Weil es inhaltlich hier hereinpasst und weitere Fragen vermeidet:
Michaels Posting:
Re:Quo vadis, SA? 24.07.08 11:20:39
Moin zusammen.
1993 habe ich mit meiner Familie zum ersten Mal Namibia besucht. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass es auch meine Frau und meine damals 12 und 9 Jahre alten Töchter erwischt hat. Deutschstämmige Freunde unserer Verwandten hatten damals eine Farm in der Nähe von Grootfontein. Von der Geschichte, insbesondere der Kolonialgeschichte Afrikas –und hier speziell des Südens Afrikas- hatte ich nur rudimentäres Wissen.
Die Farmer nun bezeichneten ihre schwarzen Angestellten als Kohlensäcke, was mich empörte. Ebenfalls abartige fand ich, dass sich Weiße über die Ermordung Chris Hanis freuten. Der Low-Scale-Bürgerkrieg in Südafrika am Vorabend der Machtübergabe wurde von den Medien hier nahezu jeden Sonntag im Weltspiegel begleitet. Ich kann mich noch an einen Beitrag erinnern, in dem ein Weißer mit seinem Bakkie in ein Township fuhr und an einer Kreuzung aus seinem Auto mehrfach auf Schwarze schoss, ehe er von der Polizei überwältigt werden konnte.
Nach 1989 war die Welt im Wandel begriffen, und ich hatte die Hoffnung, dass Mandela und de Klerk in der Nachfolge von Sadat und Begin handeln könnten. Meine Wissenslücken habe ich durch Lesen nahezu aller mir in den öffentlichen Bibliotheken Hannovers zugänglichen Publikationen geschlossen. Mit dem Aufkommen des Webs begann ich, der Entwicklung in der Region auch auf diesem Wege zu folgen.
Und es gab ja auch Anlass zu Optimismus! Zimbabwe prosperierte noch. Niemand konnte sich vorstellen, dass das Land nur zehn Jahre später ein „Failed State“, bar jeder Chance auf Erholung sein würde. Die Bürgerkriege in Angola und Mozambique waren beendet oder kurz davor, beendet zu werden. Die weiße Bevölkerung hatte ihrer eigenen Entmachtung zugestimmt und war zu ihrem größten Teil sicherlich ehrlich bereit, ihren Teil zu einem neuen Südafrika beizutragen.
Ich hatte die damals begründete Hoffnung, dass es neben Botswana auch Zimbabwe, Südafrika und Namibia schaffen könnten, dem ewigen Versagenskreislauf der jeweils ersten schwarzafrikanischen Mehrheitsregierungen zu entrinnen.
Ich habe seit 2005 auf die Zeichen an der Wand gedeutet. Zunächst waren sie kaum erkennbar, aber wer sie heute noch verleugnet oder ihre wahrscheinlichen Auswirkungen auf die Zukunft insbesondere der Armen Südafrikas klein redet, tut das meiner Ansicht nach ausschließlich aus ideologischen Gründen. Mit Humanismus hat das nichts zu tun.
Die vielen Bereiche offensichtlichen Verfalls brauche ich an dieser Stelle nicht zu nennen, sie sind mittlerweile ja im Bewusstsein der Diskutanten angekommen. Worauf es mir ankommt, ist, deutlich zu machen, dass sich die Lebenssituation gerade der ärmsten Teile der Bevölkerung seit der ersten allgemeinen Wahl in Südafrika insgesamt verschlechtert hat und dass die wesentlichen Gründe dafür eben nicht mehr die Apartheidsjahre sind, sondern das eklatante Versagen der Regierenden auf allen staatlichen Ebenen, kombiniert mit sozialistischen Eingriffen in die (Volks-)Wirtschaft.
Das andauernde Posten von Links, die jeweils ein kleines Spotlight auf die Risse in der Fassade setzen, war und ist eine bewusste Negation der Friede-Freude-Eierkuchen-Regenbogen-Propaganda, vornehmlich in den finanziell gut gestellten, ach so liberalen und kulturell toleranten Kreisen Europas und Nordamerikas. Gerade wer vorgibt, Sympathie mit den Armen Südafrikas zu empfinden, sollte nach meiner Meinung in der ersten Reihe der Protestanten stehen und nicht krampfhaft nach Ausreden für das Verhalten der Fat Cats im ANC, der Kommunistischen Partei Südafrikas oder der COSATU suchen.
Was die Verteidiger der aktuellen Regierung(en) Schwarzafrikas übersehen, ist, dass die Rekolonialisierung Afrikas schon längst in vollem Gange ist. Nur sind es diesmal neben Glücksrittern und Ausbeutern eben nicht mehr Missionare, die es –in der Ausprägung ihrer Zeit- sich zum Ziel gesetzt hatten, nicht nur Gottes Wort zu verbreiten, sondern auch europäische Bildungsvorstellungen und eine entsprechende Gesundheitsvorsorge in die Kolonien zu bringen.
Heutzutage geht es ausschließlich um Rohstoffausbeutung, und China zeigt die kostengünstigste Variante. Ob die Einheimischen verrecken oder nicht, ist ihnen egal. Sie halten sich an die Machthaber (Sudan, Zimbabwe) kaufen ihnen die Rohstoffrechte ab, geben den Herrschenden Gelegenheit, ihren Schnitt zu machen, verkaufen ihnen die Waffen oder vermitteln ihnen die Söldner, sich an der Macht zu halten und lassen die Abbauarbeiten von ihren eigenen Staatsangehörigen ausführen.
Da die Rohstoffgier alle entwickelten Nationen treibt, wird auch die erste Welt bald wieder in diesen Kampf einsteigen. Moralische Forderungen nach Good Governance oder Ähnlichem werden der Vergangenheit angehören, da sonst die Chinesen gewinnen. Die opfereichen Stellvertreterkriege im Kalten Krieg dürften in anderem Gewand schon bald wieder den Kontinent beherrschen.
Vor der Kolonisierung war Schwarzafrika der dunkle, zurückgebliebene Kontinent und er wird es nach Abschluss der (weißen) Kolonisierung wieder sein. Das historische Zeitfenster der Gelegenheit, dies zu ändern, dürfte sich für Schwarzafrika schon wieder geschlossen haben.
Gruß, Michael