29. Dezember
„rrrriiinggg… rrrinngg“. Ich werde vom Telefon geweckt. „Good Morning! Joseph is waiting!“ Wer??? Es ist halb acht und mir kann Joseph – wer immer das auch ist – gestohlen bleiben. Chris meint aber, das sei der Fahrer, der unser Auto bringt und springt aus dem Bett. Auch wenn er anderthalb Stunden zu früh da ist, Hauptsache wir kommen rechtzeitig los. Leider regnet es immer noch.
Nach über einer Stunde kommt Chris in den Frühstücksraum und meint: „Das Auto ist okay. Aber…“ Kurz und gut: wir haben nur einen Mini Scheibenwischer (der diesem Regen höchstwahrscheinlich nicht gewachsen ist). Das ist aber wurscht, wir können ja aus den Seitenfenstern rausschauen (denn wir müssen eh mit offenen Fenstern fahren – wir haben keine Lüftung). Zudem haben wir auch keine Auto-Papiere… und wenn wir Glück haben, müssen wir auch das Ersatzrad nicht benutzen. Denn das hat zum Ausgleich kein Profil.
Wir packen Koffer und Alk-Kisten ins Auto, befestigen unser nagelneues Garmin Nüvi und los geht’s. Schön wär‘s! Chris dreht den Zündschlüssel rum und das Auto macht keinen Mucks. Natürlich ist die Karre eine halbe Stunde vorher angesprungen.
Jetzt ist Joseph schon auf dem Weg nach Nakuru und wir stehn da, wie die Deppen. Wir rufen James unseren Vermieter an. Der gibt ein paar nutzlose Ratschläge, ruft dann aber Joseph an, der noch mal kommen soll. Nach einer weiteren Stunde kommt er lässig angeschlappt, probiert das Zündschloss, nimmt die Sitzfläche vom Beifahrersitz, darunter befindet sich die Batterie. Er befestigt ein Kabel, das sich gelöst hatte und wir können endlich starten.
Leider ein kurzes Vergnügen! Nach ganzen 15 min Fahrzeit höre ich nur „Fuck!“ Die Karre ist aus. Wir sind auf einer dreispurigen Straße. Und ja wir befinden uns auf der äußersten Überholspur.
Mithilfe von ein paar weiteren Flüchen (auf die ich hier verzichte), gelingt es Chris, die Karre auf die linke Spur ausrollen zu lassen, bevor sie endgültig stehen bleibt. Es regnet in Strömen. Wir rufen James an. Der erklärt uns, es könne gar nicht sein, dass der Landi nicht mehr fährt. Ich erkläre ihm im Gegenzug, dass er sofort James ausfindig machen muss, bevor mein Mann Amok läuft.
Genervt steige ich aus und zünde mir eine Zigarette an. Sofort werde ich mit ein Hupkonzert und wilden Handbewegungen der Vorbeifahrenden bestraft. Ganz offensichtlich haben die Kenianer ein ziemlich grottiges Bild von den Touris. Denn ganz ehrlich, es ist wirklich kein geeigneter Platz für eine Erholungspause – vom Regen mal ganz abgesehen. Auf die Idee, dass wir eine Panne haben könnten, kommt offenbar niemand. Immerhin vertreibe ich mir die Zeit mich über die Kenianer aufzuregen, die sich wiederum über uns aufregen. Herrjeh!
Nach einer halben Stunde taucht Joseph auf. Diesmal hat sich ein Kabel am Motor gelöst. No Problem! Wir haben allerdings keinen Bock mehr – aber auch keine Wahl. Denn das Auto umtauschen können wir nicht so einfach. Kurz vor Reiseantritt hatte sich unser Autovermieter von seinem Partner getrennt und die Hälfte des Fuhrparks behalten. Das waren haargenau drei Autos. Mit einem ist Mzungu unterwegs, mit dem anderen Bloke und das Dritte haben wir. Die Perspektiven sind also hervorragend…
Joseph schwört, dass unser Landi ansonsten vööööölllllllig in Ordnung sei. Um uns das geschwundene Vertrauen wieder herzustellen, versucht er auch gleich die Benzinanzeige zu reparieren (dieses Problem hatten wir erst beim Tanken bemerkt). Leider vergeblich. Also müssen wir den Rest des Urlaubs „schätzen“, ob und wie viel Benzin der Landi braucht. Als Kompensation für die nicht reparierte Tankanzeige handeln wir mit Joseph aus, dass wir ihn ein Stück mitnehmen, falls noch mal was passiert, und ihn dann an der Kreuzung Nakuru/Narok absetzen. Inzwischen ist es 12 Uhr und wir müssen uns nun ein wenig beeilen. Wir tuckern über die Berge. Alles bene. Phuuuu…
Nach ca 100 km verabschieden wir uns von Joseph, geben ihm noch ein gutes Trinkgeld und glauben seinen Beteuerungen, nun sei wirklich alles okay.
Die Straße nach Narok ist wunderbar geteert und Chris gibt Gas, um die verlorene Zeit aufzuholen. Wobei … Gas ist ein großes Wort. Mehr als 110 km/h schafft der Landi nicht. Und nicht mal das. Denn in the middle of nowhere fängt der Landi an zu qualmen. Sehr stark zu qualmen! Chris hält an, ich zücke mein Handy und – nichts. Kein Netz! Ähhh… und jetzt? Chris öffnet die Motorhaube und wir starren hinein. Der Motor starrt zurück und qualmt. Sch… Situation!
Kein Auto in Sicht – aber ein Mofa und das hält an. Der nette Mofafahrer ist Automechaniker. Halleluja! Er schaut mit offenbar wesentlich mehr Erfolg in den Motor und murmelt was von „Vipa“. ??? Chris schaut mich fragend an: „Was ist kaputt?“ Männer müssen immer alles genau wissen… Also beginnt eine ziemlich langwierige Diskussion mit dem Mechaniker, an deren Ende Chris zugibt genauso wenig zu wissen, wie vorher. Aber gut, dass sie darüber geredet haben…
Da unser Werkzeug auch eher dem Zustand des Autos entspricht, schwingt sich unser Retter auf sein Mofa und besorgt das Werkzeug, was man so für (oder gegen?) Vipa braucht.
Nach kurzer Zeit kommt unser Held zurück, beladen mit diversen Wasserbehältern, Flaschen, Werkzeugen und einem zweiten Mann. Wir verstehen, dass der Schlauch zum Kühler verstopft ist und dieser Umstand für Viper verantwortlich ist. Langsam dämmert uns, dass Vipa wohl Vapour heißen sollte – nichts anderes als blöder, stinknormaler Dampf
Nach unzähligem Spülen, Freiblasen und einigen Flaschen Coolant für den Kühler, läuft unser Landi wieder. Juhu! Unser Hochgefühl bekommt einen harten Dämpfer, als es an die Rechnung geht. Wir müssen 10.000 KSH (unser gesamtes Bargeld) und 40 $ berappen. Und das ist noch nicht alles. Inzwischen hatten sich zwei weitere Mofas mit Zuschauern zu uns gesellt – die nun auch bezahlt werden wollen. Ich glaub es hackt!
Die Show war zwar nicht der Hammer, aber Zuschauer bezahlen geht gar nicht. Vor allem: mit was? Unsre letzte Kohle ist grad durch den Kühlerschlauch geblasen worden…
Währen der nächsten km bis Narok hat unser frisch reparierter Landi wieder genügend Zeit heiß zu laufen. Suuuuuper! (im Laufe der Zeit stellen wir fest, dass die Karre immer heiß wird, wenn sie schneller als 70km/h läuft, egal womit der Kühler befüllt wird). Wir schätzen dass wir Benzin brauchen (halb leer) und wissen, dass wir Bargeld benötigen (ganz leer). Als wir Narok verlassen, ist es später Nachmittag und wir haben noch 3 Stunden bis zur Aruba Lodge in Talek.