25. Oktober: Ankunft im Moremi Wildlife Reserve
Vergangene Nacht ging wieder einmal ein Gewitter über uns hernieder mit Sturm, Wolkenbrüchen, Blitz und Donner – mit allem was dazu gehört. Der Strom fiel aus. Während Herbert befürchtete, dass ein Blitz in den Baum einschlagen könnte, unter dem wir standen, war ich beruhigt, dass das hohe Auto nicht den höchsten Punkt abgab.
Unsere Abfahrt ins Moremi Wildlife Reserve verzögert sich, weil alles außerhalb unseres Autos verschlammt ist und gereinigt werden muss. Um 9.00 Uhr endlich können wir starten. Nach sechzig Kilometern Fahrt bis Shorobe auf Asphalt beginnt die Gravelroad, die sich ab Phologelo als Tiefsandpiste mit Löchern und Gräben entpuppt. Kommt hinzu, dass an vielen Stellen gebaut wird, was die Güte des Tracks nochmals herabsetzt. Vorübung für den Wildpark?
Fünfundzwanzig Kilometer weiter stehen wir vor dem South Gate des Moremi Wildlife Reserves. Endlich sind wir im Okavangodelta, einem unserer Wunschziele, angekommen. Am Gate erhalten wir eine detaillierte Beschreibung für die erste Pirschfahrt. Die Mopanelandzunge ragt weit ins Delta hinein und ist um diese Jahreszeit für entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge gut befahrbar. Voller Erwartung nehmen wir die tiefsandige, zuweilen mit Steinen und Stubben versetzte Piste unter die Räder. Die Bodenbeschaffenheit hat einige Überraschungen für uns. Gefährlich sind vor allem die Baumstubben, die schon manchen Reifen zerfetzt haben.
Wie überall sind auch im südlichen Moremi die Impalas in der Mehrzahl. Beim Umkurven eines Buschs wäre Herbert um ein Haar einer Giraffe in die Beine gefahren. Im letzten Moment flüchtet sie. Einzelne Elefanten schauen aus dem Gebüsch, an einem Wasserloch namens Black Pool sichten wir Marabus und eine Schar schwarzweißer Waffenkiebitze. Zebras galoppieren davon, sobald sie unser Auto röhren hören. Der Hippo Pool macht seinem Namen alle Ehre. Etliche Flusspferde tauchen ähnlich wie Eisberge zu einem Siebtel aus dem Wasser, den Rücken garniert mit Grünzeug.
Wir fahren durch abgefressene Mopanewälder, deren Blätter und jungen Triebe die Lieblingsspeise der Elefanten sind. Irgendwann nehmen wir eine falsche Abzweigung, weil ein Schelm mehrere Wegweiser umgeworfen hat. Bis wir unseren Irrtum bemerken, haben wir eineinhalb Stunden Fahrzeit bis zum Campingplatz 3rd Bridge, unserem heutigen Ziel, verschenkt. Als wir ankommen, beginnt es dunkel zu werden, und wir sind ziemlich erledigt.
26. Oktober: Weiterfahrt nach Xakanaxa
Endlich darf Herbert seine Zwille ausprobieren. Schon vor dem Frühstück turnen Paviane über den Platz. Als er auf sie schießt, flüchten sie in weiten Sprüngen, so dass wir in Ruhe essen können. Wir lassen uns Zeit, denn bis zu unserem nächsten Ziel sind es „nur“ achtzehn Kilometer. Das sagt jedoch gar nichts, denn jede Überraschung kostet Zeit. Die erste Überraschung ist die 3. Brücke gleich hinter dem Campingplatz, die völlig überflutet ist. Einen anderen Weg gibt es nicht, also wagen wir uns todesmutig hinüber. Die Holzknüppel unter den Rädern führen ein beängstigendes Eigenleben, von links rauscht das Wasser heran, überflutet die Abfahrt, dann sind wir drüben. Der Adrenalinspiegel sinkt. Die 4. Brücke erfordert Zielgenauigkeit, sie ist zwar trocken, besteht jedoch aus Baumstämmen wie Telegrafenmasten, über die wir hinüber holpern.
Zur Belohnung kommen wir wenige Kilometer später an einem größeren Wasserloch vorbei, an dem wir eine Büffelherde und einige graubraune Knubbel im Wasser entdecken, die sich als Hippos entpuppen.
Unser heutiges Ziel ist Xakanaxa. Der Campingplatz mit seinen zehn Stellplätzen endet an einer Bootsanlegestelle, die aber leider nicht besetzt ist. Das wird vermutlich nichts mit der geplanten Bootsfahrt. Wir lassen uns unter hohen Bäumen am Rande der mit Schilf bewachsenen Lagune nieder. Leider sind die Sanitäreinrichtungen von unserem Stellplatz Nr. 10 so weit weg, dass wir hinfahren müssten. Uns genügt der Wasserhahn am Platz, der uns als Dusche dient. Das Buschklo bei der Anlegestelle ist zu Fuß gut erreichbar. Wir sind also bestens versorgt.
Herbert hat soeben die Handtücher auf eine Leine gehängt, als ein Elefantenbulle auftaucht. Er grummelt im tiefsten Bass, wedelt warnend mit den Ohren und lässt uns nicht aus den Augen. Vorsichtshalber verschwinden wir ins Auto, da er uns bis auf wenige Meter auf die Pelle rückt und mit Staub schmeißt. Wir wagen uns erst wieder hervor, als sein Interesse an uns nachgelassen hat und er Richtung Ablutions verschwindet. In meinem Hinterkopf dämmert eine Erinnerung an einen Thread im Namibia-Forum, in dem es um einen aggressiven Elefanten ging. Welch ein Zufall, wenn es derselbe wäre.
Wir beobachten zahllose exotische Vögel, die um uns herum schwirren, flattern, trippeln. Sogar einen Wiedehopf, der mich an das Lied von der Vogelhochzeit erinnert, können wir fotografieren. Für Ornithologen ist Xakanaxa ein Paradies.
Während ich schreibe, steht ein zweiter Elefant auf der anderen Seite des Fahrwegs im Gebüsch, keine zwanzig Meter von uns entfernt. Beobachtet er uns, oder steht er dort nur, weil es schattig ist?