So, jetzt geht es weiter, wenn ihr Lust habt:
02.03.2012
Katrin geht es schlecht, der lange Flug und die lange Safari gestern machen ihr zu schaffen, geschlafen hat sie kaum und so sieht sie auch aus. Fröhlich singend gehen die Gartenleute schon ihrer Arbeit nach, wir frühstücken wieder königlich. Rudi ist inzwischen abgereist. Übrigens hatte er uns gestern noch mitgeteilt, dass wir statt zwei Leute nun drei Jungs an Bord haben: auf spezial campsites darf einer nicht allein sein. Also haben wir sozusagen 1:1 Betreuung – auch gut. Steven erscheint frohgelaunt, muss allerdings noch mal weg, Michaels Rucksack abholen, der ist gestern spät abends angekommen. Wir haben ja keine Eile, unser heutiges Ziel ist der Tarangire Nationalpark, der etwa 120 km südwestlich von Arusha liegt. Immerhin brauchen wir jetzt weder Schlafsack noch Klamotten für Michael besorgen, Geld wechseln in Arusha reicht. Katrin legt sich hin, wir streifen noch durch den Garten, der nach dem nächtlichen Regen so schön frisch aussieht.
Als Steven endlich kommt, lernen wir Alfred und Mohamed kennen. Steven ist groß, die anderen beiden eher klein und zierlich. Zurückhaltend wirken beide, Mohamed sogar ein wenig schüchtern. Sein T-Shirt war wohl ursprünglich weiß, nun ist es eher beige mit unübersehbaren Löchern, aber sauber. Alfred wird für uns kochen, Rudi hat seine Kochkünste schon über den grünen Klee gelobt. Mohamed ist Mädchen für alles. Unsere Klamotten werden verstaut, Michael merkt sofort, dass sein Rucksack nicht da ist. Steven erklärt, dass der nun vom Flughafen schon in Richtung Tarangire unterwegs ist – man hat dort die Büronummer in Arusha angerufen (wo haben sie die denn her?), nicht Stevens Handy, und die haben den Rucksack eben weiterleiten wollen. Michael sieht nicht glücklich aus. Steven erklärt weiter, er hätte den Fahrer angerufen, der nun Richtung Tarangire fährt mit dem Rucksack und der würde nun umdrehen, wir treffen uns irgendwo auf halber Strecke unterwegs. Hamna shida!
Los geht es. Wir drücken uns die Nasen an den Scheiben platt und schauen auf die Szenen, die sich nun am Rande der Straße abspielen. Eine Mutter hackt mühsam ihr Beet am Straßenrand. Ein paar Pflanzen in Töpfen scheinen eine Gärtnerei zu kennzeichnen. An den Bretterbuden ist reges Treiben ebenso wie bei den Frauen, die mit ihren Waren einfach am Straßenrand sitzen. Vor kleinen Läden sitzen träge ein paar Gestalten rum, Unmengen Motorräder und –rädchen parken überall. Zwischen Reifenstapeln hat ein Mann haufenweise Zuckerrohr abgeladen, in den Pfützen davor spielen Kinder mit Ziegen. Frauen schwatzen, Kinder in Schuluniformen schlendern am Rand, ein jeder geht gemächlich seinem Tagesgeschäft nach.
Wir überholen endlich den blauen Lieferwagen beladen mit gigantischen grünen Bananenstauden, die an jedem Hügel in dunklen Nebelwolken von Abgasen verschwinden. Sicher sind das Biobananen.
Aus Hütten werden Häuschen.
Viele todesmutige Radfahrer stürzen sich ins Verkehrsgewühl, beladen wie Kleinlaster. Einer fährt mit einem Turm von sechs Kisten Cola auf dem Gepäckträger, natürlich hängen am Lenker noch ein paar Taschen. Ein Bettenbauer sitzt vor seiner Werkstatt und wartet auf Kundschaft, seine Ware ist zum Verkauf an die Straße gestellt.
Auf einem Laster mit Ziegelsteinen thronen die Arbeiter. Das wäre bei uns aber sehr teuer! Der Verkehr nimmt rasant zu.
Die Straßen werden breiter, offensichtlich nutzen wir die einzige Hauptstraße, auf der schon die komplette Bevölkerung Tansanias unterwegs ist. Große Gebäude und jede Menge Querstraßen, wir sind in Arusha. Die Stadt wimmelt von Karren, die der Besitzer selbst bewegt. Haben die keine Esel? Steven lacht, in der Stadt sind solche Tiere verboten, das würde doch zu chaotisch werden. Also schiebt/zieht Man(n) selbst. An Wellblechwänden hängen auf Bügeln die Altkleider Europas zum Verkauf.
Dazwischen wuseln fliegende Händler, die ihre Karren zu gigantischen Gefährten aufgebaut haben, um ihre Ware verlockend zu präsentieren. Mir hat es natürlich der mobile Handtaschenladen angetan.
Verkehrsregeln erkennt man nicht so richtig, es hupt überall. Aus Parkplatzmangel lässt Steven uns raus, nicht ohne uns zur Vorsicht zu ermahnen, und umkreist die Gegend um den Clocktower (angeblich der Mittelpunkt Afrikas), während wir mühsam etliche fliegende Händler abwehren um zur Wechselstube zu kommen. Nein, wir brauchen keine Ketten, Bananen, Latschen, Sonnenbrillen, Holzgiraffen oder Tücher. Freundlich aber bestimmt unterhalte ich mich mit ihnen, ohne meine Schritte zu verlangsamen. Gelächter ernte ich, wenn ich ihnen mein altes Gelumpe zum Verkauf anbiete, zum Beispiel die Kugelschreiber von E-on oder den Einkaufsbeutel von unserem dorfeigenen Grünhöker. Dann ist es geschafft.
Steven gabelt uns wieder auf, ein paar Dinge müssen wir noch besorgen in Arusha, erklärt er: Eis für die Coolbox, Wein, Bier, Wasser. Am ersten store decken wir uns mit Wein und Bier ein. Ich liebe diese klingenden Namen: Safari, Kilimanscharo, Serengeti. Steven will uns am TFA-Shopping Complex (bei Shoprite) in ein Cafe setzen und in einer halben Stunde wieder abholen. Der gegenüberliegende Kilombero Market scheint eine riesige Budenstadt im Matsch zu sein, auf die wir nur einen kleinen Blick erhaschen. Das interessiert uns natürlich sehr. Im Cafe sitzen können wir noch immer. Die Jungs sind weg, mit ihnen unser Gepäck, was haben wir eigentlich zu verlieren?
Die Straße überqueren ist ein Abenteuer für sich, gelingt aber und schon stehen wir mitten im Alltag Arusha´s. Hier werden wir wenig angesprochen, eher misstrauisch beäugt. Ein Mann sitzt vor seinem Geschäft und näht auf seiner alten Maschine. Er erlaubt ein Foto und freut sich sehr, als ich ihm das Resultat zeige.
Dann biegen wir ein auf den Platz, der an unbefestigten Stellen einer gut frequentierten Suhle ähnelt.
Ich liebe diese exotischen Obst- und Gemüseberge, die lautstark angepriesen werden.
Schwarz verschleierte Frauen meiden uns, eilige Verkäufer flitzen mit Waren hin und her. Einige Autos quälen sich im Schneckentempo durch, während Marktbesucherinnen mit ihren Einkäufen auf dem Kopf an ihnen vorbeibalancieren.
Zweiräder komplettieren das Durcheinander während am Stand mit den neuesten Schuhmodellen intensiv gefeilscht wird. Der Inhaber des Standes mit den Haushaltsgegenständen preist seine Blechtöpfe an, er hat Glück und findet eine interessierte Käuferin.
Hier vergeht die Zeit wie im Fluge, wir genießen diesen Rummel, müssen uns aber sputen, die Zeit ist um.