THEMA: 1996 (35 Tage Namibia, Chobe, Vicfalls)
08 Aug 2013 16:16 #299459
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Montag, 3. 6. 1996

Schon um sieben Uhr bin ich mit einem Angestellten von Hoffmanns zur erneuten Reifenreparatur verabredet. Diesmal sehe ich mir alles ganz genau an, denn wenn uns ein derartiges Malheur noch einmal passieren sollte, will ich nicht mehr ganz so blöd dastehen wie bisher. Anschließend fahren wir in Richtung Sesriem, immer noch östlich am Namib - Naukluft Park entlang, und wieder kreuzen Oryxantilopen, Springböcke, Schakale und Löffelhunde unseren Weg. Die letzten 100 Kilometer vor Sesriem wird die Strecke sehr rauh, sie führt teilweise durch schroffe Berge, Gegenden, die wie Mondlandschaften anmuten. Direkt vor unserem heutigen Zielort ist die Pad derart von Sand verweht, daß ich das erste Mal den Vierradantrieb einlegen muß. Es macht richtig Spaß, sich da durchzuwühlen. Vor dem Office in Sesriem (hier haben wir die einzigen Übernachtungen auf dem Stellplatz vorgebucht, weil nur eine begrenzte Anzahl zur Verfügung steht), treffen wir erneut die jungen Leute vom Köcherbaumwald und aus Lüderitz. Natürlich wieder ein lautes „Hallo“ und jede Menge zu erzählen.



Am Nachmittag bereiten wir uns auf unsere erste Nacht im Zelt und unser erstes warmes Outdoorabendessen vor. Sämtliche Kisten und Schüsseln, Stühle, Tisch und anderes Zubehör werden abgeladen, Kocher- und Lampenaufsatz ausprobiert, Holz für das Lagerfeuer und Bier zum Löschen besorgt. Das Zelt aufzubauen dauert tatsächlich nur zwei Minuten, die Technik funktioniert hervorragend. Nachdem wir bisher soviel Fleisch gegessen haben, freuen wir uns auf Pasta. Es gibt Spaghetti mit Tomatensauce, natürlich mit viel Zwiebeln und Knoblauch. Daß wir anschließend im Zelt auf kleinster Fläche und wenigen Kubikmetern Raum die ganze, lange Nacht gemeinsam verbringen müssen, haben wir bei der Zusammenstellung des Menus natürlich nicht bedacht... Eine ganz neue Erfahrung für mich ist, das Essen lediglich mit einer Kochflamme im spärlichen Licht einer Taschenlampe zuzubereiten. Die andere Gasflasche mit dem Lichtaufsatz benötigt nämlich R., die anhand ihrer Unterlagen die Detailplanung für den nächsten Tag vornimmt.

Das Kochen dauert zwar ein wenig länger als in meiner funktionell eingerichteteten Küche zu Hause, aber schließlich ist es soweit: nur noch die Spaghetti „al dente“ sind abzugießen. Dazu benötige ich Hilfestellung: R. muß das Sieb halten. Dabei wird meine kleine Hilfskraft von der Wucht des Wassergusses und dem Gewicht der Teigwaren derartig überrascht, daß die Hälfte der so mühsam gekochten Spaghetti im Wüstensand landet. Na ja, ein spätes Festfressen für die Schakale, die nachts das Lager besuchen, und ich muß sowieso abnehmen...

Später sitzen wir mit einem Bierchen am flackernden Lagerfeuer und bewundern den trotz strahlenden Vollmonds prächtigen Sternenhimmel, lassen die Ereignisse der ersten Woche Revue passieren und erfreuen uns an der auch nachts herrlichen Kulisse der dunklen Berge mit den davorliegenden hellen Sandflächen. Es herrscht vollkommene Ruhe, die für uns Zivilisationsmenschen schon fast beängstigend ist. Für namibianische Winterverhältnisse ist es erstaunlich mild, erst relativ spät schlüpfen wir in unsere Schlafsäcke und verschließen das Zelt für den Rest der Welt - nur ein kleines Fensterchen muß wegen der Zwiebeln und des Knoblauchs geöffnet bleiben...

Dienstag, 4. 6. 1996

R. schafft vollkommen nahtlos - ich hatte es auch gar nicht anders erwartet - den Übergang vom Kramnachmittag in den Krammorgen. Aber das ist eben der Nachteil bei einem Dachzelt: man muß alles wieder einpacken und verstauen, zusammenklappen und verzurren, absichern und verschließen. Wir starten jedoch rechtzeitig vor Sonnenaufgang und nehmen die 60 Kilometer bis zum Sossusvlei unter die Räder.

Die Sonne wirft ihre ersten Strahlen über die dunklen Berggipfel, die helleren Dünen und die ebene Wüste mit ihrem ockergelben Sand, der teilweise rötlich zu leuchten beginnt - eine atemberaubende Atmosphäre.



An der Düne 41 oder 49 (spielt das überhaupt eine Rolle bei den tausenden von Dünen?) sind wir leider nicht allein, andere sind offenbar auch sehr früh aufgestanden. Sehnsüchtig warten wir darauf, daß die „blöden Touries“ verschwinden, denn wir wollen möglichst ohne irgendwelche störenden Fremdkörper photographieren. Diese Düne ist insofern besonders interessant, weil am Fuße des riesigen Sandberges mitten in der Wüste zwei Bäume wachsen. Offensichtlich reichen ihre Wurzeln an das hier vorhandene Grundwasser heran.



Die letzten fünf Kilometer sind nur für Fahrzeuge mit Vierradantrieb ausgewiesen. Eigentlich wollten wir diese Strecke laufen, aber in Anbetracht der jetzt schon sehr hohen Temperaturen, des tiefen Sandes und des starken Windes entschließe ich mich, doch zu fahren. R. wird ein wenig bleich um die Nase, obwohl ihr Gesicht schon recht anständig gebräunt ist. Und sie wird noch bleicher, als die ersten sehr tiefen Sandridges auftauchen. Und sie wird kreidebleich, als ich zum ersten Mal stecken bleibe, ich bin mit zu wenig Schwung in den Tiefsand gefahren.



Mit Schaukelbewegungen, abwechselnd erster Gang und Rückwärtsgang, befreie ich mich aus dieser mißlichen Lage. Aber schon zwei Kilometer weiter erwischt es mich dann endgültig. Ich sitze derartig fest, daß der Motor abstirbt. Mit Schaukelbewegungen ist da nichts mehr zu machen. Also: aussteigen und freischaufeln. Zusätzlich lasse ich noch Luft aus den Reifen, um eine bessere Traktion zu erreichen. Ich will gerade wieder starten, da taucht hinter uns ein weiteres Fahrzeug auf, offensichtlich ein Profi, denn mit Schwung zieht er rechts an mir vorbei. Er kommt aber auch nur fünf Meter weit, dann sitzt sein Wagen ebenfalls fest. Das kann oder will der Fahrer wohl nicht so ohne weiteres akzeptieren, denn er versucht permanent, mit Vollgas freizukommen. Mit dem Ergebnis, daß das Fahrzeug anschließend bis zu den Achsen im Sand versunken ist. Er steigt aus, mit ihm drei oder vier Fahrgäste, gemeinsam begutachten sie die Situation. Man beschließt: die Touries müssen schieben. Auch ich helfe mit, das Fahrzeug versinkt jedoch immer weiter im Sand, weil der Bengel einfach zuviel Gas gibt. Mit süffisantem Grinsen leihe ich diesem „Profi“ dann unsere Schaufel, und der Junge hat ganz schön zu schippen... R. unterhält sich unterdessen mit seinen Gästen, die berichten, daß ihr Guide ein recht großer Klugscheißer sei. Als er uns feststecken sah, kündigte er an, ihnen und mir zeigen zu wollen, wie solche Passagen zu fahren seien... Diese Episode könnte wirklich unter der Überschrift stehen: „Hochmut kommt vor dem Fall“.

Kurze Zeit später erreichen wir die Pfanne und frühstücken erst einmal ausgiebig. Dann hinauf auf die Dünen. Ist das anstrengend in dem weichen Sand! Immer wieder rutschen wir abwärts, unser Atem pfeift, die letzte Kondition raubt uns der scharfe Gegenwind. Aber die Plackerei lohnt sich, oben erwartet uns ein grandioser Ausblick über das Dünenmeer der Namib und die ausgetrocknete Pfanne. Ein erstes, wirkliches Highlight unserer Tour.





Der Rückweg durch die tiefen Sandridges verläuft ohne Probleme; ich bin schließlich noch lernfähig. Im Camp bauen wir unser Zelt wieder auf und erfreuen uns anschließend an einer ausgiebigen Dusche. Doch als R. von ihrer Säuberungs- und Entsandungsaktion zurückkehrt, traue ich meinen Augen kaum. Ihr Gesicht ist blutig und verschrammt. Was ist passiert? Aufgeregt, fast den Tränen nahe, berichtet sie, daß sie beim Überziehen ihres T - Shirts nach der Dusche ihre Brille - ihre neue Brille im Wert von mehr als tausend Mark - auf der Nase gelassen habe, garantiert das erste Mal und ganz gegen übliche Gewohnheit, und nur, weil es in der Duschkabine keine geeigneten Ablageflächen gegeben habe, sie ist doch sonst, das wüßte ich doch auch, immer so vorsichtig, und daß diese Brille, bevor sie zu Boden fiel und der Bügel sich verkrümmte, ihr das Gesichtchen blutig gekratzt habe und wie man überhaupt solche Brillen konstruieren könne... Es gelingt mir, sie mit dem Hinweis auf ihre Ersatzbrille zu trösten, die sie in weiser Voraussicht bewußt in einem Hartschalenetui mitgenommen hat. Aber insgeheim feixe ich doch ein wenig, daß ausgerechnet meiner übervorsichtigen Frau so etwas passiert.

Der Nachmittag ist der Regeneration gewidmet. Wir lesen endlich wieder einmal einige Seiten, planen die Touren für die nächsten Tage und genießen die herrliche Umgebung. Am späteren Nachmittag treffe ich bereits einige Vorbereitungen für die Zubereitung unseres heutigen Abendessens. Obwohl ich gerade geduscht habe, umschwirren mich dabei belästigend etliche Fliegen. Mit wedelnden Handbewegungen versuche ich, die Plagegeister zu verscheuchen. Dabei bemerke ich ein Paar mittleren Alters, das mir aus etwa zehn Meter Entfernung zuwinkt. Freundliche Leute, denke ich. Sie kommen näher und wir begrüßen uns. Es stellt sich heraus, daß sie mein Fliegenwedeln ebenfalls als Winken gedeutet haben... Sie berichten, sie seien aus Südafrika, aus der Nähe von Hermanus, und daß sie mich und meinen kleinen S o h n schon in Lüderitz auf dem Zeltplatz gesehen hätten. Das mit dem Datum stimmt, aber das ich mit irgendeinem Bengel auf dem Campingplatz gewesen bin, streite ich strikt ab. Sie beharren jedoch auf ihrer Aussage und deuten dabei auf R., die sich in ca. zwanzig Meter Entfernung aufhält. Ein offensichtlicher Irrtum, den ich natürlich sofort korrigiere. Meine Gesprächspartner bleiben skeptisch. Doch ich versichere hoch und heilig, daß es sich wirklich um eine, nämlich um meine Frau handelt und nicht um meinen S o h n , daß man im äußersten Notfall auch den Beweis dafür antreten könne - irgendwie werde ich R. schon überreden können, es geht ja schließlich um ihre Reputation. Ihre Friseuse aus unserem Heimatort in Deutschland hat es mit der Kurzhaarfrisur eben doch etwas übertrieben! Schließlich gelingt es mir mühselig, die beiden zu überzeugen, daß sie einer Fehleinschätzung aufgesessen sind. Wir unterhalten uns zu dritt noch eine Weile, ich erzähle, daß wir Südafrika 1994 bereist hätten und daß es uns in Hermanus besonders gut gefallen habe.

Schließlich brenne ich darauf, meinem lieben, kleinen Söhnchen diese unglaubliche Geschichte zu erzählen und natürlich darauf, sie ordentlich durch den Kakao ziehen zu können. Ich benötige nur noch einen mehr oder weniger eleganten Ausstieg, um das Gespräch mit den beiden Südafrikanern zu beenden. Meine Bemerkung „Nun ist es aber Zeit für einen Sundowner“ wird von ihnen jedoch als Einladung aufgefaßt, und sie folgen mir auf unseren Stellplatz. So hatte ich das nicht gemeint, aber vielleicht ist mein Englisch doch nicht so perfekt. Notgedrungen muß ich meine eiserne Reserve von einem Sixpack Bier anbrechen und anbieten. Ich berichte R. von dem „Irrtum“. Erfreulicherweise nimmt sie die ganze Geschichte mit viel Humor, unser gemeinsames Gelächter ist so laut, daß andere Campbewohner etwas pikiert zu uns herüberschauen. Wir ratschen noch ein wenig, und ich wundere mich, wie selbstbewußt und gut R. sich englisch unterhält. Es endet schließlich damit, daß wir von den beiden Südafrikanern zu einem typischen Braaiessen eingeladen werden.

Beim Essen sind wir zu sechst, ein weiteres, junges Paar aus der Nähe von Kapstadt ist ebenfalls dabei. Der Mann sieht ein wenig aus wie Götz George, Rambotyp, Jagdbogenschütze und auf dem Wege zu einer Jagdfarm, um mit Pfeil und Bogen einen Kudu zu erlegen. Das Essen ist vorzüglich, wir unterhalten uns blendend, wenn auch ein wenig stockend, denn alles muß ins Englische transferiert werden, bei uns aus dem Deutschen und bei den Südafrikanern aus dem Afrikaans. Man versucht vehement, aber erfolglos, uns eine Farm zu verkaufen (alle Deutschen sind doch so reich), wir erhalten eine Einladung, wieder einmal Hermanus zu besuchen, und versprechen, nach unserer Rückkehr nach Deutschland zu schreiben. Erst relativ spät schnappe ich meinen kleinen S o h n, denn für ihn wird es höchste Zeit, schlafen zu gehen...

Nachtrag

Diese beiden Bilder sind in 2000 aufgenommen. Damals stand Wasser in der Pfanne!





Mittwoch, 5. 6. 1996

Es wird doch acht Uhr, bis wir unsere Siebensachen zusammengepackt haben und Richtung Swakopmund starten können. Der erste Teil der Fahrt führt noch einmal durch eindrucksvolle Berg- und Dünenformationen des Naukluftgebirges mit ihren faszinierenden Farbspielen. Hinter Solitaire lesen wir einen Schwarzen auf, der sich mühsam auf ein winzigkleines, freies Plätzchen auf der Rückbank zwängt. Er ist allein bei sengender Sonne in endloser Weite unterwegs und will anfangs nur bis auf die nächste Bergkuppe mitgenommen werden. Aber er rührt und rührt sich nicht, und ich fahre und fahre, und erst nach mindestens zwanzig Kilometern gibt er ein Zeichen, daß er offensichtlich am Ziel seiner Wünsche angekommen ist. In einem Talgrund an einem der sehr seltenen Schattenplätze warten schon etliche Kumpel mit einem Pickup auf ihn. Ob die auch so lange gewartet hätten, wenn er den ganzen Weg zu Fuß hätte zurücklegen müssen? Erst im Nachhinein kommt uns zum Bewußtsein, daß unser Verhalten ganz schön leichtsinnig war: wie leicht hätte das ein Hinterhalt sein können...

Kurz darauf erklimmen wir den Kuiseb Pass und durchqueren den gleichnamigen Canyon. Danach wird’s langsam happig, die Pad wird schlecht und schlechter, die Sonne gleißt, der fast weiße Sand und Kies, aus dem die Fahrbahn und die ganze Umgebung besteht, reflektiert dieses unangenehme Licht, der allgegenwärtige Staub tut ein übriges, um die Augen zu reizen und Kopfschmerzen zu verursachen. Zudem zwingt mich ein starker Seitenwind zu vorsichtiger Fahrt. So sehr hat mich auf dieser Reise noch keine Tour angestrengt. Auch R. spürt die Auswirkungen, aber bei ihr sind offenbar nicht nur die Augen gereizt. Sie fühlt sich kurz vor Erreichen von Swakopmund durch meine Bemerkung provoziert, daß sie heute für die Quartiersuche zuständig sei und nachmittags verabredungsgemäß mit Fa. A. telefonieren müsse. Sie wird richtig stinkig und unterstellt mir, daß ich sie damit ärgern wolle. Ich und jemanden ärgern, unfaßbar! Oder doch nicht so ganz? Wir legen diesen Streit schnell bei, R. bucht unser Hotelzimmer, und ich telefoniere mit Fa. A.. Beim Ausladen bemerke ich, daß meine Pfeifentasche fehlt. Wir stellen den ganzen Wagen auf den Kopf, sie bleibt verschwunden. Als einzig plausible Erklärung fällt uns ein, daß diese blöde Tasche mit drei meiner Lieblingspfeifen, zwei davon Geschenke von meiner Tochter, und auch noch der „gute“ Pfeifenstopfer von R., den ich bislang so „geschont“ habe, bei einer unserer kurzen Pausen von der Rückbank in den Sand gefallen ist. Meine Holde nimmt’s aber sehr gelassen, vielleicht ist sie auch ein wenig froh, daß es jetzt praktisch pari steht, so mit Brille und Pfeifentasche. Von nun an müssen wir jedoch ein wenig vorsichtiger sein, sonst wird es ein sehr teurer Urlaub, es ist erst eine Woche herum, und vier Wochen liegen noch vor uns.

Swakopmund, eine etwas größere Ausgabe von Lüderitz, könnte auch eine Kleinstadt in Deutschland sein. Wir bummeln durch die „Kaiser-Wilhelm-Straße“, sehen uns die Auslagen in der „Adlerapotheke“ an und informieren uns, welche Speisen in der „Krone“ und im „Grünen Kranz“ angeboten werden. Vom Landungssteg aus beobachten wir eine Robbe, die sich mit einem riesigen toten Fisch abmüht. Um Stücke herausreißen und fressen zu können, wirbelt sie den Riesenfisch unermüdlich mit erstaunlicher Kraft durch die Luft und klatscht ihn anschließend auf das Wasser. Auch bei uns macht sich jetzt ein kleiner Hunger bemerkbar. Mir fällt ein, daß ich in der Stadt ein Schild mit der Aufschrift „Bratwurstbude“ gesehen habe. Also, nichts wie hin! Einen guten Riecher muß der Mensch haben, selten haben wir bisher eine so gute Thüringer Bratwurst gegessen, und mit dieser Aussage meine ich Deutschland und nicht Namibia. Wie deutsch geprägt Swakopmund tatsächlich noch ist, beweist sich später am Abend. Nach dem Essen rauche ich in einer Kneipe ein Pfeifchen (ich habe Gottseidank noch vier weitere dabei) und trinke ein Bier. Dabei kann ich bei einigen Südwestlern, so nennen sich die Deutschstämmigen hier selbst, beim Skat kiebitzen. Dafür muß man nun um die halbe Welt fliegen...
Letzte Änderung: 09 Aug 2013 19:28 von afra.
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09 Aug 2013 19:30 #299627
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Hurra, ich habe es geschafft...... :) :)

Die Bilder sind jetzt gross!!!!

Gruss Ruth
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09 Aug 2013 19:36 #299629
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afra schrieb:
Hurra, ich habe es geschafft...... :) :)

Die Bilder sind jetzt gross!!!!

Gruss Ruth

Ich dacht grad schon: Wasn hier passiert??? :woohoo:

Glückwunsch!!! :)

LG Bele
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09 Aug 2013 19:57 #299636
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Hallo, Bele,

ja, so etwas lässt mir keine Ruhe - da muss ich dranbleiben, bis es passt (meistens).

Morgen geht es weiter mit Etosha. Da habe ich noch ein paar schöne Elefantenbilder..... :P

LG Ruth
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10 Aug 2013 14:34 #299701
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Donnerstag, 6. 6. 1996

Trotz des geruhsamen Nachmittags am gestrigen Tag haben wir uns von den Strapazen der ersten Woche noch nicht vollständig erholt, so daß wir relativ lange schlafen, in Ruhe frühstücken und anschließend unsere Vorräte ergänzen. Während R. wieder einmal zeitaufwendig (nicht ihre Schuld!) Geld tauscht, suche ich die Post und werfe die pflichtschuldigst geschriebenen Ansichtskarten in den Briefkasten.

Unser heutiges Ziel ist die Ameib-Ranch. Unterwegs verzichten wir darauf, ganz nahe an die Spitzkoppe heranzufahren und bewundern das „Matterhorn Namibias“ nur aus der Ferne. Die Ranch erreichen wir nach relativ kurzer Fahrt von ca. 180 Kilometern und bekommen problemlos ein sehr geräumiges Zimmer. Nachmittags wandern wir zur Philips - Cave, einer Höhle mit Buschmannzeichnungen. Besonders eindrucksvoll ist eine Zeichnung, die einen weißen Elefanten darstellt, aber auch die Abbildungen der Strauße, Antilopen und der beutetragenden Jäger sind absolut naturalistisch ausgeführt.




Obwohl die Wanderung nur wenig mehr als eine Stunde dauert, bekommen wir einen realistischen Eindruck davon, was es heißt, sich bei diesen Temperaturen extrem zu bewegen - der Schweiß fließt in Strömen. Im Anschluß an die Wanderung besichtigen wir noch die skurilen Felsformationen und „Wackelsteine“ bei „the Bull Parties“ sowie beim „Elefantenkopf“, bevor wir auf die Ranch zurückkehren.

Hier erwarten uns weitere Attraktionen: auf der Farm gibt es Elefanten (da sind wir nach 17 Jahren doch etwas unsicher, ob es die damals dort tatsächlich gab – zumindest haben wir keine gesehen!!) Schakale, Warzenschweine, Kudus, Geparde, jede Menge Federvieh sowie Affen. All diese Tiere (s. o. Elefanten ??) werden in Käfigen oder Gehegen gehalten. Auf die Affen, besonders auf einen von ihnen, muß ich unbedingt noch einmal zurückkommen, und zwar „natürlich“ in Verbindung mit R.. Sie will partout einmal jemandem auf der Ebene von einhundertsechsundfünfzig Zentimetern in die Augen sehen und bewegt sich dicht auf den Affenkäfig zu. Dabei unterschätzt sie offensichtlich die Reichweite der Arme des großen Affenmannes, der schon mit gierigen, weit aufgerissenen Augen auf sie und den richtigen Augenblick wartet. Als R. sich auch noch etwas herunter- und vorbeugt, schaut er nicht etwa in ihren ohnehin nicht sehr offenherzigen Ausschnitt, sondern greift blitzschnell mit seiner linken Hand durch das Käfiggitter und verkrallt sich in ihrem Kurzhaarschopf, in den er sich offenbar verliebt hat. Ich stehe zwei, drei Meter entfernt und weiß nicht, was ich tun soll, eingreifen, um sie aus dieses mißlichen Lage zu befreien, oder mich erst einmal vor Lachen ausschütteln. Aber geistesgegenwärtig, bevor sie von dem Affen vollends skalpiert wird, ergreift R. entschlossen die Initiative und entwindet sich dem schmerzhaften Zugriff. Mit mir beobachten zwei Farmarbeiter die Szene, und nachdem die Gefahr vorbei ist, feixen sie über ihre breiten, schwarzen Gesichter, dabei ihre spitzen, zugefeilten Zähne zeigend. Meine Frau beweist abermals Humor, denn nachdem sie ihren Schrecken überwunden hat, stimmt sie in das allgemeine Gelächter ein.

Nach einem opulentem Abendessen in der Boma der Ranch lassen wir den Abend mit einer guten Flasche Wein ausklingen, den wir auf einer Bank vor unserem Zimmer genießen. Dabei bewundern wir einmal mehr den phantastischen Sternenhimmel, der sich über uns wölbt.

Freitag, 7. 6. 1996

Entgegen unserer ursprünglichen Absicht fahren wir heute schon in den Etosha National Park, weil wir befürchten, daß wir mit unserem Bargeld oder unseren bargleichen Mitteln etwas knapp werden könnten. In den staatlichen Restcamps in Namibia kann man nämlich mit Kreditkarte zahlen! Zudem erhoffen wir uns einige etwas geruhsamere Tage, denn die Zeit bisher hat doch ganz schön geschlaucht. Nach 400 Kilometern erreichen wir Okaukuejo, das erste Camp in der Etosha-Pan. Leider ist kein Rondaveel mit Kochgelegenheit mehr frei, wir nehmen notgedrungen mit einem geräumigen Zimmer vorlieb, das wir aber auch nur für zwei Tage bekommen.

Okaukuejo verfügt, wie alle anderen Camps in der Etosha, über eine beleuchtete Wasserstelle. Hier sehen wir abends Elefanten, Schakale, ein junges Rhino, etliche Antilopen und Zebras und jede Menge Leute... Mit Photoapparaten und Videokameras, mit Bier und Wein und Chips ausgerüstet, lassen sie sich den Wildtierbestand der Etosha wie auf einem Präsentierteller unter Flutlicht servieren. Überall Gelächter und Gekreische, ein ständiges Kommen und Gehen, trubeliger als in einem Großstadtzoo: Volksfestatmosphäre. Für uns steht fest - das ist unsere Sache nicht!





Samstag, 8. 6. 1996

Früh brechen wir zu unserer ersten Pirschfahrt auf. Im Gegensatz zum Krüger Nationalpark in Südafrika sehen wir hier riesige Zebra-, Gnu- und Antilopenherden. An einer Wasserstelle beobachten wir äußerst streitbare Oryxantilopen, die anderen Tierarten den Zugang zum Wasser verwehren. Wir stellen fest, daß Tierbeobachtung hier in der Etosha fast ausschließlich an Wasserstellen möglich ist, der Park ist verkehrsmäßig nicht so „optimal“ erschlossen wie der Krügerpark.





Nach einer ausgedehnten Siesta starten wir nachmittags zu einer weiteren Pirschfahrt, diesmal direkt an der eigentlichen Pfanne entlang. Über zwanzig Giraffen stolzieren erhaben vor dem blendenden Weiß der endlosen Pfanne zu einem Wasserloch, ganz plötzlich galoppieren sie jedoch raumgreifend in die entgegengesetzte Richtung, ohne dabei ihre Anmut zu verlieren. Was sie in Panik versetzt hat, ahnen wir, als wir in etwa 200 Meter Entfernung einen majestätischen, ausgewachsenen männlichen Löwen sehen.



Der liegt jedoch nur träge im Gras und läßt sich die warme Nachmittagssonne auf den Pelz brennen. Schon ist es Zeit, ins Camp zurückzukehren, denn die Nacht kommt schnell in diesen südlichen Breiten, und die Parkranger sind unerbittlich mit Strafen, wenn man erst nach Sonnenuntergang das Camp erreicht.

Vor dem Abendessen bummeln wir zur Wasserstelle. Ein einzelner Vorzeigeelefant dreht und wendet sich photographiergerecht nach allen Seiten im ausdrucksvollen Licht der untergehenden Sonne, dabei Rüsselbewegungen ausführend, die jedem Hobbytierphotographen das Herz im Leibe aufgehen lassen. Ich bitte R., die Gelegenheit zu nutzen und eine Aufnahme zu machen. Sie prüft sehr gewissenhaft das Motiv, wendet sich von links nach rechts, geht vor und zurück, dabei ihrer Nachbarn nicht achtend. Sie tritt abwechselnd auf Füße und gegen Schienbeine, bohrt ihre Ellbogen in Rippen und Weichteile der mehr oder weniger Unbeteiligten und vollführt andere, sehr sonderliche Bewegungen. Dabei bewegt sie sich aber so graziös, daß ich unwillkürlich an eine Art rituellen Tanz denken muß. Übt das dunkle, schwarze Afrika seine Magie aus? Hat so der Tanz um das goldene Kalb (den mächtigen Elefantenbullen) ausgesehen?

Um ernsteren verbalen oder handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Verletzungen, Blutvergießen bzw. dem Ausbruch des dritten Weltkrieges vorzubeugen, wage ich es, sie auf ihren Übereifer hinzuweisen und sie um etwas mehr Vorsicht zu bitten. Aber jetzt geht es los: sie brauche ihren künstlerischen Freiraum und keine Bevormundung, die anderen stünden schon seit mindestens, wenn nicht schon länger da, sie hätte die gleichen Rechte und ich keine Ahnung und, und, und..., also kurz, ich werde wie ein Massenmörder, Hochverräter, Kinderschänder, Vergewaltiger, im höchsten Grade Schwachsinniger behandelt. Um ihr Zeit und Gelegenheit zu geben, etwas abzukühlen, gehe ich schon vor und beginne mit der Zubereitung des Abendessens, wieder auf dem Campingkocher, denn wir haben ja keine Kochgelegenheit im Zimmer. Das Essen paßt dann so richtig zu der Stimmung: die Spaghetti sind zwar diesmal ausreichend, dafür aber matschig - glitschig, die Tomatensauce ist nicht besonders gut gelungen, die Mücken sind aufdringlich und der richtige Bierdurst will sich sich auch nicht einstellen. Später verlasse ich noch einmal kurz das Zimmer, um zum Auto zu gehen, dabei bleibt die Moskitoschutztür zwangsläufig etwa zwei Sekunden geöffnet, weil ich erstens selbst durchgehen muß und zweitens fürsorglich nachfrage, ob ich etwas mitbringen soll oder kann. Jetzt kommt zu meinen bisherigen Vergehen auch noch Seuchenverbreitung! Sehr früh erlischt bei uns das Licht...

Sonntag, 9. 6. 1996

Ein neuer, herrlicher Tag, die Stimmung ist wieder gut, wir freuen uns auf weitere Erlebnisse. Beim Abholen des Permits sagt mir der Parkranger, daß die anderen Camps im Nationalpark ebenfalls ausgebucht seien. Na ja, wir wollen es aber auf jeden Fall in Halali, einem weiteren Camp im Nationalpark, versuchen, notfalls müssen wir zelten.

Unterwegs kommt uns mit einem irrsinnigen Tempo ein Fahrzeug entgegen, eine dichte Staubfahne hinter sich herziehend. Ich fahre wie in eine Nebelwand, bin also gezwungen, meine Geschwindigkeit stark zu reduzieren. Als sich der Nebelstaub lichtet, trauen wir unseren Augen kaum: in nur fünf Meter Entfernung schreiten stolz und von uns vollkommen unbeeindruckt zwei fast ausgewachsene männliche Löwen über die Fahrbahn. Erregt fordere ich R. auf, schnell zu photographieren, da ich ja am Steuer sitze. Aber wir haben schlechte Karten: der Photoapparat ist noch staubsicher in der Tasche verstaut, es müssen zwei Klick-, ein Klett- und drei Reißverschlüsse geöffnet und das Objektiv gewechselt werden, dann ist der große Seitenspiegel des Fahrzeugs im Wege, außerdem steht die Sonne nicht richtig, und zwei Grashalme versperren die optimale Sicht. Die ersten Aufnahmen gelingen erst, als die beiden Löwen schon fast unsichtbar im hohen Gebüsch verschwunden sind. Ich versuche, mit dem Auto die Verfolgung aufzunehmen, aber nach kurzer Zeit muß ich aufgeben, es ist aussichtslos, die beiden Kameraden sind verschwunden. Nur langsam legt sich unsere Aufregung, ist an die Fortsetzung unserer Pirschfahrt zu denken - das waren eben mit Sicherheit keine Photomodelle oder Salonlöwen... An einer Tränke „wartet“ dann jedoch eine große Gnuherde auf uns, sie läßt sich alle Zeit der Welt, und wir können müßig den liebevollen Umgang der Gnumütter mit ihren neugeborenen Kälbern beobachten. Es ist beinahe Mittag, als wir wieder aufbrechen, jetzt pressiert es uns ein wenig, wir haben Hunger, wollen uns nach dem langen Hocken im Auto die Beine vertreten, und außerdem ist die Übernachtungsfrage noch nicht gelöst. Und siehe da, für uns steht ein wunderschöner Bungalow mit zwei Schlafzimmern, zusätzlichem Wohnraum mit integrierter Küche, Dusche, WC, überdachter, schattiger Veranda, Grillplatz vom Feinsten und ausreichend Parkmöglichkeit zur Verfügung. Hier muß man sich einfach wohlfühlen!



Bevor wir uns häuslich einrichten, bummeln wir erst einmal durch das weitläufige Camp. Obwohl wir nur Gummischlappen an den Füßen haben, kämpfen wir uns auch noch trotz brennender Sonne einen recht steilen Aussichtshügel hinauf. Danach haben wir uns eine ausgiebige Siesta wirklich verdient. Um uns verdient macht sich heute nachmittag auch R., sie wäscht in der nahegelegenen Waschküche verschmutzte T-Shirts und Socken aus. Anschließend fahren wir wieder pirschen, die Umgebung von Halali ist sehr viel abwechslungsreicher als im übrigen Park, weil einige Hügel und Kuppen das ansonsten ebene Gelände auflockern. Als Highlight erleben wir eine riesige Elefantenherde, ca. 30 Tiere mit vielen Kleintieren dabei, die sich an einer Wasserstelle vergnügt. Obwohl die grauen Riesen eigentlich keine natürlichen Feinde haben, werden einige Halbwüchsige als Wächter abgestellt, die das Geschehen genauestens beobachten und lästige Störenfriede, wie beispielsweise Gazellen, nachdrücklich vertreiben.






Abends bereiten wir ein Braai zu: Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Zucchini werden mit wenig Wasser in den schweren, gußeisernen Topf gegeben, der in das Grillfeuer gestellt wird. Ab und zu ein wenig Wasser nachgießen, mehr ist vorerst nicht zu tun. Also viel Muße, dabei genüßlich ein Bierchen zu schlürfen. Anschließend nur noch die Steaks auf den Grill legen, und schon erwartet uns ein köstliches Mahl. Dazu lassen wir uns einen guten südafrikanischen Rotwein munden. Die Säuberung des Braaitopfes, der von außen vollkommen verrußt ist, bereitet allerdings erhebliche Mühe. Morgen muß unbedingt eine Bürste her, vor allen Dingen für die Hände...

Ach ja, mein Athroseknie macht sich unangenehm bemerkbar, ich kann kaum noch auftreten. Die wahrscheinliche Ursache ist, daß ich mit stark angewinkeltem rechten Bein fahren bzw. Gas geben muß, weil sich die durchgehende Sitzbank beim Toyota nicht weiter nach hinten verstellen läßt. Ich hoffe inständig, daß sich die Beschwerden bald legen, denn wir haben noch einige tausend Kilometer vor uns. Und R. reicht mit ihren doch recht kurzen Beinen kaum an die Bedienungspedale heran.

Montag, 10. 6. 1996

Morgens fahren wir in die Etosha-Pfanne hinein. Einfach unvorstellbar, dieses weite, weiße, gleißende Nichts. Als wir mit dem Fernglas den Horizont absuchen, entdecken wir einige dunkle Punkte; erst nach geraumer Zeit können wir sie als Strauße identifizieren, die im Gänse- oder Straußenmarsch auf den Rand der Pfanne zumarschieren. Zwei scheue Dik - Diks, kaum größer als ausgewachsene Hasen, suchen schleunigst das Weite, als wir uns nähern. Doch schon bald schmerzen uns die Augen von dem anstrengendem Suchen nach Tieren, der gleißenden Sonne mit von dem hellen Boden refektierenden Licht und dem allgegenwärtigen Staub. Wir brechen unsere Pirschfahrt früh ab, kehren ins Camp zurück und pflegen der Ruhe.



Allzuschnelle Wiederholungen empfehlen sich nicht! Wir wiederholen die gestrige Speisefolge und essen noch einmal Braai und Steak. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß R. mit „langen Zähnen“ kaut. Aber auch mir schmeckt es bei weitem nicht so gut wie gestern.

Dienstag, 11. 6. 1996

Hervorragend erholt gehören wir zu den ersten Fahrzeugen, die frühmorgens das Camp verlassen. Es wird der Vormittag der Herden: Unvorstellbar, wieviele Zebras, Gnus, Kudus, Perdeantilopen, Oryxe, Springböcke, Schwarznasenimpalas, Strauße, Elefanten, Giraffen und andere, von uns nicht zu identifizierende Antilopen die diversen Wasserstellen bevölkern. Als ob sie sich verabredet hätten, uns zu Ehren zur Parade aufzumarschieren.



Elefanten bei Goas


Auf dem Rückweg erspäht R. einen Singhabicht, der wie auf einem Präsentierteller recht nahe auf einem toten Ast sitzt. Aber von wegen Singhabicht: er ist und bleibt stumm wie ein Fisch.



Dankbar nehme ich zur Kenntnis, daß sich R. am Nachmittag der „großen Wäsche“ widmet. Dafür säubere ich den Wagen, es ist dringend erforderlich, denn ich befördere ganze Kehrschaufelladungen Sand und Staub von der Ladefläche. Nach Sonnenuntergang setzen wir uns an die beleuchtete Wasserstelle. Hier herrscht eine ganz andere Atmosphäre als in Okaukuejo, es geht beschaulich zu, alle sind mucksmäuschenstill und ausschließlich damit beschäftigt, die trinkenden Tiere zu beobachten.

Unsere Geduld wird belohnt: wir sind schon fast im Aufbruch begriffen, als plötzlich lautlos ein dickes, ausgewachsenes Rhino auftaucht. Sofort beginnt es, in langen Zügen durstig zu trinken. Wieviel Verständnis habe ich doch für dieses Rhino, wenn ich auch ungern die brackige Brühe aus diesem Tümpel zu mir nehmen möchte - vielmehr stelle ich mir einen Biersee vor...

Mittwoch, 12. 6. 1996

Uns gefällt es in Halali so gut, daß wir weitere zwei Übernachtungen buchen. Damit ersparen wir uns auch, innerhalb des Parks noch einmal umzuziehen. Um trotzdem den Park in seiner gesamten Größe, Schön- und Wildheit kennenzulernen, starten wir heute zu einer ganztägigen Pirschfahrt. Schon nach 13 Kilometern sehen wir, daß auf der linken Straßenseite etliche Fahrzeuge parken. Wir halten ebenfalls und entdecken sechs Löwinnen in ca. 50 Metern Entfernung. Aber sie sind träge, offensichtlich vollgefressen, und es passiert schier garnichts. Also fahren wir weiter, Richtung Namutoni. Unterwegs das schon fast übliche Bild: Antilopen, Gnus, Zebras, Springböcke usw. an den Tränken und weidend auf den Savannen. Raubvögel sitzen auf abgestorbenen Bäumen oder ziehen hoch oben in der Luft ihre Kreise und spähen nach Beute, ein Mungo überquert zielstrebig die Staubstraße und verschwindet eiligst im hohen Gras, Giraffen zupfen aus hohen Bäumen schmackhafte Blätter, und Erdmännchen tauchen in ihre verzweigten Höhlenbauten, wenn Gefahr im Verzuge ist. In der Nähe von Namutoni machen uns Touristen aus Zimbabwe auf zwei weitere Löwen aufmerksam, die aber relativ weit entfernt und von dichtem Gestrüpp verborgen sind.


Wasserloch in Halali

Nach einem kleinen Lunch im Camp besuchen wir noch einmal das Wasserloch Kalkheuwel, an dem jetzt eine große Elefantenherde die übrige Tierwelt nachhaltig verärgert: sie beschlagnahmt die Tränke einfach für sich und läßt niemanden auch nur in die Nähe kommen. Unzählige Zebras, Antilopen, Giraffen, Warzenschweine, Gnus, Oryx, Springböcke und Perlhühner wieseln und quirlen ständig ungeduldig durcheinander, dabei immer wieder Staubwölkchen aufwirbelnd. Die Zebras scheinen besonders agressiv und durstig zu sein, denn unter ihnen bricht ständig Streit aus. Sie bellen, ja wirklich, sie bellen fast wie Hunde, schlagen ärgerlich und aufgeregt mit den Hinterhufen nach potentiellen Rivalen aus und verjagen sich gegenseitig aus strategisch günstigen Positionen. Soviel Action haben wir noch an keiner anderen Wasserstelle gesehen. Die Fahrt führt weiter an der Pfanne entlang.



Auf einem etwa einhundert Meter entfernten Hügel bemerke ich während des Fahrens aus den Augenwinkeln auf einmal Bewegung. Sollten das Geparden sein. R. schaut durch das Fernglas und schüttelt sich anschließend vor Lachen aus: es war nur irgendwelches Federvieh. Und ich muß mir auch noch Flachsereien wie „Fluggeparde“ und ähnliches mehr anhören...Kurze Zeit später sichtet R. weitere Elefanten, die mit Futtersuche beschäftigt sind. Sie reißen sogar dicke Äste von den Bäumen und entlauben sie. Ich unterstelle, quasi als Retourkutsche zu den „fliegenden Geparden“, daß sie die Dickhäuter nur erkannt hat, weil sie in Größe und Farbe nicht ganz vollreifen Erdbeeren.entsprechen... Auf dem Rückweg besuchen wir noch einmal „unsere“ Löwinnen vom frühen Morgen; zumindest zwei von ihnen sind immer noch an Ort und Stelle. Sie waren wohl so satt, daß sie den ganzen heißen Tag im Schatten eines Gebüschs verdöst haben.

Kurz nach fünf Uhr sind wir wieder im Camp. Ich schwöre: das erste Bier hat meinen Magen nicht erreicht, das ist auf dem Wege dahin verdunstet! Unsere Stimmung ist blendend, vor allen Dingen auch, weil meine Kniebeschwerden fast vollständig verschwunden sind. Ich habe für meinen rechten Fuß eine Ablagemöglichkeit a u f dem Gaspedal gefunden, Gas geben muß ich allerdings mit dem Hacken, aber das ist nur ein wenig gewöhnungsbedürftig. Wichtig ist, daß das Bein weit ausgestreckt bleiben kann.

Zum Abschluß von Halali, so meinen wir heute, zwinkern uns abends an dem Wasserloch ein Mamarhino und ein Babyrhino aus ihren kleinen Äuglein zu, und als Zugabe winken sie zum Abschied mit ihren kurzen Stummelschwänzchen. Speziell für R. erscheinen dann noch zwei Fleckenhyänen, knicken beim Saufen ihre überproportional langen Vorderläufe ein und machen so artig vor ihr einen Diener.

Donnerstag, 13. 6. 1996

Gemächlich bummeln wir mit dem Auto Richtung Ostausgang des Etoshaparks. Ob der einsame Geier, der eitle Sekretär und die vielen buntschillernden Gabelracken unsere Wehmut bemerken? Die große Elefantenherde von gestern nachmittag - die bad boys und girls, die die anderen Tiere nicht ans Wasserloch gelassen haben - will uns jedenfalls noch einmal sehen und bewundern, sie promeniert gelassen mit den Rüsseln winkend an uns vorbei. Wir sind sicher: die vielen tausend Tiere, die wir hier in ihrer natürlichen Umgebung erleben durften, werden wir nicht vergessen!

















Als Ergänzung noch einige Fotos aus den Folgejahren im Okt./Nov.










Unser heutiger Zielort ist Grootfontein, das Agrarzentrum von Namibia. Nachmittags schlendern wir durch den Ort, ergänzen unsere Vorräte, trinken in einer deutschen Bäckerei „Tchibo“-Kaffee und genehmigen uns dazu ein Stück Kuchen. Hier ergattern wir auch eine relativ neue, deutschsprachige Tageszeitung. Übereinstimmend stellen wir später fest, daß uns die sogenannten Neuigkeiten aus aller Welt piepegal sind. Wir haben sie die letzten zwei Wochen nicht vermißt, obwohl wir zuhause das politische Geschehen immer sehr aufmerksam verfolgen. Den handlichen Weltempfänger, den wir mit auf die Reise genommen haben, fahren wir nur spazieren. Vor dem Essen rauche ich in einer Bar noch ein Pfeifchen. Auf dem Wege dahin fällt mir auf, daß mit Beginn der Dunkelheit vor allen Läden extrem starke Scherengitter angebracht, Türen und Fenster verrammelt und scharfe Hunde in die ohnehin mit Stacheldraht gesicherten Höfe gelassen werden. Auch der Thresen der Bar ist mit einem Scherengitter versehen, das nur zu den reglementierten Öffnungszeiten um etwa einen Meter geöffnet wird. Diese Maßnahme mag wohl wegen der hohen Kriminalitätsrate gerechtfertigt sein, aber in einer Umgebung, wo derartige Sicherheitsvorkehrungen nötig sind, würde ich mich auf Dauer nicht wohlfühlen.

Nach dem Abendessen trinken wir an der Hotelbar als „Absacker“ einen Gin - Tonic. Dabei unterhält sich R. fast fließend mit zwei jungen Schwarzen auf Englisch. Toll! Nur die weiche Aussprache, der fast singende Tonfall der beiden, macht ihr einige kleinere Schwierigkeiten. Aber man kann ja nachfragen.
Anhang:
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Freitag, 14. 6. 1996

R. mutiert zum Bleichgesicht: ich muß den Wagen aus einer sehr engen, zusätzlich mit anderen Fahrzeugen zugeparkten Hofeinfahrt rückwärts herausbugsieren. Nicht übertrieben schnell, denn es ist wirklich sehr unübersichtlich, aber sicher, kämpfe ich mich frei. Dafür erhalte ich anschließend von ihr ein dickes Lob, denn sie hatte es für unmöglich gehalten, den Wagen auszuparken.

Die heutige Etappe steht unter dem Motto: „Wer ist schon einmal 460 lange Kilometer fast ausschließlich geradeaus gefahren?“ Sollte jemand Interesse haben, wähle er die Strecke von Grootfontein nach Popa Falls! Nach 120 Kilometern passieren wir den Veterinärzaun, der neben seiner ursächlichen Bedeutung Weiß- und Schwarzafrika trennt. Wir erfahren, daß ab hier bis vor kurzer Zeit die „homelands“, die es wie in Südafrika auch in Namibia gab, existierten. Heute dürfen Weiße in dieser Region kein Land erwerben, nur pachten. Links und rechts der Straße liegen malerische kleine Dörfer unter schattenspendenden Bäumen, durch hohe Palisadenzäune gesichert. Für die Rundhütten wird außerhalb größerer Ortschaften ausnahmslos das reichlich zur Verfügung stehende Maisstroh verwendet, die Tiergehege bestehen vorzugsweise aus Dornengebüsch. Alles strahlt Ruhe und Frieden aus, Afrika wie aus dem Bilderbuch.





Die 460 Kilometer ziehen sich mächtig, obwohl die Straße durchgehend asphaltiert ist. Wir sind froh, als wir am frühen Nachmittag Popa Falls erreichen. Das urige Camp liegt direkt am Kavango (das ist der Fluß, der sich nur wenige Kilometer weiter Okavango nennen läßt und das berühmte Delta in Botswana bildet) und besteht nur aus wenigen Hütten sowie einem idyllisch gelegenen Zeltplatz. Wir streifen ein wenig auf ausgewiesenen Wegen am Ufer entlang und erfreuen uns an der üppigen Vegetation, seit langer Zeit einmal wieder G r ü n in Hülle und Fülle. Und fast kein Staub! Die Fälle selbst sind ein klein wenig enttäuschend, kaum richtig einzusehen, sprudeln sie nur über ein paar Steine, das Gefälle ist sehr gering. Aber sie lärmen wie „Große.“

In unserer Hütte hat sich oberhalb von R.s Bett ein „Stinkschwanzlurch“ eingenistet. Ob der das die Nacht über aushält? Denn die Spaghettisauce, es gibt einmal mehr unser Leib- und Magengericht, enthält wieder viel Zwiebeln und Knoblauch... Aber erst einmal schaut er interessiert zu, wie R. ihr Moskitonetz entfaltet und aufhängt. Abends sitzen wir auf der Terrasse, lauschen dem Rauschen der Fälle und dumpfen Eingeborenentrommeln, deren rhythmischer Klang aus der Ferne zu vernehmen ist. R. überrascht mich einmal mehr: sie hat ein „neues“ Kreuz des Südens entdeckt. Soll sie, wir sind ja hier schließlich auch einige hundert Kilometer weiter nördlich... Die Nacht ist unwahrscheinlich kalt, wir tragen Winterschlafanzüge, Socken an den Füßen und zusätzlich ein dickes Vlies für den Oberkörper. Aber auch das ist noch nicht ausreichend, wir frieren immer noch. Da R. sich nicht aus ihrem Moskitonetz befreien kann, bringe ich ihr eine zusätzliche Decke. Kaum sind wir etwas warm geworden und eingenickt, hebt ringsum ein Knistern und Rascheln, ein Zirpen und Murmeln, ein Knacken und Knarren, ein Knirschen und Schnarren an. Der Stinkschwanzlurch hat wahrscheinlich all seine Kumpels aktiviert, damit sie auch einmal eine schöne Nacht haben sollen. Es ist fast unmöglich, wieder einzuschlafen.

Samstag, 15. 6. 1996

Durchgefroren und von all den Geräuschen immer wieder aufgeschreckt, werfen wir uns im Halbschlaf auf unseren Betten hin und her. Aber auch an Dösen und vielleicht noch einmal Einschlummern ist nicht mehr zu denken, als eine heisere Taube direkt über uns ein nicht endenwollendes Gurrkonzert anstimmt. Tauben mögen diese gutturalen Geräusche ja attraktiv finden, aber nach dieser Nacht könnte ich zum Taubenhasser werden. Wenn ich den blöden Vogel zu fassen kriege, zupfe ich ihm bei lebendigem Leibe sämtliche Federn aus. Und wenn er dann nackt und hilflos vor mir liegt, werde ich ihn fesseln, mit einer Zuckerlösung einpinseln und ihn anschließend auf einer Paßstraße der roten, beißwütigen Waldameisen ablegen. Dann kann er so viel um Hilfe gurren, wie er will, ich werde den Ameisen genüßlich bei ihrem Festmahl zusehen. Mein Wunschdenken bleibt jedoch unerfüllt, in dem dichten Astwerk ist das Vieh nicht einmal zu entdecken.

Also gehe ich die zweitbeste Lösung an, braue uns einen heißen Kaffee und sorge dafür, daß wir das Camp so schnell wie möglich, fast fluchtartig, verlassen. So sind wir schon kurz nach sechs Uhr auf dem Trip durch den Caprivi - Strip, ein Relikt aus der Kolonialzeit, fast vierhundert Kilometer lang und teilweise nur 30 Kilometer breit. Da ein Großteil der Güter, die in Namibias einzigem bedeutenden Seehafen Walvis Bay angelandet werden, für das innere Afrika bestimmt ist, wird diese Straße jetzt durchgehend geteert, damit der Transport mit schweren Lastkraftwagen das ganze Jahr hindurch gesichert ist. Während der Regenzeit ist das bisher durchaus nicht gewährleistet, und eine andere funktionierende Landverbindung nach Botswana, Zimbabwe und Zambia gibt es von Westen her nicht. Die ersten etwa 60 Kilometer sind fertiggestellt, von Kongola bis Katima Mulilo gibt es noch einmal ca. 90 Kilometer Asphaltstraße, aber der Rest ist teilweise sehr schwierig zu befahrende Gravel - Pad.

Heute gönnen wir uns die Zambezi - Lodge, direkt am gleichnamigen Fluß gelegen. Überall warnen Hinweisschilder vor Krokodilen, die Echsen lassen sich jedoch nicht blicken. Verstehe ich gut, auch ich habe oft Angst vor R.... Nachmittags fahren wir nach Katima Mulilo, um für die folgenden Tage einzukaufen und die Atmosphäre einer fast ausschließlich von Schwarzen bewohnten Stadt auf uns wirken zu lassen. Auf dem Markt kommen wir ganz schön ins Grübeln, als wir feststellen, daß Zigaretten und Bonbons teilweise noch einzeln verkauft werden und manches Kleidungsstück, das hier den Besitzer wechselt, bei uns mit Sicherheit nicht einmal als Putzlumpen Verwendung finden würde. Ein ganz schöner Unterschied zu unserer luxuriösen Lodge und der Lebensweise in Europa. Das „artist - center“, in dem kunstgewebliche Arbeiten angeboten werden, müssen wir uns für den Rückweg aufheben, weil es am Samstag geschlossen ist.




Den Sundowner nehmen wir in einer schwimmenden Bar auf dem Zambezi, während im Westen über dem breiten Fluß die Sonne versinkt und mit ihren letzten Strahlen das Wasser in rotgoldenes Licht taucht. Nach dem Abendessen fallen wir sofort in unser komfortables Bett und holen den entgangenen Schlaf der letzten Nacht nach.

Sonntag, 16. 6. 1996

Wir nehmen die letzten siebzig Kilometer bis zur Grenze nach Botswana „unter die Hufe“. Die Strecke führt an unzähligen kleinen Dörfern vorbei, bei denen die Zeit scheinbar stehengeblieben ist, soviel Ruhe und Frieden strahlen sie aus. Aber fast alle besitzen eine eigene Kirche, wie die an der Straße aufgestellten Schilder beweisen. Die Missionare haben wirklich ganze Arbeit geleistet...

Die Grenzübertritte von Namibia nach Botswana und von Botswana nach Zimbabwe haben es in sich: ca. 36 - mal schreiben wir in diverse Bücher, Kladden, Listen und auf Zettel und Formulare, daß wir heute aus Katima Mulilo kommen und nach Victoria Falls wollen, als Touristen unterwegs und Deutsche sind, die Zulassungs-, Motor- und Fahrgestellnummer des Fahrzeugs, natürlich inclusive Farbe, Kilometerleistung, Herstellungsjahr und- ort, Fahrzeugtyp mit genauer Bezeichnung, Anzahl der Sitze, wie lange wir in dem jeweiligen Land zu bleiben gedenken und wo wir übernachten wollen, unsere Kennziffern aus den Reisepässen und, und, und... Nur unsere Schuhgröße und wie lange wir verheiratet sind, scheint niemanden zu interessieren. Eigentlich schade! Dafür weist aber in einem Office ein Schild sehr nachdrücklich darauf hin, daß beim Betreten des Büros die Hüte abzunehmen und von dieser Regelung auch Frauen nicht ausgenommen sind, wohl weil an einer Wand das Photo des momentanen Präsidenten hängt.

Vor dem Abfertigungsgebäude in Botswana müssen wir erst durch ein Seuchenbad fahren, bevor wir die speziellen Formalitäten dieses Landes über uns ergehen lassen dürfen. Die Grenzbeamten verlangen von uns eine eigentlich minimale Straßenbenutzungsgebühr im Werte von ungefähr fünf DM, die entweder in Pula, südafrikanischen Rand oder US - Dollar zu entrichten ist. Über diese Währungen verfügen wir aber nicht oder noch nicht, eine Wechselstube fehlt, der Grenzbeamte wird bockig (vielleicht hat ihn seine Frau gestern abend von der Bettkante geschubst) und will keine DM oder Namibiadollar nehmen, also eine absolut verfahrene Situation. Dabei sind Namibiadollar wertgleich mit südafrikanischen Rand. Gott sei Dank wechselt eine Familie aus Südafrika mir einige Namibiadollar in Rand, der botswanische Beamte ist ein wenig sauer, daß er uns nicht länger schikanieren kann, wir jedoch freuen uns, daß wir endlich weiterfahren können. Scheiß Bürokratie, die einschlägigen Reiseführer könnten ruhig auf diesen Sachverhalt hinweisen. Wie angenehm sind dagegen doch die meisten Grenzübertritte in Europa.

Mittags erreichen wir Victoria Falls und begeben uns auf Quartiersuche. Das erste Hotel ist ausgebucht, das zweite hat noch Zimmer frei, aber zu unverschämt hohem Preis, nämlich 240 US - Dollar. Schließlich finden wir im Sprayview - Hotel Unterkunft zu zivilen Preisen. Natürlich müssen wir gleich die Fälle sehen, die wir vom Hotel aus relativ bequem zu Fuß erreichen können. Beim Gang durch den Ort wird uns bewußt, wie ruhig und friedlich die letzten drei Wochen waren, hier ist ein ganz schöner Menschenauftrieb, alles ist auf den Tourismus ausgerichtet, und wir haben Mühe, ganze Scharen von aufdringlichen Andenkenverkäufern abzuwimmeln. Dann stehen wir staunend vor einem Naturwunder unserer Erde.







Die ungeheuren Wassermassen des Zambezi stürzen mit unglaublichem Getöse über einhundert Meter in die Tiefe, dabei Kaskaden und Katarakte bildend. Myriaden Wassertropfen werden von der Wucht des Aufpralls wieder in die Höhe geschleudert und von der Sonne zu konstanten Regenbögen „verarbeitet“, die diesem Schauspiel einen besonderen Reiz verleihen. Wir verstehen, daß die Eingeborenen in früheren Jahrhunderten diesen Ort „Rauch, der donnert“ nannten. Für uns sind die Fälle in ihrer Großartigkeit absolut vergleichbar mit dem Grand Canyon in Nordamerika. Wir können uns kaum satt sehen, und erst mit Beginn der Dunkelheit kehren wir von außen gut durchfeuchtet ins Hotel zurück.

Montag, 17. 6. 1996

Der Ort Victoria - Falls scheint fast ausschließlich aus Safari-Agenturen, Wechselstuben, Hotels, Andenken- und Klöterläden und einigen Restaurants zu bestehen. Touristen und natürlich die lästigen, unvermeidlichen Andenkenverkäufern bevölkern die Straßen.

Es gibt wohl keine Freiluftabenteuersportart, die man hier nicht betreiben kann, vielleicht mit Ausnahme einiger Wintersportdisziplinen. Es werden Rundflüge mit Hubschraubern, Klein- und Leichtflugzeugen angeboten, und man kann mit Schlauchbooten Wildwasserrafting auf den Stromschnellen des Zambezi betreiben. Wem dieser Thrill noch nicht reicht, stürzt sich, nur mit einem elastischen Seil gesichert, von der hohen Brücke nach Zambia in die tiefe, enge Schlucht der Fälle. Das nennt sich dann „bungee jumping“. Ausflüge per Motorboot, Fahrrad oder auch zu Fuß sind möglich, wer es gemächlicher mag, kreuzt auf einer Yacht auf dem Zambezi und genießt bei Mond- und Sternenschein ein Candellight - Dinner oder ergötzt sich an den Darbietungen afrikanischer Tänzer. Aber über all diese Attraktionen kann ich nichts berichten, wir konzentrieren uns auf die Wasserfälle. Sowohl vor- als auch nachmittags wandern wir ausgiebigst am Rand der Fälle entlang, die Eintrittsgebühr muß ja ausgenutzt und abgelaufen werden. Immer wieder entdecken wir dabei neue Einzelheiten, auf die wir uns gegenseitig hinweisen. Dieses Superprogramm, bei dem die Natur Regie führt, ist unvergleichlich!





In einem Kunstgewerbegeschäft bewundern wir einen wunderschön gearbeiteten und in den Farben und Formen in sich vollkommenen harmonischen Batikvorhang. R. meldet Vorbehalte bezüglich der Größe an, die ich aber überzeugend zerstreue, denn vor meinem „inneren Auge“ sehe ich dieses Prachtstück schon an einer Wand in unserer Eßdiele hängen. Zusätzlich erstehen wir zwei kleinere Stücke, die den Gesamteindruck sicher noch steigern werden. Heute sind wir insgesamt mindestens acht Stunden auf den Beinen gewesen, die erste ernsthafte körperliche Belastung seit drei Wochen. Bis neun Uhr abends halten wir uns gerade so eben noch wach, dann verlöschen die Lichter.
Letzte Änderung: 12 Aug 2013 11:31 von afra.
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