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THEMA: Wildniswanderungen im Hluhluwe NP
24 Nov 2010 13:36
#163611
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Hallo Fomis,
zu diesem Thema habe ich noch einmal in der "Reiseberichtkiste" gekramt und meinen Bericht aus 2005 gefunden. Vermutlich hat sich seitdem nicht viel geändert. Nur aus "Umfolozi" wurde in der Zwischenzeit "Imfolozi" Gruß Walter Ein Wochenende im Busch Es ist dunkel geworden im Busch. Der Chor der Tierstimmen beginnt sein nächtliches Lied. Hyänengeheul kommt aus allen Richtungen, als wollten die Tiere sich am nahe gelegenen Flussufer verabreden. Wir sitzen am Lagerfeuer und hören den Anekdoten der Ranger zu. Wir – das sind sechs Wandertouristen, die drei Tage lang den Busch zu Fuß erkunden. Begleitet werden wir von zwei bewaffneten Rangern (Wildhütern) die uns die Tier- und Pflanzenwelt näher bringen wollen und bei denen wir uns absolut sicher fühlen. Während Dale, der Ranger, seine Geschichten zum Besten gibt, greift er ganz nebenbei zur Taschenlampe. Plötzlich dreht er sich schnell nach links und leuchtet in den Busch. Im Lichtstrahl der Taschenlampe reflektiert das Augenpaar einer Hyäne, die sich ans Lager geschlichen hat und scheinbar interessiert zuhört. Sie erschrickt und flüchtet in die Dunkelheit. Ungerührt erzählt Dale weiter; uns wird wieder einmal bewusst, dass wir mitten in der Wildnis sitzen und kein Zaun uns von den wilden Tieren trennt. Es ist ein Pfadfindererlebnis der besonderen Art, das wir uns da ausgesucht haben. Wir befinden uns am Ufer des Umfolozi im Hluwhluwe-Umfolozi Naturreservat in Südafrika. Heute Mittag hatten wir uns im Mpila Camp verabredet. Zu sechst wurden wir von den Rangern in Empfang genommen und fuhren über eine für die Öffentlichkeit gesperrte Strasse zu einem kleinen Camp in der Nähe des Flussufers. Hier parkten wir unsere Autos. Jeder erhielt einen wasserdichten Rucksack, in den all die Dinge gepackt wurden, die man die nächsten zweieinhalb Tage benötigen würde. Dazu erhielten wir eine Wasserflasche zum Umhängen. Der Rucksack musste selbst getragen werden, also durften wir nicht zu viel hineinpacken. Danach gaben wir unsere Autoschlüssel dem Camppersonal, denn in solchen Naturreservaten kann es schon mal vorkommen, dass die Autos wegen Elefantenbesuchs umgestellt werden müssen. Wir fragten uns, ob der Mietwagen auch gegen solche Schäden versichert ist… Unsere Gruppe startete ihren Marsch durch den Busch. Das Naturreservat hat die größte Nashorndichte Südafrikas und genau das macht diese Safari zu Fuß so aufregend. Nashörner sind fast blind, haben aber ein ausgezeichnetes Gehör und einen guten Geruchssinn. Sobald sie etwas Außergewöhnliches – und damit aus ihrer Sicht bedrohliches – bemerken, rennen sie entweder davon oder aber in die Richtung des vermeintlichen Feindes, um ihn nieder zu walzen. Bei den afrikanischen Nashörnern unterscheidet man zwei Arten, Spitzmaulnashörner und Breitmaulnashörner. Das Spitzmaulnashorn ist in der Regel viel nervöser und aggressiver als das etwas friedlichere Breitmaulnashorn. Aber auch mit dem ist nicht zu Spaßen, wenn es gerade ein Jungtier mit sich führt. Das ist einer der Gründe, warum es auf unserem Marsch klare Verhaltensmaßregeln gab. - laufe nie in Panik davon, wenn du auf ein wildes Tier triffst, egal ob Nashorn, Elefant oder Raubkatze, die Tiere sind sowieso immer schneller als du - folge immer und sofort den Anweisungen der Ranger - wenn du im Nashorngebiet unterwegs bist, dann halte nach einem Baum Ausschau, den du im Notfall erklimmen kannst Und meine (ganz persönliche) Zusatzregel lautet: - bleibe immer in der Nähe der Person, die ein Gewehr hat Wir folgten im Gänsemarsch den Trampelpfaden, die seit ewigen Zeiten von den wilden Tieren benutzt werden, jeweils an der Spitze und am Ende der Gruppe ein Ranger. Während des Marsches wurde nicht gesprochen, damit sich unsere beiden „Beschützer“ ausschließlich auf das konzentrieren konnten, was sich um uns herum abspielte. Da wir auch durch Buschwerk liefen, war es nötig, mögliche Gefahren schon im Voraus zu erahnen. Wenn jemand aus der Gruppe etwas Interessantes sah oder ein Problem hatte, machte er ein zischendes Geräusch und die Gruppe hielt sofort an. An unübersichtlichen Stellen mussten wir warten während die Ranger die Umgebung erkundeten. In den ersten Minuten des Marsches waren wir vielleicht noch ein wenig nervös und beobachteten unsere Umgebung genau, aber schon bald packte uns die Abenteuerlust und wir waren gespannt auf das, was uns alles begegnen würde. Die Ranger hielten immer wieder an, um uns auf kleine und große Tiere aufmerksam zu machen. Außerdem lernten wir auch aus den tierischen Hinterlassenschaften herauszulesen um welches Tier es sich handelt. Bei Elefantendung ist das übrigens eine sehr einfache Geschichte, denn das größte Tier im Busch macht auch die größten Haufen. Wenig später erreichten wir das Flussufer. Der Umfolozi führte wenig Wasser, es war eher eine bräunliche Brühe, die träge dahin floss. Unsere Begeisterung hielt sich in Grenzen als wir erfuhren, dass unsere Route am anderen Ufer weiterlaufen sollte. Also hieß es: Schuhe ausziehen, Kamera gut festhalten und barfuss im Gänsemarsch durch die braune Brühe waten. Das Wasser reichte uns bis an die Knie, unsere Ranger begleiteten uns – jetzt mit dem Gewehr im Anschlag - und beobachteten genau die Wasseroberfläche. Schnell wurde uns klar warum: In den meisten afrikanischen Flüssen leben nun mal Krokodile und die würden uns als kleine Mahlzeit bestimmt nicht ablehnen. Aber auch hierbei heißt es spätestens nach der dritten Flussüberquerung: Man gewöhnt sich an alles. Außerdem hatten wir genug Zeit das Verhalten der Ranger zu beobachten und wir konnten sehen, dass wir es mit einem eingespielten Team zu tun hatten. Unangenehm bei diesen Flussdurchquerungen ist, dass man nicht sieht, wo man hintritt und deshalb mit Bedacht einen Fuß vor den anderen setzen muss um nicht zu stolpern und ins Wasser zu fallen. Außerdem sind die Flussufer verschlammt, man kann also die Füße nur notdürftig säubern, bevor man wieder in die Socken oder in die Schuhe schlüpft. Das ergibt – auf gut Deutsch – eine schöne Sauerei. Dass der Schlamm im Schuh antrocknet, macht die Sache auch nicht unbedingt angenehmer. Aber wir wollten ja Natur pur und da gehören solche Kleinigkeiten eben dazu. Wir sammelten unterwegs noch trockenes Holz für das Lagerfeuer und bekamen den eindringlichen Hinweis, einen Ast immer erst fest auf die Erde zu schlagen bevor wir ihn als Feuerholz mitnehmen; es kann sich nämlich leicht ein Skorpion im hohlen Ast verstecken und von diesen Tieren gestochen zu werden kann sehr gefährlich werden, besonders wenn man sich irgendwo im Busch aufhält und erst zum Camp zurücklaufen muss. Die meisten Antilopen und Warzenschweine sind sehr scheu und ließen uns nicht besonders nah herankommen, größere bzw. gefährliche Tiere sahen wir an unserem ersten Wandertag nicht. Am späten Nachmittag erreichten wir unser Camp. Es ist in der Nähe des Flussufers aufgebaut und besteht aus acht Zelten. Vier Zelte für die Wandertouristen, vier Zelte für die Ranger und – man höre und staune - das Küchenpersonal. Wir werden nämlich bereits mit einem Getränk bzw. einem Tee erwartet. Durstig stürzten wir uns zuerst auf die Getränke, sie sahen aus wie dunkler Orangensaft, aber das war ein Trugschluss! Es ist gefiltertes, naturtrübes, braunes Flusswasser. Für uns stand fest: Ein Gin Tonic wäre besser gewesen, aber wenn man durstig genug ist, trinkt man alles was flüssig ist – auch braunes Flusswasser! Wir nahmen unser Zelt in Augenschein, in dem wir die nächsten zwei Nächte verbringen sollten. Leider sind die Reißverschlüsse an der Zeltfront defekt, deshalb können wir unsere Behausung nicht komplett verschließen. Es geht natürlich nicht darum, dass wir etwas Wertvolles dabei gehabt hätten, aber zu wissen, dass sämtliche Kriech- und Krabbeltiere der näheren Umgebung unser Zelt jederzeit betreten könnten, war kein wirklich angenehmes Gefühl. Die Wanderung durch die Hitze mit dem relativ schweren Rucksack hatte uns zugesetzt und wir sehnten uns nach einer Dusche. „Kein Problem“ sagte Ranger Dale und erklärte uns die sanitären Anlagen. „In der Mitte des Camps steht ein Spaten. Wenn man auf Toilette muss nimmt man den Spaten und die Rolle Toilettenpapier, verlässt das Camp und hebt ein kleines Loch aus. Nachdem das Geschäft verrichtet ist, verbrennt man das Papier und schüttet das Loch wieder zu. Solange der Spaten weg ist wissen die restlichen Mitglieder der Gruppe, dass die Toilette besetzt ist.“ Wir machten Witze darüber, dass wir gegen eine Regel des Naturreservates verstoßen. Sie lautet, dass wir alles wieder mit hinausnehmen müssen, was wir ins Reservat hineingebracht haben. Zum Glück mussten wir diese Regel nach einem Gang auf die Toilette nicht befolgen! Die Dusche bestand aus einem Eimer, in dessen Boden sich ein Loch befand. Daran war eine Gieskannenbrause befestigt. „Man nimmt sich heißes Wasser vom Lagerfeuer, vermischt es mit kaltem Wasser, geht zu einem Baum hinter dem Camp und zieht den fünf Liter Eimer an einem Seil den Ast hinauf. Dann zieht man sich aus, stellt sich unter den Eimer und öffnet den Brausekopf. Schon kann man sich Duschen.“ Der kleine Haken an der Sache war nur, dass sich diese „Dusche“ außer Sichtweite des Camps mitten im Busch befand. Bei jedem Rascheln in der Umgebung kommt man sich – splitternackt in der Wildnis – arg verletzlich vor. Ruth und ich hatten den Vorteil, dass wir zu zweit waren. Während einer duschte, beobachtete der andere wachsam die Umgebung. Aber trotzdem konnten wir nicht wirklich entspannt duschen, denn jede Sekunde könnte irgendein – nicht unbedingt harmloses – Tier die Szenerie betreten. Eine Lagerfeuer-Lieblingsgeschichte unseres Rangers hatte genau mit der Dusche zu tun. Als er mit einer anderen Gruppe im Camp übernachtete, gingen zwei Touristinnen aus Dänemark zum Duschen. Plötzlich knackte es im Gebüsch und eine große Antilope kam um die Ecke und stand vor den Mädchen. Diese liefen sofort schreiend und natürlich splitternackt durch das Camp, da sie nicht wussten, ob das große Tier gefährlich war oder nicht. Eine amüsante Geschichte – besonders für Männer! Wir waren jedenfalls froh, als wir ohne Zwischenfall und frisch geduscht wieder ins Camp zurückkehrten. Jetzt nach dem Abendessen bleiben wir am Lagerfeuer um noch ein wenig zu plaudern. Doch der anstrengende Tag fordert seinen Tribut und wir gehen sehr bald in unser Zelt um zu schlafen. Wenn man in ein kleines Zweimannzelt gekrabbelt ist, das Innere nach Schlangen oder Krabbeltieren abgesucht hat und endlich müde die Augen schließt, dann werden einem schlagartig die vielen fremden Geräusche da draußen bewusst. Um das Camp herum heulen die Hyänen, in der Ferne hört man den unheimlichen Schrei eines Pavians, der auf das Grollen eines Leoparden antwortet. Man campiert in der Nähe des Flussufers und weiß, dass die wilden Tiere sich nachts gerne am Fluss herumtreiben. Was ist wenn Elefanten auf die Idee kommen, das Camp zu besuchen? Oder der Leopard? Und zwischen uns hier im Zelt und denen da draußen ist nur ein dünnes Stück Zeltplane! Wir lauschen den Stimmen und dem Gelächter am Lagerfeuer und hoffen, dass unsere Ranger weiterhin ein gutes Gespür für die möglichen Gefahren haben, die da draußen auf uns lauern könnten. Wir fallen in einen unruhigen Schlaf, immer wieder geweckt von fremden Geräuschen. Kaum erhellen die ersten Lichtstrahlen unser Camp am Fluss, da werden wir auch schon mit durchdringenden Vogelschreien geweckt. Eine Gruppe von Ibissen fliegt am Flussufer entlang und ihr Geschrei ist einfach nicht zu überhören, ein Wecker ist nichts dagegen! Als wäre das nicht genug, kommen sie ein paar Minuten später noch einmal zurück, natürlich wieder mit einem Höllenlärm. Obwohl wir tierlieb sind, schießen uns für kurze Zeit tatsächlich Mordgedanken durch den Kopf. Wir ziehen uns an, nicht ohne vorher unsere Schuhe auszuschütteln, denn man weiß ja nie, wer oder was in der Nacht ins Zelt gekrabbelt ist und sich im Schuh eine bequeme Unterkunft gesucht hat. Auch diese Regel sollte man im Busch unbedingt beachten. Dann verlassen wir unser Zelt, schnappen uns den Spaten, der uns ja auch als „Toilettenschlüssel“ bekannt ist und erledigen unsere Morgentoilette. Hier geht es einem ähnlich wie beim Duschen. Man ist froh, wenn man die ganze Angelegenheit schnell und unkompliziert ohne einen tierischen Besucher beenden kann. Nach dem Frühstück geht es wieder hinaus in den Busch, aber diesmal tragen nur zwei Mitglieder der Gruppe einen Rucksack. Darin werden die nötigen Utensilien für unser Buschpicknick transportiert, denn die nächste Nacht verbringen wir wieder im Camp. Wir durchqueren erneut den Fluss und schon haben wir schlammige Füße. Nachdem wir einige Zeit am Fluss entlang gewandert sind, hebt Dale plötzlich die Hand und bleibt stehen. Vorsichtig nähern wir uns und sehen zwei Rhinos, glücklicherweise „nur“ Breitmaulnashörner. Bevor es uns gelingt die Kameras einzustellen haben sie uns bemerkt und flüchten sofort. Wir folgen ihnen und bemühen uns keine Geräusche zu verursachen, was für ungeübte nicht einfach ist. Bald darauf müssen wir wieder halten und uns sofort hinter einem Busch verstecken. Ungefähr 15 Meter vor uns steht eine Rhinomutter mit ihrem Kind. Ein Wunder, dass sie nicht unsere Herzen pochen hört. Wir haben eigentlich keine Angst, es ist eher eine Art Jagfieber, gemischt mit einem Schuss Adrenalin. Ich würde gerne ein Stück nach vorne gehen und fotografieren, aber ich muss mich an die Regeln halten und mir ist bewusst, dass solche Begegnungen nicht ganz ungefährlich sind. Während wir gespannt hinter unseren Büschen hervorlugen, geht Dale langsam auf die Rhinos zu und pfeift leise. Später erklärt er uns, dass er damit der Rhinomutter gezeigt hat, wo wir uns befinden und dass wir nichts Böses im Schilde führen. Mutter und Kind machen tatsächlich kehrt und verschwinden ohne Hektik im Busch. Ich wundere mich nicht über Dales „Auftritt“, denn ich weiß, dass er seit zwei Jahren ein Nashornprojekt hier im Reservat leitet und mit dem Verhalten der Tiere extrem gut vertraut ist. Ich käme aber keine einzige Sekunde lang auf die Idee, auf die gleiche Art mit einem Nashorn zu kommunizieren! Wir erreichen bald einen Hügel, den wir erklimmen. Es ist nicht ganz einfach und kostet viele Schweißtropfen, sich den Weg durch das felsige, unübersichtliche Gelände zu bahnen, doch schließlich haben wir es geschafft. Die Gruppe ist ziemlich außer Atem, aber wir werden mit einem herrlichen Rundumblick belohnt. Zwei Schritte vor uns fällt die Steilwand ungefähr 150 Meter zum Fluss ab. Wir setzen uns auf einen Stein und genießen den Ausblick. Unten am Fluss können wir Büffel sehen, die im Wasser stehen und dösen. In der Steilwand selbst können wir nistende Greifvögel beobachten. Es ist ein schönes Gefühl, von oben auf einen fliegenden Greifvogel herabzuschauen. Unsere Blicke schweifen immer wieder über das grüne Buschland unter uns. Es herrscht eine unglaublich friedliche Stimmung hier oben. Unsere Ranger zaubern inzwischen aus den mitgebrachten Lebensmitteln ein leckeres Picknick mit viel frischem Salat und Gemüse. Wir sind zwar vom Aufstieg in der Hitze erschöpft, aber rundum glücklich. . Nach unserer Picknickpause klettern wir ein Stück den Hügel hinunter und stoßen plötzlich auf eine Höhle mit alten Felsmalereien der Ureinwohner. Fugani – unser zweiter Ranger - stammt von diesen Ureinwohnern - den San - ab und lässt sich sichtlich stolz zusammen mit den Malereien fotografieren. Beim Abstieg kann ich Ruth gerade noch eine ziemlich große rote Zecke von der Schulter wischen; die hatte sich bestimmt schon auf eine gute Mahlzeit gefreut – aber zu früh! Die Zecken sind neben den Schlangen auch ein Grund, warum man bei Buschwanderungen immer lange Hosen und festes Schuhwerk anhaben sollte. Dale läuft den ganzen Tag mit kurzen Hosen und offenen Sandalen herum, das ist zwar vorteilhaft bei den Flussdurchquerungen (er lässt die Sandalen immer an), hat aber den Nachteil, dass sich speziell eine sehr kleine Zeckenart, die sogenannten Pepperticks (Pfefferzecken) ungehindert auf ihm austoben können. Das ist nicht ungefährlich, da die kleinen Plagegeister für das Zeckenfieber verantwortlich sind. Dieses Fieber ist zwar nicht tödlich, kann aber durchaus die inneren Organe schädigen, wenn es nicht behandelt wird. Da sind uns die großen Zecken lieber. Diesen Feind kann man eher mal sehen, während die kleinen Zecken besonders auf meiner Haut, die mit Hunderten von kleinen Leberflecken übersät ist, nur sehr schwer zu entdecken sind. Nachdem wir den Hügel wieder hinabgestiegen sind, durchqueren wir – wieder einmal – den Umfolozi. Auf einer Sandbank in der Mitte des Flusses machen wir Rast. Ruth und ich setzen uns auf einen Holzstamm, während die anderen sich bis auf die Badesachen ausziehen und ein Bad im Fluss nehmen. Auf diese Abkühlung verzichten wir gerne, wer weiß, was sich hier alles unter Wasser abspielt! Eine halbe Stunde später geht es weiter. Auf der anderen Seite wächst hohes Schilf. Hier sind unsere Ranger besonders vorsichtig, da die Sicht arg begrenzt ist und wir jederzeit auf Büffel oder Elefanten treffen können, die sich in den heißen Stunden des Tages gerne am Wasser aufhalten. Tatsächlich sind zwei Elefantenbullen ganz in unserer Nähe. Man erklärt uns, dass speziell die Elefanten dieser Gegend nicht gerade für ihre Freundlichkeit bekannt sind, also machen wir einen großen Bogen um diese Gesellen. Am späten Nachmittag erreichen wir unser Camp. Nachdem wir geduscht und die Kleider gewechselt haben, fühlen wir uns wieder frisch, allerdings fängt es in Ruths Magen an zu grummeln, eigentlich kein gutes Zeichen. Unsere Gruppe geht nacheinander zum Duschen und trifft sich dann zum Abendessen, später sitzen wir wieder am Lagerfeuer und genehmigen uns eine Flasche Wein. Unser zweites weibliches Gruppenmitglied verlässt uns kurz, um auf Toilette zu gehen, kommt aber schnell wieder zurück und ist recht nervös. Sie erzählt uns, dass sie ungewöhnliche Geräusche gehört hat, ihrer Meinung nach sind Elefanten in der Nähe. Es stellt sich heraus, dass es wahrscheinlich die zwei Junggesellen sind, die wir bereits am Flussufer getroffen haben und denen wir extra aus dem Weg gegangen sind. Die Ranger werfen ein wenig mehr Holz auf das Feuer als üblich und erklären uns, wir sollten bereit sein, in der Nacht aus den Zelten ans Feuer zu kommen, falls die Elefanten auf die Idee kämen unser Lager zu besuchen. Na das sind doch schöne Aussichten! Wir gehen wieder ziemlich früh in unser Zelt und lauschen angestrengt Richtung Flussufer, aber außer den Stimmen am Lagerfeuer und der üblichen Nachtmusik ist nichts Außergewöhnliches zu hören. Ruths Magen meldet sich dafür noch intensiver. Vermutlich hat sie das gefilterte Flusswasser nicht gut vertragen. Es wird eine sehr unruhige Nacht, die Magenprobleme meiner Frau werden immer schlimmer und sie muss eigentlich dringend auf Toilette. Aber ein Toilettengang auf der Wiese in stockdunkler Nacht, noch dazu mit zwei Elefantenbullen in der Nähe, kommt für sie absolut nicht in Frage. So leidet sie die ganze Nacht, aber es gelingt ihr tatsächlich, ihren Körper unter Kontrolle zu halten. Das ist sehr beeindruckend! Ich nenne es später den „Sieg des Geistes über den Körper“. Die Elefanten lassen uns aber in Ruhe und sobald die Morgendämmerung einsetzt, schnappe ich mir den Spaten, verschwinde hinter den Büschen, schaufele ein Loch und gebe meiner Frau das Startzeichen. In affenartiger Geschwindigkeit verlässt sie das Zelt und kann ihren „Gefühlen“ freien Lauf lassen. Als sie zurückkommt sieht man ihr aber an, dass es ihr ziemlich schlecht geht. Sie nimmt – außer Tee – nichts zu sich und sitzt erschöpft am Lagerfeuer. Ich bin traurig, dass ich ihr nicht helfen kann, aber wir müssen heute Vormittag wieder ins Hauptcamp wandern, wir haben keine andere Wahl. Zum Glück werden unsere Rucksäcke auf dem Rückweg von Eseln transportiert, die von zwei Helfern heute früh ins Camp gebracht wurden. Es ist nicht wirklich beruhigend zu hören, dass man sich nie sicher sein kann, ob auch alle Esel wieder zurückkommen, schließlich gibt es hier auch Löwen und Leoparden! Wir hoffen, dass es nicht gerade „unseren“ Esel erwischt.... Wir wandern also am Vormittag langsam Richtung Hauptcamp. Immer wieder erklären uns die Ranger verschiedene Tierspuren, Pflanzenarten und ähnliches. Um die Mittagszeit erreichen wir das Camp und Ruth ist heilfroh, dass sie sich hinlegen kann. Die Esel erreichen das Camp vollzählig, unsere Autos sind von den Elefanten in Ruhe gelassen worden und so kann ich mit dem Einladen beginnen. Danach gibt es noch ein leichtes Mittagessen und wir realisieren, dass unsere Abenteuerwanderung zu Ende ist. Auch wenn Ruth noch sehr krank und blass aussieht, sind wir uns einig, dass sich diese „Wandertage“ absolut gelohnt haben. Der eine oder andere Leser mag mit dem Kopf schütteln und sich fragen: Warum tun die sich das an? Die Antwort ist für uns einfach. Gerade bei so einer Tour wird uns als verwöhnten Europäern wieder einmal vor Augen geführt wie unwichtig manche Dinge sind, die uns im täglichen Leben so tragisch erscheinen. Dazu gehört mit Sicherheit, wenn mal der Rasierer streikt oder die S-Bahn sich verspätet hat. Vielleicht hilft uns dieses Wochenende dabei, solche Vorkommnisse in Zukunft etwas gelassener zu betrachten, wir werden sehen, ob uns die Natur etwas beigebracht hat.
Anhang:
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Letzte Änderung: 24 Nov 2010 13:46 von leofant.
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24 Nov 2010 14:43
#163623
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Hallo leofant,
vielen, vielen Dank für die Fortsetzung Deiner wunderschönen Berichte. Wenn Ihr alle so fleißig weiter macht, kommt die Hausarbeit wirklich noch zu kurz. Ich wünsche Euch wunderschöne Tage in Botswana, tolle Erlebnisse und natürlich hoffe ich auf neue Geschichten und Bilder nach Eurer Rückkehr. Liebe Grüße Botswanadreams |
www.botswanadreams.de
"Alles, was ich jetzt wollte, war nach Afrika zurückzukommen. Ich hatte es noch nicht einmal verlassen, aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach." Ernest Hemingway
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25 Nov 2010 09:25
#163681
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Sehr schöner Bericht. Mal etwas anderes, als die üblichen Rundfahrten mit dem Auto.
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