genug, dass wir einen wunderbaren Sonnenaufgang direkt an der Zufahrt zum Camp erleben.





Mal abgesehen von schmatzenden (und rülpsenden :pinch:) Flusspferden hatten sich beim nächtlichen Buschkonzert Hyänen hervorgetan, und einige Vertreter finden wir nicht allzu weit von unserer Herberge entfernt bei einem zweifelhaften Frühstück, das mir zunächst einmal jeden Appetit verdirbt. Der Kadaver ist schon im Gammelmodus und hinterlässt ein leicht flaues Gefühl in meinem noch leeren Magen.



Auch ein Löwenrudel war nicht untätig und hat in der Nacht ein Zebra gerissen.





Viel ist schon nicht mehr dran an den Knochen, das Rudel ist nicht gerade klein und alle Bäuche sind kugelrund.



Manch einer will dennoch nicht von dem fast schon geplünderten Schatz lassen.



Wir rollen weiter durch eine Landschaft, in der ich mich auch beim zweiten Besuch kaum zurechtfinde. Muss ich aber ja auch nicht, denn zum Glück kennt Livingstone jeden Stein und bleibt mit uns an allen Tagen fast ausschließlich in dem Gebiet, das für die mir so verhassten Minibusse unerreichbar ist.





Livingstone nutzt kaum einmal den Funk, verlässt sich ausschließlich auf die Aussagen ihm vertrauter Guides und hat ohnehin den Ehrgeiz, die Tiere selbst zu finden. Zu sehen gibt es eigentlich immer was, und wir genießen es, durch die offene Landschaft zu cruisen. Nie wissend, was möglicherweise hinter dem nächsten Busch oder dem nächsten Baum auf uns wartet.





Natürlich geben sich auch in der Mara Löwen und Leoparden nicht die sprichwörtliche Klinke in die Hand. Doch sie ist fraglos ein Katzen-Eldorado - und wird diesem Ruf auch an unserem ersten vollen Tag wieder gerecht.



Den Löwen vom frühen Morgen folgt eine Geparden-Familie. Eine Mutter mit drei Teenager-Kids.







Die Youngster sind eine wilde Bande, toben herum und strotzen vor Energie.







Zum ersten Mal auf dieser Reise kommen einige Autos zusammen, doch sie verteilen sich gut, behindern sich nicht gegenseitig und vor allem nicht die Tiere. Das haben wir leider schon anders erlebt und werden das auch wieder.







Rund eine halbe Stunde verbringen wir mit der Familie, bis sie sich schließlich unter einen Baum legt.



Überhaupt verziehen sich die Katzen nun in den Schatten. Es wird ein heißer Tag, das Wasser von den Regenfällen zwei Tage zuvor trocknet zusehends ab.



Einige Mulden und Tümpel haben sich aber so weit und andauernd mit Wasser gefüllt, dass kleine Feuchtbiotope entstehen. Die ersten Siedler haben sich bereits eingefunden.







Bei uns ist Frühstückszeit, und wir suchen uns einen schönen Baum, unter dem wir picknicken können. Allerdings nicht diesen,...



...denn der ist schon besetzt von einem Bateleur, dem für mich schönsten aller Adler. Da wollen wir lieber nicht stören.

Letzte Änderung: 25 Jan 2022 22:00 von Beatnick.
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28 Jan 2022 09:44 #635749
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20. September: Aus Fünf mach Vier

In der Masai Mara leben die Popstars unter den wilden Tieren. Viele haben es zu Ruhm und Ehren gebracht, sind Protagonisten bekannter Dokus und haben dabei Namen erhalten, die ich mir in aller Regel nicht merken kann oder will. Die Gepardin Malaika bildet in dieser Hinsicht eine Ausnahme, ist sie nicht zuletzt die Namensgeberin unseres Camps und zudem eine VIP unter den Berühmtheiten. Daran komme sogar ich nicht vorbei.

Einen ähnlichen Sonderstatus wie die mittlerweile verstorbene Katze besitzen fünf ihrer Artgenossen, die jahrelang unter Sammelbegriffen wie "Fast Five" oder "Fünf Musketiere" firmierten. Formerly known as "Fab Five" ist aus dem Quintett vor einiger Zeit ein Quartett geworden, ein Tier hatte die Boy-Band verlassen und lebte bis vor kurzem als Solist abseits des ganz großen Rampenlichts. Mittlerweile ist es leider gestorben beziehungsweise offenbar von anderen Katzen getötet worden.

Der Gepard auf dem Foto ist einer der "Fab Four", nicht der Solist


Warum die Erfolgsgruppe zerbrach, ist ungeklärt. Vielleicht war eine Frau im Spiel, ein Klassiker, man weiß es nicht. Ruhm und Reputation des nunmehr dezimierten Katzen-Clans, den wir 2018 noch in voller Mannstärke angetroffen haben, hat die Trennung allerdings keinen Abbruch getan. Und auch nicht der erfolgreichen Jagdstrategie nach dem Motto "Einer für alle und alle für einen". Wie anders wäre es zu erklären, dass die Brüder, die nur teilweise tatsächlich welche sind, an diesem Morgen gleich zwei Gnus zur Strecke gebracht haben.





Erst tapern die Cheetahs zwischen den beiden Rissen hin und her, fressen mal hier, mal dort und haben alle Mühe, sich die Geier vom Hals zu halten, die fette Beute wittern und wie lästige Groupies gleich scharenweise einfliegen.







Schließlich geben sie den ersten Kadaver auf, lassen den Dingen ihren Lauf. "Oh my Gooood", sagt Livingstone beim Anblick des ebenso chaotischen wie lautstarken Flügelwirrwarrs, das sich nun vor uns auftürmt.



Die Vögel gehen sich rücksichtslos an, manchmal fliegen sogar Blutspritzer und nach dem Öffnen bestimmter Körperteile auch Dinge, über die ich so kurz nach dem beschaulichen Busch-Frühstück lieber nicht nachdenken möchte.



Es ist fast schwierig zu entscheiden, was spannender ist: Die Katzen an dem einen Kill oder die überspannten Aasfresser am anderen.





Die Entscheidung wird uns abgenommen. In beeindruckendem Tempo zerhäckseln die Geier die Überbleibsel und ziehen dann wenige Meter weiter zum nächsten Tatort.

Dort wiederholt sich das Spiel. Die Katzen, mittlerweile kugelrund, zieren sich erst, ihre Beute herauszurücken. Doch schließlich ziehen sie sich zurück - und die Geier schlagen gnadenlos zu.







Längst ist es heißer Mittag, und die Geparde suchen Schatten. Der nächstbeste findet sich unter den Autos, die glücklicherweise nicht ansatzweise so zahlreich sind wie im August 2018, als wir mehr als 70 (!) Jeeps im Umfeld der tierischen Stars zählten. Doch kaum nähern sich die Cheetahs, springen die Motoren an, und sie kehren träge um.

Die Guides dürfen nicht zulassen, dass sich Tiere unter das Auto legen, erklärt uns Livingstone, und die Katzen tun mir leid, wie sie da so vollgefuttert und hechelnd in der gleißenden Sonne sitzen, den verlockenden Schatten direkt vor der blutverschmierten Nase. Aber es ist sicher besser so, und schließlich verzieht sich das Quartett ins Gebüsch. Augen zu, Ende der Show.



Auch wir brauchen dringend eine Pause, wir verbringen sie wie fast immer im Camp.

Karte (vielen Dank an Robin!) von der Masai Mara, beim Kreuz das Malaika Camp.


Wir sind spät dran, doch hier bekommt man sein Essen, wie es gerade passt, das ist extrem praktisch, auf Safari sowieso. Das Mittagessen gibt es in einem separaten, schlichten Zelt direkt am Fluss, hinter uns ziehen Zebras durch und vor uns baden die Hippos im Mara River. Eine friedliche, relaxte Stimmung.



Um 16 Uhr geht es weiter, doch wir kommen nicht wirklich weit.



Noch in Campnähe sehen wir eine Bewegung im Gras - Servale! Eine Mutter mit zwei Jungtieren, so eine Situation hatten wir noch nicht und wir freuen uns sehr darüber.





Lange beobachten wir das kleine Familienidyll, bis sich die Mama zur Jagd verabschiedet und der Nachwuchs in einem Erdloch verschwindet.









Mit Sonnenuntergang...





...machen wir uns auf den kurzen Rückweg zum Camp, ganz erfüllt von diesem schönen Tag. Schon jetzt freuen wir uns auf den nächsten.

Letzte Änderung: 28 Jan 2022 23:19 von Beatnick.
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02 Feb 2022 21:12 #636220
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21. September: Die Wasserschlacht

In der Masai Mara leben die Löwen wie Gott in Frankreich. Auch in der Trockenzeit gibt es immer wieder Regen, somit genügend Gras und in der Folge auch viele Huftiere. Vor allem während der Migration leben die Großkatzen im Überfluss, und man sieht es ihnen an. Bringen sie doch deutlich mehr Pfunde auf die Waage als zum Beispiel ihre Artgenossen im kargen Samburu oder Tsavo. Die Bäuche prall, die Hüften rund - aber das muss ja nichts Schlechtes sein B) .



Wer so im Luxus schwelgt, sprüht auch vor Energie, und an diesem Morgen werden wir nicht nur Zeuge überbordender Lebensfreude, sondern auch überrascht. Hatte ich doch bisher angenommen, dass Katzen nasse Füße meiden wie der Teufel das Weihwasser. Doch zum ersten (aber nicht letzten) Mal auf dieser Reise erleben wir das genaue Gegenteil.



Livingstone orientiert sich an diesem Tag in Richtung Mara Bush Camp, wo am Vortag beim Talek-Fluss einige Löwen gesehen worden waren.





Noch immer steht das Wasser von den starken Regenfällen einige Tage zuvor in den Senken der Piste, und an solch einer XXL-Lache ist nun Stopp. Nicht weil sie so tief, sondern weil sie der Hangout der Löwen ist.





Soweit zu diesem Zeitpunkt ersichtlich, umfasst das Rudel zwei Löwinnen, einige Teenager unterschiedlichen Alters und einen mit buschiger Mähne versehenen Clanchef.



Was uns dieses Ensemble so kurz nach Sonnenaufgang an Bandbreite seines Repertoires bietet, ist die mit beste Löwenaction, die wir in zwölf Jahren Safari erleben durften.







Immer auf die Kleinen, lautet das Motto, wie so oft im Leben. Doch der Nachwuchs weiß sich zu wehren - und trainiert dabei schon fleißig für den Ernst des Lebens.







Die temporäre Wasserstelle übt eine ganz besondere Anziehungskraft auf die Katzen aus. Das haben wir nicht erwartet.





Immer wieder rühren sie mit ihren Pfoten darin herum, beobachten mit gespitzten Ohren die Wasserkräusel und balgen sich.





Als die anderen den beliebten Spielplatz endlich räumen, nutzt der Mähnenlöwe die Gunst der Stunde für einen ausgiebigen Drink an der Bar.



Jenseits des Teilzeit-Tümpels geht die wilde Hatz weiter.







So sehen wohl glückliche Löwen aus.



Der Löwenmann bleibt auf Abstand, und das aus gutem Grund. Kaum nähert er sich der wilden Bande und will mitmischen, jagt ihn eine seiner Gattinnen kompromisslos davon. Viel hat er nicht zu melden...



Sie ist offenbar die Mutter der jüngeren Tiere, doch er nicht der leibliche Vater. Die Teenies sind zwar eigentlich aus dem Alter heraus, wo vom Stiefvater Gefahr droht, doch man weiß ja nie. Sie geht lieber auf Nummer sicher und er trollt sich - wenn auch widerwillig.



Nach über einer Stunde werden die Löwen träger. Kommen zur Ruhe. Anders als Livingstone. Der ruft etwas nach hinten und startet abrupt, ich bekomme es nicht mit und schieße quer durchs Auto, rette mich noch gerade auf den Sitz. "My Goodness", sagt Livingstone mit Blick in den Rückspiegel, sieht mich unversehrt, fährt rund 300 Meter und hält wieder an. Sein Handy klingelt, die Kollegen, mittlerweile zur Löwen-Sichtung dazugestoßen, sind verwirrt. Warum verlässt er diesen schönen Spot? Weil er einfach alles sieht. Unser Timing ist perfekt und jeden blauen Flecken wert.



Teil II folgt.
Letzte Änderung: 02 Feb 2022 21:19 von Beatnick.
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07 Feb 2022 18:49 #636556
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21. September, Teil II: Löwenkinder und Klunkerfrösche

Livingstone hatte uns schon erzählt, dass dieses Rudel noch jüngeren Nachwuchs hat als die Teenager, die gerade so schön im Wasser herumtollten. Die Chancen aber schlecht stehen, die kleinen Löwen, die erst ein paar Wochen alt sind, tatsächlich auch zu sehen. Meist bleiben sie im Busch verborgen.



Nun hat uns die Natur unter die Arme gegriffen. Einige Büffel haben sich dem Versteck genähert und die Mutter mitsamt ihren Babys aufgescheucht. Livingstone hat die Situation aus der Ferne erfasst und prompt reagiert. Als die Kleinen aus den Sträuchern stolpern, hat er uns schon in Position gebracht.



Die Löwenmutter peilt die Lage, blickt zur Verwandtschaft (der Löwenmähne ist der Vater des süßen Quartetts) in die eine und zu den Büffeln in die andere Richtung. Sie scheint noch etwas unentschlossen.





Den Kleinen ist das wurscht. Sie verlassen sich ganz auf die Mama, gähnen einer nach dem anderen herzhaft und nehmen uns neugierig unter die Lupe.



Dann stehen die Zeichen auf Aufbruch.











Die Familie zieht direkt an uns vorbei...





...und macht sich auf die Suche nach einem neuen Versteck.





Schließlich beenden wir diesen intensiven Löwenmorgen und suchen uns einen Picknick-Baum. Es gibt fraglos viele wunderbare Momente auf Safari, aber diese zählen zu den besten: ein Busch-Frühstück inmitten der Natur nach einem erfüllten Morgen. Nie schmecken Pfannkuchen besser als mit Endorphinen als Beilage.

Danach fahren wir am Talek entlang. Eine Tour, die wir schon bei unserem ersten Besuch in der Mara sehr mochten. Kaum andere Autos, eine friedliche Stimmung und zu sehen gibt es auch immer was.





Am Vormittag versammeln sich am Fluss die Zebras, deren Fluchtinstinkte oft stärker sind als die Gier nach Wasser.





Die Gnus wählen beim Mini-Crossing eine andere Strategie als ihre gestreiften Nachbarn.



Sie ergreifen instinktiv die Flucht nach vorn - und übertreiben dabei maßlos.



Mit unverhältnismäßig großen Sprüngen setzen sie auf die andere Seite über, als müssten sie die reißenden Fluten des Mara River überwinden und nicht nur ein kümmerliches Rinnsal. "Wilderbeest", sagt Livingstone und schüttelt nachdrücklich den Kopf: "My Goodness."





Die Mittagspause im Camp ist wie immer entspannt, doch das Wetter ändert sich. Der Himmel zieht sich zu, es riecht nach Gewitter.





Am Nachmittag fahren wir nach Süden, über der Serengeti gießt es wie aus Kübeln, weit sind wir nicht mehr vom Nachbarland und dem Regen entfernt.



Richtig viele Tiere sehen wir nicht, sie haben wohl Reißaus genommen, aber die Gewitterstimmung taucht die Landschaft in ein besonderes Licht.



Augurbussard, eine Erstsichtung für uns, im letzten Fitzel Licht




Nun ist es tintenschwarz. Und wir sind da. Hier, erklärt Livingstone, sei das Revier einer Leopardin. Aha. Noch immer haben wir keine "Spotted Cat" gefunden. Das bleibt auch diesmal so. Vielleicht nicht schlecht, denke ich insgeheim. Bei diesem Licht, das gar keins ist.

Immerhin, wir verbuchen einen außergewöhnlichen Fund: Mehr als ein Dutzend Marsh Owls sitzt mitten auf dem Weg statt im hohen Gras, wohl auch das Werk von Büffeln, die uns an diesem Tag in die Karten spielen. So viele am selben Fleck hat auch Livingstone noch nicht gesehen, und als wir langsam an ihren vorbeirollen, schauen wir erstaunt aus der Wäsche. Die Eulen genauso wie wir.



Gerade noch schaffen wir es bis ins Camp, dann öffnet der Himmel seine Schleusen. In dieser Nacht sind es nicht die Hyänen, die mich in den Schlaf singen, sondern die "Klunkerfrösche". Von mir so genannt, weil sie klingen wie ein gigantisches Windspiel, bei dem Hunderte Stäbe aneinanderschlagen. Ein außergewöhnlicher Sound, und so laut, dass er den Regen übertönt, der aufs Zeltdach prasselt. Während Thomas noch die Fotos des Tages sichert, schlüpfe ich bibbernd unter die Bettdecke und kuschle mich an die Wärmflasche, die wie jeden Abend auf mich wartet. So lässt es sich aushalten am Ende eines langen, erfüllten Tages.
Letzte Änderung: 07 Feb 2022 19:05 von Beatnick.
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13 Feb 2022 08:44 #637028
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22. September, Teil I: The Spotted Cat

Livingstone hatte am Abend trotz des regnerischen Wetters auf eine frühe Abfahrt am Morgen gedrängt. Noch früher als sonst also, denn der etwas weitere Weg führt uns wieder in die Gegend, wo wir tags zuvor schon gewesen und aus der wir - in den Augen unseres Guides - mehr oder minder unverrichteter Dinge wieder zurückgekehrt waren.

Es ist kühl und klamm, als uns der der mittlerweile schon vertraute Massai noch im Finsteren an unserem Zelt einsammelt. Noch immer ist der dunkle Himmel wolkenverhangen, doch die gefürchtete Black Cotton Soil bleibt uns (noch) erspart. Rund ums Malaika Camp ist es etwas rutschig, doch das legt sich schon nach wenigen Kilometern, weil der nächtliche Regen wie anscheinend häufig in der Mara sehr lokal geblieben war.



Wieder geht es in Richtung tansanischer Grenze im Süden, wo wir unsere Suche nach der "Spotted Cat" an der Stelle fortsetzen, wo wir am Vortag aufgehört hatten. Dass wir weiterhin keinen Leoparden gesehen haben, wurmt Livingstone. Im der ersten Morgendämmerung nehme ich das Fernglas zu Hilfe und schaue mir die noch müden Augen aus dem Kopf, um ihn bei seiner Mission nach Kräften zu unterstützen, glaube aber nicht wirklich an einen Erfolg. Diese gleichförmigen Landschaft wirkt irgendwie leer auf mich. Was natürlich nicht stimmt.



Innerlich habe ich die Sache schon abgehakt. Livingstone natürlich nicht. Hat er doch nicht nur mehr Ahnung als ich Hamburger Stadtpflanze, sondern auch ein Motto, das er wiederholt zitiert: "Niemals aufgeben." Schon gar nicht im Bush.

"Oh my Goooooood", sagt er schließlich fast schon beiläufig, aber mit extra langem "o". "I can see the leopard."

Was?! Wo?! Ich folge der Richtung seines Zeigefingers, mit Fernglas, ohne Fernglas - nichts. Ich realisiere die Katze erst, da stehen wir schon beim Baum, unter dem sie liegt. Es ist noch früh und weit und breit kein anderes Auto zu sehen. Wir genießen die Morgenstimmung und dieses seltene Privileg in der Mara.





Livingstone schaut sich um. Die Leopardin hat einen Sohn, nicht mehr sehr jung, aber auch noch nicht selbstständig. Weit kann er nicht sein. Schon nach wenigen Minuten taucht das Jungtier hinter einem Hügel auf und gesellt sich zur Mutter. Da sind wir doppelt platt.





Am Horizont tauchen Hyänen auf. Keine Gefahr für einen ausgewachsenen Leoparden, aber für das Junge. Die Leopardin faucht unwillig, aber da hilft nur der Rückzug.





Wir fahren einen riesigen Bogen und die beiden Tiere laufen direkt auf uns zu. In zügigem Tempo und begleitet von zwei zeternden Kronenkiebitzen, die wohl ein Gelege in der Nähe haben. "O my God", sagt Livingstone. "This Plover will get an Heartattack."







Schließlich tauchen die Leoparden in den Büschen eines Grabens ab, und wir sind glücklich über diese Sichtung, bei der wir lange und in Ruhe beobachten konnten.

Nur 200 Meter weiter kreuzt eine Cheetah unseren Weg.



Sie scheint hungrig zu sein, ist aber längst aufgeflogen.





Da ist nun nichts zu machen.



Andere hatten mehr Glück.



Hyänen haben einen Riss gemacht, wecken damit aber Begehrlichkeiten.





Die Jäger haben allergrößte Mühe, ihre Beute gegen die ungebetenen Gäste zu verteidigen.



Schließlich sind die Hyänen kugelrund und die Schlacht um die Reste beginnt.







Appetitlich geht anders. Wir haben noch nicht gefrühstückt und dabei bleibt es auch erst einmal...





Ich schlage vor, noch einmal zu den Leoparden zurückzukehren, doch Livingstone winkt ab. Die Katzen haben sich zurückgezogen, berichtet einer seiner Kollegen, der am Ort ist und längst nicht allein. Die Sichtung hat sich herumgesprochen. Eine ganze Reihe Autos hat sich eingefunden, und wir sind uns einig: Besser als am frühen Morgen wird es nicht. Der Tag ist noch jung - und schon gelungen. Der Rest ist Zugabe.



Wie diese badenden Zebras...





...und ein weiteres Kiebitz-Pärchen, das sogar einen Adler das Fürchten lehrt. Der Greif kann gar nicht so schnell starten, wie sich die tapferen Angreifer auf ihn stürzen und so ergreift er verzweifelt am Boden die Flucht.





P.S: Die gezeigte Leopardin hatte Livingstone ganz besonders ins Herz geschlossen, sie war offenbar eine gute Mutter und hat einer Vielzahl von Nachkömmlingen nicht nur das Leben geschenkt, sondern auch gesichert. Sie sei in die Jahre gekommen, sagte er im September mit leisem Bedauern, und tatsächlich starb das schöne Tier rund zwei Monate später. Der Sohn war zu dem Zeitpunkt knapp ein Jahr alt (wenn ich mich richtig erinnere) und in der Lage, sich selbst zu ernähren, weil Leoparden offenbar nicht sehr wählerisch sind und sich auch eine ganze Weile von "Kleinkram" wie Mäusen, Eidechsen, sogar Grashüpfern etc. über Wasser halten können. Bei unserer Rückkehr nach Kenia im Januar haben wir nach ihm gefragt, und er war wohlauf. Livingstone hatte ihn noch kurz zuvor in der Mara gesehen.

Letzte Änderung: 13 Feb 2022 09:17 von Beatnick.
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