Tag 9 : Der Berg ruft: 'Aufi, aufi muss er geh'n!'
Wir wurden uns am Vorabend nicht einig ob wir heute eine halbe Stunde länger schlafen oder doch ebendiese früher aufstehen müssen...
Auswirkungen des gestrigen Zeitensprungs von Ruanda nach Uganda...
Unsere Abfahrt zum Mount Muhabura war auf 06:15 angesetzt, also trafen wir uns um 05:30 zum Frühstück.
So richtig fitt war niemand, und wir waren uns aufgrund diverser Gespräche vom Vortag nicht mal sicher, welchen Berg wir denn besteigen werden, zumal die über 2300 Höhenmeter, die wir gestern für die geplante Tour errechneten zumindest bei einem 4100er nicht in einem Tag zu machen sind, zumindest nicht wenn's auch am selben Tag wieder runter gehen soll!
Oben: Etwas unscharf, aber in Wirklichkeit wars ja auch noch dunkel, die Dämmerung hat eben erst eingesetzt...
Beim Parkplatz des Nationalparks entfacht sich eine rege Diskusion, da die Zeitangabe von 8-9 Stunden für eine 2300m-Besteigung mit Ziel in über 4000m.ü.M. und anschliessendem Abstieg am selben Tag völlig unrealistisch ist und wir nicht da raufkraxeln wenn wir gemäss unserer Schätzung erst im Dunkeln runtersteigen können!
Paul überredet ums wenigstens bis zum Hauptquartier zu gehen, das etwas oberhalb des Parkplatzes liegt.
Dort erzählt uns der Chef dass es nur etwas über 1700 Höhenmeter wären und nicht über 2300, wie wir errechnet haben.
Das klingt auch bei einem 4100er knapp machbar!
Und tatsächlich, mein GPS zeigt mir schon 2357müM am Start an!
Also los!
Hüpfen wir mal rauf! :-D
Zu uns Dreien gesellte sich noch eine Taiwanesin und ihr Guide, mit denen zusammen wir den Berg unter die Füsse nahmen.
Am Anfang gingen wir mit (zu) flottem Tempo, aber schon bald haben wir den Guide genügend eingebremst.
Es war steil, teilweise so steil dass Holzleitern gelegt werden mussten um hochzukommen, und es war schwül!
Ohne auf die agressiven Waldelefanten oder die auch nicht netteren Büffel, jedoch auf einen Black Fronted Dukier zu stossen erreichten wir etwas über 3300müM, wo ich massiv Probleme mit meinem Gleichgewicht bekam...ein manchmal auftauchendes Überbleibsel meines im 2011 angebrochenen Genick's...lästig!!!
Merke: Genickbruch lohnt sich nicht!!!
Ich war zwar auch sonst am Leiden, aber ich hab effektiv wegen des Gleichgewichtes aufgegeben und den Rückzug angetreten!
Ohne verlässliches Gleichgewicht an einem steilen Berg rumkraxeln geht gar nicht!
Einer der beiden 'Notfall'-Träger und Paul haben mich nach unten begleitet...und sind wie ich in den Hagel (am Aequator!!!) gekommen!
Nun war also der Boden und die Holzleitern nass = extrem rutschig und immernoch sehr steil, toll!!!
Und ohne Gleichgewicht gleich noch toller!
Auf dem Weg runter haben wir's deshalb gemütlich genommen und auch vermehrt nach Tieren Ausschau gehalten.
Aber neben einem Turako, einem schon wieder vergessenen Vogel und dem Black Fronted Dukier von vorhin sahen wir nur Büffel- und Elefantenkacke...
...somit wusste ich wenigstens dass der Guide mit Gewehr in diesem Park gerechtfertigt und nicht nur Show ist!
Unten angekommen gabs noch einen Eintrag ins Gästebuch und schon brachte mich Paul zurück ins Travellers Inn, wo es sofort unter die Dusche ging.
Währenddem ich erst mein Genick mit einigen vom Chiropraktiker angegebenen Übungen therapierte, etwas las und ein 'Stoney Tangawizi' trank stapften Bianca und Lucien weiter den Berg durch Regen und Hagel hoch, bei gut 3800müM war dann aber auch bei ihnen Schluss, da sie für die restlichen 300 Höhenmeter gemäss der immer sehr optimistischen Zeitangaben des Guides da noch eine Stunde gebraucht hätten und dadurch den Schluss des nicht ganz einfachen Abstiegs im Dunkeln und ohne Stirnlampe hätten machen müssen...ein 'no go'...
Also hat das 'winning Team' (Paul bezeichnete uns und wohl auch alle anderen Klienten immer so) voll versagt: drei sind gestartet, keiner oben angekommen, trotz oder vieleicht genau wegen unserer Hochgebirgserfahrung mit mindestens 5350müM...
Darauf ein Bier (@Anja: das hab ich wie gewünscht auf Dich getrunken!)!
Es gab wieder ein sensationelles Abendessen und da jeder von uns ca.3700 bzw. ca.4700 Höhenmeter in den letzten zwei Tagen gemacht hat ging's auch wieder sehr früh ins Bett...
Gute Nacht!
...oder doch nicht???
Kurz vor Mitternacht erwache ich weil jemand an meiner Türe rummacht!!!
Offensichtlich gibt's nicht nur in Ruanda Leute die in mein Zimmer einbrechen wollen währenddem ich drinn liege...toll!
Ich steh also auf und versuch erstmals aus dem Fenster zu schauen ob ich was sehe und tatsächlich seh ich jemanden vor meiner Türe knien...
Und nein, es ist leider keine hübsche Blondine die zu mir rein will sondern ein Mann, aber immerhin allein!
Ich also zur Türe, drehe schnell den Schlüssel und reisse sie auf, den Fuss zum Zutreten bereit...
...
...da schaut mich ein völlig Besoffener etwa 60 jähriger Engländer vom Nebenzimmer mit grossen Augen und offenem Mund an, seinen Schlüssel noch immer so in der Hand wie er ihn ins Schloss stecken wollte! :-D
Ich musste mir mein Grinsen verkneifen und hab nur gesagt 'next door please' und hab die Türe wieder geschlossen...
Er brachte nur ein 'ou, sorry' hervor und torkelte dann zu seinem Zimmer, nicht ohne über einen der da stehenden Stühle zu fallen...ein Riesenlärm!
Und nun nochmal: Gute Nacht!
(Fuss- und Auto-Fahrstrecke 30,7km, davon für mich 9,5km Trecking mit 2180m Höhendifferenz {rauf und runter je 1090m})