8.Tag (Sa. 29.12.2012)
Selous Game Reserve
176km
Der Tag beginnt früh. Noch im Dunkeln bauen wir das Zelt ab und starten ohne Frühstück. So sind wir bei Öffnung des Gates an Ort und Stelle. Den Papierkram hatten wir ja schon gestern erledigt, so dass wir ohne Verzögerung unseren morgendlichen Gamedrive beginnen können.
Unser Plan ist es, entlang der verschiedenen Seen bis zum Lake Tagalala zu fahren, wo sich die Public Campsite befindet.
Die Tierwelt ist wieder zahlreich vertreten, aber wie gesagt recht scheu, was das Fotografieren erschwert. Heute haben wir aber mehr Zeit und Muße, so dass doch die eine oder andere ganz passable Aufnahme gelingt.
Auffällig ist die große Anzahl Giraffen. So viele wie hier im Selous Game Reserve habe ich noch in keinen anderen Park gesehen.
Endlich sehen wir auch die ersten Elefanten. Die sind natürlich nicht scheu, aber dafür sehr in Eile. Im Stechschritt geht’s ohne anzuhalten oder zu fressen durch Busch und Sumpf. Wir können das über eine längere Strecke beobachten. Würde mich ja schon interessieren, was die so antreibt, zumal wir bald auch andere Elefanten-Herden sehen, die sich in keinster Weise von der Hektik anstecken lassen.
Auch Vögel gibt es wieder in großer Vielfalt zu beobachten, so wie diese Gabelracke, die gerade erfolgreich Beute gemacht hat. Echt ekelig, was die so fressen.
Erst wurde der Hundertfüsser so lange gegen den Ast geschlagen, bis der sich nicht mehr rührte und dann in einem Stück herunter gewürgt. Wenn man bedenkt, dass Hundertfüsser sehr aggressive und giftige Räuber sind, ein mutiger Vogel mit einem robusten Magen.
Zwischen Lake Manze und Lake Tagalala dann das Highlight des Tages – Löwen bei der Paarung. Sie hatten es sich im Schatten unter einem großen Baum gemütlich gemacht und ließen sich durch unsere Anwesenheit überhaupt nicht stören.
„Baby! Ich komme!“
Die Geräusche und Grimassen, die die beiden dabei machten waren echt zum schreien. Wir haben uns köstlich amüsiert. Der Löwe entsprach dabei mit seinem Irokesen-Haarschnitt in keiner Weise dem Bild eines dominanten Paschas. Eine prächtige Mähne scheint doch nicht alles zu sein.
Kurz vor 12:00Uhr kamen wir auf der Campsite an. Es gab zwei Makutis. Bei dem vorderen hatte sich schon eine tansanische Großfamilie installiert - das hintere war aber noch frei. Als ich unter das Dach trat, war ich plötzlich umgeben von mindestens einhundert Flughunden, die anscheinend unter dem Dach hängend den Tag verschlafen wollten und jetzt in alle Richtungen davon flatterten. Ich hoffe, die haben sich wenigstens genauso erschrocken wie ich mich.
Das Zelt war schnell errichtet, denn inzwischen knurrte der Magen schon so laut, dass er nicht mehr zu ignorieren war. Während Kathrin Ihre tägliche Obst-Kur auch heute nicht unterbrach, gab’s bei mir wieder einmal ein deftiges Speck-Tomaten-Käse-Omelett.
Das Makuti-Dach war Gold wert, schütze es uns doch wenigstens vor der Sonne – es war auch im Schatten noch immer fast unerträglich heiß. Ansonsten war eine Infrastruktur auf dieser Campsite eigentlich nicht existent. Wasser gab es gar nicht und Kathrins Gesicht nach dem Besuch des Plumpsklos reichte aus, dass ich dieses Etablissement nie betreten habe. Da unser Makuti ringsum von Büschen umgeben war, hatten wir leider auch keine Aussicht – das andere Makuti stand deutlich freier.
Für den Nachmittag hatten wir uns einen Ausflug zur Stiegler’s Gorge vorgenommen. Die Schlucht wird in allen Reiseführern auf’s Höchste angepriesen und wir waren sehr gespannt. Uns stand eine Strecke von etwas über 50km für den einfachen Weg bevor und wir kamen erstmals in die Berge westlich der Schwemmland-Ebene. Unterwegs überraschte uns ein kurzer Schauer, der gleich dafür sorgte, dass die Pisten um einiges rutschiger wurden. Es trocknete aber schnell wieder ab und die Strecke lies sich im Großen und Ganzen recht gut fahren und führte durch eine sehr schöne grüne Landschaft. Wir sahen unterwegs immer wieder Tiere, wobei es aber schon deutlich weniger sind, als in der Ebene.
Als uns das Navi zeigte, dass wir nur noch wenige Hundert Meter von der Stiegler’s Gorge entfernt sind, verlor sich der Weg. Alle weiterführenden Spuren endeten nach kurzer Zeit oder waren in so desolatem Zustand, dass selbst ich es mich nicht traute ihnen zu folgen.
Zu Fuß weitergehen ist in einem Game Reserve natürlich auch keine Option, wurde doch schon der namensgebende deutsche Naturforscher Stiegler hier von einem Elefanten zu Tode getrampelt. Der dichte Busch versperrte auch jede Sicht, so dass wir noch nicht einmal einem Blick auf die Schlucht erhaschen konnten.
Interessanterweise zweigte ganz in der Nähe aber eine recht gute Piste in Richtung Osten ab. Im Nachhinein nannten wir sie „die Piste, die es nicht gibt“, denn sie ist in keiner Karte eingezeichnet, das Navi kennt sie auch nicht und in allen Reiseführern wir explizit darauf hingewiesen, dass man Stiegler’s Gorge nur von Norden erreichen kann und es keinerlei direkte Verbindung zum Pisten-System in der Schwemmland-Ebene gibt. Genau das bot aber die Piste. Sie führte immer parallel zu Fluss in Richtung Osten. Wo es hinunter in die Ebene ging wurde die Strecke für kurze Zeit etwas anspruchsvoller und wir hatten erstmals einen Blick auf den Rufiji River.
Zur Navigation im Selous muss ich sagen, dass man ohne Navi keine Chance hat, sich ohne ständiges Verfahren im Park zurecht zu finden. Es gibt keinerlei Ausschilderung und die in der Karte (welche man am Gate erwerben kann) eingezeichneten Pisten sind nur ein Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Pisten und stimmen in ihrem eingezeichneten Verlauf nur selten mit der Realität überein. Dazu kommt noch, dass es in der Ebene so gut wie keine Landmarken gibt, an denen man sich orientieren kann. Wer schon mal ohne Navi im Moremi National Park unterwegs war, weiß wovon ich rede.
Beim Kidai Ranger Post hatten wir dann wieder Anschluss zum bekannten Pisten-System. Es war schon recht spät und so fuhren wir auf direktem Weg zum Lake Tagalala, wo wir den Tag auf dem Autodach sitzend ausklingen ließen und zu gegebener Zeit mit Bier und Savannah auf den Sonnenuntergang anstießen.
Zur Campsite war es nicht mehr weit und wir begannen sogleich mit dem Kochen. Der als Askari bei unseren Campnachbarn stationierte Ranger kam vorbei und lies sich das Permit zeigen. Er war erstaunt, dass wir die Erlaubnis hatten, hier ohne Askari übernachten zu dürfen. Ich befürchtete schon eine längere Diskussion, aber er zuckte nur mit den Achseln und damit war das Thema erledigt.
Als es dunkel geworden ist, hören wir die Löwen brüllen. Die Stelle, wo wir die Löwen bei der Paarung beobachtet hatten ist nur ca. 3km entfernt und das Brüllen kommt aus dieser Richtung. Aus Richtung des Sees hören wir die Hippos – wir lieben die Geräuschkulisse afrikanischer Nächte. Nach dem Abwasch sehen wir noch eine kleine Ginsterkatze im Licht der Taschenlampe.
Noch ein paar kühle Drinks, dann geht’s ins Zelt. Zum Sichtschutz gegen Raubtiere haben wir heute auch das Überzelt aufbauen müssen – das wird eine heiße Nacht.