THEMA: Sinn oder Unsinn des Schenkens
13 Nov 2011 18:05 #213045
  • Tom Swiss
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  • Tom Swiss am 13 Nov 2011 18:05
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Sinn oder Unsinn ?

Ich denke es ist immer auch eine Frage der Umstände und des Umfangs der Geschenke, Gaben oder dergleichen und es sollte nicht ganz so dogmatisch wie in einigen Statements angegangen werden.

Wir handhaben es so:
- Wir gehen nicht mit der Absicht und Waren in solche Länder (und dazu zählt nicht nur Afrika) etwas schenken zu wollen.
- Einfach zu schenken weil jemand ein besonders trauriges Gesicht macht oder offensichtlich bettelt lehnen wir ab.
- Wir suchen aber in diesen Ländern immer wieder auch den Kontakt zu den Menschen und kommen mit diesen auch ins Gespräch. Je nach Situation bietet man auch etwas zu trinken ab - und ist dann oft grosszügig, dass er die ganze Flasche behalten kann. Oder er muss uns etwas aufschreiben und wir überlassen dann den Schreiber -so als Dank oder Wertschätzung. Das ergibt sich dann ganz natürlich und hat nichts mit Gönnerhaftigkeit und Bettelei zu tun. Das ist etwas was wir auch in der Schweiz machen würden.
- Am Schluss der Reise ist immer was übrig und wir werfen es nicht weg. Dabei halten wir jeweils völlig unerwartet bei einer Familie, die das ganze nicht erwartet. Wir erklären Ihnen, dass wir das ganze leider nicht über die Grenze nehmen dürfen und es sei falsch Essen wegzuwerfen. Dann wechselt ein Sack Reis und dergleichen den Besitzer.

Gruss
Tom
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14 Nov 2011 14:19 #213138
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  • Bazi am 14 Nov 2011 14:19
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Ich denke, man sollte den Begriff „schenken“ nicht zu weit dehnen.

Meine eigene, persönliche Meinung dazu ist diese:
Wenn ich z.B. nicht mehr benötigte, gebrauchte Gegenstände im Zimmer zurück lasse oder sie lose über den Papierkorb lege und es dem Finder überlasse was er damit macht, ist dies für mich nicht schenken sondern billig entsorgen. Zu Hause müsste ich es bei der Kleidersammlung oder anderswo entsorgen und so habe ich wieder Platz für Souvenir.
Schenken bedeutet für mich auch nicht, wenn ich dafür eine Gegenleistung erwarte. Für mich ist das dann eine Be- bzw. Entlohnung für eine Leistung und sei sie noch so klein.
Dann gibt es da noch die sog. Gastgeschenke, die einer Tradition entsprechen. Meine Gaben empfinde ich da auch nicht als allgemein gültiges Geschenk sondern als Respekt gegenüber dem Gastgeber bzw. der Tradition. Wobei dies genaugenommen trotzdem schon ein Geschenk darstellt; mindestens in unseren Augen.
Für mich ist herzliches Schenken situationsbedingt. Wie tom schrieb, am Wegesrand eine Flasche Wasser oder auch etwas zu essen oder sonst etwas mit dem ich in diesem Moment wirklich helfen kann - oder Freude bereite - oder eben auch der angesprochene Kugelschreiber usw.
Grundsätzlich wird nichts „geschenkt“, wenn Erwachsene oder Kinder an strategisch günstigen Plätzen betteln. Diese haben schon gemerkt, dass sie so am leichtesten und bequemsten mit Betteln durch das Leben spazieren.
Für mich ganz wichtig ist auch, dass ich den Beschenkten nicht überfahre und seine Würde verletze. Die Ärmsten haben oft die grösste Würde und fühlen sich minderwertig, wenn man sie mit Geschenken überhäuft, mit denen sie schlussendlich vielleicht gar nichts anfangen können.
Man könnte noch über Sinn und Unsinn von Geschenken sprechen, die in unseren Augen Sinn machen, den Beschenkten damit aber schlussendlich nicht geholfen ist.
Bazi
Letzte Änderung: 14 Nov 2011 14:21 von Bazi.
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14 Nov 2011 15:41 #213148
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  • Erika am 14 Nov 2011 15:41
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Hallo zusammen

Danke für eure Kommentare, die sich im Grossen und Ganzen mit unserer Einstellung decken :) . Natürlich sind auch wir jeweils gerne bereit, für besonders nette Gesten und “Dienstleistungen” etwas zu schenken, aber sicher keine unnützen Dinge wie Bonbons usw.

Sha, auch wir hatten vor Jahren mal so ein nettes Erlebnis wie ihr in Zambia. Im Jahr 2001, als die grosse Sintflut über Mosambik hereinbrach, waren wir ganz im Süden in Ponta d’ouro und wollten von dort nach Maputo fahren. Auf dieser Strecke erreichten wir plötzlich eine Stelle, wo der Weg in einem riesigen See endete. Wir schauten uns ratlos an, als plötzlich ein Mann aus dem Nichts auftauchte und uns anbot, den Weg zu zeigen. Da wir nur zwei Sitze im Fahrzeug haben, stellte er sich hinten aufs Trittbrett und dirigierte uns über viele Kilometer Querbeet durch die Pampa. Plötzlich waren wir wieder auf einer normalen Strasse und er beschrieb uns noch genau, wie wir weiterfahren sollen. Wie euer Freund, lehnte auch unserer ein Geldgeschenk strikte ab, obwohl er die ganze Strecke wieder zurück laufen musste. Toni vermachte ihm dann sein bestes T-shirt und eine Cola, was er gerne annahm.


Dieses Jahr waren wir in Gegenden unterwegs, wo sich kaum ein Tourist aufhält. Wir haben am Wegesrand wild übernachtet und wurden nicht ein einziges Mal angebettelt, obwohl immer wieder Menschen und sogar ganze Schulklassen vorbei liefen. Nicht mal stehen geblieben sind sie, sondern scheu grüssend vorbeigehuscht. Es gibt Regionen in Afrika, wo die Bevölkerung unvergleichlich viel ärmer ist als z.B. an den touristischen Routen, wo sich als Folge die Bettelei teilweise ins Unerträgliche gesteigert hat. Oft waren wir wirklich versucht, ihnen eine Kleinigkeit zu geben, weil sie manchmal nicht mal Schuhe besassen, aber dann wäre bereits der Grundstein zum Betteln gelegt, wenn nur ein einziger Tourist mit dem Verteilen von Süssigkeiten oder Geld usw. anfangen würde, das heisst, hätten wir nur einer einzigen Person etwas geschenkt, wäre der Bann gebrochen gewesen. Und aus der Armut helfen mit einigen Gaben kann man ihnen sowieso nicht.

Mit diesem kleinen Beispiel wollte ich eigentlich nur sagen, dass es nicht immer die Ärmsten und Bedürftigsten sind, welche betteln, sondern dass sie entlang der Touristenrouten einfach entdeckt haben, dass damit Geschenke und Geld zu holen sind. Das von Axel beschriebene Beispiel von Popa Falls, wo der Junge mit Betteln mehr verdient als der Vater, spricht Bände.

Leider vermisse ich Beiträge und Argumente derjenigen, die nach Afrika in den Urlaub fliegen, um Gutes zu tun, indem sie aus purer Nächstenliebe oder Mitleid möglichst viele Geschenke (ohne Gegenleistung!) an die Bevölkerung verteilen.

Grüessli
Erika
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
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14 Nov 2011 16:32 #213154
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  • Kiwi am 14 Nov 2011 16:32
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Hallo Erika,
wir sind letztes Jahr zu Weihnachten in Namibia unterwegs gewesen. Es war unsere erste Afrikareise und wir haben uns im Vorfeld schon Gedanken gemacht, was wir an kleinen nützlichen Dingen mitbringen könnten. Die Entscheidung fiel dann zugunsten von Buntstiften und Anspitzern, die wir zum Großteil in die Ombilistiftung bringen wollten, aus.
Auf unserem Weg dorthin, haben wir immer mal wieder hier und da ein Päckchen an die Kinder von Angestellten verschenkt, die sich auch riesig darüber gefreut haben. Wir haben uns natürlich über das Strahlen der Kinderaugen gefreut! Es war ja schließlich auch Weihnachtszeit...
Von hier aus haben wir auch schon an der "Schuhkarton"-Aktion teilgenommen, das heisst, man beklebt einen Schuhkarton mit buntem Papier und packt Geschenke für eine bestimmte Altersklasse und Geschlecht ein. Die Kartons werden dann von einer Organisation in die ganze Welt verteilt, an Kinder, die sonst keine Weihnachtspräsente bekommen...Letzes Jahr waren wir nun unterwegs und wollten dann auch vor Ort was "tun", was ich auch gerade im Hinblick an Wertevermittlung für unsere Kinder wichtig fand, denn die haben sich mit ihrem Taschengeld (freiwillig!) an den 90 Päckchen Buntstiften beteiligt! Meistens haben dann auch unsere beiden Kinder die Stifte direkt an die Kids übergeben.
Die Kinder die am Etosha-Tor gebettelt haben, haben von uns aus den oben, bereits von meinen Vorrednern, beschrieben Gründen nichts bekommen, denn das Betteln sollte nicht gefördert werden..
Ich finde, dass man es von der jeweiligen Situation abhängig machen sollte, ob man nun etwas gibt oder nicht. Es sollte jedem das Recht zugesprochen werden das selbst zu entscheiden, uns erschien es nun sinnvoll zu sein keine Bonbons oder Geld, sondern Stifte zu verschenken.
Bei den San haben wir z.B. volle Wasserkanister dagelassen.
Ich finde es jedenfalls gut, wenn sich Reisende mit diesem Thema sachlich auseinandersetzen.
Liebe Grüße Kiwi
Reisebericht: Afrika- Ein Traum wird wahr !!!www.namibia-forum.ch...--1212-01012011.html

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was berichten....
Matthias Claudius
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14 Nov 2011 16:54 #213157
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  • Nenette am 14 Nov 2011 16:54
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Hallo Erika,

ich werde sicher nicht vergessen, wie ich bei einer Kenia-Reise mit ein paar Bonbons keine strahlenden Kinderaugen verursacht habe, sondern einen Tumult aus Habgier, Grabschen und Streit!

In Malawi haben wir unsere "Geschenke" (Stifte) an einen vertrauensvollen Dorfbewohner gegeben, mit der Bitte, sie zu verteilen.

Viele Grüße,
Nenette
Il n'y a pas un atome de cette poussière que je n'aime infiniment.
Es gibt kein Atom in diesem Staub, das ich nicht unendlich liebe. (Elizabeth Riollet über Voi/Tsavo)

Botswana 2010: nenette-f.over-blog....egorie-11610665.html
Mein anderes Hobby: lauter-schoene-saetze.over-blog.com/
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14 Nov 2011 17:01 #213158
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  • kk0305 am 14 Nov 2011 17:01
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Liebe Erika,

ich kann mich meinen Vorrednern/Vorrednerinnen nur anschließen. Egal ob Afrika oder Südamerika, wir nehmen auch immer Kleinigkeiten (wie zB Buntstifte oder Blöcke für Kinder; Taschenmesser; etc.) mit. Besonders aufmerksame/hilfsbereite Angestellte von Unterkünften oder andere Menschen, die uns unterwegs irgendwie behilflich sind bekommen dann eben ein Geschenk (oder deren Kleinkinder), oft wollen ja gerade diejenigen, die einem wirklich helfen kein Geld nehmen.
Selbstverständlich ist für uns, dass wir etwas mitnehmen, wenn wir zu jemandem nachhause eingeladen werden. Oder wenn man in jemandes "Vorgarten" sein Zelt aufschlägt. Da bringen wir allerdings oft im Land gekaufte Dinge mit, die die Gastgeber sich nicht ohne Weiteres leisten können.
Super finde ich auch die Idee von Kiwi Dinge für Hilfsprojekte mitzubringen.
Was ich mir allerdings auch nicht vorstellen mag ist es einfach so durch die Gegend zu gehen und irgendwelchen Menschen, die gerade da sind einfach etwas in die Hand zu drücken. Ich würde mir da auch selbst komisch vorkommen. Und dass die Kinder gar nicht mehr zur Schule wollen, weil sie währenddessen ja ihren "Bettelverdienst" einbüßen hat man mir zB auch in Marokko an vielen Orten bestätigt. Die Eltern haben da dann auch keine Argumente, schließlich können sie ihren Kindern das Geld/die Geschenke nicht selber geben. Ich bitte euch das zu bedenken bevor ihr mit euren Mitbringseln um euch werft!

Liebe Grüße,
Kerstin
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