THEMA: Erst fotografiert, dann serviert (Tierschutz)
29 Jun 2014 22:56 #342843
  • travelNAMIBIA
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  • travelNAMIBIA am 29 Jun 2014 22:56
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Hi Andrea,

nun habe ich mir nochmal Dein Ausgangsposting durchgelesen. Und erst da fällt mir dieser Satz auf "Schade für das Land und die indigene Bevölkerung." Ja, die indigene Bevölkerung (also San und vielleicht noch Damara) sind arm dran, v.a. die San. Da sollte man aber eher mit dem Finger auf die Leute zeigen, die Alkohol verkaufen als auf die (deutschen Gäste-) Farmer die Wildtiere zur Nutzung erlegen.

Aber wenn wir nun diese "indigene Bevölkerung" und das angebliche nicht Vorhandensein von Wildtieren in Namibia in Einklang bringen, dann sind wir in den Kommunalgebieten, d.h. solchen Gebieten, die der Gemeinschaft gehören und in der es eben keine Zäune gibt. Und genau in diesen Gebieten gibt es leider am wenigsten Wildtiere. Ein Beispiel: Doro !Nawas Conservancy zählte Anfang der 2000er Jahre noch an die 10.000 Springböcke. Nun sind es noch 300. Das liegt daran, dass das Wild der Gemeinschaft gehört und somit jeder einzelne keinen Wert darin sieht. Quintessenz: Es wird auf Biegen und Brechen abgeschossen. Einmal zur Eigenversorgung und dann natürlich weil es Nahrungskonkurrenz für Donkey, Ziege und Rind ist. Es ist in der Tat "Schade für das Land und die indigene Bevölkerung"... aber wer ist daran Schuld?

Beste Grüße aus der Mitte des tierarmen Landes ;-)
Christian
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30 Jun 2014 09:32 #342875
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  • lonjo africa am 30 Jun 2014 09:32
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Hallo Andrea,

ich habe deinen Beitrag mit Staunen gelesen und darf Dir als Jäger antworten, der gerne nach Namibia reist und dort auch auf die Jagd geht – und diese beiden Dinge nicht als Widerspruch sieht.

Der Berufsjägerverband in Namibia regelt die Abschussquoten für die einzelnen Jagdgebiete extrem streng – wie auch in Europa reist kein „Bambimörder“ ins Land ein und nietet um was er vor die Büchse oder den Bogen bekommt – gejagt wird streng nach Abschussplan, man achtet auf Geschlecht, Alter, den Wildbestand im Gebiet.

Unterscheide bitte, ob es sich um ein Gatter handelt – erkennbar an den hohen Zäunen, oder ob ein Jagdgebiet nur rindersicher eingezäunt ist – hier kann Wild ein- und auswechseln und überspringt die Zäune mit Leichtigkeit.

Einheimische (ob es sich dabei um indigene Gruppen handelt musst du entscheiden) leben von der Jagd, ein Jagdteam erhält vom Jäger nach der Jagd mehr Trinkgeld als er Lohn am Konto hat. Meist arbeiten die Frauen der Berufsjäger auch auf den Farmen, die Kinder gehen zur Schule, ihnen wird Unterkunft geboten usw. Die Jagd ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, ist einfach so.

Gejagd wird nur der sogenannte „jagdliche Überschuss“ – also nicht mehr als durch Geburten nachwächst. So wird die Zahl der Tiere auf einem für Farmer, Einheimische und Tierwelt vertretbaren Level gehalten – und dieses Level ist gerade in Namibia extrem hoch.

Du machst meiner Meinung nach denselben Fehler wie viele Jagdgegner – du glaubst nämlich, dass du dich in der Natur befindest. Die findest du weder in Deutschland noch in Namibia – was du bereist sind „Kulturlandschaften“, also vom Mensch genutzte Gegenden mit Weiden, Straßen, Häusern usw. Selbst im Deadvlei stehen Dixi-Klos, also keine Natur – und dazu trägst du mit deiner Fahrt im Offroader selber bei – denk mal darüber nach! Und hier wird nun einmal das Wild reguliert. Machst du das nicht, passiert, was in Kenia nach dem generellen Jagdverbot passiert – hier vermehren sich Elefanten und vernichten die Minifarmen der Einheimischen, trampeln Dörfer nieder und richten extremen Schaden an. Klar, das stört dich wohl wenig wenn du mit dem Auto durch die Landschaft fährst und alle 3 Sekunden „Ach, guck mal, ein Elefant“ sagen kannst! Denk auch mal an die von dir angesprochen Völker – auch die Massai brauchen eine Weide für die Kühe!

Übrigens jagen auch die San – und zwar mit kleinen Bögen, die Pfeile sind mit Gift getränkt und ein Tier verendet nach 2 bis 3 Tagen. Brutal? Möchtest du ihnen das verbieten? Sollen die San deiner Meinung zum Pick n‘ Pay gehen und Tofu kaufen?

Zählst du zu den Menschen, die stundenlang warten, bis sie einen Löwen beobachten können, der eine Antilope reißt (dauert ziemlich lange, ist qualvoll)? Schon pervers, auf so eine Show zu warten, oder?

Der Mensch ist ein Allesfresser, ähnlich dem Schwein. War so, ist so, wird so bleiben. Ausgewogen ernähren ist das Stichwort – und Afrika ist einfach kein Ponyhof.

LG
lonjo africa
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30 Jun 2014 10:07 #342882
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  • Berg-Eule am 30 Jun 2014 10:07
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Hallo lonjo africa,

zwar bin ich alles andere als ein Freund von Jägern ;) - auch nicht hier in Deutschland - aber wir hatten in Namibia auf der letzten Reise einen Namibianer als Guide, der uns in den drei Wochen sehr viel erzählt hat, was in die Richtung deines Beitrages ging, daher kann ich dir nur zustimmen!
Liebe Grüße von Gabriele


Jeder Augenblick ist von unendlichem Wert. (Seneca)
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30 Jun 2014 10:13 #342884
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  • lionfight am 30 Jun 2014 10:13
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Berg-Eule schrieb:

zwar bin ich alles andere als ein Freund von Jägern ;) - auch nicht hier in Deutschland - aber wir hatten in Namibia auf der letzten Reise einen Namibianer als Guide, der uns in den drei Wochen sehr viel erzählt hat, was in die Richtung deines Beitrages ging, daher kann ich dir nur zustimmen!
Dem kann ich nur zustimmen.
Ich war bei meinem letzten Urlaub sogar extra einemal auf einer Jagdfarm zu Gast, um einmal beide Seiten der Geschichte zu hören. Jagdfarmen leisten überwiegend hervorragende Arbeit, die auch dem Artenschutz dient.
Es war definitiv ein besonderes Erlebnis.


Gruß!
der Joe
"I detest racialism, because I regard it as a barbaric thing, whether it comes from a black man or a white man." Nelson Mandela

10x Süfafrika, 2x Namibia, 1x Botswana, 1x Zimbabwe, 1x Tanzania
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30 Jun 2014 10:29 #342886
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  • lonjo africa am 30 Jun 2014 09:32
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Hallo Gabriele, hallo Joe!

Schön euer Feedback zu hören! Ich habe eigentlich damit gerechnet, als Jäger im Namibia-Forum in der Luft zerrissen zu werden. Die Jagd wird - in Deutschland wie in Afrika - an den Fehltritten einiger schwarzer Schafe bewertet. Das ist schade, weil hier und dort die Jagd aktiver Naturschutz ist. Während sich viele Naturschützer als solche fühlen weil sie 20 Euro an Greenpeace zahlen sind die Jäger - auch in Namibia - draußen und verrichten ihre Arbeit.

Durch den Einfluss der Menschen verschwinden Tierarten (sogenannte "Kulturflüchter"), während sich die "Kulturfolger" teilweise explosionsartig vermehren. Siehe Wildschwein in Deutschland... hier können Jäger einen (wenn auch kleinen) Beitrag liefern. Gott sei Dank ist das in Namibia nicht notwendig, weil die Landschaft keine endlosen Monokulturen zulassen und die Gebiete trotz der Farmnutzung noch sehr ursprünglich sind!

Aber genug der Jagd - es geht um Namibia als Reiseland und darum, dass jeder seine wertvollste Zeit im Jahr so verbringen soll, wie sie/er es für richtig hält. Wir sind von Land und Leute begeistern und ein Oryx-Steak am Abend vom Grill ist - neben einem Eiscafe am tierreichen Flussufer - die Krönung eines tollen Tages. Müsste ich nach einem staubigen, heißen und anstrengenden Tag am Abend Reiswaffeln futtern weil ich ein Tier fotografiert habe wäre das für mich ehrlich gesagt eine nervliche Belastung!

LG
Lonjo Africa
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30 Jun 2014 10:44 #342888
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  • Strelitzie am 30 Jun 2014 10:44
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Hallo,

es ist ein sehr kontroverses Thema ... vor allem, wenn man kein Vegetarier ist!!!
Ich habe mir gestern, aufgrund des Beitrages der Thread-Eröffnerin, eine Doku (15 min) hierzu angehört, fand sie sehr interessant:

http-ras.wdr.de/CMS2...3/447313_4587958.mp3

Viele Grüße
Strelitzie
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