THEMA: Tiere, Touris, Telefone - Reisebericht Tansania
13 Jun 2012 19:30 #239190
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  • picco am 13 Jun 2012 19:30
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Hoi Schelm

Bisher ein toller Bericht, er erinnert mich wie alle Tansania-Berichte hier, an meine 2011er Safari's...
Schön, noch einen Reisebericht aus Tansania zu lesen, zumal ich den Bericht eben erst entdeckt habe, denn in der Zeit in der Du geschrieben hast war ich am Everest, ohne Internet...
Der Büffelkopf am Momellasee war auch im Februar 2011 da, der hat wohl nie Urlaub...:whistle:
Gehts hier noch weiter? Ich hoffe doch sehr!
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14 Jun 2012 07:44 #239210
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Ich schließe mich dieser Hoffnung an.
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14 Jun 2012 15:14 #239274
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  • Schelm am 14 Jun 2012 15:14
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Hallo Ihr Lieben,
danke für die Ermunterung und das lange Warten. Entschuldigung für die Verzögerung, aber ich hab hier derzeit einen recht ernsten Krankheitsfall bei meinen Kindern - da muss ich erst alles in die Bahnen bringen, bevor ich wieder auf Safari gehen kann mit euch. Hoffe auf euer Verständnis, wenn es noch ein klein wenig dauert. Aber der Bericht wird bis zum letzten Tag geschrieben - versprochen!

Ich schmeiß mal ne Runde für alle, die auf dem Fahrzeug ausharren!

Lieben Gruß

Ute
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01 Jul 2012 18:17 #241682
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Damit es endlich weitergeht... zur Erinnerung, wir kommen gerade vom Markt in Arusha!

Afrikanische Zeit ist eben nicht deutsche Zeit, es ist noch niemand da, wir gehen also doch noch ins Cafe. Dann taucht unser Landi auf, mit ihm die Mannschaft und wir werden erstmalig Zeuge der strengen Hierarchie, die in unserem Team herrscht. Während sich die beiden Kleinen mit Coolbox und Eis rumquälen, kaut Steven auf einem Zweig, schlendert ums Auto und gibt Anweisungen. Er, der Große, hätte sicherlich viel weniger Schwierigkeiten, aber das ist nicht sein Job, er ist der Boss, zuständig für uns und das Auto, sonst nichts. Steven telefoniert. Jeder hat seine Aufgaben, wir tun gut daran, uns nicht einzumischen. Es endet natürlich so, dass die Kühlbox vom Dach fliegt, der Deckel etwas gebrochen ist, aber was soll es, hamna shida!

Auf den hinteren Sitzen stapelt sich Gepäck, in der Mitte sitzen Alfred und Mohamed, zwischen Ihnen etliches Zeug, obendrauf die Eierpaletten, davor im Gang steht noch die Gasflasche. Die ersten Plätze haben Michael und Katrin, während ich vorn bei Steven sitze. Wir verlassen die Stadt, die Landschaft wird platt und dank der etwas zu frühen Regenzeit auch grün.
Ich frage Steven ein wenig aus. Er erzählt von seiner Frau, den drei Kindern, wie er zu seinem Job gekommen ist, von den verschiedenen Völkern Tansanias. Mich interessiert, ob denn ein moderner Tansanier wie Steven mehrere Frauen hat. Nein, das sei zu teuer, lacht er. Musste er denn dem Brautvater ein Geschenk machen oder sind diese Zeiten längst vorbei? Nein, sind sie nicht, obwohl er noch gut dabei weg gekommen ist. Bereitwillig berichtet er, dass er zwei Ziegen, eine Bettdecke und ein paar Haushaltsgegenstände gekauft hat, ein bisschen Bargeld und schon war die Sache perfekt. So etwa 200 bis 300 Euro kostet das heute. Nun ja, eine Hochzeit hier ist ja auch kein Schnäppchen, auch wenn der Brautvater meist leer ausgeht. Ich stelle mir gerade das Gesicht meines Vaters vor, wenn mein Mann mit zwei Ziegen…:woohoo: ! Lassen wir das.

Immer wieder fallen uns kleine Gruppen schwarz gekleideter Massai auf, die am Straßenrand gehen. Teilweise tragen sie Speere, die sie unseren neugierigen Blicken entgegendrohen. Einige haben sich mit Kopfputz aus Straußenfedern oder Umhänge aus Federn geschmückt, andere wieder sind weiß bemalt, Gesichter wie Masken, wenige haben diese Kunst auch auf den Armen. Sie wirken unheimlich und unwirklich. So, als wären die Ahnen lebendig geworden.

Gern hätten wir sie fotografiert, aber Steven rät uns ab. Sie mögen das nicht – diese Zeit ist im Leben eines Massai ganz besonders. Die Jungen werden zum Mann, sie werden beschnitten und müssen sich 3 Monate auf sich selbst gestellt durchschlagen ohne Kontakt zur Familie. Die Krieger sind stolz und reagieren darum oft aggressiv auf Touristen, die heimlich Fotos machen wollen. In solchen Fällen werfen sie mit Steinen. Es gäbe aber auch die ein oder andere Gruppe, die sich gegen fürstliche Bezahlung ablichten lässt. So erklärt es Steven und wir verzichten auf Fotos.

Irgendwo unterwegs halten wir an einer Bretterbudenansammlung. In diesem Ort, so Steven, kaufen wir noch was Wichtiges ein. Alfred springt raus und erledigt den Einkauf. Ob wir auch aussteigen können? Die Hitze ist heftig. Hamna shida, sagt Steven, springt raus und quält sein Handy. Sofort ist unser Auto umringt von etlichen Massaifrauen, die ein Geschäft wittern. Wir bleiben etwas entnervt im Auto sitzen. Ihre Perlenkettchen und Armreifen interessieren uns nicht. Sie preisen Ihre Ware an wie Sauerbier, loben die gute Arbeit. Wir nicken höflich, geben ihnen Recht, lassen uns aber nicht auf ein Geschäft ein. Nun ändern sie ihre Taktik. Sie schieben die Mutter mit dem schiefen Gesicht vor. Das Baby ist niedlich und sie bieten uns an, es zu fotografieren – gegen bares, versteht sich. Machen wir aber nicht. Dann verlegen sie sich aufs jammern. Wir starten zum Gegenangriff und jammern gegen an, was ihnen doch ab und an ein Kichern entlockt. Wie lange braucht der Kerl, um die Sachen zu besorgen? Wir wollen hier weg, das ist Touristenquälerei pur! Eine ganz Schlaue zeigt ihr Zeugs und wirft es dann auf den Fahrersitz. Nun kann sie ihre Arbeiten nicht mehr selbst erreichen und ich muss sie ihr reichen. Angefasst ist ja so gut wie gekauft! Steven steht noch immer in einiger Entfernung und telefoniert. Der stört sich nicht daran. Mit letzter Verkäuferkraft schieben sie jetzt die Blinde nach vorne, die sich sofort eine Leidensmine aufsetzt, die Mundwinkel fallen lässt und nun so richtig armselig wirkt. Bis eben hat sie in der hintern Reihe noch kräftig mitgelacht. Nun kreist ihr knochiger Arm um den Bauch als hätte sie seit Tagen nichts gegessen und fällt in einen Singsang, der Steine zum Leben bringen könnte. Ab und an blinzelt sie mit einem Auge, vielleicht sieht sie doch noch ein bisschen? Die einzige, die ein paar Brocken englisch kann, versucht noch einmal mit schmeichelnder Stimme ihr Glück, weil diese arme Frau doch nun solchen Hunger hat. Als wir eine Banane zücken, wogt die Menge einen entsetzen Schritt zurück. Nein, nein, sagt die Englische, wir sollten ihr schon die Sachen abkaufen, so wäre das alles ja nicht gemeint. Ja, es stimmt, wir sind hardcore-Touris!
Das Erscheinen von Alfred , der die Einkäufe nun im Gang zwischen Katrin und Michael platziert und irgendwie darüber balanciert, entspannt uns etwas und verunsichert die geschäftstüchtigen Frauen. Ihr Jammern geht wieder in Verkaufsgespräche über, die Blinde zieht in die hintere Reihe und lacht, dass ihre zwei Stumpen wie Elefantenzähne hervortreten. Die Massaimutter holt die Brust raus, das Kind nuckelt an den faltigen Gehängen. Die Englische preist ihre Armbändern, streckt ihre Hand ins Fenster. Ein einziges Wort und ein bitterböser Blick von Alfred beenden diesen Handel, die Meute zieht sich zurück. Was immer er gesagt hat, wir wissen es nicht. Leider! Aber es war wohl deutlich. Steven steigt gefühlte zwei Stunden später endlich ein und berichtet, seiner Frau und Klein-Bernhard gehe es gut! Na, dann kann es ja endlich weitergehen.

Ein paar Kilometer weiter kommt uns ein Kleinlaster entgegen, Lichthupe, Hupe, das volle Programm. Was ist denn jetzt? Steven hupt zurück, lacht und freut sich, bremst. Ähh, was hat der denn? Ach ja, der blaue Rucksack! Da ist er nun, der weit gereiste Rucksack. Michael freut sich wie ein Massaikönig über ein geschenktes Rind. Noch ein Gepäckstück einpacken, ach, umpacken hat nicht mehr viel Sinn, also her damit als Fußstütze. Dann geht’s weiter.

Während wir ermattet die Landschaft an uns vorüberziehen lassen, Katrin wieder extrem von Schmerzen geplagt wird, klingelt es auch hinter uns. Das Virus hat sich verbreitet. Nein, sagt Steven, Alfred muss unbedingt unterrichtet werden, denn aus seiner Familie werde ein Kind vermisst. Das hört sich übel an. Wir haben Verständnis.

Endlich kommt der Eingang des Tarangire in Sicht, wir halten und machen Pipi-Pause, Steven erledigt die Formalitäten und ruckzuck sitzen wir wieder im Auto. Die Kette, die zur Sperrung dient, wird runtergelassen, was für ein tolles Patent, der Typ im Häuschen muss sich nicht mal vor die Tür bewegen. In Afrika kann man immer noch was lernen. Unsere Special Campsite mit M (es könnte Mibuyu Mi..) gewesen sein, leider sind wir nicht mehr zur Parkmap gegangen um Steven zu fragen.

Um die nächste Kurve begrüßt uns eine Herde Impalas. Steven stört sich nicht lange daran, schließlich, sagt er, wollen wir ja noch eine tolle Abendsafari machen. Ach so, na dann! Allerdings wird so schnell nichts daraus, unter einer Akazie hat sich ein wunderbares Begrüßungskomitee für uns versammelt: vier ausgewachsene Elefantenbullen mit riesigen Zähnen.

Wir sind begeistert und gar nicht mehr schlapp. Nur schwer können wir uns losreißen. Alfreds Handy holt uns in die Realität. Weit kommen wir nicht, ein paar Minuten und einige Antilopen später hat sich eine zehn Tiere große Gruppe versammelt. Sie sind recht nah.

Einer der Jungs hat einen abgesägten Stoßzahn. Die schauen Touristen während wir Elefanten schauen, dann äsen (oder wie heißt das bei Elefanten) sie friedlich und gelangweilt von uns weiter. Es entsteht eine Lücke und da sehen wir etwas, was wir bis dahin noch nie sahen. Da liegt ein Elefant auf der Seite und schläft.

Ich kann es nicht glauben. Dachte ich doch, die schlafen im Stehen. Nö, der da liegt eindeutig einfach so rum. Tot ist er nicht, der lebt noch, was sein gleichmäßiges auf und nieder beim atmen verrät.

Gerne wären wir geblieben, Steven allerdings hat nach 10 Minuten die Nase voll. Dieser Park ist voller Elefanten, da kommen noch einige. Glauben wir ihm mal.

Unsere Begeisterung für eine Gruppe Wasserböcke teilt er nicht so. Unbedingt will er uns die großen Tiere zeigen, die Big Five natürlich. Was machen da schon ein paar Toilettenwasserböcke, wie er sie nennt. Toilettenwasserböcke? Klar, seht ihr nicht die Klobrille um den Hintern? Und lacht, dass sich die Balken biegen. Wir lachen mit.

Die Landschaft ist wirklich schön. Der Tarangire besticht durch die viele riesigen Baobabs, ab und an ein paar Palmen und den Fluss, der sich durch das Gelände schlängelt. Das Wasser fließt ruhig dahin, blubbert um ein paar Felsen. Auf einer Seite ist das Gelände eher flach, auf der anderen hat es steile Hänge und auch eine große Abbruchkante gibt es. Der ganze Park ist schon sehr grün durch den frühen Regen. Das ist nicht gut, sagt Steven. Wir finden es schön. Na, dann wandern die Tiere ab. Als er vor ein paar Wochen hier war, war der Park voller Tiere, hier am Fluss ist nun nichts zu sehen, das beunruhigt ihn. Uns ist das gerade schnuppe! Wir entdecken ein Gelbschnabeltocko-Pärchen und allerlei andere Vögel. Und immer wieder diese riesigen Baobabs, mal von Elefanten entrindet, mal mit Löchern. Hier läuft ein Dikdik, da ein Imapala. Wir fühlen uns einfach afrikanisch!

Die Zufahrt zum Camp ist holprig, teils umfahren wir die tiefen Spuren, die wie Minicanons aussehen und sicher den Unterboden schrotten. Eine Warzenschweinfamilie suhlt sich in einer tiefen Pfütze auf der Spur und rennt wütend quiekend ins Gebüsch. An der campsite angekommen, umrunden wir mit dem Auto den Platz, einmal, zweimal, dreimal. Die Jungs spähen sorgsam in die Runde. Beim Aussteigen merken wir schnell: wir sind hier nicht allein! Miese fliegende Geschöpfe, die ein bisschen aussehen wie Pferdebremsen, plagen uns. Es sind Tse-Tse-Fliegen! Am liebsten gehen sie auf blau und schwarz, darum sind im Park Netze in den Farben aufgehängt, um die Tse-Tse-Fliegen dort zu fangen. Ich habe nie einen gesehen, der dort welche gesammelt hätte. Michael kramt nach den Fliegenklatschen, Steven und ich nehmen behelfsmäßig einen Zweig zur Vertreibung.
Während Steven noch aufmerksam den gesamten Platz abschreitet, die Spuren untersucht, wird abgeladen, Taschen, Matratzen, Rucksäcke, Schlafsäcke, alles auf die Plane – und Katrin auch, denn die ist nun endgültig hin. Mir entgeht nicht, dass da Spuren sind, die ein bisschen nach Großkatze aussehen. So ist das in der Wildnis eben.
Michael erkundet das Loch in dem riesigen Baobab, der nun unser Zuhause markiert. Flughunde hausen da, hat Michael festgestellt bei seiner Kletterpartie. Wo ist das Klo? Klo? Steven deutet auf eine Hacke, die unauffällig hinter dem Auto platziert ist und auf deren Stiel eine Klorolle thront. Wie jetzt, wir dachten spezial Campsite- so nur für uns ein Platz (mit allem, was dazu gehört)? „Ja, spezial“, sagt Steven, “that ist true! Hamna shida“, und lacht. Das hatten wir uns aber anders vorgestellt!

Während Steven wieder Chef ist, sich dem süßen relaxen und Anweisungen erteilen hingibt, juckt es uns gewaltig, mal mit anzupacken. Wir müssen uns zurückhalten, sonst untergraben wir seine Autorität. Auch Zurückhaltung kann eine Herausforderung sein. Schnell kocht schon das Kaffeewasser und der Essplatz wird hergerichtet. Ein bisschen dekadent wirkt es schon, als der Tisch, die Stühle, Tischdecke, Porzellan und Gebäck drapiert wird. Ein paar bunte Vögel (Spinte wahrscheinlich) leisten uns Gesellschaft und baden im Sand auf der Fahrspur.


Wir drei machen Pause, Steven fragt noch schnell einen Freund nach Neuigkeiten, Alfred und Mohamed stellen die Zelte auf. Dann endlich bläst Steven zum Aufbruch. Katrin beschließt, lieber ihren Rücken zu schonen und liegen zu bleiben, damit sie die Frühpirsch morgen nicht verpasst und bewacht den weiteren Aufbau des Camps von ihrer Plane aus. In Wirklichkeit ist sie völlig am Ende.

Während wir zum Hauptweg fahren, ein Impala aufscheuchen und wieder die Warzenschweine stören, klingelt das Handy. Ja, das hatten wir lange nicht. Aber bitte nicht jetzt. Kurz das Büro, der Rucksackfahrer ist angekommen, große Freude über die gelungene Wiedervereinigung.
Ein Strauß sitzt in der Gegend rum, ob der auf dem Nest sitzt? Nein, sagt Steven, der Mann sitzt nachts, am Tag brütet die Henne, also kein Nest drunter, nur ein fauler Strauß. Eine große Herde Impalas mit vielen Kleinen dabei. Das ist einfach zu niedlich. Aber Steven horcht auf die Schreie irgendwelcher, unsichtbarer Affen und lässt die Blicke schweifen. „Cat“, sagt er. Wo? Sieht er auch nicht, aber er erklärt, dieses Verharren der Tiere, dieses aufmerksame Horchen und auch das Schreien der Affen sei ein untrügliches Zeichen, da ist ein Katzenvieh unterwegs. Das wäre ja was. Aber nein, trotz aller Bemühungen ist nichts zu sehen. Steven nervt das sehr, sein Ehrgeiz ist riesig. Die Lage beruhigt sich, notgedrungen fährt auch Steven weiter.


Kurz danach laufen Paviane am Wegesrand. Viele Mütter mit Babys auf dem Rücken oder unterm Bauch. Die lassen sich gar nicht bei der Futtersuche stören. Steven flüstert vor sich hin. Was hat der denn? Vor einigen Wochen waren hier so viele Tiere, sagt er. Nun ist der ganze Park leer!

Können wir nicht so richtig glauben, weil wir doch nun schon wieder hinter einer Horde Paviane herrollen, so an die Hundert Tiere, die ihrem Schlafplatz entgegengehen und es gar nicht einsehen, für uns die Straße frei zu machen. Fasziniert schauen wir zu, wie sie sich immer wieder lausen, mal hier und da etwas finden oder auch von jetzt auf gleich ein Streit ausbricht. Einer spielt mit einer großen Frucht, die er eine Zeitlang im Maul mit sich getragen hat. Das weckt Begehrlichkeiten, die nicht ohne Zähne zeigen zu klären sind.
Im Baum über uns sitzen zwei Hornraben, einer verspeist einen kleinen Fisch. Was ist denn das da zwischen den Affen? Tatsächlich, ein Albino, aber eines ohne rote Augen? Immerhin ist in der Gruppe ein weißes Tier, das aber offensichtlich geduldet ist.


Wir sehen jede Menge Vögel, ein Sekretär erhebt sich vom Baum, ein Raub- oder Savannenadler sitzt auf Posten, bunte Eisvögel und Bienenfresser wie fliegende Edelsteine. Auf den Felsen sitzen Klippschliefer, eine Leierantilope ist unterwegs und immer wieder Impalas, Warzenschweine, Affen. Wir finden es er herrlich, Steven ist enttäuscht. Macht uns gar nichts. Auf dem Heimweg gibt es einen fantastischen Sonnenuntergang.

Im Camp angekommen, sind die Zelte alle aufgebaut, unser Tisch hat ein Sonnensegel, darauf wartet ein Snack und Tee, unser Lagerfeuer ist vorbereitet. Alfred ist schon dabei, unser Abendessen zu kochen, während Mohamed sofort eine Schüssel warmes Wasser und Seife bereithält, damit wir uns erfrischen können. Katrin fragt, ob wir Löwen gesehen haben, oder Leoparden? Nein, haben wir nicht. „Ich glaube, wenn hier ein Löwe aufgetaucht wäre, die beiden hätten mich nicht von meiner Plane gerettet“, sagt Katrin. „Ich fühlte mich ein bisschen einsam ohne euch.“ Ich glaube, sie hat Recht. Alfred und Mohamed wären sicher flott ins Auto gehüpft, den mutigsten Eindruck machen sie nicht.

Das auffällige an Tse-Tse-Fliegen ist, dass sie Ruhe geben, sobald es dunkel ist. Sie sind morgens nicht so aktiv, wie am Nachmittag, da drehen die richtig auf und machen Party offensichtlich. Die sind zur Nachtruhe übergegangen, wir schlagen uns noch mal in die Büsche und dann ist Essenszeit. Auf dem Tisch und zwischen unseren Zelten stehen Lampen, das Lagerfeuer knistert, es duftet verführerisch. Rudi hat nicht zuviel versprochen, Alfred ist ein absoluter Wildnis-Sterne-Koch. Wir bekommen eine frische Gemüsesuppe, dazu warmes Toast. Dann gibt es diesen leckeren tansanischen Reis – Magugu- der ist weltklasse, und Perlhuhn, Gemüse mit Pilzen und Soße. Klar, dass wir Rotwein dazu trinken. Wir schweben im wilden afrikanischen Gourmethimmel. Der Beschluss ist schnell gefasst, dass Magugureis unser Mitbringsel aus Tansania wird. Zum Nachtisch essen wir Mangos und Ananas. Die Jungs sind müde, wir spendieren ihnen zum essen ein Bier, nicht ohne Steven vorher gefragt zu haben. Alfred und Mohamed freuen sich über diese Geste sehr.

Die Geräusche der Nacht erheben sich, Glühwürmchen (oder so was ähnliches) schweben durch das Dunkel. Mit meiner Taschenlampe leuchte ich ein bisschen rum und entdecke im Gebüsch ein Augenpaar. Irgendein Hühnchen, wahrscheinlich ein Frankolin, sitzt da drin. Während wir noch ein bisschen erzählen, Katrin hört vom Zelt aus zu, macht Mohamed den Abwasch. Da hält Alfred sich raus, Hierarchie eben. Steven verabschiedet sich ins Zelt, nicht ohne vorher noch schnell zu telefonieren. Die Wildnis ist auch nicht mehr das, was sie mal war – wieso ist hier denn Handyempfang?
Dann verstauen die Jungs die Essensreste im Auto. Es wird ernst. Nur durch eine Zeltplane getrennt von der Wildnis, was tun, wenn Tiere ins Lager kommen? „Kommen sie nicht“, sagte Steven vorhin, „wir haben ja das Feuer.“ Na, hoffentlich wissen die das auch!

Ich kann nicht wirklich schlafen. Da ich meine Kontaktlinsen raus habe, kann ich wenig sehen, gefühlt ist das Feuer sehr dicht an meinem Zelt und auch ziemlich hoch, was tun, wenn der Baobab Feuer fängt. Meine Güte, was für Ideen. Ich kann nicht anders, drehe mich mit dem Kopf zum Zelteingang. Dieses Feuer macht mich verrückt. Ich hab Angst vorm abbrennen. Nun, der letzte Urlaub liegt mir mehr in den Knochen und auf der Seele als ich dachte. Ich bin unentspannt und ängstlich, überlege, wie schnell ich den Reißverschluss auf kriege im Falle eines Falles, denn meiner klemmt natürlich. Wegen des Kriechzeugs muss er aber zu sein. Ja, ich bin ein bisschen bekloppt!

Ich warte also, bis das Feuer ein wenig runter gebrannt ist, dann versuche ich, zu schlafen, aber der gute Mohamed legt wieder kräftig nach, die dicksten Äste, die wir haben. Dem geht es wohl genau wie mir. Da lodert die Flamme, knistert das Holz und ich sterbe in meiner blühenden Fantasie den Feuertod. Immerhin höre ich die Hippos vom nahen Burunge-See, dann irgendwann brüllen in der Nähe Löwen. Ob sie wirklich so nah waren, weiß ich natürlich nicht, aber sie hörten sich sehr nah an! Gut, dass ich eben erst hinterm Zelt war (mit Stirnlampe und Taschenlampe, versteht sich). Mohamed scheint zu schlafen, denn dieses Mal verpasst er das Nachlegen und ich döse ein bisschen ein.
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02 Jul 2012 09:13 #241742
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  • Topobär am 14 Jun 2012 07:44
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Vielen Dank für die Fortsetzung Deines Reiseberichtes.

Special Campsites zeichnen sich übrigens grundsätzlich dadurch aus, dass es keinerlei Infrastruktur auf ihnen gibt.
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02 Jul 2012 09:26 #241753
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  • KarstenB am 02 Jul 2012 09:26
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Hallo Ute,

danke für das Bier. Hat mich für das lange Warten entschädigt. Und Dein Bericht über Tarangire noch mehr, hach, kommen da schöne Erinnerungen auf!

LG aus dem sonnigen Hamburg,

Karsten
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