28. Windhoek - Stadtrundfahrt mit Carsten Möhle
Heute wäre eigentlich unser letzter Tag in Namibia gewesen, aber durch die Flugverschiebung hatten wir noch eine Nacht in Windhoek. Zum ersten Mal auf dieser Reise leisteten wir uns ein Frühstücksbüffet. Das Restaurant öffnete für uns ausnahmsweise schon um 7.30 Uhr, statt erst um 8.00, damit wir dort frühstücken konnten. Um kurz nach 8.00 Uhr ging es dann auf Richtung Windhoek - rund 90 km Asphaltstrasse, also keine grosse Sache.
Dort angekommen wollten wir den Wagen an einer Tankstelle von aussen waschen lassen. Irgendwie hatte ich angenommen, dass das eine Sache von maximal 5 Minuten sei. Ich kannte das aus der Türkei: da stand bis vor ein paar Jahren immer einer mit einem Schlauch an der Tankstelle und wusch das Auto von aussen, wenn man das wünschte. Bei PKWs war das eine Sache von ca. 2 Minuten. Hier zog sich das irgendwie in die Länge... wir mussten warten, da noch ein PKW vor uns war. Insgesamt dauerte die Autowäsche eine dreiviertel Stunde!
Anschliessend fuhren wir nach \"Bwanapolis\" zu Carsten Möhle, wo wir für 11.00 Uhr eine Stadtbesichtigung gebucht hatten. Carsten (den wir beim letzten Winter-Potije kennengelernt hatten) empfing uns freundlich, wir konnten unser Auto bei ihm auf dem Gelände parken. Er wusste, dass unser Flug verschoben wurde und schlug vor, die Stadtrundfahrt auf 14.00 Uhr zu verschieben. In einem schönen Hinterhof mit Garten fragte er, ob wir bereits gefrühstückt hätten und bot uns Kaffee an. Es war eine sehr gemütliche Atmosphäre. Wir erzählten ein wenig von unserer Reise und luden dann alle Wertsachen aus dem Wagen, um erstmal unser Auto abzugeben.
Die Autorückgabe verlief problemlos. Ohne Diskussion hiess es, dass die Kosten für den Ersatzreifen (über 160 Euro) wieder unserer Kreditkarte gutgeschrieben werden würden und auch die Kosten für die Chemietoilette würde er uns wieder gutschreiben, da wir sie nicht benutzt hatten und alle Chemikalien noch da waren. Bobo-Camper übernahm die Taxikosten zurück zu Carsten Möhle. Dort waren mittlerweile eine Reihe von Personen. \"Himba-Uwe\" schraubte an einem antiken Landrover, jemand der seit einiger Zeit auf einer Farm in Namibia lebt, sass am Frühstückstisch und zwei Reisende gingen mit Carsten eine Route nach Swakopmund durch. Die beiden letzteren hatten eigentlich eine Botswana-Tour geplant und sind jedoch von dort geflüchtet, weil es nur noch geregnet hatte und nicht klar war, wie lange man das Land noch auf den Strassen verlassen konnte. Dort muss es noch heftiger geregnet haben als im Kgalagadi Transfrontier Nationalpark, wo wir gewesen sind.
Um kurz nach 14.00 Uhr starteten wir die Stadtrundfahrt im offenen Landrover. Ich sicherte mir sofort den Beifahrerplatz, denn es war der einzige Platz mit einem Sicherheitsgurt. Auch wenn ich mich fragte, was ein Sicherheitsgurt nutzt, wenn die Seitenwand des Wagens gerade mal aus einer dünnen Kette besteht, das Auto kein Dach hat und mein Mann in schallendes Gelächter ausbrach als ich ihn fragte, wieso das Auto keinen Überrollbügel hätte, falls wir uns überschlagen würden. Angeblich hatte der Wagen (der bei einer der letzten Fahrten in zwei Teile zerbrochen war, aber mittlerweile wieder zusammengeschweisst wurde) frisch den namibianischen TÜV bestanden. Der wirft aber offenbar keinen Blick auf die Reifen, denn die hatten ein Profil was so glatt war wie ein Babypopo.
Wir sassen zu siebt in dem Auto und hinten sah es verdammt eng aus. Ich war froh den Vordersitz für mich zu haben. Die Stadtrundfahrt führte am ältesten Gebäude Windhoeks vorbei auf den berühmtberüchtigten Lovershill, von dem aus es eine gute Aussicht auf die Stadt gab, weiter zur Christuskirche und der Reiterstatue, zum Parlament, durch das Schwarzenviertel Katutura und auf einen weiteren Aussichtspunkt am Ende der Reise. Carsten hat eine unterhaltende Art die Geschichte auf seine Weise zu erzählen. Ausserdem schien er die Hälfte der Bevölkerung zu kennen - in jeder Strasse grüsste irgendjemand. Ich glaube mit diesem annähernd 50 Jahre alten Gefährt ist er mittlerweil ein \"Original\" in dieser Stadt. In Katutura sprangen eine Reihe Kinder auf den Wagen. Das war auch recht lustig. Dann kam der schlimme Teil... er steuerte den Wagen auf einen Hügel zu, auf den man zwar irgendwie hoch konnte, aber ich würde sagen, dass es keine wirkliche Strasse gab. Noch nie hatte ich eine solche Schräglage des Autos erlebt (und das bei einem Wagen ohne Seitenwand). Über eine Strecke voller grober Felsen kämpfte sich der Landrover auf den Hügel. Ich sah uns schon irgendwo in den Abgrund stürzen und war vor Angst so paralysiert, dass ich gar nicht mehr ans Fotografieren gedacht habe (und das will bei mir was heissen). Wer hätte gedacht, dass ich die schlimmste Offroadstrecke meines Lebens ausgerechnet auf einer Stadtrundfahrt in Windhoek erlebe.
Auf dem Hügel gab es einen Sundowner, die Strecke nach unten war zwar auch heftig, aber weniger schlimm als die Auffahrt. Zurück nach Bwanapolis, wo wir erst nach Einbruch der Dunkelheit ankamen. Mein Mann war sehr angetan von der Stadtrundfahrt, mir hatte es ebenfalls gefallen, obwohl mir immer noch der Schock der Offroadtour auf den Hügel in den Gliedern sass. Sollten wir wiedermal nach Namibia kommen, dann würden wir die längere Rundfahrt mit Carsten nach Katutura buchen.
Carsten fuhr uns samt Gepäck noch in das Safari Court Hotel, in dem uns Air Namibia für die letzte Nacht einquartiert hatte. Meine Güte war das ein Luxus-Schuppen nachdem wir nun vier Wochen Camping gemacht hatten. Die Zimmer waren riesig, ich hätte dem Hotel 5 Sterne gegeben, es hatte allerdings nur vier. Das Abendessen wurde (inkl. Getränke) von Air Namibia übernommen und stellte alle anderen Büffets, die wir auf dieser Reise erlebt hatten in den Schatten. Eine unglaubliche Auswahl von gutbürgerlich bis exquisit. Ob Kudubraten oder Austern und Lachs - es gab einfach alles. Als ich später gesehen hatte, dass das essen umerechnet gerade mal 19 Franken kosten würde konnte ich es kaum glauben. Wenn ich wiedermal in Windhoek übernachten sollte wäre das definitiv meine Adresse!