THEMA: Namibia 2019: Zwischen Spitzkoppe und Sambesi
19 Feb 2020 20:02 #580540
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Im Reich der Wüstenelefanten

Die Wüstenelefanten haben wir bislang fast schon sträflich vernachlässigt. Elefanten sind schließlich Elefanten. Dachte ich. Sicher, es gibt asiatische und afrikanische Exemplare, bei denen sogar mir die Unterscheidung auf den ersten Blick gelingt. Doch Wüstenelefanten - so mein Kenntnisstand - bilden eigentlich keine eigene Art, sondern haben sich an ihre entbehrungsreiche Umgebung angepasst und im Zuge dessen über Generationen bestimmte Merkmale entwickelt. Ein bisschen schlanker, die Füße größer - spannend, na klar. Und natürlich lieben wir Elefanten (wer nicht?). Aber der Anblick der Tiere in den Nationalparks hat uns bislang genügt. Ist ja praktisch kein Unterschied. So unsere Annahme. Naive Stadtkinder, die wir eben sind.

So schön unser Domizil im Mowani Mountain Camp ist, wir müssen es früh verlassen. Mit gepackten Taschen, die wir bei der Rezeption zwischenlagern, denn die Tour kann etwas länger dauern, je nachdem, wo sich die Elefanten aufhalten. Außer uns sitzen noch zwei Niederländer im Jeep, in den wir nach einem schnellen Tee und Kaffee klettern. Schon kurz nach Sonnenaufgang sind wir unterwegs.



Rosy, unser Driverguide und ein echtes Original, hat schon am Vortag auf einen frühen Start gedrängt. Sie hat keinen Bock auf andere Autos und will deshalb die Erste sein. Da haben wir schon mal was gemeinsam!

Nur ein einziger anderer Wagen ist weit und breit zu sehen, Rosy hängt ihren Kollegen vom benachbarten Camp Kipwe locker ab. Am Vortag hat sie einige Kilometer hinter ihm festgehangen und jede Menge Staub geschluckt, oh nein - sie wiederholt es mehrfach-, das hat ihr nicht gefallen! Wir fliegen über das Wellblech bei Twyfelfontein und werden ganz schön durchgerüttelt.

Unser Ziel ist das Aba-Huab-Tal, die Gegend wird immer einsamer, karger, weiter. Bei uns in aller Regel am Steuer, gefalle ich mir in der Rolle des Beifahrers und lasse mir den Fahrtwind genüsslich um die Ohren wehen.



Es ist noch frisch, doch die Hitze des Tages lässt sich schon erahnen.



Bei einer winzigen Siedlung mit einfachen Hütten verteilt Rosy Essen und Überbleibsel aus der Lodge. Viel haben die Menschen hier nicht. Magere Rinder, ein großer Brunnen, vor allem Staub. Ich bin ratlos, wie die Farmer überhaupt zurechtkommen können, und auch ein wenig beschämt bei dem Gedanken an all den Luxus, der uns in unserer Welt gewöhnlich umgibt.



Furchtlos, edel und gut, mein Ritter heißt an diesem Tag Rosy. Die Natur, die Unabhängigkeit weit weg von der Routine der Lodge, das ist ihr Ding. Ihr Enthusiasmus ist ansteckend, ihr Engagement einmalig. Sie freut sich, uns Dinge zu zeigen, schwärmt unterwegs vom "besten Aussichtspunkt der Welt". Wir denken, sie übertreibt. Doch ganz unrecht hat sie nicht.



Die einsame Landschaft haut mich um: ursprünglich, unberührt, unwirtlich.



Unser erster größerer Fund: Giraffen. Sie machen sich in diesem Setting ausgesprochen gut.





Dann taucht Rosy ab. Hängt kopfüber aus der Fahrertür, die Nase im Sand. Einhändig und mit Blick auf den Boden steuert sie im Zickzack durch das weiche Bett des Huab. Die andere Hand deutet auf riesige Fußspuren und Elefantendung, die Ergebnisse ihrer Ermittlungen überliefert sie ohne Punkt und Komma, allerdings nicht immer leicht verständlich, so tief ist ihr Kopf gebeugt. Frei übersetzt sagt sie in loser Reihenfolge etwa das:
"Eineristhierruntergekommenundistdalanggegangenwoisserdennhinmalssehenahadasindnochzweiaberdannwiederhierhochnureineristzurückgekommenundgeradeausgegangendanachnachrechtsneinnachlinksaberjetztisserwiederwegaberderdungistfrisch..."

Das ist ziemlich lustig und auch spannend, vor allem aber von Erfolg gekrönt. Ein dickes graues Hinterteil lugt aus der Uferböschung, Rosys Redeschwall versiegt - wir sind da!



Ein Elefant kommt selten allein, immer mehr Tiere tauchen im Flussbett auf, in dem das Wasser auch bei großer Trockenheit unterirdisch fließt.





Es ist ein tolles Bild, diese gigantischen Überlebenskünstler inmitten der herrlichen, aber auch gnadenlosen Umgebung, und traumhaft friedlich.



Vor mehr als 100 Jahren hatten Großwildjäger die Tiere im Damaraland praktisch ausgerottet. Erst Mitte der 1990er-Jahre kehrten sie zurück.







Wir suchen uns ein schattiges Plätzchen und steigen aus, es gibt Tee, Kaffee und Sandwiches. Rosy mahnt uns eindringlich, die Elefanten im Blick zu behalten und uns ihnen keinesfalls zu nähern.





Ich bin immer wieder erstaunt, wie lautlos sich diese Kolosse bewegen, sie wandern von Baum zu Baum, scheinen uns als vorübergehende Nachbarn jedoch zu akzeptieren.



Die Zeit verfliegt, ich könnte ewig bleiben. Doch Rosys Timing ist perfekt, auf dem Weg zurück begegnen uns einige Autos. Auf sandigen Pisten cruisen wir gemütlich und in großen Schleifen durch eine pastellfarbene Dünenlandschaft, schon wieder bin ich frisch verliebt.





Mittags sind wir zurück im Mowani Mountain, dankbar verabschieden wir uns schließlich nach einem späten Brunch von der Lodge und von Rosy, die uns ganz besondere Momente in einer einzigartigen Umgebung beschert hat.

Wieder selbst am Steuer, rollen wir auf rumpliger Strecke an Twyfelfontein vorbei zur einzigen Tankstelle weit und breit. Die einsame Zapfsäule im gefühlten Nichts gehört zur Twyfelfontein Country Lodge und schließlich finden wir in einer kleinen Werkstatt auch jemanden, der sie für uns entsperrt.



Nur rund 125 Kilometer sind es bis zu unserem nächsten Ziel. Selbst auf dieser kurzen Strecke ändert die Landschaft, die uns an den Südwesten der USA erinnert, wieder völlig ihr Gesicht. Einfach toll, was für eine Bandbreite wir auf dieser Reise geboten bekommen.





Die Schotterstraßen C39 und C43 sind gut zu fahren, die Gegend mit ihren Tafelbergen ist ausgesprochen schön.





Für die letzten Kilometer biegen wir nach rechts auf die etwas ruppigere C40 in Richtung Kamanjab ab und stehen schließlich unten an der Zufahrt zur Grootberg Lodge. Die ist zwar machbar, aber ziemlich steil und schmal, und da wir den Wagen oben auf dem Plateau ohnehin nicht brauchen können, lassen wir ihn unten auf dem Parkplatz zurück. Per Shuttle geht es hinauf.

Seit Jahren wollte ich zur Grootberg Lodge und den Blick vom Etendeka Plateau hinunter in den Canyon mit eigenen Augen sehen. Aus gutem Grund. Von der Lodge-Terrasse, vom Pool, vom Bett, vom Balkon, sogar aus der Dusche: Die Aussicht ist atemberaubend!

Letzte Änderung: 20 Feb 2020 09:15 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: kalachee, Hanne, tigris, Fluchtmann, aos, Topobär, bayern schorsch, Champagner, Yawa, Guggu und weitere 21
23 Feb 2020 11:23 #580768
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Planlos

An unserem vollen Tag in der Grootberg Lodge haben wir viel vor: nämlich Nichts. Zumindest so gut wie Nichts. Ausschlafen, am Pool rumhängen, die Aussicht genießen - wir machen Urlaub vom Urlaub.



Teil eins dieses perfekten Plans geht schon einmal völlig in die Hose. Meine innere Uhr muss wohl in der Schweiz gefertigt sein, denn kaum geht die Sonne auf, stehe ich senkrecht im Bett. Augen zu und durch, weiterschlafen, bete ich mir vor, die Gelegenheit ist günstig und selten genug auf unseren Afrika-Reisen. Doch die Nacht ist vorbei, an Schlaf nicht mehr zu denken. Wir übrigens schon einige Stunden zuvor: Da weckte mich sehr nahes und ausdauerndes Löwengebrüll. Thomas hat davon nichts mitbekommen. Natürlich nicht. Kaum berührt sein Kopf das Kissen, ist er weg. Immer und überall. Es gibt nicht viel, worum ich Männer beneide. Aber das wäre das Paradies für mich.

Ich hatte zuvor gelesen, dass sich vor einigen Jahren ein Löwenrudel angesiedelt hat. In der Nacht belagern die Tiere gerne den Pool, am Tag sind sie eher im Tal. Wer will es ihnen verdenken, so ein schickes Wasserloch, dazu immer gut gefüllt, ein Garten Eden. Ich höre die Löwen in beiden Nächten, sehen werden wir sie allerdings nicht.



Zum Glück für alle Beteiligten, denn nach dem Frühstück ist ihr nächtliches Territorium genau der Schauplatz für unser süßes Nichtstun. Der Pool ist klein, aber grandios gelegen, hier werden wir es aushalten.



Der Blick nach unten bleibt spektakulär und zeigt auch am zweiten Tag keinerlei Abnutzungserscheinungen. Zwei Wochen zuvor hat es ein wenig geregnet, das Tal ist durchsetzt von frischem Grün, doch der Gesamteindruck ist weiterhin trocken.



Die Löwen weg, das Wasser da, um uns herum tobt das Leben.





Felsenratte beim Frühstück






Ganze Schwärme von Lovebirds sorgen für ein Heidenspektakel, belagern die Büsche und zanken krakeelend um tropfendes Wasser.







Die Gäste vom Vortag sind weg, die neuen noch nicht da. Eine fast schon meditative Ruhe, wir kommen runter und auch so richtig an in dieser schönen Umgebung. Was nicht heißt, dass ich nicht immer wieder abgelenkt werde von meinem Buch, in dem ich eigentlich endlich einmal vorankommen will...







Nur ein weiteres Paar hat sich für zwei Nächte eingemietet und ist auf Tour. Die Lodge bietet Rhino- und Elefantentracking an, beide berichten am Abend von einer ziemlich rumpeligen Tour ins Tal mit einem einzelnen Spitzmaul, aber auch einem Achsbruch am Jeep der Lodge.

Am Nachmittag dann ein Hauch von Tatendrang, relativ spontan buchen wir eine Sundowner-Tour auf dem Etendeka-Plateau. Große Tiersichtungen stehen nicht zu erwarten, das wussten wir, weit weg ein paar Bergzebras, außerdem Springböcke und Lovebirds an einem ansonsten verwaisten Wasserloch.









Doch wieder ist es vor allem die Landschaft, die mich fasziniert. Ein gigantischer roter Steingarten - erstaunlich sortiert und schon wieder ganz anders als alles bisher Gesehene.

Andere weiße Hose! ;)




Die Schönheit dieses Fleckchens war der eine Grund für unser Kommen. Der andere ist die Philosophie, die hinter der Lodge steckt: Die erste Community-Lodge des Landes wurde auch mit EU-Mitteln finanziert und soll die lokale Bevölkerung am Profit des Tourismus beteiligen.

Als beim Abendessen die versammelte Belegschaft lauthals singend aus der Küche tanzt, kriegen wir zunächst einen Riesenschreck. Eine Showeinlage, das ist so gar nicht unser Ding! Doch hier ist das anders. Weil das Programm nicht durchgestylt, die Belegschaft spontan und vor allem mit Leib und Seele bei der Sache ist. Die Grootberg Lodge ist sicher nicht die schickste Lodge auf unserem Trip. Aber sie besitzt jede Menge Herz.

Gut erholt und einmal mehr voller neuer Eindrücke, rumpeln wir am zweiten Morgen wenig ritterlich im Shuttle die steile Zufahrt hinunter...



...und machen uns schließlich auf den Weg zum Etosha. Ich freue mich riesig darauf!



Letzte Änderung: 21 Jun 2020 20:56 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: jaffles, tigris, Fluchtmann, aos, Topobär, maddy, fotomatte, Yawa, Guggu, Strelitzie und weitere 20
26 Feb 2020 18:27 #581113
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Du hast den Farbfilm vergessen...

Wir haben ein Faible für den Etosha-Nationalpark. Zweimal waren wir schon hier und kennen uns immerhin ein bisschen aus. Nun folgt der dritte Streich. Ich mag die Landschaft, die weiß leuchtende Pfanne, vor allem aber war der Park für uns bislang ein Garant für tolle Tierbeobachtungen.

Die rund 350 Kilometer von der Grootberg Lodge zum Andersson Gate sind keine Herausforderung, wir haben uns gegen eine rumplige Fahrt vom Galton Gate zum Okaukuejo Restcamp entschieden, dessen Standort einst Okakwiya hieß: "die Frau, die jedes Jahr ein Kind gebärt". Was in meinem Fall glücklicherweise auch nicht nur ansatzweise zutrifft.

Der weiße Staub im Park ist legendär und kein unvertrautes Bild. Aber diesmal sind wir platt. Trotz aller Vorwarnungen und Bilder, die wir von der Dürre gesehen haben. "Du hast den Farbfilm vergessen, nun glaubt uns kein Mensch, wie schön's hier war, ha-ha, ha-ha" - mir geht's wie weiland Nina Hagen. Und wo ist eigentlich Scotty, wenn man ihn braucht? There's no life on this planet! Denke ich, doch das Gefühl trügt - ein Glück!

Farbtupfer mit Seltenheitswert


Die Elefanten, obwohl nur wenige Meter von uns entfernt, übersehe ich diesem Grau in Grau um ein Haar. Sie sind ein Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten Tagen erwarten wird. Elefanten noch und nöcher.

Immer schön dran bleiben!




Zur tristen Landschaft gesellt sich tristes Wetter. Es braut sich was zusammen, die Wolken hängen tief. In Hamburg würde ich die Beine in die Hand nehmen. Doch hier passiert nichts, und die Einheimischen winken ab. Alles leere Versprechen, seit Wochen geht es so. Ich verstehe ihren Frust. So ein blödes Wetter, erst sagen und dann nicht machen; das kann ich überhaupt nicht leiden.



Zweimal haben wir im Bush Chalet gewohnt, diesmal ziehen wir ins Waterhole Chalet. Klingt fancy, ist es aber nicht. Ja, es liegt nah beim Wasserloch, doch auch nicht viel näher als unser Bush Chalet 2015. Das war dafür deutlich größer mit noch einem Extraraum und einer kleinen Küchenzeile. Größtes Manko sind die Untermieter. Heerscharen von Mücken - die einzigen der gesamten Reise - belagern unser Quartier. Hinter unserem Häuschen ist ein Kanaldeckel zerbrochen, wohl die Brutstätte der fiesen Viecher, die durch unser geöffnetes Badezimmer hineingelangt sind. Fortan lüften wir nach vorne und werden zu Serienkillern. Wat mutt, dat mutt...

Der erste Gang zum Wasserloch versöhnt, eine große Gruppe Elefanten biegt ums Eck. Ein toller Auftakt mit viel Geplantsche und auch einigem Nachwuchs.







Als die Herde schließlich weiterzieht, verliert eins der Elefantenkinder die Orientierung. Rennt erst der einen vermeintlichen Mutter hinterher,...



...bemerkt dann seinen Irrtum...



...und sprintet mit wehenden Ohren zurück zur echten Mama.



Es ist heiß, als wir am Nachmittag einen ersten kleinen Gamedrive rund um Okaukuejo starten.





Bei Nebrownii, immer eine gute Adresse für Löwen, schnarcht ein Prachtexemplar im spärlichen Schatten eines schütteren Baumes. Wir fahren weiter. Später kehrt die Sonne zurück, und wir auch. Zur rechten Zeit, denn der Löwe rafft sich auf, ...



...schaut beim Wasserloch kurz nach dem Rechten und verschwindet schließlich in der Ferne.





Kurz vor Toreschluss sind wir zurück im Camp. Im Restaurant herrscht Ausnahmezustand. Die Bedienung ist heillos überlastet und genervt, das Essen gehaltlos und fade. Bei unseren vorangegangenen Besuchen rangierte es unter "okay". Doch diesmal sind wir raus und werden uns am nächsten Abend anders behelfen.

Das Wasserloch führt uns allerdings einmal mehr eindrücklich vor Augen, was wir an Okaukuejo schätzen.



Wieder gibt's Elefantenbesuch, eine richtig große Gruppe mit echten Entertainment-Qualitäten.







Wir erleben schöne, ruhige Stunden, was tatsächlich eine besondere Erwähnung wert ist: Alle Anwesenden sind konsequent still. Das haben wir hier auch schon anders erlebt.

Screenshot aus einem Filmchen, das später noch folgt




Den Elefanten folgen die Spitzmäuler, und wie immer können wir uns nur schwer trennen. Doch die Schonzeit ist vorbei, am nächsten Morgen geht es wieder früh raus. Gegen 22 Uhr reißen wir uns los, entledigen uns der restlichen Mücken und schlafen dann beide schnell ein. Ich bin im Safarimodus - dann gelingt das sogar mir.

Letzte Änderung: 26 Feb 2020 18:44 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: jaffles, Eulenmuckel, tigris, Fluchtmann, aos, Topobär, maddy, rofro, Yawa, speed66 und weitere 24
28 Feb 2020 14:04 #581264
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Sandsturm

Noch nie hat es uns im Etosha weiter westlich als bis kurz hinter Okondeka verschlagen. Irgendwie sind wir immer vorher irgendwo hängengeblieben. Diesmal wollen wir es unbedingt einmal bis Ozonjuitji m’Bari schaffen, dem Wasserloch mit dem unaussprechlichen Namen, von dem wir viel Gutes gehört und gelesen haben.

Unser erster Weg führt allerdings pünktlich mit Toröffnung (die Zeiten variieren während unseres Aufenthalts an den unterschiedlichen Punkten im Park) erst einmal in Richtung Nebrownii.







An der Strecke führt noch weit vor dem Wasserloch auf der linken Seite ein holpriger kleiner Weg in Richtung Pfanne, der uns bislang unbekannt war und auch nicht beschildert ist. Niemals wären wir darauf gekommen, dort hineinzufahren, doch wir haben beim Abendessen von anderen Gästen einen Tipp erhalten: Bei einem geführten Gamedrive haben sie dort ein schlafendes Rudel Löwen entdeckt. Immerhin dafür war der Besuch im Katastrophen-Restaurant gut...

Das Rudel hat in der Nacht zugeschlagen und weil es ziemlich groß ist, von dem Riss auch schon nicht mehr viel übrig gelassen. Außer uns ist nur ein anderes Auto da, der Weg liegt nicht auf den gängigen Gamedrive-Routen und noch hat sich die Sichtung nicht herumgesprochen.



Langsam setzt sich die Sonne durch und es wird wärmer, wir beobachten die Löwen bei ihrem makabren Frühstück, genießen die Ruhe und die Savannen-Stimmung, die wir so sehr lieben. Ich vermute, es ist das Okondeka-Rudel, bei unserem nächsten Halt Okondeka jedenfalls ist bis auf spärliches Restwasser weit und breit nichts zu sehen.



Rund 50 Kilometer sind es von Okaukuejo zum abgelegenen Ozonjuitji m’Bari. Die Landschaft ist karg und einsam, kein Auto begegnet uns.







Wir orakeln, ob sich diese Wüste wohl jemals wieder von der Dürre erholen kann (sie kann, wie wir ja mittlerweile zum Glück wissen :) ).



Dann schließlich das: Auf einer weiten, sandigen Ebene, mitten im Nichts, wimmelt es von Tieren.





Hunderte von Huftieren ziehen einträchtig in langen Karawanen am Parkplatz vorbei zum Wasserloch. Eine idyllische, aber auch unwirkliche Szenerie, als würde immer derselbe Film in Endlos-Schleife ablaufen.



Nur die schreckhaften Zebras durchbrechen von Zeit zu Zeit die Harmonie und die sanfte Stille. Doch schnell hat sich wieder alles sortiert und der Film beginnt von vorn.





Dann ein Sandsturm. Plötzlich und heftig. Das Autoinnere - zum Glück nicht auch die Karosserie - erhält ein Facelifting. Wir auch. Alles grau gepudert. Draußen verstärkt sich die ohnehin bizarre Atmosphäre - es ist geradezu gespenstisch!







Nach rund eineinhalb Stunden verlassen wir den fremden Planeten und kehren voller Eindrücke in gewohnte Sphären zurück.



Das Flair dieses Wasserlochs ist speziell und war uns den weiten Weg wert, doch es hat Spuren hinterlassen: Die Mittagspause verbringen wir mit der intensiven Reinigung unserer Kameras.

Letzte Änderung: 28 Feb 2020 17:47 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, jaffles, Eulenmuckel, tigris, Fluchtmann, Topobär, maddy, rofro, Yawa, Guggu und weitere 20
02 Mär 2020 19:03 #581505
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Sturköpfe

Ich verfüge leider über eine ganze Reihe schlechter Eigenschaften. Sie alle zu benennen, führt sicher zu weit. Habe ich mir einmal ein Urteil gebildet, bin ich schwer umzustimmen. Meinungsstark, könnte man im besten Fall sagen. Halsstarrig, lautet wohl die Alternative. Klingt nicht so toll. Kommt der Wahrheit aber mindestens genauso nah. An diesem Nachmittag lasse ich mich allerdings eines Besseren belehren. Was selten genug geschieht.

Wir starten die zweite Hälfte des Tages mit einem Rundgang übers Campgelände. Bei unseren ersten beiden Besuchen in Okaukuejo war die Suche nach Vögeln sehr ergiebig, doch diesmal ist die Ausbeute bescheiden.





Wäre ich ein Vogel, ich würde auch vor der Trockenheit fliehen. Andere haben die Möglichkeit nicht, wie diese beiden Oryxe, die ihre recht mageren Körper im Wasserloch kühlen.



Hinter dem Tor führt unser erster Weg zu den Löwen, die wir am Morgen in der kleinen Straße in Richtung Pfanne gefunden haben. Sie sind noch da, aber in den spärlichen Schatten geflohen. Nur eine einzelne Löwin wacht in der Hitze des Tages eifersüchtig über die kümmerlichen Reste des Risses.



Ihre Artgenossen rühren sich wenig, und wenn, geht das auch noch ins Auge: Eins der Tiere tritt sich einen langen Dorn in die Pfote. Autsch, das tut schon beim Zuschauen weh!





Die Sichtung ist längst kein Geheimtipp mehr und durch die Nähe zum Camp auch für viele andere der erste Anlaufpunkt. Wir haben keinen schlechten Platz, doch Atmosphäre wie Action waren am Morgen besser. Als dann noch ein dicker Safari-Truck auf dem für seine Ausmaße viel zu schmalen Weg rangiert, treten wir den Rückzug an.

Ich hege eine ausgesprochene Abneigung gegen diese lauten, staubaufwirbelnden Ungetüme, die ich mit einem Gefängnistransport assoziiere. Kaum kommt der Koloss schnaufend zum Stehen, schieben sich die Kameras durch die winzigen Luken, die wohl eigentlich Fenster sein sollen. Nein, ich kann sie nicht leiden, diese Dinger, die zum Glück eher selten unsere Wege kreuzen. Das steht fest und daran ist auch nicht zu rütteln.



Bei Nebrownii ist es herrlich ruhig. Allerdings auch, was Tiere angeht :( . Der Monstertruck kommt angefahren, nix zu sehen, schon sind sie weg und wir wieder allein. Wir überlegen, wohin jetzt, da registriere ich in der Ferne einen Fleck. Er ist dick, bewegt sich und läuft schließlich an unserem Auto vorbei ins Erdgeschoss der Nebrownii-Wellness-Oase.





Dem Peeling folgt ein Drink oben an der Bar, mit Blick auf das wohl knackigste Hinterteil, das sich mir je präsentiert hat (sorry, Thomas B)).





Wir steuern Gemsbokvlakte an, ...



... unterwegs begegnen wir endlich Vögeln und natürlich dem Monstertruck, der uns fast zu verfolgen scheint. Er rollt in Richtung Olifantsbad, wir nicht, uns wird die Zeit zu knapp.





Wir sind außerdem beschäftigt: Wieder stehen wir allein am Wasserloch, wieder erscheint ein Fleck am Horizont; das nächste Spitzmaul, deutlich magerer als sein Artgenosse zuvor in Nebrownii, aber wieder so schön!





Zufrieden kehren wir um, voller Eindrücke und mit ausreichend Zeit. Denken wir. Doch dann ist Sense. Ich habe oft davon gehört, jetzt stecken wir mittendrin: Ein Elefant blockiert die Straße und in wenigen Minuten ist in Okaukuejo Toreschluss - was nun? Im Auto vor uns herrscht Ratlosigkeit, bei uns auch. Thomas guckt nervös auf die Uhr und dann auf mich, doch es nutzt nichts: rien ne va plus! Eine große Elefantengruppe hat mittlerweile die Straße überquert und ist weitergezogen, der Riese hat seine Aufgabe mit Bravour erfüllt. Doch er macht keine Anstalten, das Feld zu räumen. Keine Ahnung, warum. Wahrscheinlich, weil er es kann. Ein sturer Hund, dieser Elefant - er ist mir irgendwie sympathisch.

Weitere Wagen sind mittlerweile hinter uns und wir damit immerhin nicht allein mit der Misere. Innerlich arbeite ich bereits an meiner (Aus-)Rede zur Verspätung am Tor. Dann ein vertraut unangenehmes Brummen: Die "Knackis" kommen! Checken kurz die Lage, überholen uns und setzen sich an die Spitze der Bewegung. Der Truck rollt vor und zurück, es geht Gigant gegen Gigant, doch der Elefant bleibt cool: Du kannst nicht vorbei!



Der Fahrer lässt den Motor aufheulen. Ein tiefer, bedrohlicher Ton, und er wirkt - kurz, aber immerhin lang genug. Der Elefant dreht widerwillig ab, der Truck fährt los und Thomas bellt: "Bleib dran!" Lasse ich mir nicht zweimal sagen und klemme mich an die Stoßstange meines Vordermannes. Wir schaffen es gerade noch, hinter unserer kleinen Karawane schließt das Tor. Ich bin erleichtert und dankbar. Wer hat eigentlich jemals etwas gegen Monstertrucks gesagt? Ich jedenfalls bin Fan. Naja, zumindest für ein paar Stunden ;)

Wir boykottieren das Chaos-Restaurant und behelfen uns mit Stullen und Knabbereien aus dem campeigenen Shop. Chips zum Abendbrot, ich könnte mich glatt dran gewöhnen. Am Wasserloch schmeckt sowieso alles dreimal so gut.



Den Schlusspunkt setzen - wie könnte es anders sein - mehr Spitzmäuler.





Mein Liebling ist an diesem Tag nicht nur der dicke Laster, sondern auch ein Spitzmaul, das neugierig bis zum Zaun tapert, der Camp und Wasserloch voneinander trennt. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, als das Tier minutenlang direkt vor uns verharrt. So stark, so verletzlich, so kostbar. Uns geht es wie wohl allen in diesem besonderen Moment: Was den Schutz dieser Tiere betrifft, können wir nicht halsstarrig genug sein.

Letzte Änderung: 02 Mär 2020 22:49 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: kalachee, jaffles, Eulenmuckel, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, fotomatte, rofro und weitere 20
04 Mär 2020 18:16 #581752
  • Beatnick
  • Beatnicks Avatar
  • Beiträge: 1424
  • Dank erhalten: 8129
  • Beatnick am 19 Feb 2020 20:02
  • Beatnicks Avatar
Nix als Löwen

Tag drei im Etosha Nationalpark, und wir verlassen Okaukuejo mit Toröffnung in Richtung Halali. 70 Kilometer sind es nur bis dorthin, ein Glück, denn so richtig weit kommen wir erst einmal nicht.

Die Löwen vom Vortag sind noch da, haben sich aber fast ausnahmslos weit von dem kleinen Weg, der zur Pfanne führt, entfernt.



Ganz anders das Nebrownii-Rudel. Es hat sich am gleichnamigen Wasserloch versammelt und rüstet sich in der noch kühlen Zeit bei Sonnenaufgang für den Tag.





Einer der Junglöwen ist auf der Suche nach einem Spielkameraden, aber na sowas, keiner will so recht.



Wahrscheinlich alles eine Frage der Taktik. Vielleicht hilft ja Schmeichelei...,



...oder Penetranz...,



...oder vielleicht einfach mal so tun, als hätte man das Interesse verloren.





Anscheinend die richtige Strategie. :)







Weiter hinten auf der Ebene wirft sich eine Dame dem Rudelchef, den wir am Vortag als Solisten getroffen haben, regelrecht an den Hals. Mit mäßigem Erfolg. Noch scheint der Zeitpunkt nicht gekommen.





Vielleicht ist er auch nur schüchtern. Kein Wunder bei all dem Publikum. Die Springböcke, auf dem Weg zum Wasser jäh gestoppt, beäugen jedenfalls aufmerksam das missglückte Date des vermeintlichen Traumpaares.



Überhaupt ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, auch ein paar Meter weiter.





Rund eine Stunde ist seit unserem Aufbruch in Okaukuejo verstrichen, um kurz vor Acht wird es schon wieder richtig warm. Der Löwenmann kommt langsam näher, versetzt seine Nachkommenschaft in Alarmbereitschaft...



...und ihr Blick weist die Richtung.



Das ist das Signal für uns, wir setzen uns in Bewegung und kommen gerade noch rechtzeitig an der Hauptpad an. Ein Löwe nach dem anderen verschwindet in dem schattigen Durchlass direkt unter uns.





Ein letzter schmachtender Blick...



...dann ist die Show vorbei. Was für ein Start in den Tag! Gerade einmal acht Uhr, und schon ist er gelungen.

Letzte Änderung: 04 Mär 2020 18:18 von Beatnick.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Hanne, jaffles, Eulenmuckel, tigris, casimodo, Fluchtmann, Topobär, maddy, rofro, Yawa und weitere 23
Powered by Kunena Forum