THEMA: Namibia 2019: Zwischen Spitzkoppe und Sambesi
09 Mär 2020 18:31 #582166
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Game, Set and Match

Wäre der Etosha-Park ein Tennisplatz, hätten wir nach der Löwenbegegnung den ersten Satz im Sack. Mit der Gewissheit des Siegers sparen wir uns die große Schleife über Olifantsbad und Aus und fahren auf der Hauptstraße weiter gen Halali. Ohnehin zählen beide Wasserlöcher nicht unbedingt zu unseren allergrößten Favoriten, stattdessen freuen wir uns auf die Fahrt entlang der Pfanne mit ihrer einzigartigen Landschaft.





Beim Dreieck Sueda - Charitsaub - Salvadora liegen die Wasserstellen nicht nur schön, sondern praktischerweise auch nah beieinander. Dass sie von natürlichen Quellen gespeist werden, verleiht ihnen zusätzlichen Charme. Wie schon vier Jahre zuvor haben wir uns darum erneut dazu entschlossen, eine Übernachtung in Halali einzuplanen.





Bei Sueda verbringen wir einige Zeit mit Familie Strauß, die sich wenig schüchtern zeigt, aber auch ein bisschen schnippisch.







An Charitsaub haben wir tolle Erinnerungen. Vier Jahre zuvor spielten unter dem Baum vier kleine Löwen und am Wasserloch trank ein Spitzmaul. Komisch - irgendwie erwartet man immer dieselbe Situation am selben Ort. Als würde die Zeit stehenbleiben. Was natürlich Quatsch ist. Zeigt schon der tägliche Blick in den Spiegel. :pinch:

Still ruht Charitsaub, dafür sammeln sich schräg gegenüber zahllose Zebras bei Salvadora, der schönen Wasserstelle direkt am Pfannenrand.





Hier sollen sich gerne Löwen in den Dünen auf die Lauer legen. Wir scannen die Gegend mit dem Fernglas - keine Gefahr.







Weiß aber der Leithengst nicht. Und zögert. Ewig. Seine Gefolgschaft wird unruhig. Huf vor, Huf zurück, das Match zieht sich und steht auf des Messers Schneide. Dann endlich das Break! In einer langen, endlosen Schleife zieht der Tross zum Wasser.









Ein toller Anblick, dieses Streifenkuddelmuddel. Und auch ohne Löwen ein Big Point.





In Halali angekommen, fällt Thomas in ein mentales Loch. Sensorisch überlastet, nimmt er ein Timeout in unserem riesigen Bushchalet, das um Klassen besser ist als das Waterhole Chalet in Okaujuejo. Ich vertrete mir nach der vielen Sitzerei die Beine. Im Vergleich zum rummeligen Okaukuejo ist es wunderbar friedlich, nur die Vögel sind leider auch hier rar gesät.



Am Nachmittag sind wir wieder fit. In Rietfontein gibt es nichts für uns zu holen, bei Goas gefällt uns die Idylle.





Über Nuamses wollen wir zurück zur Hauptpad, das sind kaum zehn Kilometer, und ignorieren einen dicken Ast, der zur Hälfte quer über der Straße liegt. Ein (Doppel-)fehler, der Weg ist erbärmlich und zudem verlassen. Nur Schlaglöcher und Staub - unser Matchplan gerät arg durcheinander. Auch den Lookout, an dem man aussteigen und weit über die Pfanne blicken kann, klemmen wir uns. Die Zufahrt ist hundsmiserabel, die Landschaft rechts und links des zerklüfteten Weges apokalyptisch. Lieber bewahren wir die schönen Erinnerungen an unseren letzten Besuch vor sieben Jahren.

Am Lookout 2012


Etwas ernüchtert rollen wir zurück in Richtung Halali, zwei Steinböckchen dienen als Stimmungsaufheller.





Dann sehe ich etwas flitzen. Es verschwindet unter der Straße. Thomas will mir nicht glauben (ist wohl seine biblische Pflicht), doch ich bin stur (das hatten wir schon). Bleibe über dem Durchlass stehen. Motor aus und abwarten. Der Flitzer kommt auf der anderen Seite wieder heraus. Game, Set and Match! Der Nachmittag ist gerettet.





Nun haben wir einen Lauf, der Stotterstart ist Geschichte,...





...und Thomas auf Zack: Stopp! Den grauen Koloss auf grauem Grund hätte ich beinahe übersehen, obwohl er mir fast auf dem Schoß sitzt. Und wie macht er das eigentlich mit den Dornen? Wir rätseln und staunen.





Das Abendessen im campeigenen Restaurant ist keine Offenbarung, aber deutlich besser als in Okaukuejo, der Besuch am oft gelobten Moringa-Wasserloch bleibt wie vor vier Jahren ohne Befund. Wir können es verkraften, der Tag war ein voller Erfolg, und das Finale im Etosha kommt erst noch. Mal sehen, ob wir unsere Form halten können.
Letzte Änderung: 09 Mär 2020 19:52 von Beatnick.
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12 Mär 2020 21:36 #582505
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The golden waving grass

Ich bin meist gut vorbereitet auf unsere Reisen. Stöbere im Forum, im Netz, in Reiseführern. Diesmal habe ich in einem Foto-Guide eine kleine "Detour" entdeckt, die in rund neun Kilometern in einem Bogen parallel zum Hauptweg am Pfannenrand entlangführt. Mit Landschaften wie aus dem Bilderbuch. Weiten Ebenen voller "golden waving grass". Möglicherweise Cheetahs und zuweilen auch Nashörnern. Soweit die Theorie.

Nach unserer ebenso frühen wir erfolglosen Stippvisite bei Salvadora - Sueda - Charitsaub kehren wir also flugs um und biegen kurze Zeit später links ab. Aber kein Gold und kein Gras - nur grau-weißer Feinstaub, wie bei der Dürre nicht anders zu erwarten. Freispruch für den Foto-Guide also, aber das "goldene wogende Gras" wird zum Running Gag auf der restlichen Reise, wann immer es besonders staubig ist. Also ziemlich oft.



Immerhin mit einer Prognose soll das Buch Recht behalten:





Wieder zurück auf der Hauptstraße cruisen wir langsam in Richtung Osten. Das Wetter ist unentschieden, schon wieder, nicht gut, nicht schlecht, und so ganz anders als bei unseren bisherigen Etosha-Aufenthalten. Im Dezember hatten wir Jahre zuvor immer wieder Wolkenbrüche mit tollem Licht und dramatischem Himmel, und im November vier Jahre zuvor fast durchgängig blauen Himmel.



Die Fahrt macht dennoch Freude, immer wieder gibt's was zu entdecken.





In Springbokfontein ist das (Ried-)Gras zwar auch nicht "golden waving", aber immerhin hoch genug, um einen Löwenmann fast vollständig zu verdecken.



Dahinter wird der Himmel blauer, das Licht besser.





Nächster Halt Kalkheuwel. Ein stark frequentiertes Wasserloch, aber künstlich und so komisch gemauert und deshalb eher geht so, doch wir bleiben: Just bei unserer Ankunft kommt eine große Gruppe Elefanten zum Trinken.





Auch einige Elefantenkinder sind dabei, wir finden sie ziemlich klein, wissen aber auch nicht, was dieser Tag noch für uns bereithält.







Die Zebras können unsere Begeisterung nicht teilen, schon fast eine Stunde blockieren die Dickhäuter das Wasser und lassen die anderen Tiere gnadenlos in der heißen Vormittagssonne schmoren.



Da liegen die Nerven verständlicherweise blank.



Schließlich ziehen die Elefanten ab. Und wir auch. Wir checken die Wasserlöcher um Namutoni.





Bei Groot Okevi brüten Strauße ...



... und auf dem Weg nach Chudop frisst eine Giraffe auch in direkter Nachbarschaft unseres Autos ungerührt weiter. Wir sind schamlos und schauen ihr beim Essen zu (Macht man nicht, lehrte mich meine Oma. Aber die war auch nie auf Safari ;) ).





Chudop ist ein Schock für mich. Ich mag Nebrownii, weil es so ergiebig ist, aber ich mag Chudop mehr. Weil es natürlich, mit seinem Riedgras in der Mitte so pittoresk und darüber hinaus ergiebig ist. Doch nun ist das Wasserloch fast ausgetrocknet und nur eine kleine Pfütze übrig (Bilder gibt's am nächsten Tag). Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass es soweit kommt.

Es ist Mittag, sehr heiß und die Tiere haben sich in den Schatten verkrochen. Doch von Chudop alarmiert wollen wir auf dem Weg zum Onguma Bush Camp noch schnell den (Wasser-)Stand bei Klein Namutoni checken. Sieht alles gut aus, ich bin beruhigt und freue mich auf eine schöne, entspannte Pause in unserer nächsten Herberge. Doch dazu kommt es nicht - wir bleiben. Und das aus gutem Grund.
Letzte Änderung: 13 Mär 2020 00:06 von Beatnick.
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14 Mär 2020 15:42 #582700
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Der rosa Elefant

Just als ich den Gang einlege und wir Klein Namotoni in Richtung Onguma verlassen wollen, sehen wir erst eine Staubwolke und dann eine Elefantenherde mit großen Schritten zum Wasserloch eilen. Okay, Elefanten hatten wir schon viele während dieser Reise, aber wenn sie schon mal da sind, nehmen wir sie natürlich mit. B)



Erst auf den zweiten Blick entdecken wir zwischen den vielen Giganten einen Winzling, in den ich mich Hals über Kopf verliebe. Ich kann nicht einschätzen, wie jung er ist und leider auch niemanden fragen, denn in der prallen Mittagssonne sind wir das einzige Auto weit und breit - was ich in diesem Moment aufrichtig bedaure, denn Platz ist bei diesem Wasserloch allemal genug.



Der Kleine marschiert schon tapfer mit den Großen mit, ist aber ziemlich tapsig - und das mit dem Rüssel klappt auch noch nicht so richtig.





Der Gesamteindruck ist rosa. Die Nägel, die Augen, die Ohren, die an dünnes Fensterleder erinnern und wild in der Gegend herumflattern. Ich krieg mich fast nicht mehr ein.

Daumenlutscher


Das Baby ist ein Quatschmacher, platscht mit den rosa Füßen im Wasser herum und versucht mit dem Rüssel Blubberblasen zu machen. Was mehr schlecht als recht gelingt. Jetzt krieg ich mich überhaupt nicht mehr ein.







Ein paarmal haben wir echte Sorge, dass dem Kleinen ist dem Getümmel etwas zustößt. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall.



In der gesamten Gruppe dreht sich alles um das jüngste Mitglied, das nach Strich und Faden verwöhnt wird - auch von den anderen Kindern, die schon etwas größer sind. Wo ist er, was macht er, ein Schubser hier, ein Stupser da und viel geduldiges Warten, und als das Baby von der Toberei müde ist und sich eine halbe Stunde aufs (Knick-)Ohr legt, kesseln es die anderen Familienmitglieder zum Schutz regelrecht ein. Noch nie haben wir dieses eindrucksvolle Sozialverhalten so ausgiebig beobachten können.



Sonnenschirm auf Elefantenart


Die Gruppe zerfällt, ein Teil nimmt ein ausgiebigen Staubbad, ...





... die Teenager beginnen unter Bewachung eines Bullen eine ebenso wilde wie ausgiebige Wasserschlacht.









Am liebsten würde ich mitmachen. Wir werden in unserem Auto fast gebacken - egal! Auf die Uhr schaue ich schon lange nicht mehr.





Das Baby ist wieder auf den Beinen, die Elefanten marschieren direkt an uns vorbei ...



... zum anderen Ende des Wasserlochs. Die Chance für die anderen Tiere, die seit fast eineinhalb Stunden in der Warteschleife hängen.







Erst am Nachmittag kommen wir los und rollen zu einem Zeitpunkt bei Onguma auf den Hof, an dem wir normalerweise schon wieder in Richtung Etosha unterwegs wären. Doch schon jetzt steht fest: So viele tolle Elefantenbegegnungen wie diesmal hatten wir noch nie am "Großen weißen Ort".

Letzte Änderung: 14 Mär 2020 15:48 von Beatnick.
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17 Mär 2020 20:01 #583144
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Zaungäste

Ziemlich groggy, aber glücklich ...



... kommen wir im Onguma Bush Camp an. Schon zum dritten Mal haben wir uns hier einquartiert, die Lage direkt am Von Lindequist Gate ist günstig und die Anlage schön. Es gibt diverse Unterkünfte auf dem großen Gelände, dessen dazugehöriges Game Reserve 34.000 Hektar umfasst und an die "Fisher Pan" grenzt. Wir haben allerdings noch keine andere ausprobiert und waren immer happy.

Bild von 2012, der Stil der Zimmer ist unverändert


Klamotten ins Zimmer, Wasser ins Gesicht und eine kurze Kaffeepause, dann fahren wir später als gewöhnlich noch einmal in den Park hinein.





Die Wasserlöcher liegen in diesem Teil, den ich eigentlich sehr mag, ziemlich nah beieinander. Was ein ausgesprochenes Glück ist, denn dazwischen herrscht wegen der Dürre Ödnis. Kein Grashalm weit und breit. Die Tiere suchen die Nähe des Wassers, das macht das Beobachten leicht, doch die schöne Landschaft, das fehlt diesmal.





Bei Klein Namutoni steht ein Dikdik wie im Winter-Wonderland, und weil an dieser Stelle eine Senke ist, wird die Mini-Antilope jedes Mal frisch eingepudert, wenn ein Auto vorbeirauscht (anscheinend sind Dikdiks für ziemlich viele nicht von Interesse, was mich wirklich wundert...).



Es scheint sie nicht zu stören, was beinahe unglaublich ist, und wir beobachten sie eine Weile, wie sie ihren Gatten beobachtet. Wahrscheinlich rätselt sie genau wie wir, was er eigentlich an diesem Gestrüpp findet...



Eine Hyäne hat etwas mehr zwischen die Zähne bekommen, ...



... und immer wieder biegen wir bei Koinachas ein. Dreimal waren wir im Etosha, dreimal haben wir keinen Leoparden gesehen. Doch auch an dem für unverhoffte Katzenbegegnungen bekannten Wasserloch bleibt diese Rechnung offen.





Der Nachmittagsdrive fällt nach der späten Abfahrt kurz, die Bilanz des Tages dennoch hervorragend aus. Es dämmert, direkt hinter dem Gate biegen wir ab und schalten den Safarimodus aus.



Gedankenverloren rollen wir die wenigen Kilometer am Zaun entlang, die Onguma und den Nationalpark voneinander trennen. Ich sehe etwas aus dem Augenwinkel und bin irritiert, mein Hirn ist ausgeknipst, die Wahrnehmung verspätet. Eher instinktiv halte ich an.

"Äh, Thomas."
"Hmhm."
"Leopard."
"Hm ... hä?!"
"Leopard!"
"Hä?!"
"Da liegt ein Leopard."
(Nun ganz wach) "Wo?"
"Na da links."
"OH ...!"

Hektische Betriebsamkeit auf der Rückbank und nicht druckreifes Fluchen, denn der Zaun ist im Weg. Wir sind in Onguma, der Leo im Etosha, aber: Er ist unser erster in diesem Park - geht doch! Der Bann ist gebrochen.





Letzte Änderung: 17 Mär 2020 20:17 von Beatnick.
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21 Mär 2020 11:33 #583522
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Entzugserscheinungen

Safaris sind eine spezielle Sache. Viele unserer Freunde können kaum bis gar nicht verstehen, was genau wir eigentlich daran finden. "Ihr habt doch jetzt schon alles gesehen. Wird das denn nicht langweilig?"
Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe ausgesprochene Zweifel daran, dass ich eine vernünftige Erklärung liefern könnte. Also versuche ich es meist erst gar nicht, und hier muss ich das zum Glück auch nicht. Denn wir ticken wohl alle ähnlich.





Wir jedenfalls kriegen den Hals nicht voll. Es ist eine Sucht. Harmlos, doch sie will gefüttert werden. Außer natürlich, es herrschen besondere Umstände. Wie ein scheußliches Virus zum Beispiel. Dann muss sich die Sucht gedulden. Schlummern sozusagen. Doch weg ist sie nicht. Wird sie nie sein. Das weiß ich genau.





Als unser letzter voller Tag im Etosha anbricht, bin ich halb wehmütig, halb voller Vorfreude auf den Caprivi, wohin wir am nächsten Morgen weiterreisen. Auf dem Parkplatz des Onguma Bush Camp treffe ich den Guide einer Birdergruppe, deren Wege sich seit einiger Zeit immer wieder mit den unseren kreuzen. Sie fahren schon an diesem Tag nach Nordosten und haben unter anderem die Beeater-Kolonie in Katima Mulilo auf dem Zettel. Die Brutzeit der Vögel neigt sich dem Ende zu und so frage ich ein wenig bange, ob er glaubt, dass wir die Kolonie noch antreffen könnten. Er ist sich sogar sicher. Das sind sehr gute Nachrichten, und so ist es ein ziemlich guter Start in den noch jungen Tag.

Der Himmel hängt bleischwer über der ausgedörrten Landschaft und kündigt einmal mehr Regen an; Fake-News wohl, wie immer zuletzt, Chudop zeugt auf drastische Weise davon. Das schöne Wasserloch ist kaum mehr als ein Krater und wir müssen einen langen Hals machen, um überhaupt bis unten hineinschauen zu können. Das lohnt sich allerdings, denn neben der kümmerlichen Lache lagern vier Junglöwen und verteidigen die Pfütze in der lässig-ungehobelten Manier einer Horde Halbstarker gegen eine scheinbare Übermacht von Hyänen. Die machen zwar lautstark Front gegen die lästigen Katzen, können sie aber auch nicht vertreiben.





Die Teenies tun noch ein bisschen überlegen und cool, am Ende einigen sich die Streithähne jedoch friedlich-schiedlich und die Hyänen trinken am hinteren Ende, während die Löwen mehr oder minder gemütlich im Modder herumfläzen.



Dann ist mit den Flegeleien schlagartig Schluss. Ein echter Prachtkerl betritt die Bühne, die Halbwüchsigen sind ist wie ausgewechselt und nehmen brav Aufstellung.





Auf unsichtbares Geheiß hin folgen sie dem Chef schließlich ins dichte Gebüsch, nicht allerdings ohne den Zebras, die sich dem spärlichen Wasser hoffnungsvoll genähert hatten, einen Denkzettel zu verpassen. Wohl einfach, weil sie es können.



Wir cruisen von Wasserloch zu Wasserloch, die Fahrten dazwischen bleiben in diesem Teil des Parks in Ermangelung an Weidefläche wie schon zuvor relativ ereignislos. So schaffen wir es wieder locker bis Kalkheuwel.



Viele Zebras, wie schon am Vortag, und obwohl diesmal keine Elefanten das Wasser blockieren, gibt es wieder jede Menge Streit.





Gegen Mittag streifen wir auf dem Rückweg Klein Namutoni, instinktiv erwarten wir, die Elefanten vom Vortag anzutreffen - was natürlich nicht der Fall ist. Es ist relativ ruhig, und wer das Wasserloch jetzt sieht, kann sich kaum vorstellen, was am Tag zuvor zur selben Zeit dort los war. Was nicht heißt, dass es nichts zu entdecken gäbe.





Wie diese Giraffe zum Beispiel, die ruhelos am Wasser hin- und hergeht und immer wieder an exakt derselben Stelle stoppt. Es ist wohl ihre bevorzugte Stelle zum Trinken, doch ausgerechnet dort hat sich ein furchtloser Bateleur niedergelassen, der keinerlei Anstalten macht, seine Pole Position zu räumen. Weder schiere Körpergröße noch böse Blicke helfen - der Adler bleibt stur und der Sieger in diesem zumindest optisch ungleichen Ringen.



Die Pause in Onguma tut gut, zurück im Park mache ich die Probe aufs Exempel, stoppe per Handzeichen einen Game-Drive-Wagen und frage nach besonderen Vorkommnissen. Bei früheren Safaris sind wir häufiger so verfahren, hatten aber diesmal das Gefühl, nicht immer auf Gegenliebe zu stoßen. Auch die schöne Sitte, entgegenkommende Autos per Handzeichen zu grüßen, scheint aus der Mode zu sein. Vielleicht sind es aber auch einfach zu viele Autos geworden in den vergangenen Jahren. Dieser Fahrer aber ist sehr nett und berichtet von einem Löwenrudel, das ganz in der Nähe hinter den Okevi-Wasserlöchern am Pfannenrand einen Riss gemacht hat.

Wir müssen nicht lange suchen, denn die Löwin, die für die Bewachung des Kadavers zuständig ist, liegt mitten auf dem Weg.



Der Rest der Bande lungert vollgefressen in soviel Schatten, wie eben unter diesen schwierigen Umständen zu finden ist, und rührt sich kein Stück. Schade eigentlich, der Riss liegt günstig zur Straße und ist wohl noch keinen Tag alt. Hätten wir uns früher überwunden und um Rat gefragt, hätten wir möglicherweise einen Festschmaus erlebt. Ziemlich viel Konjunktiv zugegeben, unterm Strich können und wollen wir uns nach der bisherigen Ausbeute keinesfalls beschweren.



Action steht hier in nächster Zeit nicht zu erwarten, und so verlassen wir die trägen Katzen bald. Wir sind noch nicht weit gekommen, da krabbelt uns mitten auf dem Weg eine kleine Schildkröte entgegen. Sie macht keinerlei Anstalten, in absehbarer Zeit abzubiegen und ich würde sie gerne von der Straße wegsetzen, doch die Löwen sind direkt hinter der Kurve und vielleicht doch nicht so im Fresskoma, wie es den Anschein hat. :ohmy: Zum Glück nimmt sich der Guide eines entgegenkommenden Jeeps ein Herz, steigt aus und bringt das Tierchen in Sicherheit.



Wir fahren nach Tsumcor, das weiter nördlich liegt und für häufige Elefantenbesuche bekannt ist, und tatsächlich eilt uns dort schon nach kurzer Wartezeit eine Gruppe direkt entgegen.



Beinahe beängstigend, wie die Tiere so zielstrebig auf uns zumarschieren, nur mühsam widerstehe ich dem Drang, aufs Gas zu drücken und zu fliehen. Aber natürlich haben es die Giganten nicht auf uns abgesehen, sondern auf das Wasser dazwischen.





Auf dem Rückweg zieht sich der Himmel im Eiltempo zu, diesmal keine leere Drohung, die ersten Tropfen fallen. Es blitzt und donnert heftig in Richtung Caprivi, unserem nächsten Ziel. Oha, wie das wohl wird. Wir kennen Regen in Namibia als kurze, heftige Gewitterschauer, doch es regnet und donnert die ganze Nacht hindurch. Eine Wohltat für das Land und die Tiere. Wie lange das wohl so weitergeht?
Letzte Änderung: 21 Mär 2020 13:59 von Beatnick.
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24 Mär 2020 20:10 #584060
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Fahrende Musikanten

Sollen wir oder sollen wir nicht - noch einmal in den Etosha fahren? Das ist hier die Frage. 430 Kilometer nach Rundu liegen an diesem Tag vor uns. Kein Pappenstiel, aber gut machbar, denn die Strecke ist durchgängig asphaltiert. Wir stehen an der Weggabelung bei Onguma: Links geht es nach Grootfontein, rechts liegt das Von Lindequist Gate. Ihr ahnt es schon, eine rhetorische Frage letztlich. Ich biege ab. Nach rechts. Die Safari-Sucht, ihr wisst schon. Wir sind wohl ganz schön bekloppt...



Die manchmal herben, aber immer lustigen Damen an der Schranke kennen uns schon und freuen sich, dass wir noch einmal schwach geworden sind. Eher nebenbei bemerke ich, dass über Nacht die Zeiten angepasst worden sind und wir bereits vor einer halben Stunde hätten hineinfahren können. Das ist schade, aber nun mal nicht zu ändern, ebenso wie das Wetter, das mäßig ist. Noch immer tröpfelt es von Zeit zu Zeit vom grauen Himmel.

Thomas ist mit dem Umbau der Kameras befasst, dann also doch wieder Tele. Weiter vor mir kreuzt eine Katze den Weg, ich kann sie nicht zuordnen, ihre Statur ist mittelgroß und mir gänzlich unbekannt, dann folgt eine zweite mit Puscheln an den Ohren - Karakale!

Ich bin von den Socken, die haben wir noch nie gesehen. Scheu sind sie und geradewegs im Dickicht verschwunden, nur mit Mühe können wir sie entdecken. Thomas - mit dem Umbau nicht fertig - muss sich mit dem Weitwinkel begnügen und wurschtelt sich einen ab, aber unverhofft kommt eben oft.

Wir haben in diesem Bild zwei Karakale versteckt. Wer kann sie entdecken? B)


Am Pfannenrand bei Okevi lungern noch die Löwen vom Vortag herum. Vom Kadaver ist fast nichts mehr übrig, die Bäuche sind prall gefüllt.



Die Gnus bleiben trotzdem auch ganz ohne Corona vorsorglich auf Abstand.



Etwas weiter oben am Wasserloch tummelt sich der Rest des Rudels; die Plauzen so dick und rund, dass sie nur auf dem Rücken liegen können.



Noch einmal geht's bis Twee Palms und wieder zurück, dort soll eine Löwin mit ihren beiden Babys eingezogen sein. Am Vortag wurden sie gesichtet, wir finden leider keine Spur. Bei Klein Namutoni tanken wir, bezahlen den zusätzlichen Tag und decken uns mit Gesundfutter für die Fahrt ein, Kartoffelchips und Cola zum Brunch, warum auch nicht, wir haben ja Urlaub.



Unterwegs schalten wir das Autoradio ein, erst Nachrichten, getragen vorgetragen, inhaltlich dreht sich fast alles um die Dürre und manchmal auch Chinesen. Andere Station, andere Prioritäten, deutsche Schlager rauf und runter, nicht unbedingt mein Genre, aber - ein bisschen Spaß muss sein!



"Fahrende Musikanten, das sind wir
Immer auf Achse, das sind wir"


Zu Nina & Mike anno 1974 düsen wir erst bis Grootfontein und dann schnurstracks rauf nach Rundu, unbeschwert und frei. Der Song bleibt mir im Ohr, bis heute, und hat dabei eine trübe Färbung bekommen, denn mit dem "immer auf Achse" ist keine fünf Monate später ebenso unerwartet wie unvermittelt bis auf Weiteres Schluss.

Die Gegend ist einsam, rechts und links Drahtzäune, hinter denen privates Farmland liegt, doch je näher wir Rundu kommen, desto mehr ändert sich das Bild. Rinderherden am Straßenrand, jede Menge Trubel, einfache Hütten, Obststände und Holzschnitzereien, wir sind in der Region der Kavango und des Kunsthandwerks. Hier, so habe ich einmal gelesen, beginnt das wahre Afrika, und ich kann nachvollziehen, was gemeint ist.

Wir kommen gut voran, nur auf den letzten Kilometern wird es rumplig. Wir denken zuerst, wir haben uns verfahren, doch die Schilder weisen den Weg, vorbei an Ziegenherden und Kids, die mit einfachsten Mitteln auf Fischfang sind.



Am frühen Nachmittag sind wir da. Ein warmer Empfang und kalte Getränke versüßen uns auf Anhieb die Hakusembe River Lodge, die direkt am Ufer des Kavango liegt.





Dessen Wasser ist wegen der Trockenheit so seicht, dass die Menschen zwischen Namibia und Angola hin- und herwaten, ohne dass auch nur die Knie nass werden. Wir hatten es ohnehin nicht vor, doch Bootstouren finden hier seit Monaten nicht statt.



Die Idylle am Fluss begeistert uns dennoch, ebenso der schöne, riesige Garten, der sich als echtes Vogelparadies entpuppt.







Unser riedgedecktes Chalet liegt praktischerweise direkt am Pool, an dem ich den Rest des Tages faulenze, verströmt allerdings einen etwas muffigen Geruch, der noch tagelang an meinen Klamotten haftet. Der einzige Abzug in der B-Note, ansonsten Daumen hoch für Hakusembe als Zwischenstopp.





Das Abendessen ist eine besondere Erwähnung wert, ein Wahnsinnsbuffet mit riesiger Auswahl und ausgesprochen lecker. Zum ersten Mal koste ich eine Monkey Orange mit ihrem intensiven, gar nicht an Orangen erinnernden Geschmack - für mich eine der Entdeckungen des Urlaubs. Pappsatt und müde sinke ich in die Kissen und bin doch voller Tatendrang: Caprivi, wir kommen!

Letzte Änderung: 25 Mär 2020 07:41 von Beatnick.
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