THEMA: SA 2015:Elefanten satt - Dach von Afrika (Fazit)
27 Nov 2015 11:48 #408897
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Das ist der letzte Eintrag vor der Fahrt auf den Sani Pass.

26. und 27. Oktober:
Die Wetlands machen ihrem Namen alle Ehre


Der Morgen beginnt diesig, es nieselt leicht. Ich verzichte auf die Dusche in den ekligen Sanitäreinrichtungen, wasche mich am Wasserhahn neben dem Wohnmobil. Während Herbert fürs Abwaschen unterwegs ist, werde ich von einer Horde Meerkatzen überfallen. Sie turnen auf dem Auto herum, springen ins Fahrerhaus, versuchen, die Handtücher von der Leine zu zerren, kurzum, sie sind überall. Nur mit Mühe gelingt es mir, sie zu verjagen.
Wir fahren in den Wetland Park, besuchen noch einmal Missions Rock und erreichen gegen Mittag Cape Vidal. Der Strand liegt herrlich und ist erstaunlich gut besucht. Einige Gäste baden in den Wellen, obwohl der Himmel trüb und der Wind stürmisch ist. Auf dem Parkplatz treffen wir einen Hochseeangler mit seiner Beute. Zwei prächtige Doraden hat er gefangen und lässt sich voller Stolz mit ihnen fotografieren. Hinter den Dünen ist ein Feriendorf angelegt, das wir durchstreifen, weil ein Cache versteckt sein soll. Die Meerkatzenkolonie, die hier wohnt, ist besonders dreist. Als ich eine Affenmutter fotografieren will, die ihr winziges Baby laust, springt ein anderer Affe dazwischen und verjagt Mutter und Kind. „Blöder Affe!“, schimpfe ich. „Krch, krch!“ faucht der Affe zurück. Ja, geht’s noch!
Mit Blick auf die Uhr brechen wir die Suche ergebnislos ab, denn wir wollen vor Einbruch der Dunkelheit in Ballito sein. Kaum sitzen wir im Auto, beginnt es zu regnen. Es wird dunkel, der Himmel öffnet seine Schleusen, die Scheibenwischer arbeiten im Akkord. Daran ändert sich auch nichts, als wir in Ballito eintreffen.
Das Dolphin Resort sollte sich beim ADAC um fünf Sterne bewerben. Die Sanitäranlagen sind hell, intakt und sauber, das Wasser ist kuschelig warm. Doch die Lage des Platzes ist gewöhnungsbedürftig. Gleich daneben ragen Betonbauten mit Ferienwohnungen bis zu siebenstöckig in die Höhe. Man hört zwar das Meer, aber sehen kann man es nicht. An der Rezeption wird uns ein Restaurant im Einkaufszentrum empfohlen, das wir zu Fuß über eine belebte Straße erreichen. Wir ziehen unsere Regenjacken über und essen im „Mozambik“ ausgezeichnet zu Abend, Herbert ein Riesensteak und ich ein schmackhaft zubereitetes Doradenfilet.
Es ist schwierig, bei dem anhaltenden Regen unsere Miniwohnung nicht zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Beim Einsteigen tragen wir nassen Sand hinein, wir wissen nicht, wo wir die nassen Jacken trocknen können. Irgendwie gelingt es uns, den Campingtisch hineinzustellen, uns dahinterzuklemmen, Fotos zu übertragen und im Internet nach Mails und Kommentaren zu schauen. Wir sind ein bisschen enttäuscht, weil keine Reaktionen eintreffen.
In der Nacht trommelt in Abständen Regen aufs Dach, auch heute Morgen regnet es weiter. Herbert trägt das Frühstücksequipment ins sogenannte Café unters Dach, so dass wir im Trockenen frühstücken können. Wir planen unseren weiteren Weg und die Stationen. Hoffentlich lässt der Regen nach. Vor allem Lesotho liegt uns am Herzen, denn wolkenverhangen und hinter Regenschleiern taugt die beste Aussicht nichts.
Die Natur kommt in diesem Ort eindeutig zu kurz. Stattdessen werden kostspielige Vergnügungen wie Tandemspringen, Paintballschießen, Tauchlehrgänge und Ethno-Führungen angeboten. Wir wandern auf Holzbohlen vor den Betonburgen zwei Kilometer am Strand entlang. Das Meer ist aufgepeitscht, immer wieder brechen sich die Wogen an den vorgelagerten Felsen. Nach einem kleinen Imbiss in einer Gaststätte direkt am Strand laufen wir zurück. Am Nachmittag setzen wir uns bei hoher Flut an den Strand und schauen den wagehalsigen Manövern der Wellenreiter zu.
Es hat seit heute Vormittag nicht mehr geregnet, bis zu ihrem Untergang schien sogar die Sonne. Wir freuen uns natürlich, dass zumindest in dieser Gegend dringend gebrauchter Regen fällt, aber für unsere Behausung ist dieses Wetter nicht geeignet.


Ich wusste gar nicht, dass Doraden so groß sein können!


Cape Vidal kurz vor dem großen Regen


Typischer Urlaubsort - fast wie am Mittelmeer


Waghalsiger Wellenreiter

28. Oktober:
Von 0 auf 1685 in fünf Stunden


Bei strahlendem Sonnenschein brechen wir in die Midlands auf, wie die Vorgebirge im Schatten der Drakensberge heißen. Die Straße führt vorbei an Holzplantagen, eingezäunten Viehweiden, kleinen Waldstücken und riesigen Grasflächen, durch die an einigen Stellen das gelbe oder rote Erdreich schimmert. Vom Meer bis auf 1685 m.ü.NN. schleichen wir oft im zweiten Gang, denn die Aufstiege sind heftig. Das Auf und Ab der Straße lässt uns immer wieder auf eine atemberaubend schöne Landschaft blicken. In Underberg – nein, hier wird kein Magenbitter destilliert – kaufen wir Proviant für die Tage in Lesotho ein und tanken das letzte Mal vor dem Ende unserer Reise voll.
Dragon`s Restcamp liegt einige Kilometer entfernt von Underberg und bietet eine phantastische Aussicht auf die Drakensberge. Es ist trotz der Abgeschiedenheit alles da, was ein Camperherz erfreut: Herrliche Aussicht, heißes Wasser, Elektrizität, Sanitäranlagen und viel Platz. Leider ist alles stark vernachlässigt, der Männerbereich verschmutzt, eine Schande für dieses idyllische Plätzchen. Der Boden ist mit Gras und kurzen Bodendeckern bewachsen, man kann barfuß laufen, ohne schmutzige Füße zu bekommen. Ist das schön! Wir sind außer einem Dauercamper die einzigen Gäste und entscheiden uns für die Stelle mit der besten Aussicht.
Abends zünden wir ein Lagerfeuer an, das letzte Mal in Südafrika, denn in Lesotho gibt es nach unseren Informationen kein Holz. So warm es tagsüber in der Sonne war, am Abend ist es lausig kalt. Zum Schluss wärmt nicht einmal mehr das Feuerchen, und wir ziehen uns ins Fahrzeug zurück. Morgen früh werden wir zu unserer Fahrt auf den Sani Pass starten und sind ein bisschen aufgeregt.


Auf der Fahrt durch die Midlands


Underberg hat sich ein Denkmal gesetzt


Dragon's Restcamp: In der Ferne winken die Drakensberge
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28 Nov 2015 11:06 #408967
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29. Oktober:
Der Drache zeigt uns seine Zähne


Auf diesen speziellen Tag haben wir uns während unserer ganzen Reise gefreut. Für alle, denen lesen zu langweilig ist, hier noch einmal das Video: www.namibia-forum.ch...imitstart=0&start=18

Noch liegt Nebel in den Talsenken, und die Drakensberge steigen schemenhaft aus dem Dunst. Es ist 6:00 Uhr morgens.


Langsam hebt sich der Nebel

Heute endlich werden wir den spektakulären Sani Pass erklimmen, der nur mit hochgelegten Allradfahrzeugen befahren werden darf. Von Underberg bis auf den Scheitel sind siebenundfünfzig Kilometer zurückzulegen ein kurzes Stück weit auf Asphalt, dann jedoch auf trockener Lehm- oder Schotterpiste, die zeitweise Steigungen bis zu 33% aufweist, die den Motor fordern werden. Die Informationen in den Foren über die Auffahrt sind unterschiedlich und reichen von „Easy!“ bis „Ganz schön haarig!“ Wir sind gespannt, ob uns die berüchtigten Haarnadelkurven am oberen Ende Schwierigkeiten machen werden, von denen einige Forenmitglieder schreiben, sie hätten vor- und zurücksetzen müssen.


Der Drache zeigt uns seine Zähne


Das schwierigste Stück kommt zum Schluss

Wir legen viele Pausenstopps ein, um die Bergwelt zu bewundern und zu fotografieren. Auch wenn ich mich wiederhole: Die Ausblicke rauben uns den Atem, noch nie hatten wir ein solches Panorama vor Augen. Doch der Track bleibt nicht zahm, sondern verlangt von Fahrzeug und Fahrer Höchstleistungen. Bis zum Grenzposten der Südafrikaner lässt sich die Strecke ohne großen Aufwand bewältigen. Dann wird es sportlich. Der Track ist einspurig, die Ausweichstellen werden schmaler. Unzählige Felsbrocken liegen im Weg, dicke Felsplatten heben das Fahrzeug aus den Angeln, um die Haarnadelkurven rutschen wir auf Geröll, der Motor schafft es mit letzter Kraft, sie zu umrunden. Der Toyota Hillux zeigt, was er kann, doch ein paar PS mehr würden ihm die Arbeit erleichtern und unsere Nerven schonen. Ohne Low Gear und im ersten Gang hätte er einige besonders unfreundliche Kehren nicht geschafft.


Wir schauen bis Underberg, das 57 km weit weg liegt


Haarige Nadelkurven

Irgendwann, als wir genug von der Kurverei und Schaukelei haben, schaut das Dach der Grenzstation über die Bergkante, verschwindet wieder, doch nach einer weiteren Kurve ist es gut zu sehen – und dann haben wir es geschafft. Nach fünfeinhalb Stunden Fahrzeit inklusive Fotostopps reichen wir dem Grenzer auf dem Pass unsere Pässe. Wir sind aus eigener Kraft ohne Guide und gemieteten Fahrer in Lesotho angekommen! Darauf dürfen wir ein bisschen stolz sein. Das Gefühl, etwas Besonderes erlebt und geschafft zu haben, lässt uns leichtsinnig werden. Wir buchen für eine Nacht ein Rondavel mit Abendessen und Frühstück. Im Restaurant gibt es sogar einen Hot Spot von Vodacom, aber das alte Problem, uns nicht einwählen zu können, ist wieder da. Dabei wollte Herbert auf der Website von Geocaching signalisieren, dass er den Travel Bug im Cache auf dem Sani Pass abgelegt hat. Er lag nicht lange dort. Eine Deutsche, die nach Windhoek weiterreisen will, hat ihn wenig später mitgenommen.


Aus Schrott werden seltsam klingende Instrumente


Dieses Kultfoto ist ein Muss

Nachdem wir auf dem Plateau eine Zeitlang spazieren gegangen sind, mehrmals über die Kante geschaut haben, um uns beim Anblick der Serpentinen in unserem Hochgefühl zu sonnen, nehmen wir unsere Luxusbehausung in Beschlag. Wir laden sämtliche Fotos und die Filme der GoPro aufs Laptop, duschen ausgiebig und lümmeln uns auf die Luxusbetten. Bis zum Dinner haben wir viel Zeit.


Innen sind sie kuschelig warm
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29 Nov 2015 10:19 #409062
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30. Oktober:
The Roof Of Africa


Wir haben schlecht geschlafen in dem weichen, viel zu warmen Bett unseres gut geheizten Rondavels. Herbert ist der Erste, der es nicht mehr aushält, und in die Dusche verschwindet. Draußen herrschen winterliche Temperaturen, die Windschutzscheibe unseres Fahrzeugs ist mit Eis überzogen.


Gefroren hat es heuer!

Das Frühstück ist reichlich, auf einem kleinen Feuer köchelt sogar ein Potje mit Milliepap, dem Volksgericht, doch wir verzichten, halten uns lieber an die Pfannkuchen.
In Lesotho ist der Weg das Ziel. Unser Fahrzeug passt seine Geschwindigkeit der dünnen Höhenluft an, oftmals scheint ihm die Puste auszugehen. Wir kommen nur langsam voran und haben viel Zeit, diese exotische Welt, durch die wir fahren, mit Staunen zu betrachten.


Bei dieser Ruine sollte ein Geocache versteckt sein - doch wir finden ihn nicht


Tapfer strahlendes Pflänzchen

Kurzfristig entschließen wir uns, nicht direkt nach Thaba Tseka zu fahren, sondern einen Umweg über das Dach Afrikas zu machen, der einen Tag länger dauert. Bis Mokhotlong gibt es eine nagelneue Asphaltstraße, an der Arbeiter noch Feinarbeiten erledigen. Ihre asiatischen Gesichtszüge identifizieren sie als Chinesen. Ob den Basotho, den Menschen in Lesotho, klar ist, dass die Chinesen im Monopolispielen nicht zu schlagen sind?
Wir lernen die extreme Bergwelt des Landes kennen, die Straßen führen uns steil bergauf bis auf 3250 m.ü.NN. und wieder bergab, die Kurven kommen nicht nur einmal unvermittelt und haben einen engen Radius.


Der höchste von 4 Pässen an diesem Tag


Ein häufiges Bild auf unserer Fahrt durch Lesotho

Es geht durch abgeschiedene Bergdörfer, in denen sich die Menschen gegen die Kälte in Wolldecken wickeln und Skimützen tragen, die nur die Augen offen lassen. Sie sind von Bankräubern kaum zu unterscheiden. In den tiefen Lagen, etwa ab 2000m, wird Ackerbau betrieben. Hier werden zwei oder vier Ochsen vor den Pflug gespannt. Traktoren sind eine Seltenheit, hätten an den Steilhängen auch keine Chance. Höher hinauf bewachen Hirten ihre Schafe, Ziegen und manchmal Kühe, die bis in schwindelerregende Höhen ihr Futter suchen. In dieser lebensfeindlichen Bergwelt sind Pferde, Mulis oder Esel als gängige Transportmittel und Lastenträger im Einsatz. Frauen und Mädchen sind zu Fuß unterwegs, tragen schwere Lasten auf dem Kopf. Meist sind sie es, die das Wasser in Kübeln von weit her holen müssen.
Sobald wir fotografieren wollen oder nur anhalten, kommen Kinder und junge Männer herbeigerannt, halten die Hand auf oder betteln nach Zigaretten. Wir fahren an einer Diamantenmine vorbei, die die Landschaft total verschandelt. Riesige Abraumhalden und künstliche Teiche bestimmen neben den Förderanlagen und den Unterkünften der Mitarbeiter das Bild.


Ich will nicht darüber nachdenken, was in den Fässern war


Das Blau ist verdammt unnatürlich

Gegen Nachmittag suchen wir eine Bleibe, was gar nicht so einfach ist, denn Campingplätze sind dünn gesät. In Liphofung, das für seine Felsmalereien der San bekannt ist, finden wir beim Informationszentrum, im Bereich einer Lodge einen waagrechten Parkplatz und dürfen in einer leeren Hütte die Sanitäranlagen benutzen. Bis weit nach Sonnenuntergang hören wir die Stimmen der Menschen, die am gegenüberliegenden Hang wohnen. Sie unterhalten sich, lachen und singen, Kinder toben und schreien und Hunde bellen. Wir wähnen uns in einer archaischen, friedvollen Welt.


Das Höhenprofil unserer heutigen Tour
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30 Nov 2015 10:54 #409217
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31. Oktober:
Ein langer Fahrtag durch das „Kingdom Of The Sky“



Immer wieder herrliche Ausblicke

Mit Recht trägt Lesotho diesen Namen, denn wir haben schon gestern respektable Pässe überwunden, und der heutige Tag lässt sich in dieser Hinsicht auch nicht lumpen. Beginnen wir doch mit dem Frühstück, das uns mit einem Wasserrohrbruch in dem Rondavel überrascht, das wir freizügig genutzt haben. Zu unserem Entsetzen prasselt heißes Wasser dampfend aus dem Reetdach. Herbert stellt in Eile den Warmwasserbereiter und den Haupthahn ab.


Das Rondavel rechts diente uns als Sanitärgebäude


Bauernhof am Hang gegenüber


Jede Behausung hat ein Klo mit Abluft


Pflügen mit zwei Ochsenstärken

Wir statten den Felszeichnungen der San einen Besuch ab und drehen die Räder Richtung Passstraße. Oftmals haben wir den Eindruck, als läge das ganze Land tief unter uns, und über uns gäbe es nur die Weite des Himmels, der sich heute mit malerischen Wolken schmückt. Die Straßenführung ist höchst anspruchsvoll, mehrmals lassen uns gefährliche Situationen aufgrund der Unvernunft anderer Fahrer aufschrecken. Auf einer der Steigungen marschiert eine Gruppe Menschen bergauf! Wo wollen die nur hin, hier gibt es doch nichts?! Wir werden angehalten, man ruft uns etwas zu, das wir nicht verstehen. Wenige Meter später bemerken wir, dass auf der hinteren Stoßstange links und rechts je ein blinder Passagier mitfährt. Sie springen ab, als in einer weiten Kurve ein Bustaxi steht, werden von dessen Fahrer mit Hallo empfangen. Wir vermuten, einige Fahrgäste mussten aussteigen, weil das Gefährt sonst die Steigung nicht geschafft hätte.


Passstraße durch eine lebensfeindliche Bergwelt


Einer der blinden Passagiere

Wir fahren am spektakulären Katse Stausee vorbei, verpassen leider die Abfahrt zur Dammbesichtigung und nehmen den nächsten Pass in Angriff.


Der Katse Dam

Ab hier müssen wir mit Gravel zufrieden sein, doch der Untergrund ist besser als befürchtet. In Thaba Tseka biegen wir Richtung Nordwesten ab, sind damit wieder auf Asphalt und erreichen gegen 17:00 Uhr Marakabei, wo wir bei der Lodge am Fluss eine Campingmöglichkeit mit Rasenboden unter ausladenden Bäumen finden. Wie in Liphofung existieren zwar keine Sanitäreinrichtungen, aber wir dürfen in einer unbewohnten Hütte duschen. Leider müssen wir auch an dieser Stelle kritisieren, dass die Anlagen verwahrlost und nicht sauber sind. In dieser Hinsicht gibt es im südlichen Afrika noch viel zu tun. Wir bestellen ein Abendmenü, Suppe, Beef mit Gemüse und Salat, Nachtisch, an dem es nichts zu meckern gibt, und das für uns beide umgerechnet nur neun Euro kostet!

Eine Landkarte mit unserer 6-Pässe-Tour:

Letzte Änderung: 30 Nov 2015 11:01 von freshy.
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01 Dez 2015 09:57 #409343
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Die Reise ist hiermit zu Ende. Danke an alle, die mit uns gereist sind, egal ob als Schwarzfahrer oder öffentlich; etappenweise oder während der gesamten Reise. Ihr könnt jetzt aussteigen und euch die Beine vertreten. Schaut euch um, da warten schon andere Mitfahrgelegenheiten durch das südliche Afrika.
Morgen stelle ich noch ein Fazit unserer Tour ein mit Höhe- und Tiefpunkten sowie einer kurzen persönlichen Bewertung der Campingplätze.

1. November:
Relaxen auf der Campsite der Malealea Lodge – denkste!



Im Hochgebirge zieht der Frühling ein


Wir nähern uns den Regionen, in denen Ackerbau betrieben wird

Es heißt Abschied nehmen von Lesotho und Südafrika. Wie auf jeder Reise wollen wir auch diesmal die Tour an einem besonderen Platz beschließen. Eine der wenigen Lodges in Lesotho, die der südafrikanische Campingführer erwähnt, ist die Malealea Lodge mit Campsites. Da sie gelobt wird, freuen wir uns auf eineinhalb Tage Relaxen. Zum letzten Mal werden wir heute und morgen unsere Fotos sichten, auswählen für das Tagebuch und mit Unterschriften versehen. Wir hoffen, dass wir wieder ins WWW können, sobald wir übermorgen die Grenze nach Südafrika überschritten haben.
Trotz Navi, das wieder einmal seine eigenen Ansichten durchsetzt, und zwei Straßenkarten verfahren wir uns und brauchen vier statt drei Stunden Fahrzeit.


Die Bebauung wird dichter, Bäume und Büsche verbreiten Grün


Wer zur Lodge will, muss durch diesen Durchbruch

Die Lodge liegt bei weitem in keiner so grandiosen Landschaft, wie wir sie in den letzten Tagen gesehen haben, aber sie bietet komfortable Einrichtungen und touristische Angebote wie Ponytrekking, Hiking und Tennisspielen an. Das Restaurant und die Rondavels machen wie die gesamte Anlage auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Das Leitungswasser, informiert der Mann an der Rezeption, ist nicht trinkbar und kommt erst einmal rotbraun aus dem Hahn, weshalb man das Wasser eine Weile laufen lassen müsse. Kein Problem, wir haben Trinkwasser dabei.
Vor der Einfahrt haben sich Souvenirbuden etabliert, die meisten während unseres Aufenthalts zugenagelt. Trotzdem tauchen einige junge Männer auf, die uns mit Angeboten bedrängen, sobald wir die Anlage verlassen wollen. Ausnahmsweise sind wir nicht allein in der Unterkunft, eine Gruppe junger Leute bricht zu einer Ponytrekkingtour auf. Ob wir morgen ebenfalls eine Tour machen? Mal sehen. Der Himmel zeigt heute mehr Grau als Blau, ein Sturm fegt in Böen Staub über den Platz und wirft unsere Campingstühle um. Wir trinken im Café einen guten Cappuccino und essen Möhrchenkuchen dazu, dann tun wir eine Zeitlang nur eins: Nämlich nichts!
Gegen Nachmittag starte ich zur Dusche, Haare waschen ist angesagt. Leider ist es halb dunkel in den Ablutions und Licht mit dem Generator gibt es erst ab 17:00 Uhr. Deshalb will ich mich vor dem Wohnmobil am Handspiegel frisieren – und erschrecke. Meine silberweißen Haare fühlen sich rau an, haben einen eindeutigen Rotton bekommen, der sich nicht wegbürsten und auch nicht mit Wasser aus unserer Reserve abspülen lässt. Auch die Handtücher haben Farbflecken. So viel zur Aussage, das Wasser sei nur am Anfang braun und würde dann klar! Inzwischen ist es 17:00 Uhr und überall gehen die Lichter an, doch die Steckdose, die uns zugewiesen wurde, ist leider tot. Für eine andere müssten wir das Dach absenken, zusammenpacken und einen neuen Stellplatz auswählen. Nein, es reicht, wir sind stinksauer. Morgen fahren wir weiter! Nachträglich hinzuzufügen ist, dass in den Lodgeunterkünften klares Wasser aus den Hähnen lief.


2. und 3. November:
Das dicke Ende der Reise



Ausblick von der Passhöhe

Herbert verlässt sehr früh am Morgen in Eile das kuschelige Hochbett und kommt lange nicht zurück. Montezuma hat zugeschlagen! Gut, dass wir Imodium dabei haben! Das Frühstück schmeckt ihm noch, so dass wir in der Hoffnung aufbrechen, es sei nicht so schlimm. Bis zur Grenzstation nach Südafrika in Maseru hält er gut durch, doch dann wird es dramatisch, das Frühstück bleibt auf dem Parkplatz vor der Passkontrolle zurück.


Hier standen Rondavel, traditionelle Hüte und typische Hügelformationen Pate

Wir fahren durch eine völlig gesichtslose platte Landschaft, die ein starker Wind mal in gelbe, mal in rote Staubwolken hüllt. Riesige Ackerflächen wie in den USA liegen brach und stellen dafür Material im Überfluss zur Verfügung. Weiter geht es an drei Zufahrten zu Diamantenminen vorbei, und wir sind froh, die Tikwe Lodge mit Campingplatz in Virginia zu erreichen. Herbert geht es schlecht, er legt sich sogleich für ein paar Stunden flach. Ich versuche, dem scharfen Wind zu trotzen und erledige ein paar „Hausfrauenarbeiten“. Danach will ich Mails abrufen, werde jedoch belehrt, dass „Airtime“ abgelaufen ist und neu gekauft werden muss. Sch***, ein Monat ist vorbei und die übrigen Einheiten sind futsch. Das südafrikanische Internet und wir werden keine Freunde mehr werden! Nachmittags geht es Herbert halbwegs so gut, dass wir in den Ort zum Einkaufen fahren können. Wir finden einen Vodacomladen, wo uns klar wird, dass das mit der Airtime zu kompliziert für uns ist, und sind froh, dass die beiden Inder sehr hilfsbereit sind. Mit einer Angestellten schicken sie uns zum Airtime einkaufen in ein Textilgeschäft und richten mit ihrem Handy(!) unseren Stick neu ein.
Vergeblich suchen wir in dem Ort, der aussieht wie kurz vor dem Ende der Zeit, nach einem Supermarkt. Merke: Wo Supermarket draufsteht, ist in Virginia mitunter ein kleiner Gemischtwarenladen mit unnützen Dingen wie Süßigkeiten, Zigaretten und Softdrinks drin. Ich finde Cola und eine Knorr Hühnersuppe und hoffe, sie bekommt Herberts Magen. Wo es Schwarzen Tee und Sprudel gibt, kann ich nicht herausfinden. Vielleicht im Möbelgeschäft?
Zurück auf dem Campingplatz gibt es zum Abendbrot die Suppe, eine pampige Angelegenheit, von der Herbert gerade mal drei Löffel voll probiert und dann ins Bett geht.
Die Nacht ist so kalt, dass ich zum ersten Mal friere und nicht schlafen kann. Irgendwann ringe ich mich dazu durch, aufzustehen und das Vlies überzuziehen, dann endlich schlafe ich ein.


Oryxweber

Heute scheint Herbert das Schlimmste überwunden zu haben. Die Auszeit auf dem Campingplatz tut uns beiden gut. Hin und wieder treibt der heftige Wind einen bestialischen Gestank in unsere Richtung, weil eine Herde Ziegen, die zum Teil aus Böcken besteht, als Rasenmäher ihre Arbeit verrichtet. Eine Herde Pferde, Ponys samt einem Zebra kommt ebenfalls vorbei und rupft noch ein paar Grasstängel ab, freundlicherweise stinkt keines der Tiere.
Nachmittags vertrauen wir uns der T4A-Karte an, die den nächsten Supermarkt in 18,5 km Entfernung ausweist. Die Stadt heißt Welkom. Hier wird offensichtlich das Geld ausgegeben, das in den Minen verdient wird: Palmengesäumte breite Straßen, eine palastähnliche Spielbank, Supermärkte, Hardwareshops, beeindruckende Autoläden und last but not least Sauberkeit. Arme Bevölkerungsschichten wurden offensichtlich nach Virginia verbannt.


Mahnung zwischen Virginia und Welkom


Kilometerlange Abraumhalden prägen das Landschaftsbild

Es ist Zeit, den Inhalt unserer Behausung zu sichten, zu sortieren und einzupacken, was wir mit nach Hause nehmen. Morgen werden wir zu Huberta und Walter fahren, dort übernachten und danach ist endgültig Schluss mit der Reise.
Vom unschönen Ende abgesehen, war sie wieder spannend, erlebnisreich und nicht ohne Herausforderungen. Doch es ist Zeit, heimzufahren, sonst verwildern wir total.
Letzte Änderung: 01 Dez 2015 10:03 von freshy.
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