Tag 6 – Rund um Otavalo
Buntes Markttreiben, das wir versüßen; Vögel, die ein Zuhause gefunden haben und die Antwort auf die Frage, wie man Rosen züchtet
Der Tag startet nicht ganz früh - so ganz nach meinem Geschmack. Zur vereinbarten Zeit um 09:00 Uhr morgens werden wir abgeholt. Wir fahren direkt nach Otavalo ins Zentrum, wo wir dem Markt einen Besuch abstatten wollen. Um diese Uhrzeit ist hier so gut wie nichts los. Die Stände mit ihren Auslagen sind alle aufgebaut und die Verkäufer warten auf Besucher. Diese werden wohl eintreffen – hauptsächlich als Halb- oder Tagestouren aus Quito gebucht -, wenn wir Otavalo bereits schon wieder verlassen haben. Nur wenige andere Besucher, zumeist Touristen, aber auch ein paar Einheimische, sind hier unterwegs. Der Markt in Otavalo gehört bei organisierten Rundreisen nahezu immer zum Pflichtprogramm.
Wir laufen über den Markt, sehen uns um, aber benötigen scheinbar nicht so lange für unseren Besuch. Pablo ist auf jeden Fall überrascht, als wir wieder am Wagen eintreffen. Er hatte noch nicht mit uns gerechnet. Da wir noch ein wenig Zeit haben, bis wir zu unserem nächsten Stopp weiterfahren, schlendern wir gemütlich durch den Ort, besichtigen den Hauptplatz und besuchen den einen oder anderen Shop, in dem ecuadorianische Schokolade verkauft wird. Das ist so ganz nach unserem Geschmack. Selbstredend, dass wir uns hier eindecken, mit dem löblichen Vorsatz auch das eine oder andere Stück zum Verschenken mit nach Hause zu nehmen. Natürlich werden wir die nächsten Tage feststellen, dass dies überhaupt keine gute Idee ist und es der Schokolade sicherlich nicht bekommt, noch mehrere Tage durchs Land zu reisen, sodass selbige schon den Flug nach Galápagos nicht mehr erleben wird.
Kurz zusammengefasst: Programmpunkt erledigt, unser Highlight in Otavalo sind für uns die Schokoladengeschäfte.
Markt in Otavalo
Unser nächstes Ziel ist auch wieder so eines, was ich bei kaum einer organisierten Tour gefunden habe: der Parque Cóndor. Dies finde ich sehr schade, ich wünschte, hierhin kämen mehr Besucher, da sich diese Einrichtung durch Eintrittsgelder und Spenden finanziert. Es handelt sich hier um eine Auffang- und Rettungsstation für Vögel. Gegründet wurde sie von einem niederländischen Falkner.
Im Parque Cóndor finden Kondore, Raubvögel und Uhus ein vorübergehendes oder auch ein, können sie nicht mehr ausgewildert werden, permanentes Zuhause. Die Tiere haben ganz unterschiedliche Geschichten, sie wurden gefunden, waren verletzt und/oder wurden aus der Gefangenschaft befreit. Olafa, ein Vogel, der normalerweise im Amazonasgebiet lebt und sich hauptsächlich von Affen ernährt, fiel aus dem Nest und wurde dann von einem Bauern aufgepäppelt, bevor sie zur Rettungsstation kam. Man versucht hier alle Vögel, bei denen es irgendwie möglich ist, wieder auszuwildern. Die Auswilderungsquote lag bei unserem Besuch bei 50 %.
Wir laufen durch die Anlage und uns fällt sehr positiv auf, dass die Gehege sehr gepflegt und nicht zu klein sind. Nach einem ausgiebigen Rundgang, der uns wesentlich mehr packt als die Verkaufsstände auf dem Markt in Otavalo, nehmen wir Platz in der Freiluftarena, die hoch erbaut, einen sagenhaften Weitblick vor spektakulärer Kulisse bietet. Hier beginnt gleich die tägliche Flugshow. Für diese werden auch nur die Tiere eingesetzt, bei denen eine Auswilderung ausgeschlossen werden kann. Auf meine Frage, ob denn alle Vögel wieder zurückkommen, weil ich mir das irgendwie nicht vorstellen kann, erfahren wir, dass in den letzten knapp zwei Jahrzehnten nur ein einziges Mal ein Vogel nicht zurückgekommen sei. Eigentlich kaum vorstellbar.
Im Areal lebt auch ein Kondorpaar, das nicht mehr ausgewildert werden kann. Das Männchen musste schon drei Mal operiert werden. Die Kondore dürfen nicht an der Flugshow teilnehmen, es ist verboten. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass diese sicherlich auch gerne fliegen würden. Einer der Mitarbeiter erzählt uns, dass in Ecuador 100 Kondorpaare leben, aber vor zwei Monaten hätte eine weitere Zählung stattgefunden, die nun auf 150 Paare gekommen sei. Jedoch sei diese Zahl inoffiziell und noch nicht bestätigt. Schön wäre es auf jeden Fall, wenn die Anzahl der Kondore gestiegen wäre.
Wir finden es interessant zu sehen, wie unterschiedlich lange die Vögel unterwegs sind, einige ziehen nur kurz unten im Tal oder auch weiter oben ihre Runden, andere lassen sich wesentlich mehr Zeit. Aber zurück kommen sie alle.
Für uns hat der Besuch im Parque Cóndor sehr gelohnt und ich wünsche ihm, dass er noch wesentlich mehr Besucher anziehen wird.
Im Parque Cóndor
Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel passieren wir auch den Vulkan Cayambe. Hat er sich noch in Quito wolkenlos gezeigt, versteckt er sich heute vor uns. Rund um Cayambe gibt es eine Vielzahl von Rosenfarmen, von denen man auch einige besichtigen kann. Ich habe unseren Veranstalter gebeten, eine Rosenfarm für unsere Tour rauszusuchen, die nachhaltig arbeitet und ihren Mitarbeiter/-innen faire Löhne zahlt. So landen wir in einem kleinen Familienbetrieb und sind die einzigen, die zu diesem Zeitpunkt die Rosenfarm besichtigen. Diese Rosenfarm beschäftigt 45 Mitarbeiter/-innen und züchtet 35 verschiedene Arten Rosen.
Miguel, der zur Besitzerfamilie gehört, begrüßt uns sehr freundlich und wird uns herumführen und alles zeigen. Er spricht nur Spanisch und ich bitte ihn, besonders langsam und deutlich zu sprechen. Normalerweise funktioniert diese Bitte meist nur für die ersten ein bis zwei Sätze, aber Miguel hält sich die ganze Tour daran, sodass ich nahezu alles verstehe, wie ich dann freudig feststelle bei Pablos Übersetzung ins Deutsche. Wir besuchen verschiedene Gewächshäuser, wo wir die unterschiedlichen Rosenarten sehen. Überall wird gewerkelt und gewässert, sodass wir froh über unsere wasserdichten Schuhe sind.
Wir erfahren sehr viel über die einzelnen Produktionsschritte und können uns dann im Verlauf der Tour diese auch genauer ansehen. Sobald 3 Blätter einer Rose ganz leicht geöffnet sind, wird diese geerntet, um dann gleich im Anschluss nach Größe und Qualität per Hand sortiert zu werden. Dazu wird eine große Erfahrung benötigt, so denke ich bei mir, als wir sehen, wie schnell und genau dieser Schritt ausgeführt wird.
Rosen von minderer Qualität verbleiben für den heimischen Markt in Ecuador.
Nach der Sortierung werden diese zu jeweils 25 Stück verpackt und am Ende die Stile so abgeschnitten, dass alle die gleiche Länge haben. Die Nachfrage nach Farben und Länge der Rosen variiert in den Zielländern sehr. Die Geschmäcker sind eben sehr unterschiedlich.
In einem Kühlraum, der eine konstante Temperatur von 4 Grad Celsius aufweist und in dem wir uns nicht lange aufhalten, da doch zu kühl, werden die Rosen zwischengelagert, bevor sie sich in die Lüfte erheben. Täglich verlassen die Maschinen Quito, um die Rosen frisch in Europa anliefern zu können. Ein großer Teil wird von der KLM täglich direkt nach Amsterdam geflogen. So werden wir dann voraussichtlich auf unserem Rückflug auch den Flieger mit einer Vielzahl von Rosen teilen.
Die ganze Tour war ausgiebig, doch sehr kurzweilig, höchst interessant und ungemein lehrreich. Zu unserer großen Überraschung bekomme ich noch einen riesigen Blumenstrauß mit den unterschiedlichsten Sorten Rosen geschenkt. Sehr schade, dass ich diesen nicht richtig genießen kann. Am Abend passiert mir noch ein ziemlich dämliches Missgeschick mit unserem Zimmerschlüssel. Ein Mitarbeiter der Hacienda hilft mir aus diesem Schlamassel. Ihm werde ich als Dankeschön für seine Frau den riesigen Strauß Rosen schenken, worüber er sich sehr freuen wird. Ich hoffe, seine Frau auch.
Auf der Rosenfarm werden wir zum Abschluss noch ausgesprochen lecker bekocht. Wir konnten dazu am Vortag sogar unseren Essenswunsch durchgeben - auf unserer Menüwunschliste standen definitiv keine Meerschweinchen!
Mein Rosengeschenk
für uns Mädels, was wir schon immer wussten - gefunden auf einer öffentlichen Toilette in Ecuador