5.Tag: 12. August 2013 : Die höchsten Dünen der Welt
Sesriem - Solitaire (220km Fahrt)
Solitaire Guest Farm, Dachzelt
Die Nacht ist windig und sehr kalt. Gegen 4 Uhr bemerke ich auf der Innenseite des Zeltes die kondensierende Feuchtigkeit. Egal, durchbeißen! Die Mädels haben die Skiunterwäsche und Hauben an.
Aufstehen um 6:15 bei Sonnenaufgang. Früher wollen und können wir eh nicht in den Park hinein. Bei den ersten Sonnenstrahlen lese ich 2 Grad vom Thermometer ab und bemerke die Eisschicht am Auto.
Wir starten den Wagen, drehen die Heizung auf und setzen die halb schlafenden Kinder wie sie sind ins Auto.
Bei immerhin schon kuscheligen 3 Grad klappe ich mit klammen Händen die Dachzelte zusammen und erfreue mich am angenehmen Gefühl der Aluleitern auf meiner Haut. Meine Handschuhe sind zwar im Reisegepäck aber natürlich ganz unten in der schon verstauten Tasche und ich hab keine Lust auf Suchen in dieser Kälte. Also Augen zu und durch.
Recht flott haben wir alles zusammen und holen uns den Frühstückskorb in der Sossusvlei Lodge ab. Das Monster an Korb können wir noch irgendwie zwischen die Taschen pressen. Die heißen Kannen mit Kaffee und Wasser kommen zu Claudias Füßen.
Wir fahren in den Park. Während der Fahrt wird es innen (Autoheizung) und aussen (Sonne) Minute um Minute wärmer. Die Kinder ziehen sich am Rücksitz um. Die Morgensonne taucht die Dünen entlang der Straße in ein herrliches Rot.
Wir erreichen den 4x4 Parkplatz.
Mein großer Moment naht. Die halbe Reisevorbereitung drehte sich um die Frage „Mit welchem Auto und wie komme ich auf eigene Faust bis ans Ende des Sossusvlei?“ Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit.
Step 1: Luftablassen
Step 2: 4x4L einlegen
Step 3: maximal 35 km/h und NIE stehenbleiben
Los geht’s!
Trotz unseres hohen Gewichts spielt sich das Auto beim Durchfahren des Sandes. Obwohl wir fast in der Kolonne fahren, kann ich es vermeiden, unterwegs stehenbleiben zu müssen.
Zwischen dem Dead-Vlei Parkplatz und dem Parkplatz am Ende entdecken wir eine einsame Picknickbank, die wir für unser Wüstenfrühstück nutzen. Herrlich! Kaffee, Tee, Obst- Wurst- und Käseteller, Joghurt, Müsli, Cornflakes. Nicht einmal ansatzweise schaffen wir die mitgegebene Menge. Obwohl viele Autos unterwegs sind, sind wir völlig ungestört und genießen die Ruhe der Wüste bei schon angenehmen Temperaturen.
Wir spazieren eine Runde durch das Sossusvlei. Kurz darauf fahren wir zum Dead Vlei Parkplatz.
Wir wandern zum Dead Vlei und schießen wunderschöne Bilder. Trotz der Kargheit der Landschaft gefällt es auch den Kindern sehr gut. Die Temperatur steigt immer mehr und der Weg zurück im tiefen Sand wird vor allem für Selina schon anstrengend.
Die Rückfahrt im Sand macht sehr viel Spaß.Ich fahre selten weniger als 30 km/h um ja nicht steckenzubleiben. Wahrscheinlich völlig unnötig, aber das Gerumpel und Gehupfe verzückt vor allem die zweite Reihe unseres Autos.
Am Parkplatz werden die Reifen wieder voll aufgepumpt. Geschafft! Die Sonderprüfung im Sossusvlei wurde erfolgreich abgelegt! Der Nissi und ich; eine verschmolzene Einheit im Kampf gegen die Elemente !
Mitleidig und mit mildem Lächeln beobachten wir Scharen an Leuten, die zwar wie wir mit Monster Hiluxen und Nissans am Parkplatz stehenbleiben, sich aber dann dort in die dicht gefüllten Shuttles drängen. Weicheier!
Am Parkausgang genehmigen wir uns ein Eis und ich besorge für morgen ein Permit für den nördlichen Teil des Parks. Ich habe vor, weniger die Hauptrouten Richtung Swakopmund zu nehmen, sondern auch Seitenstraßen und den Welwitscha Drive auf der Fahrt nach Swakop abzufahren. An einer Temperaturanzeige sehen wir 38 Grad im Schatten. 36 Grad Differenz in 5 Stunden ist schon was.
Wir lassen das Auto volltanken und stellen erfreut fest, dass der Wagen für die bisherigen 500km nur 70 Liter Benzin verbraucht hat. Na prima, so durstig ist er ja gar nicht !
Wir fahren los zur Solitaire Guest Farm, unserer heutigen Unterkunft. Nach einer guten Stunde sind wir dort und werden nett empfangen. Die Campsite ist 200m vom Haupthaus entfernt und wir haben ein neues, gemauertes WC und Duschhäuschen, natürlich open air exklusiv für uns.
Ich hab noch gar nicht die Zelte aufgestellt, da haben sich die Kinder schon mit den Hunden angefreundet und jedem einen Namen verpasst. Außerdem entdecken sie Pfaue, Kaninchen, Truthähne und zwei Oryxe im Gehege. Wie wir erfahren, haben sich die zahmen Erdmännchen und der Springbock leider vor kurzem ein neues Zuhause gesucht.
Da wir wieder mit frischen Temperaturen rechnen, verzichten wir auf Selbstversorgung und melden uns für das Abendessen an. Der Speiseraum ist sehr nett eingerichtet. Es gibt Suppen, Salate und Spinattörtchen als Vorspeise und als Hauptspeise Kudu Stroganoff und Oryx-Steaks. Selina bleibt bei den Beilagen, Leonie traut sich sogar den Oryx zu kosten und findet es lecker.
Nach dem Essen gibt es eine kleine Gesangs-Performance der Küchenkräfte.
Ganz nett und bemüht, aber für das Supertalent wird es wohl nie reichen
Richtig schmerzhaft wird es erst, als ich eine bekannte Melodie unseres Landsmanns Josef Haydn zu erkennen glaube. Tatsächlich: Die deutsche Bundeshymne mit Klicksprachentext wir in den Raum geschmettert. „FOR OUR GERMAN FRIENDS!“ Großer Applaus und Gelächter der germanischen Reisegruppe nebenan. Fassungslosigkeit und Verwunderung bei unserem Ösi-Tisch und den Franzosen nebenan.
Gerade will ich nach der der wörtlichen Übersetzung des Textes fragen, da verabschieden sich die Damen wieder in die Küche. Hätte mich brennend interessiert, was genau inhaltlich zum Besten gegeben wurde
Wir spazieren zum Auto zurück. Heute Abend ist es deutlich milder als gestern und auch kaum Wind. Das Abendprogramm verläuft immer entspannter und wird schön langsam zum Ritual.
Jeder weiß inzwischen großteils, was wie wann zu tun ist und auch die Kinder machen immer mehr mit. Wir sind zufrieden mit uns und der Welt und krabbeln die Leitern zu den Zelten hinauf.
Endlich sind wir so richtig im Urlaub angekommen.