Liebe Fomis
heute möchte ich euch von einer Tierbegegnung ganz spezieller Art berichten, auch wenn es schon ein paar Monate her ist (Okt. 2009). Wir waren auf der Suche nach dem Bush Camp Tierhoek im Richtersveld Conservancy:
So suchen wir bis kurz vor Sonnenuntergang nach dem Wilderness Camp Tierhoek, und als wir es endlich am Fuß einer phantastischen Felsformation aus riesigen Bollersteinen finden, sind wir keineswegs die Ersten dort: Vor der Felswand, die gerade im Abendlicht rot aufglüht, steht ein magerer Kleppergaul unbeweglich vor einer aufgeschnittenen Öltonne, die als Windschutz für das Grillfeuer dienen soll. Daneben eine blecherne Mülltonne. Das Tier dreht uns nur kurz den Kopf zu und läßt ihn dann wieder hängen, tut aber sonst keinen Wank.
Als wir aus dem Auto aussteigen, werden wir sofort von einem unerhörten Fliegenschwarm verfolgt, und dann sehen wir, dass Augen, Nüstern und Maul des Gauls über und über von diesen lästigen Plagegeistern regelrecht verstopft sind. Es hat gar keinen Zweck, sie vertreiben zu wollen, unser Auto ist im Nu dicht voll Fliegen, sie setzen sich auch bei uns in sämtliche Körperöffnungen und wir sind echt verzweifelt, denn wir können jetzt auch nirgendwo anders mehr hinfahren, die Sonne geht unter und es wird stockdunkel.
Also stürzen wir uns in den Kampf. Gegen die Fliegen, gegen das Pferd und gegen die Zeit. Wir bauen das Zelt auf, Klaus klaut dem Pferd den Blechring unter der Nase weg – es bleibt einfach stehen – und stellt ihn zum unserem Auto, ein paar Meter vom Pferd weg, und entfacht ein Feuer. Es dauert nicht lang, da kommt der Klepper herübergelatscht und wühlt mit seiner Schnauze ganz unten in „seinem“ Braai-Ring zwischen den brennenden Holzscheiten und in der Glut, dann nimmt es den Kopf hoch und guckt uns mit leicht gekräuselten Lippen an – war ja ganz schön heiß da unten! Das arme Tier muss so ausgehungert sein, dass es in der Asche und in der Mülltonne nach Essensresten der Vorgänger gesucht hat, und es erwartet jetzt seinen Anteil an unserem Essen, oder noch lieber wahrscheinlich alles allein. Unmöglich, auch nur etwas auf die Glut zu legen, die allmählich entsteht, Rosinante – der Gaul kann ja gar nicht anders heißen – würde es sofort mitsamt der glühenden Kohlen fressen.
Der Kampf mit den Fliegen ist glücklicherweise nach Sonnenuntergang kein Thema mehr, da verziehen die sich, aber der Kampf gegen Rosinante wird buchstäblich der „Renner“ des Abends. Einer von uns beiden ist unentwegt damit beschäftigt, Rosinante anzuschreien, klatschend und trampelnd wegzuscheuchen oder aufzupassen, ob sie schon wieder aus dem Dunkeln auftaucht. Sie geht widerwillig immer nur ein paar Schritte aus dem Lichtkreis heraus und wartet kurz, bevor sie stur wie ein Esel wieder herbeilatscht. Eine Zeitlang steht sie hinter dem nächsten Felsen und guckt nur gelegentlich um die Ecke, dann können wir sie ein paarmal über einen kleinen Absatz in das tieferliegende Grasland jagen, doch der Kampf dauert Stunden und erst als wir uns ans Essen setzen, merken wir nach einer Weile, dass sie nicht mehr kommt. Ich bin überzeugt, dass sie nur ein paar Meter weiter im Dunkeln steht und wartet, bis wir im Zelt sind, um in der Asche nach Resten zu wühlen, aber sie ist tatsächlich weg und wir sehen sie auch am nächsten Morgen nicht mehr. Sie fehlt uns aber nicht wirklich! Aber uns ist klar, woher die vielen Fliegen kommen, denn auf dem ganzen Felsplateau stinkt es nach Pferdepisse wie in New Orleans. Wilderness Camp „Paardhoek“ anstatt Tierhoek.
Hat sonst noch jemand diesen Klepper angetroffen?
Gruss Petra