14.03.
Jäger und Gejagte
Als ich die Augen öffne, weiß ich nicht, wie ich diesen Tag jemals überstehen soll. Unfassbar, wie ausgelaugt ein Körper sein kann, so etwas habe ich vielleicht einmal in meinem ganzen Leben erlebt. Aber hilft ja alles nix - ich bleibe bestimmt nicht "daheim". Ich mache ein paar Übungen im Sitzen, um den Kreislauf anzukurbeln und muss den Weg vom Zelt zur Lounge extrem langsam gehen. Vielleicht hilft ja ein Kaffee.
Spoileralarm - vielleicht hätten 10 geholfen, aber dieser eine jedenfalls nicht.
Es ist ein sehr trüber Morgen. Passt irgendwie zu meiner Stimmung. Sobald wir im Auto sitzen, mache ich nur noch die Augen zu und vertraue auf George. Um 6 Uhr ruckeln wir los und versuchen als Erstes, die Geparde von gestern wieder zu finden und zu schauen, ob sie heute Morgen einen neuen Jagdversuch starten würden. Aber noch bevor es richtig hell wird, begegnen wir einer sechsköpfigen Löffelhund Familie - welch eine Freude! Leider lassen sich die flinken und quirligen Gesellen nicht dazu herab, für ein Foto still zu halten. Es hätte bei mir ohnehin bloß für ein schlechtes Beweisbild gereicht.
Am Hyänenbau ist noch nicht viel los. Alle Clan-Mitglieder wurden heute Nacht ordentlich nass und auch jetzt fängt es wieder an, leicht zu nieseln. Ungemütliches Wetter, erst recht, wenn man sich nicht gut fühlt. Dem Hippo scheint es allerdings zu gefallen.
Da kommt eine nette Abwechslung in Form einer Gepardin doch gerade recht! Es handelt sich um
Nariku, eine Tochter von Neema, die uns bei unserem letzten Besuch die spektakuläre Jagd gezeigt hat. Nariku war zu dieser Zeit noch mit ihren beiden Geschwistern bei der Mutter und ein paar Wochen nach unserem Besuch wurden sie langsam unabhängig. Es ist so toll, die Tiere wieder zu treffen!
Allerdings währt die Ruhe nicht lange an, denn oben am Horizont rennt ein Gnu um sein Leben - gefolgt von einer Hyäne! So etwas hatten wir auch noch nicht, also hinterher! Wir verlieren die beiden recht schnell aus den Augen, aber finden das Gnu relativ schnell wieder. Es hat sich in einen kleinen Bach geflüchtet, um wieder Kraft zu sammeln. Hyänen sind ganz schön ausdauernd, das muss man ihnen lassen. George erklärt uns auch, wie hartnäckig sie sein können, wenn sie eine Beute ausgemacht haben.
Ja, wir haben Mitleid mit dem Gnu. Und auch eine Tötung durch Hyänen müssen wir eigentlich nicht unbedingt erleben. Aber das ist die Natur. Die Stärksten überleben.
Nach einigen Minuten unternimmt das Gnu einen Fluchtversuch, allerdings nur bis zum nächsten Wasser. Es schnauft schwer vor sich hin. Mittlerweile kann man auch nicht mehr von Nieselregen sprechen, dicke Regentropfen fallen vom Himmel und die Stimmung ist bedrückend. Wird das Gnu es schaffen? George meint "This guy is gonna die today". Die Hyäne betritt nur sehr zögernd das seichte Wasser. Durch den Regen bewegt sich die Oberfläche und sie denkt dadurch, hier würden Krokodile lauern.
Nach 10 Minuten nimmt das Gnu seine letzte Kraft zusammen und flieht erneut, die Hyäne wie der Blitz hinterher! Ich kann gerade noch die Verfolgung filmen, da rennen die beiden über die Grenze in eine Conservancy. Ab hier dürfen wir nicht weiter. Allerdings sehen wir kurze Zeit später das Gnu weit weg wieder rennen und die Hyäne gibt tatächlich auf. Tja, auch ein George irrt sich mal.
Hier lediglich zwei schlechte Videoausschnitte
Wir widmen uns nun wieder der schönen Nariku, die immerhin nicht sehr abgemagert aussieht. Sie streift herum, dicht gefolgt von einem Schakal, der sich vielleicht eine Jagd und somit Beute erhofft. Sie macht allerdings momentan keinerlei Anstalten dazu.
Kann sich aber im Laufe des Tages noch ändern...
Um 9:15 Uhr genießen wir unser Frühstück mit Blick auf eine unheimlich schöne, grüne Landschaft. Beim Auspacken der Frühstücksboxen staunen wir nicht schlecht. Man mag sich nicht ausrechnen, wie viel Müll hier über die Tage zusammen kommt. Sogar die hartgekochten Eier sind in Alufolie gepackt - das geht gar nicht!
Danach sitzen wir erst wenige Minuten wieder im Auto, da erhält George einen Funkspruch. Diesmal verrät er uns nicht, was uns erwartet. Erklären muss er uns auch nichts als wir unser Ziel erreichen - das ist doch
Lorgogol oder??? - "Yes, he walked a long distance". Er ist jetzt etwa 15 Kilometer von dort entfernt, wo wir ihn vor knapp einer Woche gesehen haben und er zeigt sich von seiner besten Seite!
Übrigens bedeutet sein Name auch irgendwas mit Gurgel oder so, weil er diesen doch sehr ausgeprägten Hals hat. Die meisten Katzen werden nach einer Eigenschaft oder einem Merkmal benannt
Leider nicht für sehr lange, denn er verschwindet im dichten Buschwerk. Aber Halt, was ist das da hinten? Noch ein Leopard? Ich meine zu George nur, irgendwas mit Flecken

Kaum zu glauben, aber etwa 300 Meter weiter läuft Gepardin
Imani und nimmt malerisch auf einem Termitenhügel platz. Es entstehen unsagbar schöne Aufnahmen!
Auch sie ist weit gewandert. Wir entscheiden uns jedoch, wieder zu den Büschen zu fahren, in die Lorgogol verschwunden ist, in der Hoffnung, er lässt sich noch einmal blicken. Leider warten wir vergeblich und zwei von uns fallen die Augen zu. Ich habe eine gute Ausrede dafür, welche ist deine, Mama Petra?
Wir können Lorgogol zwischen den Büschen zwar erspähen, doch er macht keine Anstalten, diese demnächst zu verlassen. Jennie und Petra wollen heute nach Talek auf den Markt, mir ist alles egal, Hauptsache ich muss mich körperlich nicht anstrengen. Ich will nicht jammern, aber mir geht es wirklich miserabel. Doch die beiden Kronenkraniche nehmen wir noch mit.
In Talek hat der Regen deutliche Spuren hinterlassen und wir steuern zuerst einen Stand für Schmuck an, wo Jennie und Petra ein paar Armbänder bestellen. Zu gerne würde ich auch etwas stöbern, aber ich bin zu nichts zu gebrauchen.
Wir schauen auch noch in der Werkstatt vorbei, die die Tische und Stühle angefertigt hat, die wir der Grundschule spenden wollen. Dieser Besuch ist für nächste Woche geplant, allerdings wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass die Kinder da noch frei haben werden. Ich schaffe es wenigstens, Petra aus dem Auto heraus zu fotografieren.
Als die beiden noch Geld ziehen wollen, entdeckt Petra gegenüber eine Apotheke und besorgt kurzerhand jetzt schon Hustensaft - und das ganz allein! Mama, ich bin stolz auf dich
Zurück im Zebra Plains essen wir zu Mittag und ich haue mich danach auf eines der Sofas in der Chillout Area für ein Nickerchen. Bis zum Zelt und dann nachher wieder zurück wäre zu anstrengend.
Fortsetzung folgt