THEMA: Himbabesuch - Geld für Schulbesuch?
15 Aug 2006 16:57 #21820
  • klausul
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  • klausul am 15 Aug 2006 16:57
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Nach meinen Erfahrungen im Kaokoveld bin ich sehr skeptisch, dass mit einer direkten Geldgabe wirklich Dein Ziel erreicht wird. Schaue Dich nach einem Projekt um, das von idealistischen Weißen betrieben wird. Für die San gibt es ein solches Projekt. Leider sind die staatl. Projekte unter einer latenten Korruptions-/Unterschlagungsgefahr. Für die Himbas kenne ich keine solchen Projekte. Aber Stifte und Blöcke sind sicher nicht schlecht.
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15 Aug 2006 20:25 #21828
  • Armin
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  • Armin am 15 Aug 2006 20:25
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Hallo,

irgendwie finde ich die Meinung einiger Forumsteilnehmer zur eigenständigen Kontaktaufnahme mit Himba ziemlich verklärt. In der Nähe einer Ansiedlung stehenbleiben und warten, ob man zum Besuch eingeladen wird. Ja, das war vielleicht einmal. Die Praxis zumindest an den touristischen Hauptstrecken Opuwo - Epupa - Ruacana sieht anders aus. Geschätzte 90% der zahlreichen Himba, die man unterwegs auf diesen Strecken sieht, warten nicht, bis man anhält, sondern versuchen ihrerseits einem mit eindeutigen Bettel-Gesten zum Anhalten zu veranlassen, was von Kindern in einigen Fällen durch Steinwürfe unterstrichen wird. Unter diesen Umständen hat uns vor wenigen Wochen auch nicht ein einziger eigenständiger Besuch einer der zahlreichen Himba-Ansiedlungen gereizt. Da war es uns dann wirklich lieber, von Epupa aus eine geführte Himba-Tour mitzumachen, die zugegebenermaßen etwas touristisch angehaucht war, uns aber trotzdem (obwohl es nicht unser erster Himba-Besuch war) viel Neues gegeben hat. Es war richtig wohltuend, unbeeinträchtigt von Betteleien mit den Menschen in Kontakt zu treten.

Traurig, aber wahr!

Mit nachdenklichen Grüßen
Armin
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15 Aug 2006 21:37 #21832
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  • klausul am 15 Aug 2006 16:57
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Hallo Armin,
ich kann Deine Ausführungen bestens nachvollziehen, der Fust über die Aufgabe der Würde der Himbas an den Touri-Rennstrecken ist beschämend. Der einzige Vorteil des van Zyls Passes ist die Ursprünglichkeit der dort lebenden Himbas, für wie land?
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15 Aug 2006 21:45 #21833
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  • BikeAfrica am 15 Aug 2006 21:45
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Armin schrieb:
Die Praxis zumindest an den touristischen Hauptstrecken Opuwo - Epupa - Ruacana sieht anders aus. Geschätzte 90% der zahlreichen Himba, die man unterwegs auf diesen Strecken sieht, warten nicht, bis man anhält, sondern versuchen ihrerseits einem mit eindeutigen Bettel-Gesten zum Anhalten zu veranlassen, was von Kindern in einigen Fällen durch Steinwürfe unterstrichen wird.
...
Traurig, aber wahr!

... wundert das jemanden von Euch? So wie hier im Forum schon vielfach Tipps gegeben wurden, daß man Geschenke an die Leute verteilen sollte.

Gegenleistungen sind immer sinnvoll, aber nur, wenn sie im richtigem Verhältnis stehen. Dazu ist auch die Sichtweise des Gegenübers erforderlich. Die wenigsten hier (inklusive mir) sind in der Lage, das auch nur einigermaßen beurteilen zu können. Bereits die von uns gegebenen Gegenleistungen werden meistens schon als Geschenke empfunden.

Geschenke ohne jede Gegenleistung zu geben, ist völliger Nonsens. Das führt zu noch größerer Unzufriedenheit bei den Einheimischen, weil manche plötzlich mehr Geld/Tabak/usw. haben als andere, die den ganzen Tag arbeiten. Es schürt außerdem eine gewisse Erwartungshaltung, daß, wenn Weiße vorbeikommen, die ganz einfach was \"schenken müssen\". Tuns sies nicht, beschimpft man sie oder wirft mit Steinen. Wundert das jemanden? Das kann man in allen Gebieten beobachten, in denen aus dem \"Nichts\" ein Touristengebiet wurde und ein großer Abstand zwischen Arm und Reich besteht. Das Kaokoveld wurde kein typisches Touristengebiet, aber eine Art \"Abenteuerspielplatz\" für \"Reisende wie uns\" und einen viel gößeren Abstand zwischen Arm und Reich in Bezug auf Besitz gibt es kaum.

Süssigkeiten verschenken ist auch so eine Unsitte, bereits Kinder zur Bettelei zu erziehen. Doppelt schlimm, weil der Süßkram auch dort zu Karies führt, aber es weit und breit keinen Zahnarzt gibt. Hier wird nicht gebohrt, hier wird der Zahn mit einem Stück Holz und einem Stein ausgeschlagen, wenn er wehtut. Sollte jeder mal mit ansehen müssen.

Das alles ist nocht trauriger, aber auch wahr.

Ich werde mich mit meiner Meinung hier wohl nicht sonderlich beliebt machen, aber vielleicht denkt der ein oder andere nochmal drüber nach ...

Gruß
Wolfgang
Mit dem Fahrrad unterwegs in Namibia, Zambia, Zimbabwe, Malawi, Tanzania, Kenya, Uganda, Kamerun, Ghana, Guinea-Bissau, Senegal, Gambia, Sierra Leone, Rwanda, Südafrika, Eswatini (Swaziland), Jordanien, Thailand, Surinam, Französisch-Guyana, Alaska, Canada, Neuseeland, Europa ...
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15 Aug 2006 22:11 #21835
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  • Catbird am 15 Aug 2006 22:11
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Hi Biker ;)
ausnahmsweise muss ich dir mal Recht geben. Wir sind vor Jahren (1998) durchs Kaokoveld gereist und wurden sehr freundlich empfangen. Man erwartete keine \"Geschenke\", wir fuhren vielmehr als \"Ärzte\". Es wurden Bäume gefällt, um uns den Weg zu versperren, damit Erste Hilfe geleistet wurde. Wir haben triefende Augen behandelt, Geschwüre verarztet und Platzwunden verpflastert. Aber niemals wurde etwas VERLANGT. Später, als dann viele Touristen diese Wege befahren hatten, wurden wir mit Steinen beworfen, als wir keine \"sweeties\" verteilen wollten, sondern Äpfel. Irgendwie wirklich schade, denn während der zweiten Reise ins Kaokoveld fühlte ich mich nicht mehr wirklich wohl.
Doch auch schon während unserer ersten Reise ins Kaokoveld gab es diesen \"Vorzeigekral\" und ich hab mich schon damals geweigert, hier Eintritt zu bezahlen. Dann lieber gar nix - auch nicht mit einem Führer. Denn auch mit einem Führer würd ich selbst niemanden in mein Wohnzimmer lassen - es sei denn, man bringt mir ne lekkere Flasche SA-Wein mit :woohoo:

Und was das Betteln betrifft: ich bezahle lieber einen überhöhten Preis für eine Makalaninuss mit einer hübschen Schnitzerei als für ein Mitleid-erheischendes-Lächeln

Liebe Grüße von
Catbird
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16 Aug 2006 12:03 #21857
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  • Micha am 16 Aug 2006 12:03
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Herzlichen Dank für Eure zahlreichen Einschätzungen. Ein wenig desillusioniert sind wir jetzt schon. Es stellt sich ja schon die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Dörfer zu besuchen oder ob man dadurch noch mehr zur Abhängigkeit der Bevölkerung vom Tourismus beiträgt.

Na ja, vielleicht lässt sich vor Ort ja manches leichter klären.

Danke nochmals

Micha
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