THEMA: Sambia + Malawi: nicht nur gesehen, sondern erlebt
18 Nov 2011 20:06 #213741
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Montag, 03.10.2011
Unser Campsite (Chifunda Bush Camp) ist noch eine deutliche Spur idyllischer als das Croc Valley Camp in Mfuwe. Du fühlst dich wie im Theater: du sitzest im Logensessel, hast den Theatergucker im Anschlag und das Bistro (Getränk aus Kühlschrank und Snack aus der Klapperkistenküche) gleich daneben. Und das Ganze steht im Baumschatten einige Meter erhöht direkt am Uferabfall zum Luangwa Flussbett. Und am und im Fluss spielen sich nicht nur ganz verschiedene Stummszenen (z.B. Wasser holende Frauen oder Elefant durchquert den Fluss) ab, sondern periodisch haben wir von der nahe wohnenden Hippofamilie ein Konzert in ganz unterschiedlichen Tonlagen. Dies allein wäre schon ein „Konzertbesuch“ im Chifunda Bush Camp wert.





Das Chifunda Bush Camp wird (im Gegensatz zu anderen Campsites und Lodges, welche fast immer von einem weissen Südafrikaner oder einem Europäer geleitet werden) von Einheimischen mit viel Charme betrieben. Aber afrikanische Organisation unter dem Motto „Beschäftigung für viele ist mehr wert als Effizienz von wenigen“ dringt auch hier durch: der Manager empfängt und zieht das Geld ein, eine andere Person (sie ist auch immer präsent) kassiert die Parkeintrittsgebühren, ein Dritter stellt sich als Störkoch vor und ein Vierter als Barman (leider haben beide nichts zu tun bei nur 3 sich selbst versorgenden Touristenpaaren), ein Fünfter setzt am Morgen die Photovoltaikpumpe in Betrieb und am Abend ausser Betrieb. Und von eventuell weiteren Angestellten weiss ich zum Glück nichts. Schon fast wie ein Gegensatz zu diesem „jede Tätigkeit = ein anderer Fachmann“ wirkt unser Führer für den Morning-Game-Drive, denn er befasst sich stundenlang mit uns, mit Tieren, Pflanzen, Landschaften und was er und die Gäste alles wissen wollen. Weil das Camp keine eigenen Fahrzeuge besitzt, erfolgt die Pirsch mit unserem Auto. Eigene Pirschfahrten sind nicht erlaubt und auch nicht empfehlenswert, denn Wegsignalisationen gibt es nicht eine einzige.
Die Höhepunkte sind heute gleich am Anfang. Just vor der Abfahrt hört unser Guide lautes Geschrei der Affen und er kann uns dann auch den Leoparden lokalisieren, welcher auf der anderen Flussseite vorbei schleicht. Zweiter Höhepunkt: die Flussdurchquerung mit dem Auto unweit der Hippofamilie. Was, wenn ausgerechnet jetzt das Auto stecken bliebe? Aber lassen wir doch diesen blöden Gedanken in dieser so Rosmarie-freundlichen Umgebung.



Erste Tiersichtungen im Park drin sind dann Vögel (Ohrengeier, Kappenadler, Schlangenadler, Hornraabe, Rosenpapagei, etc.). Auf fast unendlichen Wegen geht es Richtung Mwaleshi River. Mehrere Male habe ich als Fahrer grösste Mühe einen Pfad am Boden oder zwischen den Bäumen halbwegs eindeutig zu erkennen. Die „Standard-Tiere“ sind alle mehrfach da, ausser der Giraffe und ausser den erhofften Büffeln. (Hoffentlich falle ich nicht bald in einen analogen Büffel-Entzugs-Koller wie Rosmarie vor einigen Tagen mit ihren Löwen!).





Der Guide erzählt uns noch, dass er hier pro Monat 200‘000 Kwacha verdient (= 40 CHF) und damit seine Frau und zwei Kleinkinder ernährt und auch noch die Familie seiner Mutter unterstützt. Er erwähnt auch, dass er in der nahe gelegenen Delia-Lodge 2.7 Mio Kwacha (über 500 CHF) verdienen könnte, wenn dort eine Stelle frei wäre. Unsere nicht gestellte Frage: bringt da der Edeltourismus nicht auch ein Problem in die sambische Gesellschaft?
Am Nachmittag besuchen uns zwei deutsche Nicht-ganz-Standard-Touristen. Beide sind langjährige Alphirten im Surselva Gebiet. Sie suchen jetzt eine Mitfahrgelegenheit, denn sie wollten ursprünglich zu Fuss mit einem Geländetrolley entlang dem Luangwa wandern. Scheinbar war alles bestens vorbereitet. Nur eines war nicht bedacht: bereits am ersten Tag hatten die Trolleys sechs Mal Plattfuss wegen Dornen im sandigen Weg. Dies war das Aus. Jetzt zelten sie ausserhalb der Campsite und der eine geht in nicht allzu grosser Distanz zu den Hippos splitternackt baden. Unsere Folgerung: es gibt noch grössere Expeditionisten als wir.
Dann noch ein längeres Gespräch mit Franzosen, welche eben via Ponton über den Luangwa gekommen sind, weil sie die Furt nicht gefunden haben. Der Ponton wird eigentlich nur gebraucht bei höherem Wasserstand.



Und zum Tagesschluss noch ein kulinarischer Schock: Rosmarie weigert sich Süssmais-Crème aus der Büchse zu essen. (Eigentlich wollten wir Maiskernen und nicht Maiscrème kaufen). Also kriegt sie nur Resten von gestern und Bohnen-Tomaten-Salat. Und das Erstaunliche: sie ist voll zufrieden damit. Und auch ich verordne mir nach einer wacker geschluckten halben Büchse eine Maiscrème-Pause von noch unbekannter Dauer.

Tagesdistanz: 64 km
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19 Nov 2011 10:48 #213793
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Liebe Fomis

Es wurde gewünscht, dass ich den Streckenverlauf unserer Reise deutlich mache.
In folgendem Link sind die Aufenthaltsorte aufgelistet, wobei Startpunkt A und Endpunkt je in Lusaka waren.

g.co/maps/82cw2

Gruss von Girwal
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19 Nov 2011 13:30 #213808
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  • Flori am 19 Nov 2011 13:30
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Hallo, Girwal,

toller Reisebericht! Und danke für die Karte, da kann man sich doch schneller vorstellen, wo Ihr unterwegs wart.
Wir waren letztes Jahr auch in Sambia , kennen das Croc Valley Camp gut ( 3 Nächte), standen weit weg von den Overlanders ganz hinten am Fluss, waren aber nicht im Chifunda Bush Camp. Unsere Route führte uns vom South Luangwa zum Kafue, weiter nach Mongu und dann über Tiefsandpisten Richtung Katima Mulilo.

Aber der Nordteil vom Luangwa und weiter nach Malawi - machen wir bestimmt noch mal! Bin gespannt auf Dein weites Tagebuch!:)

Gruß Doro
~ Africa is a feeling ~
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19 Nov 2011 15:56 #213831
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Dienstag, 04.10.2011

Ein Höllenritt war dies!
Wir haben unseren Guide von gestern heute früh im Auto nach Chifunda zurück zu seiner Familie gefahren, sonst hätte der arme Kerl drei Stunden zu Fuss gehen müssen. Er hat uns dann von dort den direkteren Weg nach Lundazi gezeigt und gemeint diese Strasse sei deutlich besser als die anderen Wege. Und als was stellte sich dieser bessere Weg heraus? Für zirka 40 km und die dafür benötigten drei Stunden ein wahrer Höllenritt. Oder aus meiner eigenen Optik: ein Cross-Country-Leckerbissen bis zur Sättigung. Da ist nun wirklich die Escarpment ein kleiner Pappenstiel dagegen. Der Blick neben die Strasse ist für mich hier selten und an den Blick durch den Fotoapparat denke ich schon gar nicht mehr. Immerhin gelingt es mir, nur ein einziges Mal einen dumpfen Aufsetzer auf einen allzu vorwitzigen Stein hören zu müssen. Zum Glück sind die folgenden Stunden deutlich besser. Aber die Einsamkeit als Tourist und auch die Begegnung mit dem einfachsten Leben in den Dörflein oder bei den verstreuten Hütten könnten kaum imposanter sein.
Unter diesen allerärmsten Bedingungen ......

[ab hier blende ich einen Teil des Textes aus, denn ich möchte nicht Erika und ihren Thread "Über Sinn und Unsinn des Schenkens" konkurrenzieren]

Hier habe ich dann auch wieder Zeit Menschen, Häuser (unten ist ein Maiskolbenspeicher zu sehen) und Landschaften zu bestaunen und zu fotografieren. Und das Schöne daran: sowohl die Tsetse als auch Rosmarie lassen mich gewähren.









Deutlich anders dann die Situation später an einem Gate (wozu dieses Gate überhaupt auf einer Strecke, wo nicht einmal ein Auto pro Tag vorbei kommt?).

[ab hier blende ich einen Teil des Textes aus, denn ich möchte nicht Erika und ihren Thread "Über Sinn und Unsinn des Schenkens" konkurrenzieren]

.... bei einfachen Marktfrauen am Strassenrand vor dem Städtlein Lundazi. Rosmarie kauft dort zuerst Tomaten für 2000 Kwacha (40 Rp) mit Hilfe eines einheimischen Englisch-Dolmetschers. Während ich die Marktauslage am Boden fotografiere geht die Freude und dann auch die Aktivitäten so richtig los. Die Tomatenverkäuferin will auch fotografiert werden. Natürlich wollen sofort auch die Kinder auf die Foto.





Inzwischen tanzt die Tomatenverkäuferin schon, und ich bin eingeladen von ihrem Maisbrei (Nshima) und gedörrten, aufgewärmten Fischlein (mit Eingeweiden) zu degustieren. Und es schmeckt: zwar ist der Maisbrei ziemlich fade, dafür aber haben die Fischlein herzhaften Charakter.



[ab hier blende ich einen Teil des Textes aus, denn ich möchte nicht Erika und ihren Thread "Über Sinn und Unsinn des Schenkens" konkurrenzieren]

Aber der Tiefschlag des Tages wartet dann nicht lange auf uns. Mit einem fast völlig leeren Tank kommen wir zur BP-Tankstelle in Lundazi (immerhin ist der Reservetank noch voll). Dort heisst es dann nur „Sorry, no diesel. But it will arrive still this afternoon before 3 o’clock“. Vorsichtigerweise fahren wir erst um 16 Uhr zurück zur Tankstelle. Aber erstaunlicherweise findet sich dort keine Warteschlange von Einheimischen an der Zapfsäule und auch kein Tanklastwagen weit und breit. Der neue Statusreport lautet dann schon weniger zuversichtlich: „may be tonight, surely tomorrow“.
Diese afrikanische Formulierung müssen wir jetzt europäisch interpretieren und zielgruppenspezifisch (d.h. nur auf uns bezogen) Entscheide fällen: mit echten 2 zu 0 Stimmen entscheiden wir uns hier zu übernachten (es könnte ja tatsächlich sein ???) und gleichzeitig einen Plan B zu entwerfen (was, wenn morgen die Diesel-Situation noch ungelöst ist?).
Beim Lundazi Castle finden wir eine Camping-Gelegenheit ganz in der Nähe.

Lundazi Castle, 70‘000 Kwacha (= 14 USD)
Tagesdistanz: 147 km
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20 Nov 2011 09:47 #213883
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Mittwoch, 05.10.2011

Campieren auf dem Rasen vor einem englischen Schloss: dies ist wohl kaum denkbar in England, sehr wohl aber in Lundazi in Sambia.



Dass dieser langsam baufällig werdende Prachtsbau ganz und gar nicht zur aktuellen Bautechnik in der Region passt, mag auffallen oder stören, ist aber doch ein sicherer und ruhiger Ort. Dies ist das schönste Gefühl von dieser Übernachtung. Das weniger gute Gefühl hat bereits gestern Abend beim Tagebuch schreiben begonnen: einsetzender Leichtregen, der sich dann bald zum Gewitterregen steigert. Auch der Eindruck der Einsamkeit steigert sich unter diesen Umständen, verstärkt noch durch längeren Stromausfall im Schloss und in der Stadt. Haahh! Was da eine gute Campinglampe plötzlich für königliche Gefühle im Schlossgarten bringt, wenn sogar die Schlossbewohner zuerst lichtlos und dann bei schwachem Kerzenlicht „dinieren“ müssen. Der Lichtausfall dauert Stunden an und das Gewitter geht in Dauerregen über. Dies führt in unserem nicht perfekt verschlossenen Dachzelt zu einer ziemlich feuchten Unbehaglichkeit. Welch ein neues Gefühl nach fast drei Wochen Trockenheit!

Und dann beim Morgenessen erstmals kein Sonnenaufgang und keine wohlige Wärme der ersten Sonnenstrahlen. Es tropft noch immer. Sind dies gar Vorboten für anderweitiges „im Regen stehen bleiben“?

Erwartungsfroh fahren wir zur Tankstelle und werden auch nicht überrascht, wenigstens nicht positiv. Mit fröhlicher Miene werden wir mit der Realität konfrontiert: „Diesel? May be this afternoon“. Unser Plan B ist schnell und diskussionslos bestätigt: wir legen los Richtung Chipata, wo die Wahrscheinlichkeit auf Diesel sehr viel höher liegt.
Aber es geht ungewohnt langsam. Es ist eine regelrechte „Moorerei“ auf den langen Naturstrassen, welche als Umfahrung für die Sanierung der Teerstrasse dienen. Gemessen an den Pfützen war der nächtliche Regen scheinbar ergiebig.



Ab der Hälfte der Distanz wird die Strasse wieder besser und ist später sogar geteert. Das Wetter hat aufgehellt und weckt in uns wieder einmal die Lust nach einem Kaffeehalt unter dem nächsten grossen Baum, dieses Mal ein Prachtsexemplar eines Baobab.



In der Sonne sehen dann auch ganz andere Objekte wieder viel schöner aus. Beim kleinen Mädchen mit Kind ist wohl der Kommentar angebracht: Kein Mädchen zu klein Kindermädchen zu sein.



In Chipata dann erste Priorität: beide Tanks bis zum Überlauf füllen.
Zweite Priorität: Einkauf im Spar-Laden, inklusive Rinderfilet und inklusive vorauseilendem Glücksgefühl nach der längeren Vegetarierzeit.
Dritte Priorität: Malawi-Kwacha kaufen auf dem sehr öffentlichen Schwarzmarkt. Sicher ein halbes Dutzend Händler winken mit dicken Bündeln von Noten. Schwarzmarktkurs 180 Malawi Kwacha pro USD (in der Bank zirka 160 MK pro USD).

Nach 12 Uhr ziehen wir los Richtung Malawi. Die gefürchteten Grenzformalitäten erweisen sich als weniger stressig als befürchtet, dauern aber doch fast eine Stunde. Die erforderlichen, sehr detaillierten Fahrzeugdaten (bis hin zur Chassis-Nummer und Motor-Nummer und Kaufpreis) wurden vom Vermieter sehr gut vorbereitet. Es ergeben sich lediglich Zusatzkosten für die malawische nationale Versicherung von 5000 MK (zirka 28 CHF), gültig 30 Tage.

Auf super geteerten Strassen kommen wir dann rasch voran und biegen nach Norden ab Richtung Kasungu. Aber je besser die Strasse, desto noch weniger Autos fahren darauf. Ob dies nur eine Folge der bekannten Treibstoffknappheit ist? Gelegentlich treffen wir noch einen Ochsenkarren an. Generell scheinen alle Umschlagplätze – hier auch mehrere Tabak-Abpackereien – entlang der Strasse zu liegen.





Ebenfalls am Strassenrand kaufen wir noch zwei grosse Papaya und entscheiden uns dann für einen frühen Fahrschluss vor Sonnenuntergang. In Ermangelung eines offiziellen Campings fragen wir im Hotel Kasungu Inn um eine Camping-Möglichkeit. Die mehrfache Rücksprache und das lange Warten lohnen sich: wir dürfen im hinteren Teil des Hotelrasens campieren und erst noch die Dusche in einem Hotelzimmer benutzen.

Der Tageshöhepunkt ist für einmal kulinarischer Art: unsere (ich schreibe bewusst „unsere“, denn ich war für einmal namhaft beteiligt!) Bordküchen-Rindsfilet bringt kein Profikoch zarter und schöner und schmackhafter hin! Volle drei Jahre sind es her, dass wir ein gleichartiges Essensglücksgefühl hatten: es war auch Bordküche und auch Rindsfilet (damals in Kasane in Botswana aus Mario’s Meat Shop). Und heute war es dazu noch wörtlich aus dem „Spar“: nicht mal ganze 9 CHF für ein Kilo Rindsfilet der feinsten Art. Und wenn wir nicht völlig übertreiben, dann reicht es auch noch für morgen.

Kasungu Inn, Camping MK 2160
Tagesdistanz 356 km
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21 Nov 2011 21:08 #214077
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Donnerstag, 06.10.2011

Der erste volle Malawi-Tag verläuft völlig anders als geplant. Aufgrund des bewölkten, regnerischen Wetters und aufgrund der aktuellen Abklärungen des Managers des Kasungu Inn zur Diesel-Problematik, beschliessen wir auf den nördlichen und hoch gelegenen Nyika Nationalpark zu verzichten. Wir starten bei gutem Wetter Richtung Mzuzu mit neuem Ziel Malawisee. Und wieder fasziniert das Leben auf und neben der Strasse. Ja, und scheinbar werden sogar Friedhöfe unmittelbar neben der Strasse angelegt. Mindestens so haben wir die Häuflein unter einem Baum interpretiert.



Im folgenden Städtchen Jenda bietet sich eine wahre Augenweide des Alltagslebens: Openair-Veloreparaturwerkstatt neben Kleiderverkauf-ab-Haufen neben Schuhmarkt neben Feiluft-Tabakabpackerei neben Riesensäcken voller Tomaten neben Zwiebelauslage neben Kartoffelpyramiden neben…….
Und hier sind es zur Abwechslung auch einmal die Mädchen, welche extravertiert erscheinen …. oder besser interpretiert: auch ihre Lebensfreude kund tun.



Später und bereits in hügeliger Umgebung kaufe ich als einziger Käufer bei 1 von zirka 20 Anbieterinnen weit mehr als 1 kg Tomaten für 50 MK.



Interessantes Detail: der einfache Plastiksack dazu kostet mit 30 MK ähnlich viel wie der Inhalt. Die Leute sitzen mit dicken Tüchern, Windjacken und Mützen da. Kein Wunder, dass ich in meinen kurzen Hosen und im T-Shirt bald einmal so kalt kriege, dass die tollen Fotosujets kaum noch interessieren.

Immer noch frisch ist es in der Region Vizara. Hier werden in riesigen Plantagen Gummibäume gepflanzt und beerntet.



Und weiter geht’s und schlimmer wird’s: wieder leichter Regen, dann starker Regen und Wind und schliesslich auch noch dichter Nebel. Heeh! Und dies im tiefen Afrika! Kurze Augenblicke mit besserer Sicht lassen erahnen, wie toll diese gebirgige Landschaft mit ihren Formen und Farben eigentlich wäre. Aber der Sturmregen verdichtet sich noch vor Mzuzu. Endlich dort angekommen frage ich an allen drei Tankstellen nach Diesel. Überall erhalte ich ein kurzes und trockenes „No“. Ein einziger Hilfshinweis geht Richtung Schwarzmarkt gleich neben der Tankstelle. Das Angebot dort: 20 l Diesel für 10‘000Mk (= 60 USD), und dies erst nach Verhandlungen, startend bei 12‘000 MK. Ich willige auf 30 l ein, nachdem ich zwecks Grobanalyse daran gerochen habe und die Viskosität mit den Fingern „gemessen“ habe. Zuvor habe ich aber dem Verkäufer mit der Rückkehr und Boxhieben gedroht, falls der Diesel gepanscht sein sollte. Und wie hat dann mein Landcruiser-Motor auf diesen Schwarzmarktsaft reagiert? Neh, neh, keine voreilige Schadenfreude! Braves Weitersurren als wäre nichts Aussergewöhnliches im Tank.
Eher aussergewöhnlich ist dann die Geldbeschaffung im strömenden Regen in Mzuzu. Bei der ersten Bank meldet sich der ATM-Automat ganz einfach mit „I’m out of order“; bei der zweiten Bank gehen nach der Kreditkartenzufuhr gleich beide Automaten auf „The system is down“ und die beiden letzten Automaten in der Stadt überraschen mich mit „Mr. Walter, your card is not valid“. Zum Glück gibt es um diese Tageszeit noch eine bediente Bank, wo ich unter Passvorlage, Angabe von Herkunft und Reiseziel und nach scheinbar mehreren Computerabklärungen doch noch 100 USD gewechselt kriege (1 USD = 163 MK).
Und jetzt nichts wie weg aus diesem Regen, Wind, Kälte und Nebel! In Chintheche am Malawisee kommen wir bei kühler, aber doch gut 10° höherer Temperatur und ohne Regen an. Trotzdem suchen wir einen Campsite, wo wir bei Bedarf auch unter ein festes und hoffentlich dichtes Dach ausweichen könnten.

Chintheche, Nkwhazi Lodge 1300 MK
Tagesdistanz 318 km

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