Nairobi – Webuye
Vom Kima Hotel zur Busabfahrtsstelle vor dem Panther-Bus-Büro in der Cross Road ist es nicht weit. Man könnte locker laufen. Da wir jede Menge Gepäck und auch noch ein Fahrrad dabeihaben, laden wir alles in ein Taxi und lassen uns die paar hundert Meter fahren.
Der Panther-Bus wirkt etwas heruntergekommen, die Sitze zerschlissen, aber sonst sieht er ganz ok aus. Es dauert eine Weile bis das ganze Gepäck verstaut ist und jeder seinen Platz gefunden hat. Gegen16.30 Uhr geht es los. Nachdem wir Nairobis Verkehrschaos hinter uns gelassen haben, nimmt der Verkehr rasch ab. Die Landschaft ist, soweit ich es durch die staubigen Pantherbusfenster erkennen kann, hügelig-grün, bunte Häuser flitzen vorbei, gelegentlich kleine Siedlungen, später Kakteen und kahle, trocken wirkende Büsche und Bäume. Es wird bald dunkel. Der Vollmond taucht die Landschaft in fahles Licht.
Wir sitzen vorne, direkt hinter dem Busfahrer. Aus der Musikanlage dröhnen dumpfe Bässe. Der Fahrer wirkt aufgedreht, als hätte er Speed-Tabletten geschluckt. Mit seiner schrillen Stimme übertönt er Fahrgeräusche und Sound. Riskante Überholmanöver wechseln mit abrupten Abbremsungen vor den Bremsschwellen, die alle paar Kilometer den Fahrer zwingen das Tempo zu reduzieren.
Panther Bus nach Webuye
Unterwegs
Unterwegs
Unterwegs – Vollmond
Webuye
Kurz vor Mitternacht sind wir in Webuye. Der Panther-Bus schmeißt uns direkt am Eldoret-Malaba Highway, etwas außerhalb des Zentrums, raus. Die Straße ist von einfachen Häusern und Hütten gesäumt, die man aber in der Dunkelheit kaum sieht. Vor den geschlossenen Geschäften und Verkaufsstände lungern dunkle Gestalten herum. Die Gegend gilt als nicht sehr sicher und da wir mit dem ganzen Gepäck eine fette Beute abgeben würden, haben wir vorsichtshalber schon von unterwegs ein Taxi bestellt, das uns vom Bus abholen soll.
Wir lassen uns zum Leisure Resort bringen, einem einfachen Hotel in der Nähe. Wir haben früher schon einmal dort gewohnt und hatten es als ganz ok in Erinnerung. Als wir ankommen wirkt das Gebäude dunkel, verlassen und irgendwie heruntergekommen. Wir sind die einzigen Gäste. Es erfolgt keine Registrierung und als ich dem verschlafen wirkenden Hotelmanager 1000 Shilling für die Übernachtung bezahle, bekomme ich keine Quittung.
Egal, nach der langen Fahrt freue ich mich auf ein Bett und eine Dusche. Als ich die Elektrodusche aufdrehe, kommt ein brauner, muffig riechender Schwall Wasser heraus. Hier hat wohl schon lange keiner mehr geduscht. Ich lasse das Wasser eine Weile laufen, bis es klarer wird. Oben am Duschkopf ist ein Schalter um die Wassertemperatur einzustellen. Je nach Einstellung kommt das Wasser entweder kochend heiß oder kalt. Um eine einigermaßen erträgliche Wassertemperatur zu erreichen muss ich während des Duschens immer wieder zwischen kalt und warm hin- und herschalten. Dabei entstehen kleine Blitze im Plastikgehäuse des Duschkopfs und das Licht im Zimmer flackert. Irgendwie unheimlich, wenn man nass im Bad steht.
Webuye Hauptstraße
Mit 20000 Einwohnern ist Webuye eine Kleinstadt. Früher (zwischen 1970-2009) war die Papierfabrik ‚Pan African Paper Mills’ größter Arbeitgeber in Webuye und sorgte für einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, allerdings auf Kosten der Umwelt. Berichten zufolge soll die Luft damals von stinkenden Abgasen verpestet gewesen sein. Man roch Webuye schon lange bevor man es sah. Durch die Schließung der Papierfabrik vor sieben Jahren verloren zahlreiche Einwohner ihre Jobs. Viele verließen die Stadt, die Kriminalitätsrate stieg, dafür ist die Luftqualität deutlich besser geworden.
Touristen kommen selten nach Webuye. Die wenigen, die sich hierher verirren, sind auf der Durchfahrt von oder nach Uganda. Der Eldoret-Malaba Highway führt an Webuye vorbei und die ugandische Grenze ist nur 60 km entfernt. Wazungu (Weiße) sieht man selten, und wenn, dann sind sie für Hilfsorganisationen oder geschäftlich unterwegs. Der Hauptgrund unseres Webuye-Besuches ist natürlich der Familienbesuch. Doch es gibt durchaus ein paar besuchswerte Orte in der Umgebung Webuyes, z.B. den Kakamega-Regenwald (Kakamega Forest National Reserve), oder die Nabuyole-Falls.
Teamwork - Die Besitzerin des neuen Fahrrades muss feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, mit dem Radfahren.
Am nächsten Tag wechseln wir das Hotel. Meine Frau wünscht ein bisschen mehr Luxus und auch ich habe keine Lust, mehrere Tage in dem kleinen Zimmer mit der Elektrodusche zu wohnen. Viel Auswahl an Hotels hat man in Webuye nicht. Das Minata Hotel sieht neu aus und dürfte (neben dem Park Villa Hotel) das beste Hotel in Webuye sein. Ein Doppelzimmer kostet mit Frühstück 2700 KES. Die Zimmer sind groß genug und haben sogar einen kleinen Balkon.
Alles perfekt. Zumindest tagsüber. Doch nach Einbruch der Dunkelheit entwickelt sich vor unserem Zimmer eine erstaunliche Geräuschekulisse. Grillen, Frösche und/oder andere, mit unglaublich lauten Organen ausgestattete Insekten und Amphibien, veranstalten ein ohrenbetäubendes Konzert. Einer der Krachmacher erzeugt einen hochfrequenten Dauerton in Sirenenlautstärke. Zwischendurch machen sie kurze Pausen, vielleicht 10 oder 20 Sekunden lang, nur um dann wieder mit voller Lautstärke loszulegen. Das grenzt an akustische Folter.
Vor unserem Zimmer steht auf einem turmartigen Gestell ein Wassertank, der regelmäßig überläuft, wenn er gefüllt wird. Vielleicht ist das Feuchtgebiet darunter der Lebensraum des Sirenenfrosches. Irgendwann nach Mitternacht geht ihm endlich die Puste aus und ich kann einschlafen. Besser Zimmer Nr. 14 meiden.