6. Juni 2012
Morgens um 6.00 Uhr wecken mich die Vögel, nein eigentlich nur einer. Er klingt (die Ornithologen mögen mir verzeihen

) als würde man eine rostige Eisenstange in ein ebenso rostiges Gewinde schrauben. Okay, gewonnen – ich steh auf …
Leider müssen wir feststellen, dass der Scheiß-Frosch seinen Job nicht gemacht hat und wir – trotz Peaceful Sleep und Mossie – nicht nur von den Moskitos getracked sondern auch kräftig gestochen wurden.
Nach einem schnellen Frühstück geht es um 7.00 weiter, Richtung Kidepo Nationalpark. Nach einer halben Stunde hält Willi, um einzukaufen. Denn im Kidepo kriegt man weder Lebensmittel noch kann man essen gehen (Außer man ist Gast auf der Nobel Lodge) Offenbar kann man in dem kleinen Restaurant bei den Bandas etwas abgeben, das dann zubereitet wird. Willi hält vor einer „Quality Butchery“ und fragt, ob wir Fleisch essen.
Bevor ich mich von meinen Schock erholt habe (hier hängt das Fleisch im Straßenstaub, ohne Kühlung dafür mit genügend Fliegen) sagt mein Teilzeit-Urlaubsvegetarier: „YES!“ und ich erkenne zwei riesige Steaks in seinen Pupillen… Offenbar hab ich keine Chance.
Wir fahren weiter und kommen zu einer Brücke, die über einen kleinen Fluß führt. Sieht schön aus – doch Willi muss erst die Soldaten fragen, ob wir fotografieren dürfen. Während der Chef knipst unterhalte ich mich mit einem Soldaten und frage, weshalb die Brücke denn bewacht würde: „wegen der Rebellen, hier im Norden!“… Hrggggsssss… Welche Rebellen??? „Oh die aus dem Sudan, aus dem Kongo und manchmal welche aus Somalia…“ Der Soldat sieht meinen offensichtlich verstörten Blick, meint aber, ich könne mich beruhigen, DIE BRÜCKE sei sicher… na dann….
Wir fahren weiter und nach Gulu. Ab da verwandelt sich die Straße von einer Pad in eine Kraterlandschaft. Doch der Unterschied zu Namibia ist, dass hier Fahrradfahrer mit Bananen-Clustern, Möbeln, Bast, oder beladen mit bis zu 5 Personen fahren, Fußgänger mit und ohne Getier bzw. Kinder rumlaufen – alle auf dem „befahrbaren Teilstück“. Willi fährt so schnell wie möglich. Wie schnell wissen wir nicht, der Tacho ist ja hinüber. Er rast auf alles Bewegliche zu und hupt es von der Straße. Ich kann gar nicht hinschaun, denn irgendwann erwischt er bestimmt jemanden. Oft kann er aber auch nur Schritttempo fahren, auch nicht wirklich beruhigend bei noch knapp 300 km bis zum Kidepo.
In einem der Dörfer halten wir, weil Willi hier ein Handy-Netz vermutet. Er befielt uns im Auto zu warten. Is klar! Nach 6 Stunden ohne Pause … Das kann er knicken! Wir sind mitten im ehemaligen Kony-Gebiet. Hier hat dieser Geisteskranke bis vor wenigen Jahren noch sein Unwesen getrieben. In Uganda ist das Thema „Kony“ übrigens noch sehr präsent. In einer Tageszeitung wurde auf 4 großen Seiten ausführlich über Konys angebliche Flucht nach Darfur berichtet. Auch die Ugander sprechen uns später immer wieder auf Kony an, wenn wir sagen, dass wir im Norden waren. Auch Willi scheint sich offenbar hier nicht wohl zu fühlen, denn er hat uns morgens noch ausführlich von abgeschnittenen Nasen und anderen Greultaten erzählt, für die Kony die Verantwortung trägt. Und er schaut sich ständig um, als ob ihn jemand verfolgt.
Die Dörfer sehen wohl daher deutlich ärmer aus, die Hütten sind weniger bunt. Es gibt Schilder, die vor Landminen warnen und auch welche die auf Kony-Traumata Hilfen hinweisen. Insgesamt ist es sehr beklemmend – allein dass man merkt, wie sehr diese Leute hier gelitten haben. Der Krieg – für uns Europäer eher ein abstraktes Thema – wird hier sehr gegenwärtig. Allerdings habe ich mich keine Minute bedroht gefühlt.
Ich frage ein paar Leute ob ich fotografieren darf. Ja gerne! Sie scheinen sich sehr über Touristen zu freuen – Willi freut sich weniger. Wenn Blicke töten könnten, dann hätte uns Willi nun erlegt.
Als wir weiter fahren sehen wir das erste Fahrzeug mit UN Blauhelmen. Christoph und ich wechseln kurz einen Blick: Ob die Idee mit dem Norden so gut war? Hmmm… da müssen wir jetzt wohl durch.
Willi kennt den Weg nicht und hat keine Karte. Christophs Karte lehnt er mit einem kräftigen „NO!“ ab. Wobei das nichts ausmacht, denn Christoph hat inzwischen Map und beide Reiseführer zu Rate gezogen – auf jeder Karte sieht es anders aus. Die Pad wird noch schlechter und es fängt an zu regnen um uns herum versinkt die Landschaft im Nebel.
Da naht Hilfe in Form des eines Straßenschildes (des ersten, das wir in Uganda sehen!). 64 km bis zum Kidepo. Juhu! Der Landi rutscht durch den Matsch bis wir an eine Kreuzung kommen. Links ist der Weg grauenvoll, rechts fürchterlich. Feine Wahl! Zumal kein Straßenschild mehr auftaucht.
Zur Beruhigung meint Willi „Where are we? I have no idea which way to go…“
(…to be continued..)