TAG 3: Von der Kalahari Anib Lodge zum Quivertree Forest Restcamp
Wir gehen gegen 8 Uhr zum Frühstück. Das Buffet ist reichlich ausgestattet. Hier gibt es auch Millipap. Ich hatte im Vorfeld schon mehrfach darüber gelesen und wollte dieses typisch namibische Gericht probieren. Es schmeckte eigentlich nach gar nichts. Ich hatte erwartet, dass der Hirsebrei gesüßt sei oder auch herzhaft gewürzt, aber so gar nicht gewürzt hatte es was von Kleister.
Es gab verschiedenes frisches Obst und vor allem einige unterschiedliche Brotsorten, vor allem auch dunkle und sogar so eine
Art Vollkornbrot. Im Rheinland würden wir Schwarzbrot sagen, nicht zu verwechseln mit Pumpernickel
Da wir heute keine lange Etappe haben, können wir uns noch in Ruhe ein bisschen umsehen. Vor dem Restaurant gibt einen kleinen Teich mit Karpfen und der Außenbereich hat gemütliche Sitzecken und sieht sehr gepflegt aus. Selbst die Toiletten wirken einladend und sind sehr sauber und gepflegt. Auf dieser Lodge kann man sicherlich auch einfach ein paar schöne Urlaubstage verbringen.
Es gibt die Möglichkeit Gamedrives in die Kalahari zu buchen. Für uns war bei der Buchung ja schon klar, dass die Lodge nur
ein Zwischenstopp sein wird, damit die Etappen zum Fisch Fluss Canyon nicht zu weit werden. Ich bin aber sicher, dass irgendwann die Kalahari ganz intensiv auf unserer Reiseroute stehen wird.
Wir packen das Auto. Langsam haben wir schon ein bisschen so etwas wie ein System.Die Räume werden nochmal gecheckt, ob nicht noch etwas liegen geblieben ist und übersehen dabei leider, wie wir viel später erst bemerken, dass unsere Tochter ihren Strohhut vergessen hat.
Sie hatte ihn ans Bettende gelegt und wahrscheinlich ist er beim packen unters Bett gerutscht. Da hatte keiner mehr geguckt.
Nachdem wir unsere Getränke und die Souvenirs bezahlt haben, fahren wir los.
Zur Info: Eine Flasche Wein kostet ab ca. 8€, eine Flasche Wasser ca. 2€, ein Bier 1€, die Cocktails waren etwas mehr als 2€. Getränke beim Essen sind preiswerter als in Deutschland, das Essen auch.
Wir fahren Richtung Mariental, weil da ein Supermarkt ist und wir dort tanken können. Als wir in Mariental einfahren ist der Supermarkt nicht zu übersehen. Die Tankstelle ist direkt daneben. An der Straße vor dem Supermarkt stehen und sitzen viele Menschen, die meisten sind junge Männer, aber auch Frauen mit kleinen Kindern sind dabei. Sehr viele der Menschen, vor allem aber die Mütter haben leere Flaschen in den Händen. Wir fahren auf den Parkplatz und steigen aus. Einige der Frauen heben die Wasserflaschen. Ich denke, sie möchten Wasser haben. Die Grünanlage des Supermarktes wird gerade von einem Gärtner gewässert. Ich bin vollkommen fassungslos. Mir laufen die Tränen übers Gesicht. Ich kann es einfach nicht glauben, dass hier die Bäume Wasser bekommen, dass den Menschen fehlt.
Nachher denke ich, dass es sich wahrscheinlich um Brauchwasser handelt, welches nicht trinkbar ist. Anders kann ich mir das alles nicht erklären, aber wissen tue ich es nicht. Dieser Supermarktparkplatz in Mariental wird mich noch oft in meinen Träumen verfolgen. Nirgendwo sonst ist mir soviel Trostlosigkeit begegnet. Die jungen Männer sind möglicherweise Tagelöhner, die auf Arbeit warten, aber ich konnte das nicht raus bekommen.
Meine Mutter, meine Tochter und ich gehen in den Supermarkt, die Männer bleiben beim Auto. Wir kaufen einen Einkaufswagen voll Wasser.
Mit dem Einkaufswagen fahren wir zur Straße und verteilen Wasser. Wir sind schnell umringt von vielen Menschen. Alle bedanken sich. Ein Mann spricht mich an. Ich verstehe ihn nicht. Ich versuche auf Englisch mit ihm zu reden. Er versteht mich nicht. Er sagt etwas und meine Mutter meint, dass sie denkt, dass er Afrikaans spricht. Ich spreche ihn auf Niederländisch an und bitte ihn langsam zu sprechen. Ich selber mache das selbe. Er scheint mich zu verstehen. Er fragt, ob er für seine Familie noch einen weiteren Kanister haben darf. Ich gebe ihm noch mehr Wasser. Der Andrang lichtet sich und es bleiben sogar noch 2 5l Kanister im Einkaufswagen übrig.
Ich frage nochmal rund, ob noch jemand möchte. 2 Männer suchen in den Mülltonnen nach leeren Wasserflaschen und kommen damit zu mir. Als ich ihnen die 5l-Kanister anbiete, lehnen sie ab. Zu schwer. Ich schütte ihnen das Wasser in ihre Flaschen.
Als wir wieder zum Supermarkt zurück gehen, sitzt vor dem Eingang ein schwer behinderter junger Mann. Der Mann, der mich um mehr Wasser gebeten hat, steht daneben und gibt ihm Wasser. Ich gebe dem Behinderten ein kleines Haribotütchen und er strahlt über beide Backen. Der Mann macht ihm das Tütchen auf und gibt ihm ein Gummibärchen. Ich weiß, dass zu dem Geben von Süßigkeiten hier sehr kontroverse Diskussionen geführt werden und kann sehr wohl die Argumente dagegen verstehen, aber wer diese Glückseligkeit im Gesicht des jungen Mannes Erlebt hätte, kann verstehen, warum ich das trotzdem richtig finde.
Meine Mutter drückt ihm dann noch einen 50N$ Schein in die Hand und wir werden von vielstimmigen Dankie Rufen begleitet beim Betreten des Supermarktes.
Im Markt dann der riesige Kulturschock. Hier gibt es alles was man sich nur vorstellen kann. Kein Supermarkt in Deutschland dürfte besser sortiert sein. Die Preise sind allerdings auch ähnlich. Ich frage mich, wie können sich Namibianer das leisten? Nach dem was sich vor dem Markt abgespielt hat, fühlt man sich richtig schuldig, wenn man hier einkauft. Ich kann bis heute nicht wirklich gut damit umgehen.
Anschließend fahren wir noch nebenan tanken. Der Behinderte junge Mann und seine Familie winken uns immer wieder zu und er strahlt. Das werde ich auch nicht vergessen.
An der Tankstellen werden uns die Scheiben gereinigt und es wird für uns getankt. Als wir dem Tankwart das Geld geben und sagen, dass er den Rest behalten kann und uns kein Rückgeld geben muss, bekommen wir trotzdem das Wechselgeld. Das gebe ich ihm zurück und er nimmt es und bedankt sich.
Das passiert uns später nochmal. "Stimmt so", scheint nicht üblich zu sein. Zukünftig geben wir das Trinkgeld immer nachdem wir das Wechselgeld bekommen haben.
Ich habe in Mariental keine Fotos gemacht. Ich wäre mir schäbig vorgekommen, aber ich hoffe, dass meine Schilderung
einigermaßen ein realistisches Bild ergibt.
Aus dieser für mich sehr emotionalen und schrecklichen Szene in Mariental habe ich zwei Dinge gelernt:
1. Afrikaans wird eher verstanden als Englisch und mit Niederländisch kann man sich ganz gut behelfen.
2. habe immer Wasser Kanister und kleine Wasserflaschen dabei, um sie zu verschenken.
Wir haben auf der weiteren Tour, immer alle Flaschen vom Essen mitgenommen und dann
gegebenenfalls auf den Farmen mit Quellwasser gefüllt, um sie weitergeben zu können.
Wir sind dann über die M29 nach Keetmanshoop gefahren, um am frühen Nachmittag am Quivertree Forest Restcamp anzukommen. Dazu aber später mehr.
Fortsetzung folgt.....