THEMA: Simbabwe Feb/März 2024
09 Apr 2024 07:28 #685220
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  • GinaChris am 09 Apr 2024 07:28
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Ngezi Recreation Area

Zuerst führt uns unsere Fahrt nach Osten, bevor sich die Straße weiter nach Norden wendet.
Im Nieselgrau plötzlich ein Schild: baden und fischen verboten, Lebensgefahr!,
nachhaltig untermauert mit drei Totenkopfsymbolen.
Wo sind wir hier hingeraten?
Wir passieren eine Art Teich mit schwefelig stinkender Brühe. Beidseits der roten Sandstraße,
Geröllhaufen soweit das Auge reicht. Hier wächst kaum mehr etwas. Dann taucht, etwas abseits,
eine technische Anlage aus der öden Landschaft. Ein weiteres Schild enthüllt: African Chrome Fields,
no entry. Nun ist es klar, hier wird Chromit abgebaut. Um daraus Chrommetall zu gewinnen,
ist eine der Möglichkeiten eine elektrolytische Reduktion in Schwefelsäure.
Die kurze Recherche ergibt, African Chrome Fields ist eine Sparte der Moti-Gruppe.
Der Eigentümer, Zunaid Moti, umgibt sich gerne mit Luxusschlitten, und, wen wundert’s,
mit chinesischen Investoren. Da wird wohl bei der Umweltverträglichkeitsprüfung,
so es eine gegeben hat, die Umwelt nicht so wichtig gewesen sein…
Die Baracken der Arbeiter wirken desolat und verdreckt. Jene, die offenbar nicht im Dienst sind,
versuchen unter einem großen Baum etwas Schutz vor dem Regen zu finden;
trotzdem winken sie uns freundlich zu.
Noch eine ganze Weile durchfahren wir dieses öde Gebiet, bevor wir den Fluss Munyati überqueren.



Vanessa, die feundliche ZIMParks-Angestellte, und Wächterin über das gate der Ngezi RA,
meint auf meine vorsichtige Nachfrage über den Zustand der campsite, sie wäre „not standard“.
Wieder behalten wir uns vor, zuerst zu besichtigen, dann zu entscheiden und zu bezahlen.
Großartig, meint Vanessa.
Wir fahren also weiter zu not standard, und halten zuerst bei den sanitären Anlagen.
Also wo sie recht hat, die Vanessa!...
Schlimmer geht’s nimmer, würde das was wir hier zu sehen bekommen, treffend beschreiben.
Überall Fledermauskot, Leitungen defekt oder nicht vorhanden. Dass es kein Wasser gibt,
soll nicht unerwähnt bleiben.



Die Lage der campsite ist wunderschön, auf einer Halbinsel im Ngezi Damm.
Bei näherer Inspektion kommen wir zu dem Schluss, hier muss früher ordentlich was los gewesen sein; heute wirkt es eher skurril. Campsite 12 grenzt direkt an eine große, überdachte Lapa,
in der ein Billardtisch steht und ein Dartboard an einem Stützpfeiler hängt. Kugeln oder Pfeile gibt es nicht.
Reste der elektrischen Verkabelung, führen zu alten Steckdosen, Lautsprechern, und Lampensockeln.
Aus einer Ecke beäugt uns ein verstaubter Gnukopf, in der anderen Ecke hat der Zahn der Zeit an einem weiteren genagt,
und ihn zu Boden stürzen lassen.
Eine riesige Verpackungsschachtel aus Karton eines Klimagerätes,
und einige hölzerne Bank-Tisch-Kombis, vervollständigen das Inventar der Lapa.
Auch sonst ist auf der Halbinsel so einiges zu entdecken;
unter anderem finden wir die Müllhalde, und einen Flusspferdschädel.
Als praktisch denkende Camper beschließen wir trotzdem zu bleiben,
denn zumindest bietet die Lapa ausreichend Schutz gegen Regen.
Vanessa ist hocherfreut über unsere Entscheidung,
und verspricht Abhilfe im Sanitärhäuschen zu schaffen.







Am Abend als wir in einer der verrosteten Grilltonnen unser Essen zubereiten,
schaut Vanessa vorbei. Sie hätte „the problem fixed“, verkündet sie strahlend.
Wir bedanken uns höflich, dass sie ihre Freizeit für uns opfert, und hoffen auf eine fledermauskotfreie Dusche,
die Wasser führt am nächsten Morgen.

Nun, da haben wir die Rechnung ohne Vanessa gemacht! Mit Wasser (woher?) randvoll gefüllte Plastiktonnen machen den Weg zur Dusche zum Hürdenlauf, den wir erfolgreich meistern um dann festzustellen, Wasser aus der Leitung gibt’s immer noch nicht, und der viele Fledermauskot ist auch noch dort wo er war. Wir verzichten auf’s Duschen und drehen noch eine Runde im Erholungsgebiet.
Ein Blick ans andere Ufer zeigt ein weißes Etwas. Ein weiterer Blick durchs Fernglas offenbart,
eines dieser hässlichen igluförmigen Luftzelte auf einer Holzplattform.
Neugierig wie wir sind, fahren wir dort natürlich hin. Wir steigen aus, und staunen nicht schlecht,
als wir das, mit elekronischem Türschließsystem gesicherte, und sonst mit dicken Vorhängen gegen Blicke von außen geschützte Zelt umrunden. Ein Arbeiter erscheint, der uns wissen lässt,
dass der Iglu privat, und nicht als Unterkunft zu buchen wäre.
Haben wir uns fast gedacht, nicht aber, dass es irgendjemandem erlaubt wäre, so ein weißes, hässliches Ding,
mitten in einem Landschaftsschutzgebiet zu errichten!



Gruß Gina
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09 Apr 2024 08:07 #685223
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Gina, ernstgemeinte Frage: Warum tut Ihr Euch das an? Ich verstehe ja Hwange, aber sonst?
Südliches Afrika seit 1992: 47 Reisen, 1.321 Tage, 169.178 km, 492 Vogelarten
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09 Apr 2024 08:49 #685224
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  • GinaChris am 09 Apr 2024 07:28
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Hi pollux,

ich hoffe deine Frage richtig verstanden zu haben!
Wenn du meinst, warum wir uns mit all den desolaten, defekten, und dreckigen Plätzen rumschlagen,
nun, wir gehören zu jenen, die ein Land gerne als Ganzes kennenlernen, mit all seinen Höhen und Tiefen,
und auch gerne einmal einen Blick hinter die geschönten Kulissen werfen,
nur so meinen wir, zumindest zum Teil begreifen und verstehen zu können wie die Situation tatsächlich ist,
warum es genau so, und nicht anders läuft, und wie die Menschen damit zurechtkommen.
Zweifelsfrei hätten wir Simbabwe anders bereisen können:
nur in hübschen Lodges mit Badewanne am Außendeck absteigen, deren x-Sterne Menü essen,
und uns von erfahrenen guides den soundsovielten Löwen zeigen lassen können.
Aber, das wollen wir nicht, weil wir sonst nicht wüssten, wie sehr sich die Realität doch manchmal von der Vorstellung unterscheidet.
Gruß Gina
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09 Apr 2024 10:04 #685227
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Gina, ja ich verstehe was Du ausdrücken willst. Es soll ja jeder reisen können, wie er das für richtig hält. Wir bereisen das südlich Afrika auch nicht mit Badewanne am Außendeck. Trotzdem haben wir es zuletzt (nach vielen Jahren) vorgezogen, uns nicht mehr mit unhaltbaren Zuständen auseinander setzen zu müssen. Ich denke, man kann die Realität auch auf andere Weise wahrnehmen, das Internet hat da ja auch inzwischen viele Quellen über die wahren Zustände in den Ländern, jenseits der Regierungspropaganda und biased Opinions. Natürlich werden Wilderness Safaris nie was schlechtes über Zimbabwe schreiben, da könnten sie ja ihre Konzessionen entzogen bekommen.
Südliches Afrika seit 1992: 47 Reisen, 1.321 Tage, 169.178 km, 492 Vogelarten
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09 Apr 2024 12:39 #685238
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  • GinaChris am 09 Apr 2024 07:28
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Müllentsorgung

in Simbabwe kein einfaches Unterfangen,
wenn man es zumindest halbwegs verantwortungsbewusst tun möchte.

Grundsätzlich funktionieren Dinge in Simbabwe nur so lange, solange nichts kaputt geht,
oder nicht bezahlt wird. So auch die öffentliche Müllabfuhr in größeren Orten/Städten.
Viele Menschen können es sich einfach nicht leisten, die stetig steigenden Gebühren dafür zu begleichen,
oder das Müllsammelfahrzeug ist defekt, und keiner kann/will die Reparatur bezahlen.
So gehört Müll auf den Straßen zum Alltagsbild, und die eine oder andere illegale Deponie in,
oder am Rand der Stadt zur Normalität.

Anders verhält sich das in ländlichen Gebieten, wo es keine öffentliche Müllabfuhr gibt.
Hier scheint das Bewusstsein für den eigenen Müll und dessen Entsorgung verantwortlich zu sein,
ein deutlich höheres zu sein. Doch auch hier gibt es zwei Schwachpunkte, jene, die sich nicht verbrennen lassen, Glas und Metall.

Nahezu an jedem Ort an dem wir übernachtet haben gilt für Müll,
nimm wieder mit was du gebracht hast.
Selbst in touristischen Hochburgen wie Hwange oder Gonarezhou sucht man Mülleimer vergeblich.
Der nicht Simbabwe-versierte Tourist stellt dann die Frage:
Ok, mach ich, aber wohin damit?
Hm, eventuell bei der municipality könnte ein Übernahmeplatz sein, also vielleicht,
aber so genau wisse man das nicht.

Also haben wir unseren Müll in brennbaren und nicht brennbaren getrennt,
wie es auch die Landbevölkerung tut.
Der Brennbare hatte jeden Abend die Ehre als letzter ins Lagerfeuer zu wandern,
für Glas und Dosen fehlte uns anfangs der Plan, also fuhren sie eine Weile in der Holzbox am Dach mit, bis wir entdeckt haben,
dass vor jedem Supermarkt große Mülleimer stehen,
die wir dann mangels Alternative zur Entsorgung genutzt haben.

Bitte dies nicht als Aufforderung zu betrachten, die Mülleimer der Supermärkte zu füllen!
Für eine bessere Idee, Glas und Metall zu entsorgen wäre ich dankbar!

Gruß Gina
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09 Apr 2024 16:36 #685249
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  • tacitus am 09 Apr 2024 16:36
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Wow, ein Bericht in dem man etwas über das Gastland erfährt ist schon was Besonderes, hier sowieso.
Herzlichen Dank und :cheer: :cheer: :cheer:
Die „Ausstattung“ mancher Plätze ist eine Zeitreise nach Rhodesien. So war das nämlich, geflieste Duschen, Sanitärräume waren selten, Möblierungen von festen Unterkünften minimalistisch/spartanisch. Die anderen Länder waren ähnlich, RSA punktuell etwas besser. Allerdings war alles sauber und gepflegt, es kamen ja auch Gäste.
Was man von Camping am Mittelmeer in dieser Zeit nicht sagen konnte. Vieles war primitiv, ein paar Hockklos und Wasserhähne für den ganzen Platz, Pflege ….. :sick: und brrrr. Da war Camping in Afrika de Luxe dagegen, alleine schon wegen der Abstände. Trotz dieser Zustände war in der Hochsaison alles randvoll.
Letzte Änderung: 09 Apr 2024 17:10 von tacitus.
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