THEMA: Tierischer Adventskalender 2023
15 Dez 2023 07:24 #678839
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Nach der "Löwenunterbrechnung" geht es heute wieder zurück zu den Antilopen

Türchen Nummer 15



Seite 56 Zeitpunkt: Mai
Wie bereits erwähnt, kommt während der Brunftzeit Bewegung in die sonst eher entspannten Impalagruppen. Überall hört man das Schnauben der Böcke und die Damen stehen meist zusammen und sehen sich interessiert die Auseinandersetzungen der vermeintlichen und zukünftigen „Platzhirsche“ an. Allerdings müssen auch sie auf der Hut sein. Sobald der Chef einer Herde das Gefühl hat, seine Mädels laufen zu weit weg, beginnt die wilde Hatz, bis er die ganze Gesellschaft wieder in seiner Nähe hat. Die Madame auf dem Bild wollte entweder ganz für sich sein, oder hatte gerade ihre Herde verloren. Jedenfalls schoss sie mit hohem Tempo an unserem Fahrzeug vorbei, ohne dass ein Bock sie verfolgte.


Seite 57 Zeitpunkt: April
Die Oxpecker sind nicht nur bei den Großtieren zu finden, nein! Auch bei den Antilopen sind sie gern gesehene Gäste. Manchmal wundert es mich aber schon, wie ruhig und gelassen sich die Vierbeiner ein „kleines Tänzchen“ auf dem Kopf oder auf dem Rücken gefallen lassen. Mit etwas Glück sieht man sogar ein Impala mit Ohrenschmuck, denn es kann vorkommen, dass die Oxpecker zur Hälfte in den Ohren verschwinden.


Seite 59 Zeitpunkt: April
Lechwe Antilopen sind sehr aufmerksame Zeitgenossen. Zumindest uns ist es noch nie gelungen, sie aus allernächster Nähe zu begutachten. Fahren wir einfach vorbei, dann ist alles gut, aber sobald wir in relativ kurzer Distanz stoppen, drehen sich in der Regel alle Köpfe in unsere Richtung und die Tiere entfernen sich. Auch diese zwei stehen nur kurze Zeit an der gleichen Stelle, bevor sie im Laufschritt den Sicherheitsabstand zu uns vergrössern.


Seite 60 Zeitpunkt: Mai
Zu diesem Foto kann ich anmerken, dass es ziemlich ungewöhnlich ist. Ein Roan mit blauen Hornspitzen? Ist das die neue Balzfarbe? Spaß beiseite. Die Guides, denen ich das Bild zeigte, sind der Meinung, die Hörner wurden von Wissenschaftlern eingefärbt, um das Tier zu erkennen. Wie dem auch sei, ich finde, die blauen Hornspitzen sind ein netter Farbtupfer, der vielleicht auch die Blicke der Damenwelt auf sich zieht :lol:

… Fortsetzung folgt …
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16 Dez 2023 08:09 #678888
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und weiter geht es mit

Türchen Nummer 16



Seite 61 Zeitpunkt: Oktober
Es ist schon fast 12:00. Nach einem ergiebigen Foto-Vormittag an der Chobe Riverfront bin ich mit Guide John auf dem Rückweg. Wir haben die Chobe Game Lodge passiert und folgen der sandigen Piste in Richtung Sedudu Gate. Plötzlich tauchen ein Stück weiter vorne einige Sables auf. Erst sondieren sie vorsichtig die Lage, dann überqueren sie die Piste und laufen zum Chobe hinunter. Es mögen an die 30 Tiere sein. „Oh, die würde ich jetzt gerne näher sehen“, denke ich. Aber natürlich kann Freund John meine Gedanken lesen und gibt Gas. Tatsächlich schafft er es, vor den Antilopen auf die untere Piste zu kommen. Er sucht einen guten Platz, schaltet den Motor aus und nach etwa einer Minute erscheinen die scheuen Tiere nicht weit entfernt von uns. Es ist ein „bunter Haufen“ mit Erwachsenen und Jugendlichen. Ich bin begeistert, denn so viele Sables auf einmal konnte ich bisher noch nicht beobachten. Die Begegnung dauert nur wenige Minuten, dann trabt die ganze Gesellschaft zum Ufer des Chobe, um sich einen kühlen Drink zu genehmigen: John schaut mich an und ich antworte auf sein breites Grinsen: „Ja mein Freund, natürlich wirst du diese Truppe in deinem nächsten Fotobuch wiederfinden“ :)


Seite 62 Zeitpunkt: November
Ende November, wenn die ersten Regengüsse dem trockene Land wieder Leben einhauchen, scheint es nicht nur für die Impalas das ersehnte Zeichen zu sein, den Nachwuchs auf die Welt zu bringen. Auch die Wasserböcke sind wohl der Meinung, das sei eine gute Zeit, um die Jungen großzuziehen. Tatsächlich habe ich in der Vergangenheit nur am Anfang der Regenzeit so kleine Wasserböckchen zu Gesicht bekommen. Wie man sieht, ist das Junge auf der rechten Seite schon so weit, dass es sich auch für nahrhafte Gräser zu interessieren scheint. Die Mutter war übrigens nirgends zu sehen, allerdings weidete eine Herde nicht allzu weit entfernt. Vermutlich hat die Mutter den Nachwuchs einfach bei der Tante abgeliefert, um in Ruhe zu fressen.


Seite 63 Zeitpunkt: November
Ich habe es bisher erst einmal fotografieren können! Der doppelköpfige - sechsbeinige Wasserbock ist tatsächlich eine sehr seltene Spezies an der Riverfront. :whistle:


Seite 64 Zeitpunkt: Oktober
Für mich gibt es – mit vielleicht ganz wenigen Ausnahmen – keine hässlichen Tiere. Deshalb versuche ich immer, auch von den Mitgliedern der sogenannten „ugly five“, Bilder zu machen, die solch eine Einordnung zumindest mal in Frage stellen. In meinen Augen schaut dieses Prachtexemplar von einem Warzenschwein sehr stolz und sehr selbstbewusst in die Kamera. Es scheint genau zu wissen, dass es fotografiert wird und zeigt mir deshalb seine „Schokoladenseite“, wie Stars das halt gerne in der Nähe von Fotografen tun. :laugh:

… Fortsetzung folgt …
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17 Dez 2023 08:37 #678929
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so, 2/3 der Türchen sind bereits geöffnet, langsam geht es auf die Zielgerade!

Türchen Nummer 17



Seite 65 Zeitpunkt: Juni
Eine interessante Begegnung. Wobei weder das verhältnismäßig kleine Croc noch das Warzenschwein große Angst voreinander zu haben scheinen. Ein kurzes Beschnuppern von Seiten des Warmblüters und das war es dann auch schon. Dem Kaltblüter war es scheinbar egal.


Seite 75 Zeitpunkt: April
Ich bin mir 100% sicher! Er träumt gerade von einem zarten Büffelsteak mit Kräuterbutter und Pommes! :whistle:



ACHTUNG ! NICHTS FÜR ZARTE GEMÜTER !
Seite 70 + 71 Zeitpunkt: März
Ein Auszug aus meinem Reisetagebuch: Es ist inzwischen 09:30, die Luft fängt an, in der Hitze des Tages zu flimmern und immer noch ziehen neue Gruppen von Gnus und Zebras zur Wasserstelle. Speziell die Neuankömmlinge sind sehr vorsichtig, wenn sie die ersten Schlucke Wasser zu sich nehmen. Ich habe das Gefühl sie rechnen damit, dass sich eventuell ein Krokodil im Wasser verbirgt. Und wieder bricht kurz Panik aus, wenn der Wind auffrischt, der Geruch der Löwen scheint weiterhin in der Luft zu liegen. Etwa 300 Zebras stehen nebeneinander und starren gebannt in eine Richtung.
Nicht weit von den „Löwenbüschen“ steht ein Gnubulle. Er hat hier sein Revier und wartet darauf, dass interessierte Damen bei ihm vorbeischauen. Andere Bullen sind deshalb ganz klar unerwünscht. Plötzlich erscheint ein Neuankömmling, der sich im umliegenden Buschland aufgehalten hat. Dieser Bulle achtet nicht auf den Mindestabstand und ist damit ein potentieller Nebenbuhler. Jetzt geschieht etwas, das man in einem Gerichtsprozess wohl „Beihilfe zum Mord“ nennen würde. Der „Landeigentümer“ fordert den Neuankömmling nicht einfach zum Kampf heraus, sondern rennt in einem Halbkreis um ihn herum und treibt ihn zielgerichtet zu den Löwen, die immer noch im Buschwerk liegen. In diesem Moment sehen wir zwei Löwinnen bereits aufspringen und in der typischen geduckten Haltung dem zweiten Bullen entgegenlaufen, dabei nutzen sie jede Deckung aus. Dann verschwinden sie im Buschwerk. Baba gibt einen kurzen Befehl, wir springen ins Auto, er startet sofort den Motor und wir fahren so schnell es geht zum „Tatort“.
Bevor wir die Stelle erreicht haben, hören wir bereits ein jämmerliches Stöhnen. Als wir um den letzten Busch herumfahren, können wir das Drama aus nächster Nähe beobachten. Die Löwinnen haben das Gnu erwischt und zu Boden gerissen. Während eine Löwin die Kehle zudrückt, halten die anderen drei den Körper fest. Der Gnubulle stöhnt und wehrt sich heftig, aber gegen die geballte Katzenmacht hat er keine Chance. Trotzdem sind die Löwinnen vorsichtig, um nicht von den zuckenden Hufen verletzt zu werden. Jetzt erscheint auch der Nachwuchs, wartet aber ab, bis die Mütter und Tanten ihr Werk vollendet haben. Auch die junge einäugige Löwin, die wir gestern beobachtet hatten, ist mit von der Partie.
Nach etwa drei Minuten ist das Drama beendet, so denken wir zumindest. Während das Gnu seinen letzten Atemzug aushaucht, öffnen sieben hungrige Katzen bereits den Körper der Antilope und fauchen sich gegenseitig an, um die besten Stücke für sich zu beanspruchen. Das mag sich ziemlich brutal anhören, aber ich befinde mich jetzt in einer anderen Welt. Ich schaue durch das kleine Guckloch meiner Kamera, checke die Belichtung und die Schärfe und knipse, was das Zeug hält, denn genau dafür bin ich hier. Dabei geht es mir nicht um möglichst blutige Aufnahmen, sondern ich versuche, einen Teil der ungezähmten Wildnis Afrikas zu dokumentieren und dem Betrachter der Bilder näher zu bringen. Und dazu gehören auch solche Aufnahmen, denn wir sind nun mal nicht im Zoo. Für die wilden Tiere Afrikas findet jeden Tag ein neuer Überlebenskampf statt, da ist kein Platz für sensible Charakter.
Keine zehn Minuten später hören wir ein abgehacktes, tiefes Gebrüll. Jetzt erscheint der Löwenmann, den wir gestern bei der Paarung beobachtet haben. Ohne eine Sekunde zu zögern, attackiert er das restliche Rudel. Die Löwinnen sind nicht sofort bereit, ihre Beute abzugeben, der Streit wogt hin und her, der Sand spritzt auf und das Gefauche und Gebrülle nimmt kein Ende. Der Löwenmann verteilt heftige Prankenhiebe, während seine Mädels sich auf den Rücken rollen und die Zähne fletschen. Die halbwüchsigen Rudelmitglieder haben bereits das Weite gesucht und beobachten aus sicherer Entfernung die Szene. Zum Schluss behält der Löwe jedoch die Oberhand, die restlichen Katzen geben sich geschlagen und ziehen sich zurück.
Jetzt erscheint die Dame seines Herzens auf der Bildfläche. Sie wird sofort von ihrem Liebhaber in Empfang genommen und zum toten, halb geöffneten Gnu begleitet. Meine Frau Ruth ist außer sich. „Das darf doch nicht wahr sein! Die Frauen haben die ganze Arbeit geleistet und jetzt kommt dieser Macho und beansprucht alles für sich und seine Tusnelda!“ Baba und ich können gerade noch verhindern, dass meine Frau aussteigt und den Löwenmann zur Rede stellt ;)
Inzwischen liegt seine „Flamme“ vor dem Gnu und frisst. Der Löwenmann schaut uns scheinbar triumphierend an, dann begattet er sie. Irgendwie ist das für uns eine bizarre Situation. Mit blutverschmiertem Kopf schaut die Löwin kurz in unsere Richtung. Wenn man ihren Gesichtsausdruck interpretieren möchte, dann scheint sie zu sagen: „Naja, wenn es unbedingt sein muss, dann soll er sich halt mit mir vergnügen. Zumindest habe ich eine leckere Mahlzeit“.
Guide Baba bestätigt uns, dass er solch eine Szene bisher noch nicht beobachten konnte. Inzwischen steht das Fahrzeug eines Tierfilmers vom National Geographic neben uns. Er ist ziemlich frustriert. „Da fahre ich ein halbes Jahr durch Savute, um so etwas aufzunehmen und jetzt komme ich auch noch zu spät“. Wir bedauern sein Pech, sind aber absolut glücklich, dass wir diese Vorstellung hautnah miterleben durften.

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Letzte Änderung: 18 Dez 2023 07:27 von leofant.
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17 Dez 2023 10:17 #678937
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Hallö Walter,
wie gut, dass ich gefrühstückt habe! Sonst wäre mir dein aufregender Erlebnisbericht auf den leeren Magen geschlagen. Ohne die Fotos dazu würde ich denken: "Der übertreibt doch wohl!" :whistle:
Einen sonnigen Sonntg wünscht dir
freshy
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17 Dez 2023 12:41 #678942
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Hallo freshy,
uuuups ! Das war natürlich nicht meine Absicht. Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte einen Warnhinweis
wie bei der Wilddogs-Geschichte vorangestellt :(
Dann werde ich das morgen tun, da gibt es noch einmal eine etwas grenzwertige Löwen-Jagd-Geschichte.
Was die Story betrifft: Genauso hat es sich tatsächlich zu getragen. Ich stelle hier noch ein kleines
"Beweisfoto" vom Ende der Story ein.
Einen schönen Sonntagnachmittag wünscht
Walter

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18 Dez 2023 07:30 #678982
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am Montag Morgen folgt

Türchen Nummer 18




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Seite 72 + 73 Zeitpunkt: Mai
Ein Auszug aus meinem Reisetagebuch: Das Frühstück ist vorbei, Ruth und ich laufen mit Guide Mopane zum Fahrzeug. Es ist ganz schön frisch heute früh. Ich denke so für mich: Bei solchen Temperaturen sollten doch eigentlich noch ein paar Raubkatzen unterwegs sein. Die bevorzugen eigentlich die kühle Nacht für die Jagd, aber wenn es auch am Morgen kühl genug ist … Ich hätte ja nie gedacht wie recht ich haben sollte!
Kaum entfernen wir uns vom Camp und fahren die Piste am Rand des Sumpfes entlang, da sehe ich eine Bewegung im hohen Schilfgras. „Stopp!“ rufe ich. Mopane hält sofort an und jetzt können wir einen Leoparden begutachten. Er fixiert uns einige Sekunden, dann läuft er vor uns über den Weg. „Na das war doch kein schlechter Anfang“, sage ich zu Mopane. „Ich will mehr davon“. Er grinst und antwortet: „Ich tue mein Bestes“. Wir fahren weiter. Eine Viertelstunde später entdecken wir einen halbwüchsigen Löwen, dann eine ausgewachsene Löwin, die durchs Gras schleicht. Deren Körpersprache verrät: Sie ist total konzentriert. Sollten wir tatsächlich Zeuge einer Jagd werden? Mopane ist sich sicher: „Diese Beiden sind nicht allein unterwegs, wo sind die anderen Löwen?“ Wir verlassen die Piste und umrunden einen kleinen Hügel. Vor uns liegt Grasland, das mit einer Menge Büschen bewachsen ist. In der Mitte sehen wir zwei Roans, die sehr nervös und angespannt durchs Gras stapfen. Vermutlich haben sie die Löwen schon gewittert, wissen aber nicht, in welcher Richtung die tödliche Gefahr lauert. In Bruchteilen von Sekunden ist unser Adrenalinspiegel in die Höhe geschossen, jetzt sind wir im Jagdfieber. Plötzlich hören wir ein kurzes Knurren, dann einen klagenden, langgezogenen Laut. Das ist kein Löwe, das ist ein Opfer! Mopane reißt das Steuer herum und wir holpern zurück, unvermittelt steht eine Löwin vor uns. Im Maul hat sie ein Antilopenkalb. Sie legt es kurz ab und starrt uns an. Es passiert wirklich extrem selten, aber irgendwie fühle ich mich gerade nicht sehr wohl in unserem vollkommen offenen Fahrzeug, denn die Katze duckt sich etwas und in ihren Augen sehe ich die totale Aggression. Sie rechnet wohl damit, dass wir ihre Beute stehlen wollen und würde diese ohne zu zögern verteidigen. Wieder ist ein klagender Laut zu hören. Mopane hat das Risiko erkannt und beschleunigt das Fahrzeug. Die Löwin vor uns wendet sich ab und packt wieder das Kalb am Hals.
Als wir den Hügel umrundet haben, treffen wir auf das restliche Rudel. Fünf Halbwüchsige und eine Löwenmutter haben ein ausgewachsenes Roan unter sich begraben. Das ist aber nicht tot, sondern zappelt noch. Jetzt packt die Löwin die Antilope am Hals, um ihr die Luftzufuhr abzuschneiden, während die anderen bereits versuchen, den Bauch aufzureißen. Das alles geschieht nur ein paar Meter entfernt von uns. Kurze Zeit später bewegt sich das Roan nicht mehr, es ist wohl erstickt. Die jüngeren Löwen kämpfen um den besten Platz und um das beste Stück Fleisch. Sie sind so im Fressrausch, dass sie sich auch gegenseitig immer wieder anknurren und bedrohen. Diese Faszination des Grauens zieht mich so in den Bann, dass ich den Fotoapparat nicht mehr weglegen kann. Ich erkenne beim Fotografieren, dass sich einige unappetitliche Dinge ereignen, wenn ich tatsächlich eine kurze Knipspause einlege, sehe ich, dass meine Frau sich manchmal wegdrehen muss, weil sie den Anblick nicht mehr aushält. So etwas haben wir auf solch kurze Distanz noch nie erlebt! Neben uns stehen inzwischen zwei weitere Fahrzeuge, ich war die ganze Zeit so konzentriert, dass ich das gar nicht mitbekommen habe. Die Insassen dieser Fahrzeuge unterhalten sich relativ laut, deshalb schaut die Löwin immer wieder in die Richtung der Stimmen. Manchmal starrt sie auch uns an und dieser Blick geht mir dann durch Mark und Bein. In diesen Momenten sieht sie richtig hasserfüllt aus. Ich habe das Gefühl, sie würde uns am liebsten alle vertreiben, denn wir sind sehr nah an der Beute und wir könnten ja versuchen, etwas zu stehlen oder das Rudel zu verjagen.
90 Minuten später ist nur noch der Brustkorb des Roan zu erkennen, der Rest ist so gut wie vertilgt. Das Rudel muss sehr hungrig gewesen sein. Wir suchen noch einmal nach dem toten Kalb, aber das ist komplett verschwunden. Vermutlich hat es die zweite Löwin irgendwo in einen Busch gezogen, damit das Rudel es später in Ruhe fressen kann.
Mopane erhält einen Funkspruch, man benötigt im Camp seine Hilfe; deshalb entfernen wir uns vom „Platz des Todes“. Auf der Rückfahrt möchte unser Guide noch mal bei den Wildhunden vorbeischauen. Das tun wir dann auch. Die Meute döst im Schatten einiger Büsche. Wie entspannt es doch hier zugeht! Natürlich weiß ich, dass dieser Eindruck nur bis zur nächsten Jagd stimmt, dann geht es auch hier wieder um Leben und Tod.


Seite 74 Zeitpunkt: März
Als wir diesen müden Löwenmann am späten Nachmittag in der Savute Region fanden, habe ich ihn etwas provoziert. Wie ich das gemacht habe? Na ganz einfach. Ich habe mit etwas lauter Stimme gesagt: „Na mit dieser Schlafmütze ist aber nicht viel anzufangen!“ Das konnte er unmöglich auf sich sitzen lassen :laugh: :laugh:


Seite 76 Zeitpunkt: November
Ein Auszug aus meinem Reisetagebuch: Am frühen Abend fahren wir am Khwai entlang. Er führt nicht allzu viel Wasser, denn wir befinden uns am Ende der Trockenzeit und die jährliche Flut ist schon seit Monaten vorbei. Etwas weiter vorne steht ein Fahrzeug mit Gästen, sie haben die Kameras gezückt, also fahren wir dorthin. Am Ufer eines schmalen Seitenarms des Khwai steht eine Löwin. Sie möchte auf die andere Seite, zögert nicht lange und springt mit einem mächtigen Satz über das Wasser. Ich kann sie tatsächlich in der Flugphase und kurz vor der Landung ablichten. Nicht schlecht! So eine Situation habe ich noch nicht erlebt. Das Licht zwar nicht mehr perfekt, aber es könnte schlimmer sein.
Jetzt bemerke ich, dass der Sprung der Raubkatze von zwei weiteren Löwinnen ganz genau beobachtet wurde, die am Rand eines Busches liegen. Diese beiden sind allerdings noch nicht ganz erwachsen, das kann man sehen. Die vermutliche Mama kümmert sich nicht um die beiden, sondern läuft weiter. Sie hat den Blick starr nach vorne gerichtet, dort wo ein paar Lechwes am Ufer grasen. Scheinbar ist sie hungrig. Die zwei jüngeren Löwinnen stehen auf und laufen zum Rand des Wassers. Sie sind hin- und hergerissen. Sollen sie wirklich springen? Eine der Katzen knabbert zunächst an den Halmen des Sumpfgrases herum. Dabei verrenkt sie sich etwas merkwürdig und gibt ein witziges Motiv für mich ab. Dann nimmt sie allen Mut zusammen und setzt zum Sprung an. Tatsächlich landet sie am anderen Ufer, ohne nass zu werden. Jetzt gibt es für Nummer zwei auch kein Halten mehr, sie springt ebenfalls. Allerdings hat sie eine größere Verletzung an ihrem linken vorderen Lauf (Erklärung: das dazugehörige Bild ist seitenverkehrt), das scheint sie ein bisschen zu beeinträchtigen, denn sie springt etwas zu kurz, und wird nass. Aber mit dem nächsten Satz ist sie komplett im Trockenen. Ich bin begeistert, denn ich konnte einige nette Bilder schießen, die noch in meiner Sammlung gefehlt haben.

… Fortsetzung folgt …
Letzte Änderung: 18 Dez 2023 07:36 von leofant.
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