THEMA: Sambia + Malawi: nicht nur gesehen, sondern erlebt
21 Nov 2011 21:42 #214082
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Liebe Tagebuchleser
Zur Abwechslung dürft Ihr heute noch ein zweites Voyeur-Türlein aufklicken (weil ich morgen weit weg von meinem Computer sein werde).
Gruss von Girwal


Freitag, 07.10.2011

Flucht aus Chintheche!



Eine Flucht aus der Nkhwazi Lodge ist – gemessen an der idyllischen Lage – keinesfalls logisch. Die Lage direkt am See mit einem kleinen Privatsandstrand ist unter normalen Umständen sicher genial für geruhsame Tage. Jetzt und hier und für uns ist die Situation doch deutlich anders. Mit gespielt für unseren Entscheid haben vielleicht die bedrückenden Ansichten des auf den Tod wartenden Besitzers Jim und die Einsamkeit auf einer ehemals blühenden grösseren Anlage. Aber letztlich in die Flucht getrieben hat uns das Wetter. Dabei waren es nicht der höhere Wellengang und das sehr starke Rauschen, sondern der erneute Starkregen in der Nacht. Trotz aller Vorsicht ist Wasser in das Dachzelt eingedrungen und hat uns zu einem nächtlichen Einsatz als „Schadensbehebungsdienst“ genötigt, nachdem das Wasser unerkannt durch die Matratze in unsere Schlafsäcke eingedrungen war. Glücklicherweise hielt der Himmel dann während dem Frühstück trotz dräuenden schwarzen Wolken dicht. Zum Baden war es zu kalt und zu windig und die Wellen unangenehm hoch.





Folglich gab es nur einen kurzen Beach-Walk und dann bald einmal die Flucht in den Süden in der Hoffnung auf trockeneres Wetter. Die nasse Matratze legten wir zwecks intensivierter Trocknung auf das Kisten- und Taschenchaos hinter uns. Wieso kamen wir nicht schon früher auf diese gloriose Idee von „chaos-hiding“?

Und die Hoffnung auf Besserung erfüllte sich zusehends. Auf dem Weg schwenkt der Blick öfters zurück. Unsere Flucht ist berechtigt, denn das zurück gelassene zirka 2000 m hohe Viphya-Gebirge ist noch immer in dunkle Wolken gehüllt. Hier unten am Malawisee auf unter 500 m ist es in jeder Beziehung freundlicher und belebter. Viele Leute nicht nur in den Dörfern, sondern auch an den vielen Zuflüssen zum See. Fast an jedem Bach wird gewaschen und gefischt. Als Automobilist und als Fremder wird man sofort erkannt. Und was bewirkt ein Fotoapparat: bei den Erwachsenen ein freundliches Lachen und eventuell ein Winken. Aber bei den Kindern gibt es hier nur Eines: sofort in Foto-Pose springen.





Bereits um die Mittagszeit in Nkhotakota gibt es fast eitel Sonnenschein und zusätzlich zwei memorable Einkaufserlebnisse auf völlig verschiedener Preisebene: erstens der Kauf von 12 kleinen aber feinen Bananen für insgesamt 40 MK (=25 Rp, unverhandelt) irgendwo an der Strasse und der ungleich teurere Deal von weiteren 30 l Schwarzmarktdiesel in der Stadt (bei einer trockenen Tankstelle) für insgesamt 94 USD (nach relativ hartnäckigem Handeln). Danach fühle ich mich schon fast als erfahrener Treibstoffhändler in fernen Ländern. Dennoch erscheinen 3 USD pro Liter Diesel für ein armes Land wie Malawi horrend hoch. Aber lass uns mal pragmatisch denken: 60 l Schwarzmarktdiesel (wie gestern und heute zusammen) bringen uns zirka 500 km weiter und kosten immer noch weniger als eine einzige Nacht für eine Person in einer wahrlich überteuerten Lodge in den Busanga Plains im Kafue NP. Mit diesem Nutzenvergleich kann ich sogar meine haushälterische Rosmarie überzeugen und vor allem mit den mutigen Schwarzmarktkäufen beruhigen, dass wir jetzt genug Diesel haben um das dieseltrockene Land wieder verlassen zu können.

Jetzt blochen wir mit neuem Elan und bei innerem und äusserem Gutwetter dem Malawisee entlang Richtung Salima. Verständliches nächstes Ziel: ein in keiner Weise bedrückender Campsite. Wir steuern einen im Reiseführer empfohlenen Platz an mit direktem Seeanstoss. Trotz hohen schattigen Bäumen gefällt es uns im Wheelhouse nicht wirklich. Zu bedrückend ist eine sichtbare Verwahrlosung und Fehlen von anderen Camperfahrzeugen. Wir ziehen deshalb weiter Richtung Senga Bay zum Sunbird Livingstonia Hotel, dessen Zeltplatz und Sandbucht uns auf Anhieb überzeugen.

Unsere Nachbarn dort sind eine Gruppe von Franzosen, welche in gedrängtem Programm fast die gleichen Orte besuchen wollen. Ihr Fahrer-Koch rüstet frische Chambo-Fische vom Malawisee, welche er später am Grill brätet. Wäre dies auch mal was für uns?



Und wie beschliessen wir einen erfolgreichen Tag von der Flucht ins Glück? Mit herrlichem Rindsfilet (bereits den dritten Tag in Folge) und Tomatenreis und einem genüsslichen Gläslein Wein. Dann baumelt die Seele mehr als der immer noch starke Seewind das Dachzelt zu wiegen vermag.



Senga Bay, Sunbird Livingstonia Hotel Campsite 1000 MK pppn
Tagesdistanz 289 km
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23 Nov 2011 23:05 #214343
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Samstag, 08.10.2011

Hej, hat dies geblasen heute Nacht! So, dass gar ein Seitenfensterhalter aus der Verankerung gerissen wurde. Und das ganze Dachzelt oder das ganze Auto hat geschaukelt als wären zwei junge Leute drin. Aber immerhin: es hat nicht mehr geregnet. Und als um 8 Uhr die französische Reisegruppe von nebenan abreiste, war es plötzlich ganz ruhig und idyllisch ………



…… bis um 9 Uhr gleich mehrere Autos mit einheimischen jungen Frauen aufkreuzten und sofort grosse Lautsprecher keine 20 m neben uns aufstellten, die Musik aufdrehten bis nahe an die Schmerzgrenze und gleich mit den (zum Teil gar nicht kleinen) Hüften zu wackeln begannen. Was tun wir in dieser Situation? Wir ziehen einen langen Strandspaziergang vor. Der Wellengang am Seeufer ist immer noch beträchtlich, aber scheint langsam abzuflauen. Ein Rasta-Locken-Einheimischer gesellt sich zu uns und will uns sein Dorf zeigen und versichert gleich am Anfang „You don’t need to pay for me“. Er führt zuerst uns an den öffentlichen Strand, wo die Einheimischen waschen, fischen, essen, arbeiten und schlafen – scheinbar ungeordnet und jeder nach seinem momentanen Bedürfnis. Selbstdarstellerische Kinder gehören auch hier dazu.







Über einen kleinen Hügel geht es dann in das Dorf, wo wir einen intensiven Eindruck vom anderen Teil des Alltagslebens erhalten. Touristen scheinen hier Exoten und noch nicht Standard zu sein. Wir sind entsprechend zurückhaltend und fühlen uns hier nicht auf Foto-Safari. Beim Abschied wieder in der Nähe des Hotelstrandes gebe ich ein Trinkgeld von 100 MK, womit der „Gratisführer“ aber gar nicht glücklich ist. Er spricht von ausnahmsweise 500 MK statt der üblichen 1000 MK. Dieses untypische malawische Verhalten fordert von mir eine klare Antwort. Leistung und Preis müssen ortsgerecht übereinstimmen. Ich verdopple auf 200 MK und lege dann klar, dass bei mir nicht mehr zu holen sei. Sichtlich enttäuscht (oder wenigstens gut gespielt) geht der selbsternannte Führer weg.
Zurück auf dem Campingplatz erleben wir dann, was gemäss Hupe-Reiseführer „etliche Tagesgäste“ bedeuten: Dutzende Autos und mehrere Armeelastwagen mit Hunderten von Leuten.



Mehrere unter den Bäumen improvisierte Grossküchen und pausenlose durchdringende Musikbeschallung aus mehreren Quellen sorgen für das körperliche und psychische Wohlbefinden. Beim sonst so idyllischen Vogelfelsen plärren riesige Lautsprecher und animieren zum Tanz auf der Bühne, auf der Wiese und im Wasser. Und dieses Bewegungsfieber geht quer durch alle Alterskategorien. Der Hüftwackel scheint (mindestens für uns Kulturbanausen) der einzige, aber doch stundenlange Non-stop-Tanz zu sein.





Weiter hinten auf der Wiese gibt es dann doch eine sportliche Alternative zu geben: Ball spielende Frauen. Und die tun dies mit gar nicht so geringer Eleganz und Spielwitz trotz ihren immer wieder losen Hüfttüchern. Aber auch die Nase kriegt einen vertieften Malawi-Eindruck: verschieden „anmächelige“ Koch- und Grillierdüfte. Und sehr wohl eine Lernstunde für uns: die Fingerfertigkeit der Einheimischen beim Essen ohne Besteck.

Und plötzlich sind wir Mittelpunkt eines umgekehrten Fotoshooting. Kaum hat es die erste gemacht, will jede Frau und jede Frau mit Kind zwischen Rosmarie und mir fotografiert werden. Ab jetzt gehören wir zur malawischen Wochenend-Gesellschaft. Inzwischen ist der See ruhiger geworden und ich wage mich als weisser Exot ins schwarz punktierte Wasser. Hier ist es angenehm frisch, geschätzt 22°C.

Danach entfliehen wir dem Trubel. Zusätzlich hat uns der Campwart versichert, dass nach 5 Uhr alle Tagesgäste aufbrechen und alles kein Problem mehr sei. Wir gehen ins ruhige und schöne Gartenrestaurant des Hotels und freuen uns auf das erste Essen nicht aus der Bordküche. Klar, es muss ein Chambo Fisch sein. Und was erhalten wir: einen tellergrossen gebratenen “open chambo“, allerdings bestehend aus fast nur Kopf, Gräten und Schwanz und kaum etwas Geniessbarem dazwischen. Dazu einen Riesenhaufen charakterloses Nshima und zwiebelgeschwängertes Kraut. Kulinarische Wertung von Rosmarie und mir: eine glatte Enttäuschung oder dann eben doch viel zu hohe Erwartungen.

Zurück im Dunkeln auf der Campsite ist die Musikbeschallung zwar nur noch einseitig, aber immer noch nervig. Für wen eigentlich noch, wenn fast niemand mehr da ist? Und wie lange wird dies noch dauern? Rosmarie ist deswegen ziemlich verschnupft.

Tagesdistanz: einige km zu Fuss

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24 Nov 2011 19:48 #214414
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Sonntag, 09.10.2011

Schon wieder auf der Flucht in Malawi!
Diesmal aber aus einem anderen Grund: der fürchterliche Wochenendlärm auf der Campsite des Sunbird Livingstonia Hotels in Senga Bay.
Unsere Hoffnungen auf eine einigermassen ruhige Nacht werden nicht erfüllt und unsere geheimen Befürchtungen bei weitem übertroffen. Die dröhnende Lautsprechermusik will und will nicht aufhören, obwohl die allermeisten Tagesgäste längst weg sind. Nach x Ignorierungs-Versuchen und y Drehungen auf dem Mätteli im Dachzelt, haut es (auch) mir den Nuggi raus und ich steige nach Mitternacht im Pyjama zum Einheimischen am Musik-Mischpult. Es sind noch ganze 5 Menschen da. Ich bitte um eine deutliche Schallpegelreduktion (nicht einmal ums Aufhören), so dass wir 50 m weiter hinten schlafen können. Und was geschieht dann? Nach zirka 10 Minuten verstummen die Lautsprecher…… für zirka 15 Minuten, um danach wieder weiter zu plärren (auf leicht reduzierter Leistung).
Zum Glück frischt der Wind wieder auf, so dass das Wasserrauschen wenigstens einen Teil der Musik kaschiert. Was aber akustisch bleibt ist das Hämmern des Basses. Und so unglaublich es tönen mag: das Musikgedröhn hört nicht einmal in den frühen Morgenstunden auf. Meine inzwischen fatalistische Beurteilung: malawische Lebensfreude und akustische Trance, das verstehen wir einfach nicht. Entweder sind wir dafür zu alt oder zu europäisch.
In Anbetracht eines zweiten derartigen Wochenendtages hilft jetzt aber nur noch die Flucht.Dazu bleibt genug Zeit, denn wir haben uns ja nicht verschlafen können.
Den Vorderrädern des Autos hat die Beschallung auch nicht gut getan, sie machen einen schwulstigen und hergenommenen Eindruck. Aber diese erholen sich erstaunlich schnell, die 12 V Pumpe schafft dies innert wenigen Minuten. Wir selbst erholen uns nicht so schnell und brauchen noch einen zweiten Kaffee. In dieser Zeit können wir verfolgen wie elegant der Campwart mehrfach mit dem Nachlass des gestrigen Tages fertig wird: über die Grenzmauer = aus dem Sinn.



Wir sagen dem Campsite und Senga Bay ohne Tränen in den Augen adieu. Aber bereits auf dem Weg zurück nach Salima begegnen wir den ersten dröhnenden Personentransporten.
Wohin die wohl fahren? Wie intensiv wird es wohl heute Sonntag in Senga Bay werden? Das ist uns schlicht egal.Für uns gilt auf jeden Fall die Gegenrichtung.
Es folgt eine unspektakuläre Fahrt vorbei an vielen Mangoverkäufern Richtung Liwonde NP.



Und immer wieder regen die Affenbrotbäume mit ihren Formen und Strukturen die Fantasie an. Hier wohl: Herr und Frau Baobab?



In Liwonde will Rosmarie urplötzlich den Holzschnitzermarkt besuchen. Also sofort Themawechsel und rein zu den Schnitzern. Schön sind sie ja, die Schalen, die Hippos oder gar die mit Tiermotiven geschnitzten steckbaren Stühle. Aber: zu Hause wohin stellen und wie dieses Sperrgut heil nach Hause bringen? Wir lassen es ein weiteres Mal beim Angucken und späteren Nachdiskutieren.



Schon eher begeistern kann ich mich an den aus Gras und bastartigen Blättern hergestellten Spielzeugautos.



Bald steuern wir über einen reichlich schlechten Weg den Nordeingang zum Liwonde Park an, zahlen den Parkeintritt und stehen nach wenigen km vor der Mvuu Lodge. Nach kurzem Begrüssungsgespräch klärt sich dann jedoch, dass das Mvuu Camp auf der anderen Seite des Shire Flusses liegt und dass die Bootsfähre keine Autos mitnehmen kann. Rosmarie’s Laune sinkt schnell und kräftig ab, als klar wird, dass wir zurück nach Liwonde müssen zum südlichen Haupteingang, und von dort wieder hoch fahren bis zum Mvuu Camp.
Damit dies nicht allzu lange dauert lege ich fahrerisch einen Zacken zu, muss aber höllisch aufpassen auf die gröberen Strassenlöcher. Letztlich läuft auch dies ganz gut und wir schaffen es in weniger als 3 h Umweg.

Und es wird noch viel schöner und zu einer herrliche Kompensation des Umweges: nach mehreren Tagen Tierentzug sehen wir unsere lieb gewordenen Kollegen Impalas, Kudus, Affen, Warzenschweine, etc. wieder. Dazu gesellen sich heute auch noch dunkle Buschböcke und sogar eine Rappenantilope.



Die immer noch frühe Ankunft im Mvuu Camp erlaubt endlich wieder ein Campfeuer vorzubereiten und einen Reis-Tomaten-Rüebli-Eintopf der Extraklasse zu geniessen. Mag dieser auch nur 1/10 des gestrigen Open-Chambo gekostet haben, so ist er zudem noch mindestens dreimal besser.

Einzige Aufregung beim Kochen: ein ausgewachsenes Warzenschwein-Männchen kommt zum Rüsttisch, bleibt stehen und schaut Rosmarie direkt an ..... und dann rennt
..... sie vor Angst ins Auto. Sie ist auch jetzt noch überzeugt, dass das Schwein auf sie los gegangen wäre. Schade, dass ich diesen Spektakel nicht miterlebt habe. Noch schöner, wenn ich es hätte filmen können. Dies wäre doch eine super Lachnummer „Grosi auf der Flucht vor dem Schwein“ für uns, die Kinder und die Enkel gewesen.




Liwonde NP ; Mvuu Camp 15 USD pppn
Tagesdistanz 330 km
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25 Nov 2011 22:18 #214506
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Montag, 10.10.2011

Jetzt ist es bewiesen: Affen sind intelligenter als Menschen.



Dafür lieferten diese Viecher heute Morgen gleich einen mehrfachen Beweis. Erst klauten sie trotz vorsichtigem Auftischen des Frühstücks bereits ein Stück Brot. Deshalb blieb Rosmarie zur Verteidigung unseres Futters ständig am Tisch. Der nächste Affenangriff erfolgte von links und folglich auch Rosmarie’s erfolgreiche Abwehr nach links. Aber der gleichzeitige Klau von Affe Nr. 2 geschah von rechts. Fazit: 2:O für die Affen.
Wegen der Mehrzahl der Affen war auch menschenseitig Verstärkung nötig durch mich. Mit einem Stock zur passiven Abwehr und zur sporadischen aktiven Gegenangriffsdrohung ging es einige Frühstücksbissen lang gut. Auf Ratschlag der affen-erfahrenen Campingnachbarn haben wir uns auch noch mit einem Glas Wasser bewaffnet, denn scheinbar mögen die Affen Wasser nicht. (Den ergänzenden Tip, eine Kinder-Wasserpistole dabei zu haben, werden wir auf der nächsten Reise sicher umsetzen). Genüssliches Frühstück bis dann scheinbar Affe Nr. 3 den Weg durch die schlecht verschlossene Fahrzeugtür in unser Auto fand. Meine spontane Idee – den Affen durch totalen Einschluss im Auto zur Verzweiflung zu bringen – war nicht von der intelligentesten Sorte. Aber so weit kam es schon gar nicht. Zu schnell war Affe Nr. 3 aus dem Auto gesprungen (zum Glück ohne Beute). Zur Sicherheit wollte Rosmarie die Türe auf der anderen Fahrzeugseite verriegeln. Nun, in diesem Moment holte Affe Nr. 4 (vielleicht war es ja auch wieder Nr. 2 oder 1) am verlassenen Tisch die nächste Beute: ausgerechnet mein dick aufgetragenes Konfi-Brot. 3:0 für die Affen.
Als Verlierer haben wir zuerst kurz geflucht, dann lange gelacht, aber vor allem eines gelernt: fortan alle Türen und Taschen sofort wieder schliessen und nur noch die gerade momentan verzehrte Speisenart auf dem Tisch haben und nicht mehr das ganze Frühstücksbuffet.

Soviel Aufregung hatten wir auf der folgenden Pirschfahrt nicht mehr. Ausser den Pavianen und Warzenschweinen im Camp sind die anderen Tiere in freier Wildbahn ziemlich scheu. Dies gilt auch für die fast unzählig vielen Warzenschweine. Aber diese so friedlich – ja sogar kniefällig – grasenden Grunzis bleiben dennoch meine Freunde.



Scheu ist auch ein grosses Rudel von Pferdeantilopen. Sobald sie mich hinter dem vermeintlich deckenden Auto erkennen oder wittern, sind sie im Galopp weg.



Den tiefsten Eindruck hat uns jedoch heute die wunderschöne Flusslandschaft entlang dem Shire Fluss gemacht.





Schon ein wenig anders mutet uns das riesengrosse Spezialgehege für die Rhinos an, wenn man bedenkt, dass diese Tiere rund um die Uhr bewacht werden müssen als Schutz vor den Wilderern.
Wir fahren ein Stück dem Zaun entlang, brechen dann aber diese Übung ab nach einer statistischen Betrachtung der Wahrscheinlichkeit diese Tiere von ausserhalb des Zaunes zu sehen.
Am äussersten Ende des Game-Drive-Pfades, wo der Shire aus dem Malombe-See austritt, treffen wir unverhofft auf einige Männer. Diese betreiben mit einem Einbaum und einem anderen Ruderboot eine Fähre zum gegenüberliegenden Dorf. Und sie zeigen uns auch wie man frische Cassava isst.



Wir geniessen nach der Rückkehr auf den Campingplatz lieber sechs kleine aber leckere Mangos. Aber dann überfällt uns das dolce-far-poco. Unser eigener Treibstoff (Kaffee) geht auch langsam zu Ende und erlaubt keine Mehrfachdosierungen à discrétion mehr. Oder sind wir schon ein wenig ferienmüde? Faktum ist: wir machen afrikanische Pause und fahren unsere Aktivitäten zurück auf die Vogelbeobachtung ex Campingstuhl.



Und das letzte Aufflackern von Tatendrang wird mit einem Drink in der nahen Lodge gelöscht bei zusätzlich beruhigender freier Aussicht auf den Shire River. Wir verzichten sogar auf eine mögliche Sunset-Cruise.

Und was folgt noch heute? Wohlgefühl auf bekannte Art: Wiederholung des Gemüse-Reis-Eintopfes und des Lagerfeuers von gestern; aber je in doppelter Menge. Das grosse Feuer bleibt jedoch unter Kontrolle, obwohl unsere Feuerstelle exakt unter einem tiefen Baumast aufgebaut wurde (!!). Für uns ist es zudem der erste Campingplatz, wo sogar sandgefüllte Feuerlöschkessel wenige Meter neben der Feuerstelle bereit stehen.



Somit alles im Griff für heute? Fast. Bei dieser wohligen Gefühls- und Magensättigung wird nämlich das Tagebuchschreiben schon fast zur Arbeit.
Zum Glück kommt in dieser bald schläfrigen Atmosphäre noch einmal ein wenig „action“ auf. Kaum einer hat es in der Dunkelheit bemerkt, wie ein Hippo im Dunkeln gleich hinter dem nächsten Stellplatz grast. Was empfindet jetzt Rosmarie? Sie geht hin und kommt mich bald rufen. Und gehorsam oder wundrig wie ich nun auch mal bin, gehe auch ich kurz hin. Und jetzt ist es 4:0 für die Affen?
Nein, die schlafen zum Glück bereits und machen unsere Niederlage nicht noch schlimmer.

Liwonde NP, Mvuu Campsite
Tagesdistanz: 43 km Pirschfahrt
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26 Nov 2011 13:35 #214555
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Dienstag, 11.10.2011

Erst heute Morgen ist uns das hübsche Warnschild auf dem Campingplatz aufgefallen.



Aber Hippos gab es heute keine mehr zu sehen. Dafür hat es anderweitig so richtig gewimmelt. Nein, nicht von Ameisen, Mücken oder Tsetse, sondern von grossen Wildtieren. Es schien uns, als wollten alle Tierarten nochmals Parade stehen an unserem letzten Nationalpark-Tag. Eigentlich wollten wir den Game-Drive nahe beim Parkeingang abspulen, sind dann aber bereits wenige Minuten von der Mvuu Campsite entfernt mit einer ganzen Herde grosser und kleiner Elefanten beglückt worden.



Und kurze Zeit später ist der Weg verstopft mit – endlich, endlich, endlich ! _ mit Büffeln in grosser Zahl. Und keine 100 m weiter ein ganzes Rudel Rappenantilopen. Welch ein toller Anblick! Und meine Kamera schwenkt von Büffeln zu Antilopen und wieder zu Büffeln und wieder zurück bis die Arme schmerzen. Kann denn eine Tierpirsch so anstrengend sein?





Und als ob es nicht schon genug wäre für das Prädikat „Hervorragend“ , wimmelt es später auf dem kurzen Riverside Drive kurz vor dem Parkausgang nur so von Wasserböcken und Kudus. Einer schöner und grösser als der andere! Dies hätte ich mir vom Liwonde NP selbst nach dem positiven Beschrieb im Hupe-Reiseführer nicht träumen lassen. Dabei verstärkt die abwechslungsreiche Fluss-, Sumpf-, Auen- und Waldlandschaft noch den tollen Eindruck und wirkt wie ein bestens angepasster Rahmen zur Live Show Liwonde.





Umso brutaler dann der Szenenwechsel nach dem Parkausgang. Jetzt ist plötzlich Schluss mit den Vierbeinern und wir fahren wieder in die Zweibeiner-Welt. Und diese Welt ist trotz weniger Beinen pro Kopf noch dichter belegt als der Nationalpark. Wir müssen uns erst wieder gewöhnen an die unglaublich vielen Fussgänger und Fusssteher auf der Fahrbahn und auch die vielen Fahrräder. Und sofort ziehen uns die Strassenrand-Aktivitäten wieder in den Bann, seien es Korbverkäufer oder Fruchtstände oder auch eine Freiluftschule unter einem schattigen Baum.





Bereits um die Mittagszeit sind wir an unserem Ziel am Cape McClear in Chembe und suchen den zum Glück gut ausgeschilderten Campsite des Chembe Eagle’s Nest. Unerwartet sind (und bleiben) wir auch dort allein und können uns den einzig wirklich schattigen Stellplatz sichern.
Mit diesem letzten längeren Halt auf unserer Reise beginnt jetzt die Zeit des „Revue–passieren-lassens“ und des Nachempfindens mit allen Highlights. Wir werden genug Zeit dazu haben hier in Chembe und freuen uns darauf.
Wir starten dabei ganz praktisch mit dem Rückblick in den Kühlschrank (denn dieser wird ab sofort wegen mehrtägigem Fahrzeugstillstand nicht mehr gekühlt), um daraus einen Rundreise-Rückblick-Eintopf zu machen. Nun ja, auch der hat gemundet, ebenso wie die letzte kühle Bierdose. Oder freuen wir uns insgeheim schon auf das (bereits in der Ferienplanung vorgesehene) Restaurant-Essen? Vorfreude ist ja eine schöne Freude.
Und jetzt leuchtet sogar der Vollmond und wir sind allein auf der Campsite. Mensch, wenn dies nicht romantisch wird heute Nacht!

Chembe Eagle’s Nest
Tagesdistanz: 181 km
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26 Nov 2011 20:50 #214589
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Hallo Girwal,

wir verfolgen nun schon seit einiger Zeit deinen wirklich sehr nett geschriebenen Reisebericht. Da sind wir ja quasi gerade aneinander vorbeigefahren und können viele deiner Erlebnisse sehr gut nachvollziehen. Besonders interessant sind für uns natürlich die Plätze, die wir auch besucht haben, da man hier besonders gut vergleichen und in Erinnerungen schwelgen kann.
Das Affen-Problem kennen wir auch. Hat man den einen verjagt, sitzt sein Kumpel schon heimtückisch lächelnd hinter dir auf der Heckklappe und schnappt sich den Paprika.
Wir sind gespannt, wie es weitergeht, denn bis Malawi sind wir noch nicht gekommen.

Viele Grüße
Ruth und Uwe
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