THEMA: Am Anfang war die Hülle
09 Apr 2013 21:49 #284959
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  • Erika am 09 Apr 2013 21:49
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Hallo zusammen

Ui, ich hätte gar nicht gedacht, dass mein Bericht über diese gottverlassene Gegend auf so grosses Interesse stösst.

@BMW
Das hat man davon, wenn man sich so ausgefallene Strecken aussucht.

@AfricaDirect/Nicole
Wir Frauen sind eben vernünftiger und weitsichtiger.
Bin übrigens heimlich auch auf deiner Ugandareise mit dabei , da wir dieses Land beim nächsten Mal besuchen wollen. Schöner Bericht, danke dir.

@picco
Auch hüstel hüstel. Auch außerhalb der Nationalparks gibt’s Abenteuer, wenn auch manchmal unfreiwillig.

@ KarstenB
Danke für die lustige Schilderung mit dem Inder. Könnte ja wirklich sein, dass er es gewesen ist oder zumindest ein naher Verwandter.

@Anita40
Danke für die Blumen, aber eigentlich waren die netten Jungs die wahren Helden.

@Eulenmuckels
Tja, was hätten wir ohne den Inder gemacht? Ob wir ungehindert hätten weiterfahren können? Der nächste Tag wird es zeigen. Ohne den Inder gäbe es jedenfalls keine Geschichte mit der Hülle. Bin übrigens klammheimliche Mitleserin eures schönen Reiseberichtes.

@Rebecca
Ich weiss schon, dass man die Kamera immer auf sich tragen sollte, aber in meinem Fall war das ein wenig kompliziert. Dir kann ich’s ja erzählen: Die Riemchen von meinen Latschen sind schon lange stark ausgeweitet. Das hatte zur Folge, dass ich auf diesem schlammigen Boden immer neben den Schuhsohlen lief, was sehr unangenehm und gefährlich war :S . Wenn ich nämlich auf den Hintern gefallen wäre, wäre mein Fotoapparat schmutzig geworden :unsure: . Auf der Linse war an jenem Tag eh schon ständig Kondenswasser, frag mich nicht, warum.

@Bertlgoesafrika
Mein Mann war früher leidenschaftlicher Motorradfahrer. Er meint, dass diese Strecke mit einer Enduro gut zu schaffen sei. Ich würde aber wegen des Schlamms außerhalb der Regenzeit fahren. Ein Spaziergang wird es nicht werden und du wirst sehr viel Staub schlucken müssen. Viel Glück.

@Butterblume
Eigentlich waren sie beide Armleuchter, der Inder und der Mister Toni :P

Schönen Abend euch allen
Mama Erika
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
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09 Apr 2013 23:30 #284978
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  • marimari am 09 Apr 2013 23:30
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Hallo Erika,
informativer Bericht - gefällt mir super-bin dabei...
Mein Mann hat gerade gesagt, er hätte in ein paar Jährchen auch Lust mit einem Puch durch die afrikanische Landschaft zu tuckern... ;)

LG aus der Nachbarschaft, Mari
Nächste Reiseziele:
01.04.2024-25.05.2024: Tunesien
25.08.2024-31.10.2024: Sardinien, Umbrien, Sizilien
April 2025:Iran, Irak, Saudi Arabien, Oman, UAE oder Seidenstrasse Richtung Mongolei
www.polarsteps.com/marimariontour
www.instagram.com/marimari_on_tour/
Letzte Änderung: 09 Apr 2013 23:31 von marimari.
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10 Apr 2013 15:07 #285054
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  • Erika am 09 Apr 2013 21:49
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Hallo zusammen,
bitte einsteigen zur Weiterfahrt:

Übernachtung am Pistenrand ca. 93 km vor Uvinza - Kigoma

21. Februar 2013:
Am Morgen wurden wir von den schönsten aller Wecktöne sanft daran erinnert, dass nun der Tag anbricht. Das laute, kunstvolle Vogelgezwitscher um uns herum war einfach herrlich und es regnete nicht mehr :) . Total erholt und ausgeschlafen standen wir auf. Der Wald war in dichten Nebel gehüllt und hatte etwas Gespenstisches an sich. Wir stellten Tisch und Stühle auf und frühstückten in aller Ruhe.



Wie gestern, huschten ein paar Waldbewohner scheu grüssend an uns vorbei, und blieben auf Distanz stehen um uns kichernd zu begutachten.
“Jambo!” rief Toni
“Jambo!” tönte es zurück
“Salama!”
“Salama!”
“Nutella!”
“Nutella!”

“Nutella? Na sag mal, gibst du schon wieder Sprachunterricht? “ :S

Nur einer kam näher und starrte entsetzt auf unser Dachzelt. Toni erklärte ihm mit Händen und Füssen, dass das unser Schlafzimmer sei. Der Mann konnte es kaum glauben, kratzte seine ganzen Englischkenntnisse zusammen und sagte mit angewiderter Mine: “I don’t like this”.



Unser Übernachtungsplatz kurz vor der Weiterfahrt.

Dann fuhren wir in der Hoffnung los, dass der Anhängerzug und die beiden Lastwagen nicht mehr die Strasse blockierten und der Inder ausgebuddelt ist. Aber wie befürchtet, standen die drei LKWs immer noch da, aber wenigstens war der Inder weg.



Die Jungs begrüssten uns freudig und fragten, wo wir denn so lange geblieben seien. Sie machten alle einen völlig erschöpften und übernächtigten Eindruck. Stolz zeigten sie uns eine Umfahrung, welche sie durch den Wald gemacht hatten, indem sie Bäume gefällt und Äste auf den morastigen Waldboden gelegt hatten. Leider taugte diese Umfahrung nur für kleine Fahrzeuge wie unseres, nicht aber für schwere Lastwagen. Sie sassen deshalb nach wie vor fest. Ganz nebenbei stellte sich heraus, dass sie keinen Tropfen Trinkwasser mehr besassen. Wir hatten mehr als genug dabei und gaben ihnen welches, sodass sie all ihre leeren Flaschen auffüllen konnten. Auch plünderten wir unsere Essensvorräte und verschenkten alles, was wir entbehren konnten. Wir verabschiedeten uns herzlich von unseren Freunden, denn wir waren wahrhaftig gute Freunde geworden. Die Umfahrung hielt und wir waren endlich frei :woohoo: .

Erst nach einigen Kilometern wurde uns bewusst, in welch zauberhafter Landschaft wir uns befanden. Zuvor war die Anspannung zu gross, um sich mit der Gegend zu beschäftigen.



Wir waren inmitten einer grandiosen Berglandschaft mit schroffen Felsen, Wasserfällen und tiefen Schluchten. Ab und zu gab der dichte Wald kurz einen Blick auf die endlose Weite frei. Hier in dieser unberührten Wildnis schien wirklich keine Menschenseele zu wohnen. Wir tuckerten gemütlich über Stock und Stein, immer hoch und runter. Es folgten noch viele, teilweise heftige Schlammpassagen bei denen wir uns jedes Mal sorgenvoll fragten, ob die Jungs dies wohl schaffen und ob die beiden nachfolgenden LKWs irgendwo eine Stelle finden würden, dieses Monster zu überholen.



Nach unserer Einschätzung würde es wohl noch Tage, wenn nicht sogar Wochen dauern, bis der Scania-Anhängerzug endlich in Uvinza ankommt. Die Regenzeit hatte ja erst begonnen und mit jedem erneuten Regenguss wurde die Situation schlimmer. Wenn man alle paar Kilometer stecken bleibt und buddeln muss, ist man sehr lange unterwegs. Normalerweise haben sie stets Lebendproviant, wie Hühner und Ziegen dabei, aber diese armen Kerle hatten nichts mehr :( . Wer weiss, wie lange sie schon unterwegs waren.

Auf dem letzten Strassenstück einige Kilometer vor Uvinza ging es über ausgewaschene Felsentreppen runter in eine Ebene, wir überquerten den trägen Malagarasi River und erreichten kurz darauf Uvinza.



Malagarasi River, im Hintergrund Uvinza



Malagarasi River

In Uvinza machten wir die obligatorische Stadtrundfahrt und schauten uns die Salzfelder an. Das Nest ist sehr armselig, aber es gibt sogar ein bescheidenes Bahnhofsgebäude und einige wenige einfache Gästehäuser. An den Marktständen wird nebst Grundnahrungsmitteln vor allem Kochsalz in ganz kleinen Einheiten verkauft.

Einige Kilometer nach Uvinza trafen wir plötzlich auf eine breite Teerstrasse. Sie ist weder auf den aktuellen Landkarten, noch im tracks4africa als solche aufgeführt, da ganz neu. Welch ein Luxus! Nach schätzungsweise 840 Kilometern Dreckpiste rumpelte es nicht mehr unter den Rädern, welch eine Wohltat! :laugh:

Während wir daran waren, unsere Reifen endlich wieder mal auf Normaldruck aufzupumpen, kam ein Toyota dahergebraust und hielt an. Und wer war es? Jaaaa, der Inder :woohoo: . Der verrückte Kerl musste die ganze Nacht durchgebrettert sein, war bereits in Kigoma und nun schon wieder auf der Rückfahrt nach Mpanda zu seiner Radiostation:
“MPANDA Radio 97,0 FM, the voice of Katavi, Tuning to your Beats at Kativi Region!”

Die letzten gut 100 km bis Kigoma auf der brandneuen, breiten Teerstrasse waren ein Hochgenuss. Kein Rütteln, kein Schütteln, kein Schlamm. Wir flogen (gefühlt) nur so dahin. Die Landschaft wurde flacher und war nun wieder stärker besiedelt.
Während wir so dahinfuhren, fragten wir uns, was wohl gewesen wäre, wenn der Inder uns die Hülle nicht geschenkt hätte. Wir kamen zum Schluss, dass wir eigentlich ihm das ganze Abenteuer zu verdanken hatten, welches ja im Nachhinein gesehen das Salz in der Suppe auf diesen letzten 200 km zwischen Sitalike und Uvinza war. Was bedeutet schon eine Übernachtung am Strassenrand, wir waren ja nicht in Eile. Die Bekanntschaft mit den außergewöhnlich netten und hilfsbereiten einheimischen Jungs hat uns mehr als entschädigt :kiss: .
In der Ferne schimmerte der Tanganyikasee.

Wir sind bald in Kigoma.

Grüessli
Erika
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Letzte Änderung: 17 Jul 2013 18:17 von Erika.
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10 Apr 2013 15:27 #285059
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  • lisolu am 10 Apr 2013 15:27
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Hallo Erika,

Was für Erlebnisse! ich halte hier abwechselnd die Luft an oder lach mich weg.

Mit Euch zu reisen ist jedenfalls nicht langweilig, danke das wir mitfahren dürfen.

LG
Lisolu
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10 Apr 2013 16:02 #285064
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  • Butterblume am 10 Apr 2013 16:02
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Hallo Mama Erika,

extremst spannend, Dein Bericht!
Ganz nebenbei stellte sich heraus, dass sie keinen Tropfen Trinkwasser mehr besassen. Wir hatten mehr als genug dabei und gaben ihnen welches, sodass sie all ihre leeren Flaschen auffüllen konnten.
So haben wir es in Ishasha auch gehalten. Es war brüllheiß, mindestens sechs LKW´s blockierten die Straße und Trinkwasser war aus. Die armen Kerle konnten unsere Gallonen auch gut gebrauchen. Solche Erlebnisse bleiben oftmals länger im Gedächtnis wie manche spektakuläre Tiersichtung!
Malagarasi River, im Hintergrund Uvinza
An dieser Stelle ein Buch-Tipp von mir: Meine Bar in Sansibar. Durch Ostafrika zu den Quellen des Nil Ein sehr humorvoll geschriebener Bericht der tiefe Einblicke in die afrikanische Seele gewährt.
So schön hat es sich Richard Grant ausgemalt: Wie große Entdecker des 19.Jahrhunderts will auch er einen weißen Fleck auf der Landkarte beseitigen, indem er als Erster den Malagarasi-Fluss in Tansania von der Quelle bis zur Mündung befährt. Wenn alles klappt bei diesem Abenteuer, bringt es Ruhm und Ehre. Doch es klappt überhaupt nichts. Und wenn doch einmal etwas klappt, dann erst viel später als geplant. Die politische Lage an der Quelle des Malagarasi ist zu gefährlich, um dort die Reise zu beginnen. Und wegen wilder Flusspferde, unwegsamer Natur und unnachgiebiger Beamter ist auch alles Weitere eine lange Reihe von Kompromissen.
Grant findet seine Abenteuer an ganz anderen Orten, als er erwartet hatte. Zum Beispiel in einem Nachtclub in Burundi: Dort nimmt ihn ein Gangster in die Zange und will mit ihm für die Zukunft seines Landes beten. Der Reisebericht lebt vor allem von den oft skurrilen Begegnungen, die Grant detailliert beschreibt.
Quelle:

Vielen Dank für das Plätzchen im Oranje-Car und Danke, dass mir endlich mal jemand den Malagarasi visualisiert!

Herzliche Grüße
Marina
Das Morgen gehört demjenigen, der sich heute darauf vorbereitet. Afrikanische Weisheit

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Letzte Änderung: 10 Apr 2013 16:03 von Butterblume.
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10 Apr 2013 16:20 #285067
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  • Anita40 am 10 Apr 2013 16:20
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Danke fürs mitnehmen- ich bin begeistert,
anette schockiert.
In der Not findet jeder seinen Schutzengel
Sag mal, was habt ihr denn in den schwarzen
Röhren am Auto?
A&a
ab 23.April für immer nach Namibia
unser Blog: www.outinafrica.com.na
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